minerva: 610-M; Taschentransistor

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minerva: 610-M; Taschentransistor 
05.Jan.11 00:53
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Sepp Juster (A)
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Sepp Juster


 

MINERVA Taschensuper 610 M, 610 ML, 640, 650
Versionsunterschiede und andere Besonderheiten

 


Themenverzeichnis:
 A)  Allgemeines zum Taschensuper
 B)  Taschentransistor 610 M (Taschensuper 610 M)
 C)  Taschensuper 640
 D)  Taschensuper 650
 E)  Taschentransistor 610 LM – die Langwellenversion
 F)  Nachtrag
 G)  Verfügbare technische Unterlagen über den Taschensuper
 H)  Einige Allgemeine Erkenntnisse über den Taschensuper
 K)  Hinweise zu Reparaturen und Restaurierung
 L)  Datenquellen
 M) Kurioses über den Taschensuper
 N)  RM-relevante Zusammenfassung bezüglich Hochladen von Bildern

 

A) Allgemeines zum Taschensuper

Der Empfänger ist zwar schaltungstechnisch einfach konzipiert, das gelungene Design generierte hohe Verkaufsziffern über eine Produktionszeit von sieben Jahren. Er konnte sich sogar noch lange in der UKW-Zeit halten. Es lohnt sich daher, sich näher mit dem Gerät zu befassen.

Auf Produktionsunterlagen von Minerva kann nicht mehr zurückgegriffen werden. Die originalen Service Unterlagen sind auch sehr allgemein gehalten, daher blieb nur die Möglichkeit, eine möglichst große Anzahl von Geräten technisch aufzuarbeiten. Mit Unterstützung befreundeter Sammler konnte ich über 50 Geräte untersuchen. Bei der endlichen Anzahl von Geräten kann nicht ausgeschlossen werden, dass es später noch zu weiterführenden Erkenntnissen kommt.
 


Taschensuper 610 M

Minerva stellte das Gerät erstmals zur Wiener Frühjahrsmesse 1960 dem Publikum vor. Das war 3 Jahre nach Minervas erstem Volltransistor Portable der Type 570. Technisch innovativ und zu einem günstigen Preis konnte sich der Taschensuper mehrer Jahre gegen die fernöstliche Konkurrenz behaupten. Maßgeblich am Erfolg beteiligt war das bestechend elegante Design verbunden mit der Kleinheit des Gerätes – es passte wirklich in die Rocktasche. Technisch gesehen war es zwar nur ein einfacher MW-Empfänger, die hohen Verkaufszahlen machten das Gerät jedoch zu einem wichtigen Minerva-Produkt. Besonders interessant die Verwendung nur einer, damals überall erhältlichen 3V Stabbatterie. Die Schaltung ist jedoch so entworfen, dass sie bis zum Erschöpfen der Batterie (1,5V) einwandfrei arbeitet. Das ergibt je nach Lautstärke eine ungefähre Betriebsdauer von 200 Stunden. Die heute weltweit übliche 9V-Blockbatterie war damals noch exotisch. Geschickt nutzte Minerva auch das damals noch herrschende Misstrauen bezüglich der nicht vorhandenen Reparaturmöglichkeiten japanischer Konkurrenzprodukte. Eine Ferritantenne hoher Güte sowie die Verwendung von drei Generationen HF-Transistoren ergibt eine hohe Empfindlichkeit, ein 70 mm Hochleistungslautsprecher eine für die Gerätegröße beachtliche Klangqualität. Bis auf die Letztversion (Taschensuper 650) gab es das Gerät nur einheitlich in der Gehäusefarbe Elfenbein. Der klappbare Aufstellbügel ermöglichte die dekorative Aufstellung des Empfängers am Schreibtisch. Die letzten Geräteserien liefen 1967 vom Band.
 
 

Während der gesamten Produktionsdauer wurden für das Gerät drei Typennummern (610, 640 und 650) vergeben. Die Typennummern wurden bei Minerva für interne Administration und für technische Dokumentationen (z.B. Serviceanleitungen für Reparaturwerkstätten) verwendet.

In den Dokumentationen wurde anfänglich das Gerät mit “Taschentransistor“ bezeichnet. Später änderte man dies aus verkaufstechnischen Gründen auf “Taschensuper“.
Die Geräte selbst, auch die frühen Versionen, liefen unter “Taschensuper“. Zu ersehen an der Verpackung und am Beipack (Bedienungsanleitung, Garantieschein und Prüfschein).
Gegenüber den zahlenden Kunden benutzte Minerva nur leicht zu merkende Namen. In diesem Fall liefen alle Versionen unter “Taschensuper“.

Wie bei Minerva üblich, gab es auch beim Taschensuper fast regelmäßig qualitätssteigernde Nachbesserungen die in die laufende Produktion eingeflossen sind, die elektrische Schaltung blieb aber über den ganzen Produktionszeitraum praktisch unverändert. Es gab unterschiedliche Halbleiterbestückungen mit einhergehenden geänderten Neutralisationsschaltungen, sowie wegen unterschiedlicher Drehkondensatoren geänderte Platinenlayouts.
Lediglich die Einführung der seitlichen Kopfhörerbuchse kann der Type 640, das neue Gehäusedesign der Type 650 zugeordnet werden.

Insgesamt wurden bei der MW-Version des "Taschensuper" 6 Platinenversionen und gleichviele Skalenscheiben verbaut. Zusätzlich die Komponenten für die MW/LW-Version.

 

B) Taschentransistor 610 M (Taschensuper 610 M)
 
Der Produktionsstart erfolgte mit dem “Taschensuper 610“ ab Seriennummer 718 801. Die erste verbaute Platinenversion 610-1 macht noch einen etwas handgezeichneten Eindruck und wurde bald durch die Version 610-2 ersetzt. Funktionell sind beide Versionen gleich, das überarbeitete Layout macht aber nun einen professionellen Eindruck. Je nach Verfügbarkeit bei der Zulieferung kamen zwei unterschiedliche Drehkondensatoren zum Einsatz.
 


Taschensuper 610 M, die erste Geräteserie ohne Abstimmuntersetzung

 
Platinenversion 610/1                                     Platinenversion 610/2
 
Die erste Gerätegeneration war noch mit einem direkt auf der Drehkondensatorachse angebrachten Abstimmrad versehen. Die erste Skalenscheibe 610/1 hatte noch eine grobe 50 m Wellenlängen-Teilung. Das Design der Skalenscheibe wurde jedoch relativ bald geändert auf eine optisch ansprechendere 10 m-Teilung. Zu diesem Zeitpunkt wurde die etwas giftige direkte Abstimmung mit einer Reibraduntersetzung verbessert.
 

Taschensuper 610 M, die zweite Geräteserie mit Reibraduntersetzung
 
Mit der neuen 10 m Teilung kam kurzzeitig die Skalenscheibe 610/2 zum Einsatz. Bei der hat man jedoch die Teilungspunkte über 500 und unter 200 m vergessen. Sie wurde bald ersetzt durch die Skalenscheibe 610/3.

Diese Kombination - Platine 610/2 und Drehko mit Skalenscheibe 610/3 – war stückzahlenmäßig der am häufigsten produzierte "Taschensuper" von Minerva.

Ab Seriennummer 900 000? (Schätzung wegen fehlender Produktionunterlagen) kam wieder ein neuer Drehkondensator, der einen Paddingkondensator erforderte, zum Einsatz. Die neue Platinenversion 610-3 mit der angepassten Skalenscheibe 610/4.

Erst die Geräte der späteren Typenreihe 640 und 650 war bezüglich Drehkondensator einheitlich ausgestattet.

Im Herbst 1962 – ab Seriennummer 921 101 - nochmals ein Schritt zur Qualitätsverbesserung. Im HF- und ZF-Teil kam der moderne diffusionslegierte Transistor AF127 zum Einsatz. Die vierpolige Gehäuseform verlangte eine neue Platinenversion 610-4. Diese neue Technologie verbesserte nochmals die Empfangseigenschaften. Der Neutralisationsaufwand der beiden ZF-Stufen konnte minimiert werden. Gleichzeitig stieg man im NF-Teil von den voluminösen OCxx Typen auf die kleinere Bauform AC126, 2x AC128 um. Ca. ½ Jahr lang gab es auch wahlweise Bestückungen im NF-Teil mit den äquivalenten Siemens-Typen AC151 und 2x AC153.
 

Platinenversion 610/3                                   Platinenversion 610/4
 
Geräte mit Restbeständen an 610-3 Platinen sind auch nach Einführung der neuen Platine 610-4 aufgetaucht.

Die beim Taschensuper 610 M vorgefundenen vier Skalenscheiben mit deutlich erkennbaren Unterschieden im Frequenzverlauf zwischen 610/3 und 610/4:


Skala 610/1                                                          Skala 610/2
 
 
Skala 610/3                                                                Skala 610/4
 
Die Versionsnummer der Skalenscheibe ist einem bestimmten Drehko zugeordnet und nicht einer Platine mit gleicher Versionsnummer.
 
 
 
 
 
C) Taschensuper 640
 
Schon kurze Zeit später, im Frühjahr 1963, präsentierte man ab Seriennummer 966 151 die nächste Gerätegeneration mit der neuen Typenbezeichnung “Taschensuper 640". Äußerliches Merkmal war die seitlich positionierte 2,5 mm Klinkenbuchse. Dies ermöglichte Kopfhörerbetrieb verbunden mit Abschaltung des internen Lautsprechers. Das bewährte Gehäusedesign – elfenbeinfarbenes Plastikgehäuse – wurde unverändert beibehalten.
 

Taschensuper 640 (mit Kopfhörerbuchse)
 










 
 
 
 
 
 
 
Von rückwärts bei abgenommener Rückwand ist die neue Version am quadratischen 20 mm großen Ausschnitt für den nun durchstehenden Drehkondensator erkenntlich. D.h. es wurde wieder ein neuer Drehkondensator verbaut, verbunden mit der neuen Platinenversion 610 Ph1 samt passender Skala 610/Ph/1. Warum man die neue Version nicht auch mit 640 bezeichnete wissen wohl nur die Radiogötter.
 
 
 
 
 
 
 
D) Taschensuper 650
 
Anlässlich der Wiener Frühjahrsmesse 1964 wurde die letzte Version des Taschensupers in den Handel gebracht. Dem “Taschensuper 650“ wurde eine völlig neue Gehäuseoptik verpasst, das Innenleben jedoch unverändert von der Vorgängerversion übernommen.
Zunächst wurden die Geräte noch mit der Vorgängerplatine 610 Ph1 ausgeliefert, später dann mit der Platinenversion 650 Ph1. Bis auf eine 2 mm Bohrung und einer minimal geänderten Leitung waren beide Platinversionen ident. Das nun horizontal  ausgerichtete Sichtfenster mit Lupe zur besseren Ablesung bedingte ein neues Skalenrad 650/1.
Das Gehäuse gab es in vier Farben: beige, hellbraun, hellgrau und dunkelgrau. Je nach Gehäusefarbe wurde eine rötliche oder schwarze Skalenscheibe verbaut. Beide Skalenscheiben haben die gleiche Nummer 650/1.
 


Taschensuper 650

Die Oberflächen des formatfüllenden  LS-Gitters und die Skalenscheiben sind farblich aufeinander abgestimmt. Die beiden grauen Modelle waren mit der schwarzen Skalenscheibe ausgestattet.

 
Taschensuper 650 in beige und hellbraun

 
 Taschensuper 650 in hellgrau und dunkelgrau
 

 
 
 
E) Taschentransistor 610 ML - die Langwellenversion
 
Laut originalen Serviceunterlagen gab es von der Type 610 auch eine Version für Mittel- und Langwellenempfang. Speziell für den Export war es damals üblich Sondermodelle mit diesen Frequenzbändern zu produzieren, die aber in Österreich nicht immer angeboten wurden. Obwohl eigentlich alle diese Sonderversionen anderer Minerva-Modelle und auch Firmen (Radione, Ingelen) in den heimischen Sammlungen sich wiederfinden, tauchte erstmals nach über 50 Jahren ein derartiges Exemplar vom Taschensuper auf. Die österr. Radiosammler inklusive selbst der heimischen Minerva-Spezialisten hatten bereits resigniert. Einhellig war man der Meinung, dass das Gerät zwar auf dem Papier existiert, aber anscheinend mangels Käuferinteresse nie in Produktion gegangen ist. Selbst eine Umfrage im RM konnte die Existenz dieses Exportmodelles in natura nicht bestätigen. Überraschend hatte nun ein RM-Mitglied aus Ungarn Bilder dieses Phantom-Gerätes hochgeladen. Ein reger Meinungsaustausch fand statt - unter RM-Mitgliedern geht das auch leichter. Letztlich überließ er mir sogar das Gerät.
 
 
Eine eingehende Untersuchung war obligatorisch. Der optische Eindruck ist der eines Seriengerätes und kein Labormuster, da alle typischen Merkmale dafür vorhanden sind (Print-Layout, gestanzte Seriennummer, Aufkleber mit Seriennummer, Skala, usw.). In den Original-Serviceunterlagen ist die Platinenversion 610/3L abgebildet, im aufgetauchten Gerät jedoch die Version 610/4L verbaut. Unterschiede am Printlayout beider Versionen sind nicht erkennbar. Leider ist das auf den Technischen Mitteilungen von MINERVA abgebildete Gerät nicht von der „Abstimmungsseite“ fotografiert, sodass man nicht sagen kann um welche Gerätegeneration es sich handelt. Das aufgetauchte Gerät ist jedenfalls kein Gerät der ersten Generation, da es bereits mit einer Reibraduntersetzung ausgestattet ist. 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
Die Beipackunterlagen sind nicht erhalten geblieben. Durch Interpolation der Seriennummer kann man auf ein Produktionsdatum von etwa Anfang 1962 schließen. Bei nur einem aufgetauchten Gerät sind nicht alle Fragen zu beantworten. Für die nächste Sammlergeneration bleibt also noch genügend Forschungsarbeit.
 
 

Damit wäre das letzte Gerät dieser so erfolgreichen Baureihe besprochen. Das große Manko - die fehlende UKW-Empfangsmöglichkeit gegenüber der Fernostkonkurrenz war wohl das Ende des "Taschensupers". 1967 wurde die Produktion eingestellt
 
 
 
F) Nachtrag: 
 
Um das Thema „Taschensuper“ abzurunden noch einige Bilder über die Verpackung, den bei Minerva üblichen Beipack, Tragetasche, Prospekte.
 
 
Die frühen Modelle lagen in einer genau passenden Schachtel, die späteren Modelle in einer Styropor-Hartschale.
 
 
Jedes Minerva-Gerät war mit einem Beipack versehen bestehend aus Bedienungsanleitung, Garantieschein und dem Prüfschein.
 
 
Einen umfassenden Schutz bot die originale Tragetasche gefertigt aus robustem Leder.
 
 
Als verkaufsfördernde Maßnahme zwei Prospekte aus der damaligen Zeit.
 
 
 
 
 
 
 
G) Verfügbare technische Unterlagen über den Taschensuper:
 
Unterlagen für Händler und Service Betriebe gab es erst relativ spät.
Vom Taschentransistor 610 ……..  Blatt R5, Ausgabe II/62
Vom Taschensuper 640   ………..  Blatt R5a, Ausgabe XII/63
MINERVA Technische Mitteilungen vom Jänner 1961
 
Vom "Taschensuper 650" gab es keine Service Unterlagen. War auch nicht notwendig, da die Schaltung ident mit dem Vorgängermodell 640 ist. Es änderte sich lediglich das Gehäuse.
In den angeführten Technischen Mitteilungen vom Jänner 1961 findet sich eine gute und ausführliche technische Beschreibung des Taschensupers.
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Am Deckblatt der Technischen Mitteilungen ist die MW/LW-Version abgebildet. Deutlich zu sehen der seitlich unterhalb des LS Reglers angebrachte Umschalter. Es existierte im Jahre 1960 zumindest ein Mustergerät.
 
 
 
Die korrigierten Schaltungen aller Taschensuper-Versionen sind im RM bei den betreffenden Modellen abgelegt.
 
 

 
H) Einige allgemeine Erkenntnisse über den Taschensuper:
  • Auch von Minerva herausgegebene offizielle Unterlagen sollte man nicht als Evangelium betrachten. Im Zuge der Recherchen sind gleich mehrere Ungereimtheiten zu Tage getreten.
     
  • Die Schaltung ist zwar an Einfachheit nicht zu überbieten, trotzdem haben sich mehrere Fehler eingeschlichen
     
  • Der Eingangskreis (Ferritantenne) ist falsch gezeichnet. Das ist scheinbar niemandem aufgefallen über den kompletten Produktionszeitraum von 7 Jahren.
     
  • In den Service Unterlagen für den “Taschensuper 640“ aus dem Jahre 1963 ist das 3. ZF-Filter anders beschaltet als in den vorher ausgegebenen Unterlagen. Obwohl ich alle in Frage kommenden Versionen mehrfach überprüfte, konnte ich keine einzige Bestätigung für diese Schaltungsänderung finden. Es dürfte sich  um einen Zeichenfehler handeln. Die Leute im Konstruktionsbüro waren schließlich auch nur Menschen.
     
  • Über die Beschaltung der KH-Buchse war man ebenfalls geteilter Meinung.
     
  • Dafür waren die insgesamt 5 verbauten unterschiedlichen Drehkondensatoren keine Erwähnung wert.
     
  • Eine MW/LW Version gab es nur von der ersten Typenreihe 610.
     
  • Die Angaben von Seriennummern sind hilfreich solange sie richtig sind. Falsche Nummern bewirken genau das Gegenteil. Noch dazu eine Verifizierung in späteren Zeiten nur in Ausnahmefällen möglich ist.
Als Beispiel ein Passus in der Serviceanleitung vom “Taschensuper 640“.
 
Die Geräte mit den Chassisnummern 921.101 – 928.600 wurden mit folgendem Transistorsatz ausgestattet: AF 127, AF 127, AF 127, AC 151 (TF 65), 2x AC 153
 
Die richtige Interpretation dieser Angaben:
Ab Seriennummer 921 101 wurden im HF- und ZF-Teil die OCxx-Transistoren durch 3x AF127 ersetzt, gleichzeitig im NF-Teil Transistoren mit kleineren Gehäusebauformen AC126 und 2x AC 128 eingebaut. Je nach Verfügbarkeit wurden im NF-Teil auch wahlweise die Siemens-Typen AC151 und 2x AC153 verbaut. Diese Siemens-Typen wurden aber auch in wesentlich späteren Seriennummern als angegeben vorgefunden.
  • Die Seriennummer findet sich bis zu viermal pro Gerät
          Eingestanzt auf der Cu-Seite des Prints,
          ein Aufkleber im Batteriefach (ist häufig abgefallen),
          am Prüfschein,
          am Garantieschein.
     
  • Am Prüfschein ist das genaue Produktionsdatum vermerkt (Endkontrolle).
 
 
 
K) Hinweise zu Reparaturen und Restaurierung:
 
Die Schaltung ist einfach gehalten, elektrische Fehler daher nur selten anzutreffen und beschränken sich auf ausgetrocknete Elkos. Wie bei allen Batteriegeräten gibt es häufig Korrosionserscheinungen durch ausgelaufene Batterien. Ein gerätetypischer Fehler sind Kratzgeräusche beim Durchdrehen des Drehkondensators. Hört sich an wie schleifende Kodensatorpakete. Kann natürlich nicht sein, da Folien dazwischen sind. Ursache ist der Schleifkontakt an der Rotorachse. Einige Drehkondensator-Bauformen sind gekapselt, die Stelle daher nicht zugänglich. Oftmaliges Durchdrehen der Abstimmung hilft in vielen Fällen. Bei den offenen Bauformen kann man noch mit Chemie nachhelfen. In ganz hartnäckigen Fällen hilft nur der Tausch. Schrottplatinen zur Bauteilgewinnung gibt es noch genug. Dabei sind die vielen verbauten Drehkoversionen mit den dazu passenden Skalen zu beachten.

Bei der Reibraduntersetzung ist ein kleiner Gummiring im Eingriff. Über die vielen Jahrzehnte, nicht immer aber oftmals, ausgehärtet und mit Druckstellen versehen verschlechtert sich dadurch das Abstimmungsfeeling. Für eine Abhilfe habe ich leider keinen Tipp parat. Wird wohl in den nächsten Jahrzehnten ein größeres Problem werden.

Da die Platinen aller Gerätegenerationen (ausgenommen die seltener anzutreffende erste Generation ohne Abstimmuntersetzung) untereinander tauschbar sind, ist es im Laufe der Zeit zu vielen nicht typenreinen Mischbestückungen gekommen (aus 2 mach 1 Gerät-Methode). Das ist zwar funktionell kein Manko, ist aber nicht der Auslieferungszustand.
 

 

L) Datenquellen:
 
Originale Servicemitteilungen von Minerva.
Produktbezogene Publikationen in der monatl. erscheinenden Zeitschrift “Radioschau“,
Jahrgang 1960.
Kontaktierung anderer anerkannter Minerva-Spezialisten.
Praktische Datenüberprüfung aus einem Fundus von ca. 50 Geräten.
 
Informationen zum Taschensuper finden sie auch im
“RADIOBOTE“  2006, Nr. 3,   2008, Nr. 16  und  2011, Nr. 36

Mein Dank an Sammlerkollegen Rósza Tamás aus Ungarn. Er stellte mir seinen 610 ML zur Verfügung und ermöglichte damit eine ausführliche Dokumentation.
Weiters Dank an Wolfgang Schicker für die Unterstützung mit Geräten seiner Sammlung.
 
 
 
 
M) Kurioses über den Taschensuper.
 
Im Zuge einer umfangreichen Recherche kommt es auch vor, dass man mit Geräten konfrontiert wird, die nicht in das mühsam erarbeitete Schema passen. So ist es mir auch beim Taschensuper ergangen.

Ca. 1 Jahr nach Abschluss der Taschensuper-Recherche zeigt ein mir gut bekannter Sammler samt breitem Grinsen ein Exemplar mit dazugehörender Garantieurkunde auf der das Verkaufsdatum 7.1.1959 vermerkt ist. Das ist mehr als 1 Jahr vor dem offiziellen Verkaufsbeginn April 1960.

Die Wirkung auf mich war nachhaltig. Wie kann man sich um derartige Zeiträume irren?
Man könnte den ominösen Garantieschein einfach der Feuerbestattung übergeben. Wäre aber schade, weil es ein interessantes Zeitdokument ist. Wie soll ich mich verhalten? Mein guter Ruf stand auf dem Spiel. Früher oder später wird das Gerät in irgendeinem Forum sein Unwesen treiben. Je länger man wartet umso schwieriger wird es dann zu deuten sein. Da alle Zeitzeugen den Weg alles Irdischen gegangen sind und dazu nicht mehr befrag werden können, blieb mir nichts anderes übrig als mich damit zu befassen.

Lenkt auch etwas von der staubtrockenen Technik ab und vermittelt einen Eindruck wie man durch systematische Fragestellungen zu interessanten Ergebnissen kommt.

Wie vorhin erwähnt handelt es sich um einen Taschensuper mit einem auf der Garantieurkunde vermerktem Verkaufsdatum von 7.1.1959. Es ist alles erhalten geblieben, von der originalen Verpackung samt Beipack inklusive Garantieschein. Ein praktisch fabrikneues Gerät – eigentlich ein Glücksfall für jeden Sammler würde da nicht der hinlänglich dokumentierte offizielle Verkaufsstart des Taschensupers mit Frühjahr 1960 im Wege stehen. 

Zunächst könnte es sich um einen „Spaßvogel“ handeln der einfach ein falsches Datum am Garantieschein eingetragen hatte. Oder das Datum stimmt, dann müsste aber das Gerät bereits im Jahre 1958 produziert worden sein. Das halte ich wieder für nicht plausibel.

Laut Seriennummer ist es ein Gerät der ersten Generation, ist aber nicht das mit der niedrigsten Nummer vorgefundene Gerät. Ein Gerät mit einer noch niedrigeren Nummer befindet sich sogar in meiner Sammlung.

Eine genaue optische Begutachtung förderte interessante Einzelheiten zu Tage. Das Gerät war noch in der Originalschachtel und machte einen neuwertigen Eindruck. Lediglich ein Kontaktstreifen des Batteriehalters hatte minimale Korrosion verursacht durch eine ausgelaufene Batterie.

Interessant auch der beiliegende Garantieschein. Es ist nur das Abgabedatum vermerkt ohne Händlerstampiglie. Zur damaligen Zeit äußerst ungewöhnlich, da nur mit einem vollständig ausgefüllten Schein ein Garantieanspruch bestand. Zum Unterschied von heute war damals die Garantie auf eine Zeitdauer von 6 Monaten ab Verkauf beschränkt.

Meine Ansicht zu diesem Fall:
Das Gerät hinterlässt den Eindruck, dass es sich um ein Firmengeschenk handelt. Ein hoher MINERVA-Mann hat das Gerät zu Werbezwecken verschenkt, mit der Absicht - aus welchen Gründen auch immer - eine Rückverfolgung im Zuge einer Garantieleistung durch das falsche Datum zu unterbinden.

Ein normaler Käufer hätte das Gerät auch benutzt. Es sind jedoch wirklich nur minimale Gebrauchsspuren ersichtlich. Offensichtlich wurde nur einmal eine Batterie eingesetzt, dann verlor der Besitzer das Interesse am Gerät. Der Beschenkte wiederum war technisch  nicht unbedarft. Er hat die Batterie aus dem Gerät entfernt und das Gerät samt Begleitpapieren wieder in der Originalschachtel gelagert. Darin hat es dann das nächste halbe Jahrhundert gut geschützt im Dunkeln geschlummert. Wäre die Batterie nicht entfernt worden, hätte die Korrosion über den langen Zeitraum hinweg das Gerät zerstört. So ist ein fast neuwertiges Gerät samt Unterlagen der Nachwelt erhalten geblieben.

Etwas Spekulation ist natürlich immer dabei, aber so könnte ich mir den damaligen Ablauf vorstellen.

In die gleiche Kategorie fallen auch Geräte die von Firmen speziell für Ausstellungen und
Messen hergestellt wurden. Meist Geräte mit einem speziellen Plastiküberzug die nicht für den normalen Verkauf bestimmt waren.


 
N) RM-relevante Zusammenfassung bezüglich Hochladen von
 Bildern:
 
Diese Geräteserie ist unter vier Modellbezeichnungen im RM dokumentiert:
Taschentransistor 610 M
Taschentransistor 610 ML
Taschensuper 640
Taschensuper 650
Hochgeladene Bilder sollen so aufgenommen sein, dass sie die typischen Unterscheidungsmerkmale bildlich darstellen.
 
Bilder von Geräten der ersten Bauserie (ohne Abstimmuntersetzung) sowie der zweiten Bauserie (mit Abstimmuntersetzung aber ohne Kopfhörerbuchse) sind auf das Modell 610 M zu laden.

Bilder von Geräten mit einer Kopfhörerbuchse und elfenbeinfarbenem Gehäuse sind auf Modell 640 zu laden.

Bilder von Geräten der Letztserie (geändertes Gehäusedesign) sind auf das Modell 650 zu laden.

Der glückliche Besitzer der Mittel/Langwellenversion oder des Mustergerätes ladet die Bilder auf das Modell 610 ML.
 
Sepp Juster

 

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