Kapazitiver Nebenschluß bei Widerständen

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Kapazitiver Nebenschluß bei Widerständen 
30.Dec.16 11:47
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Bei höheren Frequenzen wirken sich die (bautechnisch bedingten) Kapazitäten von Widerständen als Nebenschlüsse aus, wodurch resultierend ein geringerer Wert für den Widerstand resultiert. Dieser ist zudem frequenzabhängig. Diese Abhängigkeit ist um so stärker, je größer der (nominelle) Wert des Widerstandes ist. 

Hochfrequenz-Schaltungen werden daher stets niederohmig dimensioniert, weil nur so (halbwegs) reelle Abschluß- und Anpassungs-Widerstände realisiert werden können.

Im 4. Band von "Günther, H.; Richter, H.: Schule des Funktechnikers, Sondergebiete, 7.A., Frankh, 1951" werden hierzu Beispiele gezeigt.

Verhalten von Widerständen

Dem Verhalten von Widerständen kommt im Gebiet der Höchstfrequenzen ganz besondere Bedeutung zu. In diesem Frequenzgebiet muß man sich stets vor Augen halten, daß der auf den Widerständen vermerkte Wert keineswegs auch nur annähernd stimmt, sondern daß man mit gänzlich anderen und gewöhnlich sehr viel kleineren Werten zu rechnen hat. Der Einfluß des Phasenwinkels von Wirkwiderständen, der stets kapazitiv ist, kann in den meisten Fällen vernachlässigt werden, ebenso der Einfluß der Stromverdrängung. Das gilt natürlich nur für Massewiderstände(*) mit sehr kleiner Schichtdicke, die nicht größer sein darf als die Eindringtiefe der in Betracht kommenden Frequenzen. Diese Forderung ist gewöhnlich zur Genüge erfüllt.

(*) Gemeint sind (nach heutigem Sprachgebrauch) "Schicht-Widerstäne", nicht "Masse-Widerstände". Masse-Widerstände sind noch stärker frequenzabhängig, weil hier der Skin-Effekt zusätzlich eine Rolle spielt.

Wir wollen hier auf die verschiedenen Gründe, die für die starke Abnahme des Wirkwiderstandes Rw gegenüber dem reinen Gleichstromwiderstand Rgl verantwortlich sind, nicht weiter eingehen, weil das nur für Spezialisten interessant ist. Für den Radiotechniker sind dagegen die Größenanordnungen wichtig, die bei bestimmten Frequenzen für die "Abnahme des Wirkwiderstandes" in Frage kommen. Deshalb bringen wir hier wieder einige Kurven aus Messungen von Opitz und Klemt.

 

Abb. 1991 zeigt das Verhältnis Rw/Rgl eines gewendelten 100 kΩ Schicht-Widerstandes, die Abb. 1992 die gleichen Kurven für dieselben Widerstände, jedoch mit verschiedenen Wendelabständen.

 

 

Wie man sieht, setzt bereits bei verhältnismäßig kleinen Frequenzen ein recht beträchtlicher Abfall des Widerstandes ein.

 

Einen allgemeinen Überblick gibt Abb. 1993, die die Abnahme des Hochfrequenzwiderstandes in % bei gewendelten Schichtwiderständen als Funktion der Frequenz und des Gleichstromwiderstandes zeigt.

Abb. 1993 ist wie folgt zu interpretieren: Wir wollen z.B. wissen, welcher Widerstands-Wert Rgl ändert seinen Wert bei 10 MHz um 1%. Bei f = 10 MHz ist das für 1W Widerstände ein Typ von ca. 12 kΩ. Bei 1/4W Widerständen ist es ein Typ von ca. 50 kΩ.

Besonders wichtig ist auch der "Einfluß der Frequenz auf den Wirkwiderstand" bei drehbaren Widerständen, z. B. bei Dreh-Potentiometern. Ein anschauliches Bild von dem Einfluß der Frequenz gibt Abb. 1994, in der die Wirkwiderstände von Potentiometern verschiedener Widerstandswerte als Funktion der Frequenz aufgetragen sind. Bei diesen Drehwiderständen setzt der Abfall natürlich noch früher ein, was sich aus der verhältnismäßig großen Masse erklärt.

 

Zusammenfassend sieht man aus den Messungen, daß auch bei Schichtwiderständen ein großer Frequenzeinfluß vorhanden ist, der keineswegs vernachlässigt werden darf. Der Einfluß ist um so größer, je größer der Gleichstromwert des Widerstandes ist. Man wird also bei sehr hohen Frequenzen nach Möglichkeit zusehen, mit recht kleinen Widerstandswerten auszukommen, damit der Frequenzeinfluß in tragbaren Grenzen bleibt. Wir haben hier den analogen Fall wie bei Kondensatoren.

Drahtwiderstände scheiden bei hohen Frequenzen vollkommen aus, dürfen also keineswegs verwendet werden. Deshalb verzichten wir auf die Wiedergabe entsprechender Messungen. Die übrigen Messungen zeigen jedoch, daß man auch bei Massewiderständen um so vorsichtiger sein muß, je höher die Frequenzen werden. Gegebenenfalls muß man durch eingehende Messungen die Brauchbarkeit des ins Auge gefaßten Widerstandes genau prüfen, wenn man nicht unliebsame Überraschungen erleben. will.

MfG DR

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