Brumm-Modulation durch Kennlinien-Krümmung

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Brumm-Modulation durch Kennlinien-Krümmung 
07.Nov.14 18:29
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Brumm-Modulation durch die Krümmung der Kennlinen von Röhren bzw. Transistoren beruht auf einem anderen Wirkungsmechanismus als das selektive Modulations-Brummen.

  • Brumm-Modulation entsteht durch verbrummte Versorgungsspannung an den nichtlinearen Kennlinien der Verstärkerelemente (z.B. Röhren).
  • Selektives Modulations-Brummen entsteht durch HF-Einstreuung des empfangenen Senders über die Netzversorgung im Zusammenwirken mit dem Netztgleichrichter.

Die beiden Begriffe werden semantisch mitunter nicht ausreichend deutlich unterschieden.

Eine gute Beschreibung der Brumm-Modulation findet man in "Ratheiser,  L.: Rundfunk-Röhren; Eigenschaften und Anwendung, Union Deutsche Verlagsgesellschaft, 4.A, 1940, p.74“.

Brumm-Modulation der Empfangswelle durch die Kennlinienkrümmung.

Ist am Gitter der HF-Verstärkerröhre oder im Anodenstrom der Röhre eine NF-Schwingung vorhanden, so wäre diese unschädlich, wenn die Kennlinie der Verstärkerröhre vollkommen  geradlinig verlaufen würde. Der in der Anodenzuleitung liegende Abstimmkreis bedeutet  für jede NF-Schwingung einen Kurzschluß und würde sie daher nicht an das Gitter der  nächsten Röhre übertragen. Verläuft die Kennlinie jedoch gekrümmt, dann beeinflußt  diese NF-Schwingung die gleichzeitig zu verstärkende HF-Schwingung der Senderwelle, und es entstehen Seitenwellen, die durch den Schwingkreis auf das Gitter der nächsten  Röhre übertragen werden. Die Senderwelle wird durch die gekrümmte Kennlinie mit  der am Gitter vorhandenen unerwünschten NF-Schwingung moduliert.

Eine solche Störspannung ist z. B. die Brummspannung, die im Netzempfänger entweder durch ungenügende Siebung oder durch unvermeidbare kapazitive Beeinflussungen des Gitters  der HF-Verstärkerröhre auftritt. Man spricht daher von Brumm-Modulation. Durch Siebung, Abschirmung usw. muß man die Brummspannungen an den HF-Röhren entsprechend klein halten. Die Brumm-Modulation (mb) nimmt mit der Brummspannung zu,  d. h. bei doppelter Brummspannung steigt die Brumm-Modulation auf das Doppelte.  Man gibt sie in Prozent an, wobei 1 % Brumm-Modulation bedeutet, daß die HF-Träger welle durch die Brummspannung mit 1 % moduliert wird. Zulässig sind höchstens 1/100  der Sendermodulation, somit bei 30 % moduliertem Sender etwa 0,3 % der Trägerwelle.

Allgemein gilt: mb ~ SII / SI ub
Für die annähernde Berechnung der Brumm-Modulation aus einer exponentiellen Kennlinie ergibt sich daher die einfache Beziehung: mb (% ) = 140*ub/UT

 

Beispiel: UT = 4 V; ub = 0,014 V eff. ; mb =140 * 0,014 /4 = 0,5 %.

Die Kennlinienkrümmung ist auch die Ursache von Kreuzmodulation in den Eingangsstufen von Empfängern.

MfG DR

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Maßnahmen gegen Brumm-Modulation 
08.Nov.14 20:26
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Die bei Ratheiser beschriebene Amplituden-Modulation an einer gekrümmten Kennlinie war zu Beginn des Rundfunks durchaus Stand der Technik. (Fig. 17-6 aus "Seely, S.: Electron-Tube Circuits, 2nd ed., McGraw-Hill, 1958")

Wenn also eine Brummspannung (als modulierendes Signal) zusammen mit einem (bereits modulierten) Träger auf das Gitter einer Röhre gelangt, hat das HF-Signal eine (zusätzliche) Brumm-Modulation. Tritt dieser Fall bei der HF-Vorstufe oder beim Mischer eines Empfängers auf, ist jeder empfangene Sender nach der Demodulation verbrummt, unabhängig von der Empfangsfeldstärke.

Wenn die Anodenspannung ausreichend gegelättet ist, sollte diese Störung eigentlich nicht auftreten. Aber es können folgende Probleme auftreten.

  • Die Heizleitungen koppeln ein.
  • Die Brummspannung kommt über die Antenne in das Gerät.

Der letztere Fall soll hier betrachtet werden.

Wie kommt die Brummspannung in die Antenne? Hier gibt es zwei Möglichkeiten.

  1. Die Antenne fängt (kapazitiv) Brummen ein.
  2. Der Empfänger ist nicht geerdet und erhält kapazitiv über den Netztrafo eine Brummspannung.

Die Innenwiderstände dieser "Brumm-Quellen" sind sehr hoch, aber man kann sie ggf. mit einem Spannungsprüfer nachweisen. (Gefährlich sind diese Spannungen i.d.R. nur im Fall eines Fehlers.) Der Nachweis der Brummspannung zwischen Antenne und Erde gelingt besonders deutlich, wenn die Antenne in die Phono-Buchse gesteckt wird und das Gerät auf "Phono" geschaltet ist. Aber auch die bei Bastlern nicht unübliche "Fingerprobe" mit einem Schraubenzieher am Gitter 1 der NF- oder Endröhre zeigt doch ganz deutlich, daß da "Brumm-Spannungen" im Spiel sind.

Maßnahmen gegen Brumm-Einkopplung über die Antenne

Als erstes ein Schaltungs-Ausschnitt vom Stassfurt Imperial5W.

Wird hier die Antenne in die rechte Buchse gesteckt, so besteht für die Brummspannung ein direkter Weg bis zum Gitter 1 der HF Vorstufe. Reduziert wird die Brummspannung durch die 40nF im Fußpunkt des Eingangs-Bandfilters. Wäre tatsächlich der an den Fußpunkt angeschlossene Widerstand 500kΩ (wie fehlerhaft in den Schaltungssammlungen angegeben), würde die Brummspannung durch die 40nF nicht ausreichend unterdrückt. Tatsächlich eingebaut sind aber 500Ω, wodurch der (hier nicht mehr gezeichnete) Kondensator von 0,5µF in der Leitung für die Regelspannung die Brummspannung ausreichend unterdrückt.
Besser in Bezug auf Unterdrückung der Brumm-Modulation wäre eine Parallel-Speisung des Gitter 1, dann über einen hochohmigen Widerstand. Das hätte aber  einen zusätzlichen Koppelkondensator vor dem Gitter 1 bedingt. Auch wäre dadurch der Sekundärkreis des Bandfilters bedämpft.

Die Empfänger aus dieser Zeit hatten meist sowieso einen "Netzton", weil die Siebung der Anodenspannung nicht ausreichte. Zusätzlich ergab sich Brummen durch direkt geheizte Endröhren. Um das Brummen zu minimieren wird die Heizungswicklung dabei über den Schleifer eines "Entbrummer-Potentiometers" von ca. 100Ω mit Masse verbunden.

Radios aus den '50er Jahren und danach verwenden Parallelspeisung für die Regelspannung und sorgen für eine ausreichende potentialmäßige Erdung der Antenne. Hans Knoll hat mir dazu einige Beispiele benannt, von denen die entsprechenden Eingangsschaltungen gezeigt werden.

So ist z.B beim Saba Meersburg W die Antenne über eine Drossel (statisch und bez. Brummen) geerdet.

Der Drossel wird manchmal auch noch ein Kondensator parallel geschaltet. Da eine Drossel eine Induktivität hat, kann das sich (je nach Schaltung) störend bemerkbar machen. Als Abhilfe muß die Drossel entweder eine geringe Güte haben, oder es wird zur Dämpfung ein Widerstand parallel geschaltet.

Ein Beispiel mit Drossel (S27) alleine ist die Eingangs-Schaltung vom Philips Saturn BD563A.

Ein Beispiel für Drossel und Kondensator ist Nord-Mende Kadett58.

Ein Beispiel mit Drossel, Dämpfungs-Widerstand (6,8kΩ) und Kondensator (3,9nF) ist Grundig 3030H.

MfG DR

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