Defekte D-Stahlröhren: Systemerneuerung

ID: 79535
Defekte D-Stahlröhren: Systemerneuerung 
02.Dec.05 16:58
0

Günther Stabe † 19.8.20 (D)
Beiträge: 398
Anzahl Danke: 27
Günther Stabe † 19.8.20

Wer seine Geräte, bestückt mit defekten/tauben/"fehlenden" D_Stahlröhren, wieder zum Leben bringen möchte, kommt nicht daran vorbei,
1.) passende intakte D-Röhren zu erwerben (Preisfrage! Lebensdauer?), oder
2.) mit diesem Mangel zu leben, oder aber
3.) Röhren selbst "erneuern".
Da ich für mich Punkt 2 nicht akzeptiere, Punkt 1 schon leidvoll abgehakt habe, wende ich mich nunmehr Punkt 3 zu.
Nach bisher 3...4 Dutzend erfolgreich reparierten D-Röhren möchte ich die - z.T. von Herrn Gerhard B. Salzmann übermittelten - Kenntnisse hier weitergeben.
Der Selbstbau besteht aus dem Vorhandensein einer existierenden, aber defekten
a.) D-Röhre mit Prägung (daher wird auch nur dieser "geprägte Typ" wieder hergestellt)
b.) D_Röhre mit Stempel (hier wäre die Herstellung eines anderen Typs möglich)
c.) x-beliebige Stahlröhre mit Stempel (z.B. UCH11, EZ11, EDD11), weiteres s. b.)
Da je nach Typ eine (bis zu vier!) geeignete Subminiaturröhre in den alten Kolben untergebracht wird, muss etwas Vorarbeit geleistet werden. Mein Weg: Haube lockern, Drähte aus Kontaktstiften (Saugpumpe) entlöten, Kolben entfernen, von unten öffnen (Drehbank, ober mit Bohrer ca. 3 mm "Loch an Loch" und Bodenplatte samt System entfernen). Die Subminiaturröhren (s. Ersatzschaltung[en] so anordnen, das die Haube später noch daraufpasst, und die etwaigen R's, C's (bzw. RC-Glieder) an Röhrendrähten bzw. Sockelstiften anlöten. Ein kurzer Test in einem geeigneten Radio bzw. einfachem Tester (Fassung, Batterie 1,2V und 2 x 9V, mA-Messinstrument) sagt etwas über die Funktion aus. Röhrenprüfgeräte scheiden in fast allen Fällen aus (wegen der RC-Glieder etc.). Danach kann die Haube wieder aufgesetzt (und bei den kleinen Hauben ab ca. 1943 zusätzlich verklebt) werden. Haube event. lackieren und beschriften (z.B. weisse Abreibebuchstaben). Sollen Beschriftungen ("Wehrmacht", Herstellername o.ä.) erhalten bleiben, vorher vorsichtig abkleben.
Die Erneuerung in den alten hohen Hauben geht am einfachsten, allerdings lassen einige Geräte nach WK II nicht mehr diese Bauhöhe zu! 
Ein wichtiger Punkt: alle Vorschläge für die serienmäßigen Röhren berücksichtigen gleiche Daten, auch für die Heizung (damit Serien- und Parallelheizung nach wie gegeben ist), jedoch max. 90V Anodenspannung! Die vorgestellten Subminiaturröhren sind für 20...67 V gedacht, daher die Vorwiderstände in den Ersatzschaltungen!
Für jeden Röhrentyp folgt zeitnah die entsprechende Ersatzschaltung:
DCH11 / DF11 / DAF11 / DL11, außerdem DC11 und DDD11.
Wer weiter experimentieren möchte, kann sich auch Prototypen, wie DCL11 oder andere
(DAC11, DBC11, DCC11, DCF11, DLL11 usw.) nach dem gleichen Muster "bauen".
Als erste ist hier der Umbau einer DCH11 (mit zwei Varianten):

Nachtrag / Korrektur: da ich leider erst in diesen Tagen genaue Informationen über den internen Aufbau der Subminiaturröhre 2G21 erhalten habe, füge ich eine korrigierte Zeichnung hinzu (die Korrektur bezieht sich lediglich auf die Zeichnung der Gitter; die Verdrahtung ist wie bisher!):

Hinweis: da die Metallhaube leitend ist, ferner der Aufbau u.U. sehr gedrängt erfolgt (DDD11 in eine kleine Haube nach 1943 beispielsweise...), ist das Überstreifen von passendem Isolierschlauch über die blanken Drahtanschlüsse sinnvoll; die Anschlüsse von passiven Bauteilen sollten mit stärkerem Draht (z.B. 0.8 mm Durchmesser) erfolgen. Nach dem Zusammenbau sollte ein Prüfen auf Kurzschlüsse, z.B. gegen andere Stiftnieten oder das Gehäuse, erfolgen. Sinnvoll - bei mehreren Umbauten - kann ein primitiver Tester mit Stahlröhrensockel sein: Heizung 1.22V NiCd-Akku, Anode 2...3 x 9V-Block seriell; g1 über 1MOhm an minus Hzg, Anode (event. g2 an Anode legen) und empfindliches Messinstrument in den Anodenkreis=Ausschlag. Wenig Ausschlag bei DC(H)11, DF11 und DAF11, deutlicher/Vollausschlag bei D(C)H11 und DL11. Zum Test von Verbundröhren: g1 umschaltbar machen (z.B. Triode oder Hexode von DCH11 testen).

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 2
Weitere Ersatzschaltungen 
03.Dec.05 08:48

Günther Stabe † 19.8.20 (D)
Beiträge: 398
Anzahl Danke: 34
Günther Stabe † 19.8.20

Hier folgenden weitere Vorschläge:

EDIT 10.04.09: Ersatzbestückung mit 5678 anstatt DF61 (DAF11) erspart den Shunt-Widerstand;  5672  anstatt 2x DF61 (DL11) brachte -noch- nicht den erwünschten Erfolg...

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 3
Erfahrungsbericht 
25.Apr.07 16:46

Günther Stabe † 19.8.20 (D)
Beiträge: 398
Anzahl Danke: 20
Günther Stabe † 19.8.20

Wunschgemäß reiche ich einen Erfahrungsbericht nach; es ist anzumerken, dass ich über keinen Geräte-/Mess-Park verfüge, also alle Tests bzw. Vergleiche nur per DVM und Gehör (also subjektiv) vornehmen kann.

Weiterhin sei anzumerken, dass einige Nachbau-Vorschläge seinerzeit mir von Herrn Gerhard B. Salzmann schriftlich übermittelt wurden; dieser hat die Daten und erforderlichen Bauelemente gewissenhaft berechnet bzw. ermittelt und in der Praxis überprüft. Auch er hat serienweise diese Nachbauten erstellt, allerdings mit einem Vertikalschnitt die Haube aufgefräst und dort später wieder verklebt.

Im Vergleich mit "gut" geprüften Orginalröhren ergibt sich kein hörbarer Unterschied; die Wiedergabe / Leistung ist absolut vergleichbar. Der Betrieb mit Originalröhren liefert die erforderliche Leistung bei ca. 90V Anodenspannung. Die Nachbauten halten das zwar gerade aus, ich betreibe diese aber nur mit ca. 75V. Mein Netzgerät für alle erforderlichen Spannungen (Heizspannung ist mit LM317 exakt eingestellt und stabilisiert) liefert sogar bis 106V; da meine ich, bereits leichte Übersteuerung - Klirrfaktor etc. - wahrgenommen zu haben.

Geprüft habe ich die Original- und Nachbau-Röhren im Nora K42 (weil man da gut die Röhren wechseln kann...); den habe ich mittlerweile verkauft und teste nunmehr in einem Braun BSK441-Chassis. DC11 und DDD11 teste ich in einem Mende 202B-Nachbau (Chassis). Die NF-Übertrager stammen von einem alten Tfk-Koffergerät; es ist erstaunlich, wieviel "Wumm" die insgesamt 4 x DF61 in der DDD11-Haube machen können!

Der Original-BSK441 enthält Originalröhren und wird seit langem "geschont"; mein Braun ER3 hat noch 1...3 Macken im HF-Teil, da muss ich noch suchen und kann daher dort nicht testen. 

Den BSK449D habe ich ebenfalls - mit guten Nachbauten - als nicht spielbereit verkauft. Der Käufer hatte die Fehler (einige Widerstände) schnell behoben und lobt den guten Empfang!

Ich habe noch ein paar Fotos von den Nachbau-Röhren bei mir gefunden; die Qualität ist nicht berauschend, vermitteln aber vielleicht doch einen Eindruck (DCH11, DF11, DAF11, DL11).

Ferner habe ich mich häufig gefragt, warum es keine DCL11 für den DKE gab. Um dieses exemplarisch zu prüfen, baute ich mir einen Prototyp und rüstete einen - nicht von mir! - geschlachteten DKE um. Der Erfolg blieb nicht aus! Ich bin sehr zufrieden mit meiner Sonderausgabe!

Übrigens sind die genannten Nach-und Selbstbaugeräte seit längerer Zeit im RMorg unter der jeweiligen Rubrik zu finden.

 Noch etwas: wenn passive Bauteile, wie C's, R's, aber auch Dioden, in so einem Nachbau stecken, hat es wirklich keinen Sinn, mit einem RPG zu arbeiten! Das kann ich durch mühseligen Schriftverkehr leidvoll Geplagter immer wieder gebetsmühlenartig wiederholen! Die Röhren funktionieren trotzdem toll! Einfach in das Gerät stecken und alles wird gut!

G.S.

 EDIT 20.08.08: neue Bilder DF11 (innen und aussen)

EDIT 10.04.09: bessere Bilder DCH11, DF11, DAF11 (mit 5678), DL11

 

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.