loewe-opta: Luna-stereo, Reparaturbericht

ID: 177086
Dieser Artikel betrifft das Modell: Luna-Stereo 42070 (42070 W) (Loewe-(Opta); Deutschland)

loewe-opta: Luna-stereo, Reparaturbericht 
12.Nov.08 19:45
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Rolf Nickel (D)
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Rolf Nickel

Liebe Leser,

das Weihnachtsfest nähert sich mal wieder – und Wünsche wurden geäussert. So von meiner Frau, deren zweites Röhrenradio - ein Loewe Opta "Luna stereo" - gewisse Schwächen zeigte. Die Mittelwelle funktionierte sehr gut, vor Allem, nachdem wir rausbekommen hatten, dass man die Ferritantenne ein- und ausschalten kann.
Auf UKW dagegen schwankte die Empfangsleistung in unregelmäßigen Abständen, der Sender war mal lauter und dann wieder leise und verzerrt zu hören. So etwas stört gewaltig, ich schob die Schuld zunächst auf die bedingte Brauchbarkeit der eingebauten Dipolantenne. Aber auch die versuchsweise Speisung mit einem optimal ausgerichteten Unterdach-Dipol brachte keine Verbesserung. Also gab es nun den Weihnachtswunsch meiner Frau, hier Abhilfe zu schaffen. Das Gerät ist seit etwa 1 Jahr bei uns; und ich hatte bisher noch nichts daran getan.
Nach dem Ausbau des Chassis wurde ich mit dem bekannten schmierigen Belag konfrontiert – Küche oder Nikotin. Stellenweise konnte man nur noch Konturen, aber keine Aufdrucke oder Farben mehr erkennen. Der Fehler trat sofort auf, als ich die ECC 85 des UKW-Mischteiles berührte. Versuchsweise besprühte ich ihre Stifte mit Kontaktspray und setzte sie nach dem Abtropfen wieder ein. Der Fehler war zunächst verschwunden, tauchte aber nach längerer Betriebsdauer (immerhin 3 h) doch wieder auf. Nun wechselte ich noch die Röhre, um sicherzugehen, dass der Fehler nicht dort vorlag. Wieder spielte das Gerät eine ganze Weile einwandfrei – aber nach dem Ausschalten und Wiedereinschalten eine halbe Stunde später war der Ton wieder leise und verzerrt. Durch Bewegen der Röhre konnte ich Änderungen erzeugen, sogar Mikrofoniegeräusche beim Anklopfen mit dem Röhrenhammer waren manchmal zu hören, jedoch war das Ganze in keiner Weise reproduzierbar oder genauer lokalisierbar. Also, die Originalröhre wieder hineingesteckt und eingeschaltet: alles war natürlich wie vorher. Ich öffnete daraufhin den Abschirmkasten und berührte sehr vorsichtig von oben mit einem Isolierstab die erreichbaren Bauelemente und Zuführungsdrähte – ohne Ergebnis.
Schweren Herzens berichtete ich meiner Frau, dass ich keinen Schritt weitergekommen war und nun die Flachbaugruppe aus dem Kasten herausnehmen müsste, weil ich anders nicht mehr weiterkommen würde. Das Risiko einer Beschädigung musste ich notgedrungen in Kauf nehmen.

Nicht nur wegen der dafür notwendigen Entfernung des Skalenseiles von der Antriebsrolle auf dem Drehko, sondern auch wegen zweier schlecht erreichbarer Leitungen war der Ausbau unangenehm. Letztere verliefen von der Leiterplatten-Oberseite durch ein Loch im Blech in den Spalt zwischen MW-Drehko und Mischteilkasten. Eigentlich hätte das zusätzlich den AM-Drehko-Ausbau erfordert, aber weiteren Skalenseil-Ärger wollte ich mir erst einmal ersparen.
Daher zwickte ich die beiden Leitungen oberhalb der Leiterplatte innerhalb des Abschirmgehäuses durch und konnte nach dem Ablöten der restlichen Leitungen und dem Entfernen aller Schrauben und Muttern die Baugruppe langsam aus dem Kasten "herauskanten".
Nun endlich war auch die Leiterplatten-Unterseite prüfbar, vor Allem die Umgebung der Röhrenfassung. Leiterbahn-Schäden waren nicht erkennbar, aber schlechte Lötstellen der Fassungskontakte. Diese mussten bereits zum Zeitpunkt der Fertigung des Radios schlecht lötbar gewesen sein, das konnte man wegen ihrer nur teilweise umflossenen Oberfläche deutlich erkennen. Das Ergebnis meiner Nachlöt-Bemühungen mit Zugabe von Kolophonium-Spiritus sah dann auch nur wenig besser aus als vorher, siehe die gelb eingekreisten Lötstellen auf dem Foto.



Zu langes "Herumbraten" verbietet sich, weil die Leiterbahnen von der Hartpapier-Oberfläche abheben. Anschließend reinigte ich die Unterseite gründlich mit Pinsel und Nitroverdünnung. Während des Trocknens überlegte ich, wie ich nun am schlauesten vorgehen könnte. Ich wollte auf keinen Fall riskieren, eine möglicherweise defekte Baugruppe mühselig wieder einzubauen und dann entweder sofort  oder nach einiger Betriebszeit festzustellen, dass alles vergeblich war. Man kann hier als "Nicht-Routinier" leicht etwas vermurksen, ohne dass man es gleich merkt.
Ich entschloss mich daher, die Baugruppe draußen zu lassen und sie über verlängerte Leitungen mit dem Gerät zu verbinden in der Hoffnung, dass sie, falls nicht unabsichtlich durch meine Instandsetzungsmaßnahmen beschädigt, trotzdem "irgendwie" funktionieren würde.
Zu meiner großen Überraschung spielte das Gerät gleich nach dem Einschalten klar und unverzerrt, die Spannungshöhe am Ratio-Elko beträgt etwa 54 V bei exakter Senderabstimmung und guter Antenne, genau so viel wie vorher während der Phasen mit einwandfreiem Empfang. Also hatte ich wenigstens nichts zerstört. Jetzt gibt es vor dem Wiedereinbau erst mal für ein paar Tage Probelauf.

Einen Verdacht habe ich noch. Die Massung der Leiterplatte erfolgt durch ihre Befestigungsteile auf zweierlei Arten:
1. von unten über zwei im Kasten fest eingebaute Sechskant-Abstandsbolzen aus Kupfer mit M3-Gewindestiften. Die Oberflächen der Sechskant-Enden drücken gegen die Massefläche der Leiterplatte, wenn man von oben die beiden M3-Muttern anschraubt; und
2. von oben über zwei seitliche Verbindungsschrauben zwischen Abschirmkasten und FM-Drehko, dessen Stator unten mit der Leiterplatten-Massefläche verschraubt ist.
Solche Lösungen sind meiner Ansicht nach nur bedingt brauchbar, weil auf diese Weise keine dauerhaft gasdichte und damit vor Oxidation geschützte elektrische Verbindung herstellbar ist, die auch bei UKW-Frequenzen noch möglichst niederimpedant sein sollte. Durch Umwelteinwirkungen und Temperaturänderungen durch die Röhre verschlechtertern sich elektrische Verbindungen dieser Art über die Jahre immer weiter, zumal man die beiden Muttern nicht zu fest anziehen darf, das würde die Leiterplatte übelnehmen. So könnte langsam aber sicher ein Übergangswiderstand entstanden sein, der für die oben beschriebenen Fehlererscheinungen durchaus (mit-)verantwortlich sein kann. Ich werde  beim Wiedereinbau auf jeden Fall eine zusätzliche gelötete Masseverbindung von der Leiterplatten-Massefläche zum Chassis mit einer dicken Kupferlitze herstellen.

Anmerkung:
Da ich manchmal des Herummeckerns an konstruktiven Details bezichtigt werde, möchte ich noch Folgendes klarstellen. Das beschriebene Gerät hat zweifellos jahrelang einwandfrei gearbeitet, mit Sicherheit sogar länger als von Loewe Opta geplant. Die Konstruktion ist also, von der "wirtschaftlichen" Seite her betrachtet, sogar noch zu gut !
Aber wir haben uns hier ja zum Ziel gesetzt, "alte Gurken wieder zum Laufen zu kriegen", und nur dafür, also für ein erfolgreiches Restaurieren von Museumsstücken, sind meine Hinweise gedacht.

Rolf Nickel
 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Der Kampf mit dem Skalenseil 
16.Nov.08 22:56

Rolf Nickel (D)
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Rolf Nickel

Luna stereo, Reparaturbericht, 1. Fortsetzung

Nach dem Wiedereinbau in den Abschirmkasten funktionierte der UKW-Mischteil zu meiner großen Freude immer noch. Ich möchte betonen, dass ich mich gehütet habe, an irgendwelchen Abgleichkernen zu drehen oder Bauelemente auszutauschen. Warum auch ?
Aber jetzt zum Kampf mit dem Skalenseil !

Vor dem Abnehmen des Seils hatte ich eine Menge Fotos gemacht, weil ich genau wusste, dass die Tätigkeit des Wiedereinfädelns nicht zu meinen starken Seiten gehört.
Weiter hatte ich die Stellung Drehko-Achse zur Seilrolle, und den Ort, wo sich der Skalenzeiger bei der in den Bildern gezeigten Stellung "Schlitz nach oben" gerade befindet, mit Tipp-Ex markiert.
Ausserdem hatte ich das Seil nicht vollständig entfernt, sondern nur mit der Häkelnadel bzw. Pinzette von den kleinen weißen Führungsrollen links und rechts abgehoben und danach die Windungen von der (schwarzen, geschlitzten) Drehko-Antriebsrolle abgestreift. Die richtige Anfangslage des Seils wird durch eine kleine Messingöse sichergestellt, die fest auf das Seil gepresst ist und unterhalb des Schlitzes in der Rolle liegt.

Während meiner diversen Versuche des Wiedereinfädelns stellte ich fest, dass es nötig war, zusätzlich das linke Seilende von der Spannfeder und von der Führungsrolle links und auch den Zeiger abzunehmen, damit genügend "Länge" zum Hantieren vorhanden ist.

Trotzdem, wie befürchtet : es wollte einfach nicht klappen ! Aber ich möchte niemanden langweilen, daher verzichte ich auf die Beschreibung meiner weiteren vergeblichen Versuche. Zum Erfolg führte dann folgende Vorgehensweise:

  • Die Seilrolle mit dem Schlitz nach oben auf die Drehkoachse setzen, nicht anschrauben. Messingöse unterhalb des Schlitzes platzieren und, wie auf dem SW-Foto gezeigt, beide Seil-Anfänge jeweils von aussen  und dann nach links bzw. rechts, wie mit den Pfeilen verdeutlicht, ein Stück weit um die Rolle führen und sie dabei genau in den Führungsnuten halten.
  • Den Z-förmigen Seilteil mit Klebstoff fixieren (Uhu o. ä.), den man später wieder entfernenen kann. Dann eine Stunde aushärten lassen. Wenn man jetzt im jeweils angefangenen Wickelsinn weitermacht, kann der Anfang nicht mehr von der Rolle springen.

  • Nach links eine Windung und nach rechts eine Windung wickeln.
  • Linkes Seilende unter der oberen kleinen schwarzen Führungsrolle nach links führen und mit Feststellpinzette o. ä. leicht haltern, auf der anderen Seite das Seil um die hintere kleine weiße Führungsrolle auf der rechten Geräteseite legen, Seilteil vom Pinzetten-Ende und das Seilteil von der Spannfeder her anziehen und das Loch im Seilknoten wieder über das Federende drücken, d. h., beide Enden wieder verbinden. Das hört sich leichter an als es ist.
  • Erst dann das so vorgespannte Seil mit der Häkelnadel von der Achse wieder auf die auf der linken Geräteseite befindliche weiße Führungsrolle ziehen. Dann den Skalenzeiger aufsetzen.

Der Drehkondensator begrenzt mit seinem Anschlag den Seillauf nach rechts und nach links, dadurch können bei richtiger Einstellung von Drehkoachse zu Seilrolle weder der Skalenzeiger noch die Spannfeder zu weit gekurbelt werden. Beim Finden des richtigen Zuordnungspunktes kann man sich nach der vorher angebrachten Tipp-Ex-Markierung richten.

  • Die Rolle auf der Drehkoachse leicht mit einer der beiden Madenschrauben vorfixieren und zur Probe den Senderwahlknopf ein paar Mal hin und her drehen und prüfen, ob Drehko-Anschlag und Skalenzeiger-Endstellung links und rechts übereinstimmen, ggf. bei wieder ein wenig gelockerter Madenschraube die Stellung Drehkoachse/Seilrolle korrigieren. Zum Schluß beide Madenschrauben der Seilrolle anziehen.

Sicherlich ist diese nicht die einzige oder die beste Methode. Ich habe den Vorgang trotzdem so ausführlich beschrieben, damit andere Betroffene Anhaltspunkte haben, um zum Erfolg zu kommen.

18.11.2008: Prinzipbild/Schema des Seillaufs hinzugefügt und Text "Vorgehensweise" strukturiert

Rolf Nickel
 

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