Gitterspannungsbezugspotenzial direkt geheizter Röhren

ID: 317170
? Gitterspannungsbezugspotenzial direkt geheizter Röhren 
07.Apr.13 18:19
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Wolfgang Flügel (D)
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Wolfgang Flügel

Gibt es bei direkt geheizten Röhren (z.B. RE034, RE074, RE134, ...) eine Festlegung, welcher der beiden Heizfadenanschlüsse der positive bzw. negative ist und welcher davon als Bezugspotenzial für die Gitterspannung definiert ist?

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s.o. 
07.Apr.13 19:03
32 from 5841

Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

Hallo Herr Flügel

Ja, es gibt eine (stillschweigende) Vereinbarung, wonach der Bezugspunkt für alle Spannungen bei direkt geheizten Gleichstromröhren am neg. Fadenende liegt.

Bei direkt geheizten Wechselstromröhren ist das die virtuelle Fadenmitte. Das kann die Mittelanzapfung am Heiztrafo sein, oder ein fester Spannungsteiler über beide Fadenenden. Noch besser ist ein einstellbarer Spannungsteiler = Entbrummer.

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s.o. 
07.Apr.13 19:57
69 from 5841

Wolfgang Flügel (D)
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Wolfgang Flügel

Hallo Herr Holtmann,

vielen Dank für Ihre Antwort!

Es ist schon mal hilfreich, zu wissen, dass das negative Fadenende als Bezugspotenzial für die Gitterspannung gilt. Bei Subminiaturröhren wie z.B. DF60 ist dies aus der Sockelschaltung in Röhrenbüchern einigermaßen klar zu erkennen.

Aus den Datenblättern zu alten Röhren wie z.B. RE34, RE74, RE134 ist dies leider nicht zu entnehmen. Ich habe auch noch nicht herausfinden können, welcher Heizfadenanschluss dort mit der negativen bzw. positiven Heizspannung zu belegen ist. Abhängig davon, wie der Heizfaden gepolt wird, ergeben sich jeweils etwas unterschiedliche Kennlinien, auch wenn man die Gitterspannung immer auf das negativ gepolte Ende bezieht.

 

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s.o. 
07.Apr.13 20:04
71 from 5841

Martin Renz (D)
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Martin Renz

Unser Mitglied Bernward Bittner bat noch folgendes zu Veröffentlichen:

"Grundsätzlich spielt es keine Rolle, welcher der beiden Heizfadenanschlüsse der Bezugspunkt zur Gitterspannung ist. Es kommt darauf an, welcher der beiden Anschlüsse mit der Masse des Gerätes verbunden ist. So ist oft der rote Anschluss der Heizbatterie mit Masse verbunden. (Beispiel: VE 301 B)
Bei Heizung mit Wechselstrom gibt es in der Regel einen relativ niederohmigen (ca. 100 Ohm) Einsteller (sog. Entbrummer), deren beide Enden mit dem Einsteller verbunden sind und der Abgriff an Masse liegt. So kann man auf minimales Brummen einstellen. (Beispiel: VE 301 W)

Grund dafür, dass das funktioniert, ist dass der Heizfaden relativ niederohmig ist und die Gitterspannung relativ hochohmig ist. Der Heizdraht wirkt sozusagen gegenüber dem Gitter insgesamt wie EIN Potenzial."

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s.o. 
07.Apr.13 23:01
120 from 5841

Wolfgang Holtmann (NL)
Redakteur
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Wolfgang Holtmann

Guten Abend Herr Flügel

Sie schreiben:

  "Ich habe auch noch nicht herausfinden können, welcher Heizfadenanschluss dort mit der negativen bzw. positiven Heizspannung zu belegen ist. Abhängig davon, wie der Heizfaden gepolt wird, ergeben sich jeweils etwas unterschiedliche Kennlinien, auch wenn man die Gitterspannung immer auf das negativ gepolte Ende bezieht."

Wie schon im Post 4 gesagt, grundsätzlich kann man bei direkt geheizten Gleichstromröhren von einem symmetrischen Aufbau des Heizfadens gegenüber den anderen Elektroden ausgehen. Daher findet man in den TELEFUNKEN Röhrendokumenten aus jener Zeit keine Angabe der Polarität in Bezug auf die Sockelstifte.

In der Praxis ergeben sich dennoch kleine Unterschiede, die auf Fertigungstoleranzen zurückzuführen sind. Das ist auch meine Erfahrung. 
Manchmal kommt es sogar vor, dass der Hersteller -heimlich- in den Sockel einen Ausgleichswiderstand an ein(!) Fadenende eingefügt hat, um die Spezifikation einzuhalten.... 

 

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s.o. 
08.Apr.13 14:50
209 from 5841

Wolfgang Flügel (D)
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Wolfgang Flügel

Vielen Dank für die sehr informativen Posts.

Rein interessehalber habe ich nun mal an einer RE074 die Kennlinien aufgenommen. Einmal mit der negativen Heizspannung am linken Heizungsanschluss der Röhre und das zweite Mal mit der negativen Heizspannung am rechten. Als Bezugspotenzial für die Gitterspannung habe ich immer jeweils das negative Heizspannungspotenzial verwendet.

Interessanterweise waren die gemessenen Kennlinien bei der zweiten Messung durchgehend um  eine Gitterspannungsdifferenz von ca. 1 Volt horizontal parallel verschoben. Das deutet daraufhin, dass offensichtlich die Heizfadenanordnung unsymmetrisch ist. D.h. um den gleichen Anodenstrom zu erhalten muss die Gitterspannung um ca. 1V geänder werden.

Es ist zu vermuten, dass sich dieser Effekt bei Röhren mit geringerem Durchgriff noch viel stärker auswirken dürfte. Ob sich das Ganze irgendwie in der praktischen Anwendung bemerkbar macht , kann ich nicht beurteilen.

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s.o. 
09.Apr.13 20:07
329 from 5841

Wolfgang Holtmann (NL)
Redakteur
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Wolfgang Holtmann

Hallo Herr Flügel

Ich habe mal meine vier RE084 und weitere direkt geheizte Trioden auf dem Kennlinienschreiber betrachtet.

Um die Abweichungen bei Verpolung der Heizfadenanschlüsse sofort zu erkennen, wurde kurzerhand ein Zwischensockel angefertigt. Dort wird mit einem kleinen Schalter nur die Polarität der Uf gewechselt.

Von den vier RE084 zeigen drei keinerlei Änderungen. Nur eine hat eine geringe Unsymmetrie, d.h. eine Ug Verschiebung von ca. 0,5V.

Dann wurde das mit einer A409 von Philips gemacht, auch kaum ein Unterschied. Selbiges Ergebnis für die erste A415. Die zweite A415 ist allerdings eine Überraschung! Hier sind die Abweichungen doch sehr groß...

Man hat den Eindruck, als ob der Heizfaden keine gleichmäßige Emission liefert.

Bei Kurve A liegt der Pluspol am linken Heizungsstift (von unten betrachtet). Der Verlauf entspricht einer guten Röhre. Bei Kurve B ist die Polung vertauscht. Der Anodenstrom ist deutlich geringer. Mit einem normalen Röhrenprüfgerät wäre das vielleicht nicht aufgefallen... 

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s.o. 
10.Apr.13 11:59
398 from 5841

Wolfgang Flügel (D)
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Wolfgang Flügel

Hallo Herr Holtmann,

Sie haben sich da ja sehr viel Mühe gemacht wegen meiner Anfrage. Vielen Dank dafür!
Ich hatte bei meinem letzten Post bereits versucht, die von mir aufgenommenen Kennlinien einer RE074 mit einzufügen, was mir als Neuling beim RM nicht gleich gelang. Jetzt hab ich aber rausgekriegt, wie das geht. Deshalb will ich das jetzt nachholen.

Ich habe die Messungen aber nur an einer einzigen Röhre durchgeführt, was sicherlich nicht repräsentativ ist.

Jedenfalls decken sich unsere Erfahrungen.
Ich weiß zwar nicht, wie der innere mechanische Aufbau dieser Röhren genau aussieht, könnte mir aber vorstellen, dass der Effekt evtl. daher rührt, dass der Heizfaden nicht exakt axial bezüglich des Gitters liegt, sodass das eine Ende einen geringeren Abstand zum Gitter hat, als das andere und dies abhängig von Fertigungstoleranzen.

Allerdings denke ich, dass das Ganze eine rein akademische Frage ist und dieser Effekt in der Praxis wohl eher vernachlässigbar ist. Vermutlich sind die fertigungsbedingten Toleranzen in den generellen Röhrenkennlinien mindestens in derselben Größenordnung.

Also nochmals vielen herzlichen Dank, dass Sie sich so gründlich mit meiner Anfrage beschäftigt haben.

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Ein möglicher Grund 
10.Apr.13 21:35
466 from 5841

Steffen Thies (A)
Redakteur
Beiträge: 278
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Hallo Herr Flügel,

da könnte es eine einfache Erklärung geben: Die Spannungsvariation zwischen Faden und Gitter über die Länge des Fadens ist ja trotz eines symmetrischen Aufbaus real vorhanden und sorgt dafür, daß das positive Fadenende weniger zur Gesamtemission beiträgt. Das negative Ende wird also stärker belastet. Wenn eine Röhre lange so betrieben wurde, wird dadurch die Emission über die Länge unterschiedlich werden. Das muß sich beim Umpolen bemerkbar machen.

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