Kühlung von Halbleitern

ID: 359350
Kühlung von Halbleitern 
08.Oct.14 16:19
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Rudolf Drabek (A)
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Rudolf Drabek

Radiogeräte mit Röhren mussten i.a. nicht gekühlt werden. Bei Geräten mit Transistoren ist es eine Notwendigkeit im Entwicklungsprozess dies zu bewerten.

Germaniumhalbleiter durften in der aktiven Zone nicht mehr als 90°C erreichen, da sonst die temperaturabhängigen Ströme, bei schlechter Dimensionierung, "davon liefen" und einen Ausfall des Gerätes zur Folge hatten.

Siliziumhalbleiter können bis 125°C, je nach Typ auch 150°C belastet werden. Was die Erfordernisse an die Kühlfläche stark reduzieren. In der Folge soll die Zwangskühlung durch Anblasen nicht erörtert werden, was bei sehr hohen Verlustleistungen oft die einzige Alternative bleibt.

Berechnen lässt sich die Kühlung analog dem Ohm'schen Gesetz U = I x R .

U stellt die Temperaturdifferenz dar, I die Verlustleistung und R ist der thermische Widerstand. Die Temperaturdifferenz ist die erlaubte maximale Kristalltemperatur minus der Umgebungstemperatur bis zu der die Anordnung ausgelegt sein soll.

Ein Beispiel:  Ein 5V Stabilisator LM7805 im TO220 Gehäuse soll eine Eingangsspannung von 7 bis 15V auf 5V bringen und der entnehmbare Strom soll max. 1A sein.

Die Verlustleistung ist damit max. 10V x 1 A = 10 Watt

Die max. Umgebungstemp soll 45°C sein  Tj = 125°C ergibt eine Differenz von 80°C. Damit ist ein Kühlkörper mit U/I = 80 / 10 = 8°C/Watt erforderlich abzüglich der therm. Widerstandes des Bauteiles selbst., den man aus den Angeboten auswählt. Im Bild sind die Angaben des Herstellers zum T=220 Gehäuse zu sehen. Es werden durchgehend generell immer die Werte des Kristalls bis zum Gehäuse und zur Umgebung angegeben.

Da der LM7805 ein internes Wärmegefälle von 5°C/W hat und insgesamt aber 8°C/W nötig sind, wird ein Kühlkörper mit <= 3°C/W erforderlich.

Bei Reichelt ist z.B. dieser Typ zu finden, der allerdings 3,6°C/W aufweist, sodass man auf insgesamt 8,6°C/W kommt. Es ergibt sich damit eine um 6°C höhere Temperaturdifferenz zwischen Kristall und Umgebung für den Grenzfall 15V und 1A Ausgangsleistung der Stabilisierschaltung. Oder man kann auch sagen: Statt 45°C ist nur eine max. Umgebungstemperatut von 45 -6 = 39°C erlaubt.

Es kann damit jeder selbst einschätzen wie er es bewerten will.

Das war ein einfaches Beispiel. Ein Klasse A NF-Verstärker ist ebenfalls noch einfach zu dimensionieren. Die Verlustleistung ist immer dann am höchsten, wenn keine NF-Ausgangsleistung verlangt wird. Die max. NF-Leistung, die entnommen werden kann, ist 50% der im Arbeitspunkt auftretenden Verlustleistung.

 Ist das Ziel ein 5W Verstärker in Klasse A muss ein Arbeitspunkt, Kniespannung des Ausgangstransistors vernachlässigt, von 10 Watt gewählt werden. Das kann nun z.B. eine Spannung von 10V und ein eingestellter Strom von 1 A sein. Es ergibt sich ein Arbeitswiderstand von 10 Ohm im UC / IC Diagramm des Bauteiles. Das unterscheidet sich nicht von Dimensionierungen von Röhrengeräten, wo nur die Impedanzen anders liegen.

Bei einer Lautsprecherimpedanz von 4 Ohm ist demzufolge ein Ausgangstransformator zur Anpassung nötig von (10/4)¹/².  Die erforderliche Kühlung rechnet sich wie im Beispiel davor.

Etwas schwieriger ist die Ermittlung des Kühlbedarfs bei transistorisierten Gegentaktendstufen. Wie hoch ist  da die max. Verlustleistung und bei welcher Aussteuerung tritt sie auf?

Im nachfolgenden Excel können sie jedes Detail nachvollziehen. Vorerst ein Bild daraus:

Die X-Achse ist der Aussteurungsgrad k.

Zusammenfassend gilt.

1. Der beste Wirkungsgrad tritt bei Vollaussteuerung auf und ist gerundet 80%

2.Die höchste Verlustleistung bei Sinusaussteuerung tritt bei gerundet 65% auf und beträgt 40% der    max. NF-Ausgangsleistung. Bei anderen Spannungsformen werden sich andere Werte einstellen. Der Wirkungsgrad bei höchster Verlustleistung liegt, wie bei einer A-Endstufe bei 50%.

Warum die max. Verlustleistung bei ca. 65% Aussteuerung auftritt ist im Bild gut erkennbar. Die Gleichstromleistung steigt linear an. Die Wechselstromleistg,  mit U²/R oder I²*R hingegen, steigt, wie zu sehen, quadratisch an. Für Interessierte ist im Excel alles nachvollziehbar.

Ein Beispiel mit dem LM386 Speisung 12V 16 Ohm Lastwiderstand.                                                 Daten zitiert aus dem National Semiconductor Datenblatt

Als erstes fällt die geringe Ausgangsleistung gegenüber einem diskret aufgebautem Verstärker mit "bootstrap" auf. Damit wäre eine unverzerrte Ausgangsleistung von 1.125 W vergleichbar zu dem Wert im Datenblatt des LM386 von 0,8 W erzielbar. Hören wird man den Unterschied kaum, da es nur 1,5 dB sind. Die max. auftretende Verlustleistung ist 0,5 W und weicht nur um 10% von der Theorie ab, was auf die interne Treiberstufe zurückzuführen ist.

Damit sind alle Angaben zur Ermittlung des Kühlungsbedarfes gegeben.

Tjmax = 150°C aus dem Datenblatt

Tamb sei 50°C

Rth = (150 -50)/0,5 = 200 °C/W

Die DIL Version hat einen Wärmewiderstand von 107°C/W. Daraus folgt dass keine Kühlung erforderlich ist, oder dass der Verstärker noch bei Umgebungstemperaturen von ca. 100 °C ohne Schaden betrieben werden kann.


@Herr Holzapfel:  Ihr Beitrag ergänzt den Meinen, der um die Ermittlung der Verlustleistungen geht, mit denen dann die Kühlfläche lt. ihrem Beitrag ermittelt werden kann, wenn man keinen Kühlkörper kaufen will.

Anlagen:

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Ermittlung von Kühlflächen für Leistungstransistoren 
08.Oct.14 17:43
41 from 4319

Jörg Holtzapfel (D)
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Hallo Herr Drabek,

hoffentlich sind Sie mir nicht böse, daß ich Ihr Thema für einen PDF-Hochlade-Versuch benutze; bekomme sonst fast immer Fehlermeldungen - nun nimmt der RM-server sogar über 280 KB an.

Quelle: Siemens Halbleiter, Schaltbeispiele Ausgabe April 1960, 3.Aufl., Seite 3-7

Hatte ich gestern zufällig entdeckt beim Was-ganz-anderes-suchen.

MfG Jörg Holtzapfel

 

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Ermittlung von Kühlflächen für Leistungstransistoren 
09.Oct.14 09:57
176 from 4319

Jörg Holtzapfel (D)
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Thomas Günzel hält den Siemens-Aufsatz für digitalisierenswert und war so freundlich, die ursprüngliche Datei zu bearbeiten.

Meinen vorherigen Beitrag werde ich später noch editieren.

Gruß JH 

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THD oder dtot im Datenblatt 
11.Oct.14 11:20
414 from 4319

Rudolf Drabek (A)
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Rudolf Drabek

Im Datenblatt des LM386 ist von THD  = total harmonic distortion = Klirrfaktor die Rede.

Im angezogenen Beispiel ist der Wert der Ausgangsleistung mit 0,8W verwendet worden, das einem dtot von 3% entspricht. Der Unterschied zwischen 3% und unverzerrt, d.h es klippt gerade nicht, ist dabei noch sehr gering.

Man kann aber erkennen dass die Werte der Ausgangsleistung "schöner" sind, wenn  man den höheren THD Wert annimmt.

Bei Hornyphon haben wir übrigens auch immer den Wert für dtot = 10 % publiziert.

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