Modifizierte 2HF mit Schwingdrossel und Anodenkappe

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Modifizierte 2HF mit Schwingdrossel und Anodenkappe 
01.Jul.08 18:40
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

In "Hollmann, H.E.: Physik und Technik der ultrakurzen Wellen, Bd. 2, Die ultrakurzen Wellen in der Technik, Springer, 1936" wird eine Ardenne'sche Doppelröhre mit "Schwingdrossel" beschrieben, die als Resonanzverstärker für die damalige 7,5 m Welle für das Fernsehen Verwndung fand. Als Literaturstelle wird benannt: "Ardenne, M von: Z. Hochfrequenztechn. Bd. 40 (1932), S. 65". Wer sich die Mühe der Suche nach dieser Literaturstelle sparen will, kann aber auch auf die Anthologie "Herbst, W.: Manfred von Ardenne, eine Anthologie, Funk Verlag Hein, 2007" zurückgreifen, in welcher viele interessante Aufsätze von Ardenne wiedergegeben werden. 

Die beschreibene modifizierte 2HF hat eine Schwing-Drossel (L) an der Anode der ersten Tetrode. Der Anodenanschluß für die zweite Tetrode (A2) ist oben am Kolben. Vergleiche hierzu das Bild 2.

Die aperiodische Verstärkung von ultrakurzen Wellen

 (aus HOCHFREQUENZTECHNIK UND ELEKTROAKUSTIK 40, 1932, s. 65-67)

Im Laufe des letzten Jahres wurden die Ausbreitungsverhältnisse und die praktischen Möglichkeiten der ultrakurzen Wellen durch die führenden Industriefirmen und die Reichspost systematisch erforscht. Die Ergebnisse finden sich wohl am prägnantesten dargestellt in den Arbeiten von F. Schröter über Ultrakurzwellen-Fernsehen (F Schröter, Telefunkenzeitung 12, 5, 1931, Nr. 58) und Ultrakurzwellen-Rundfunk (F Schröter, ENT8, 1931, H. 10). Das bisher nicht unbedingt positive Ergebnis dürfte vielleicht folgendermaßen zusammengefaßt werden.

Beim Ultrakurzwellen-Rundfunk gelingt es nicht, mit den praktisch herstellbaren Senderleistungen ein großes Stadtgebiet betriebsmäßig zu versorgen. Trotz bedeutender Anstrengungen, das rückgekoppelte Audion technisch zu vervollkommnen und seine Bedienung zu vereinfachen, bleiben die Möglichkeiten beschränkt; geringe Leistungsreserve, Erdungsschwierigkeiten und störende Polarisationserscheinungen bei der Anbringung der Antennen sind charakteristische Schwierigkeiten. Eine Vergrößerung der Senderleistung bringt nur eine langsame Verbesserung. Die Sender müßten weit über die jetzige Leistung hinaus verstärkt werden (zur Zeit schon einige Kilowatt), wodurch der Sendebetrieb bald unökonomisch wird.

Alle diese Schwierigkeiten wären beseitigt, sobald Empfänger mit größerer Bandbreite und gesteigerter Spannungsempfindlichkeit zur Verfügung ständen.

Noch enger liegen die Grenzen beim Ultrakurzwellen-Fernsehen. Das zu übertragende Band ist um fast zwei Zehnerpotenzen größer als das Seitenband des Ultrakurzwellen-Rundfunks. Man muß daher auf die Anwendung der Rückkopplungsentdämpfung verzichten, da andernfalls eine unzulässige Beschneidung der äußeren Seitenbänder eintritt.

Der Zwang, nicht künstlich entdämpfte Kreise zu verwenden, führt zu einer Verringerung der Spannungsempfindlichkeit des Empfängers, die auf der Senderseite durch Steigerung der Leistung praktisch nicht mehr ausgeglichen werden kann. Alle diese Schwierigkeiten sind beseitigt, wenn ein Empfangsgerät geschaffen wird, welches eine große Bandbreite bei gesteigerter Spannungsempfindlichkeit besitzt.

Es folgt aus diesen Darlegungen im Interesse der Weiterentwicklung dieses Gebietes die Notwendigkeit, einen aperiodischen Hochfrequenzverstärker für ultrakurze Strahlen zu entwickeln, wenn man nicht zu Überlagerungsempfängern mit aperiodischer Zwischenfrequenzverstärkung übergehen will, die ebenfalls diese Aufgabe erfüllen können. Bei der Untersuchung der Lösungsmöglichkeiten dieser Aufgabe wurde zunächst folgendes festgestellt. In diesem Falle ist es zulässig, den Weg der reinen, vollaperiodischen Widerstandsverstärkung, der nur mit sehr großer Gleichstromleistung durchführbar ist, zu verlassen, und zum halbaperiodischen System überzugehen. Halbaperiodische Verstärker, d. h. Schwingdrosselverstärker mit breiter Resonanzkurve konnten bisher in der Technik keine Bedeutung erlangen, weil der zu bewältigende Wellenbereich in der Regel mehr als eine Oktave umfaßte. Im Ultrakurzwellengebiet besteht eine andere Sachlage. Infolge der charakteristischen Absorptions- und Ausbreitungsverhältnisse der ultrakurzen Wellen kommt für die praktische Verwendung derselben nur ein Gebiet in Frage, das wesentlich kleiner als eine Oktave ist bzw. zu sein braucht, und zwar das Gebiet zwischen etwa 6,75 m und 7,25 m Wellenlänge. Hier ist es möglich, eine Röhrenkopplung über Schwingdrosseln vorzunehmen, d. h. über mit ausreichendem Verlustwiderstand behaftete Selbstinduktionen, die in der Mitte des Wellenbereiches (bei etwa 7 m Wellenlänge) mit der Röhren- und Schaltungskapazität Resonanz ergeben. Nur durch Ausnutzung einer gewissen Resonanzwirkung und Einsetzung aller früher (M. v. Ardenne, Die aperiodische Verstärkung von Rundfunkwellen, Z. Hochfreq. 33, 166, 1929) bei der Entwicklung und Konstruktion aperiodischer Verstärker gesammelter Erfahrungen gelang es, Verstärkereinheiten mit gutem Wirkungsgrad, geringem Strombedarf und genügend breitem Frequenzbande für dieses kritische Wellengebiet zu schaffen.

Ausführungsform des Verstärkers

Der entwickelte Verstärker, der je zwei Stufen mit ihrer Übertragungskopplung und einer Schwingdrossel in einem Glaskolben enthält, ist durch vier besondere Merkmale gekennzeichnet:

  • Mehrfachröhrenaufbau,
  • Schirmgittersysteme,
  • äußere metallische Abschirmung und
  • die erwähnte Anodendrossel.

Nur durch den Mehrfachröhrenaufbau der Firma Radio AG Dr. S. Loewe gelingt es, die Eigenkapazitäten in solchen Grenzen zu halten, daß bei 7-m-Wellen und heutigen Röhrengüten brauchbare Resultate sich einstellen. Auch schon beim sorgfältig durchkonstruierten Mehrfachröhrenaufbau liegen für diese Frequenzen die kapazitiven Anodenbelastungen kaum über 500Ω. In Verbindung mit dem unten charakterisierten Röhrensystem und einem Resonanzeffekt a/d < 10 resultieren jedoch bereits erhebliche Verstärkungsgrade. Die Verwendung von Schirmgittersystemen ist nützlich, um die Anodenrückwirkungen weitgehend zu vermeiden, die bei diesen Frequenzen naturgemäß um ein Vielfaches stärker auftreten als bei längeren Wellen. Bei dem Zusammenbau je zweier Einheiten mit ihrer Übertragungskopplung ist zu beachten, daß die Abstimmung des ersten Anodenkreises gut getroffen wird, daß die Zweifacheinheit metallisch abgeschirmt und der zweite Anodenkreis außerhalb der Abschirmung angeordnet wird, letzteres zur Vermeidung von Rückkopplungen.
 

Abb. 1 zeigt die Schaltung der Zweifachröhre für Ultrakurzwellenverstärkung. Abb. 2 gibt den inneren Systemaufbau wieder. Die Herstellung der Röhren erfolgte unter der Leitung von H. Kapteyn in der Röhrenfabrik der Radio AG Dr. S. Loewe. Man erkennt in Abb. 2 rechts vorn die eingebaute Schwingdrossel, welche bei guter mechanischer Stabilität auf 7 m abgestimmt ist. Vor ihr erscheint der Übertragungskondensator Cü = 50 cm und der Ableitungswiderstand der nächsten Stufe. Die beiden Systeme sind durch eine Wand gegen Streukopplung geschirmt. Die Anode des zweiten Systemes wird oben aus dem Kolben herausgeführt. Die störenden Rückwirkungen sind auf diese Weise sehr viel kleiner zu halten als bei gemeinsamer Sockeldurchführung aller kritischen Leitungen. Ferner bietet die getrennte Ausführung den Vorteil kapazitätsarmer und bequemer Weiterleitung zur folgenden Einheit bzw. zum Gleichrichter. Die Schirmgitter sind besonders lang ausgeführt und werden durch mehrere Längsdrahtverbindungen zu einer Äquipotentialfläche gemacht. Die Kathoden sind nach den modernsten Erfahrungen als höchstemittierende Bariumkathoden mit indirekter Heizung hergestellt und auf kürzestem Wege zuammengeschaltet. Die Röhre leistet eine Steilheit von 2 mA/V bei einer mittleren Emission von ca. 5 mA pro Stufe und 200 V Anodenspannung.

Messungsergebnisse mit den Röhren

In den Kurven von Abb. 3 und 4 sind einige Messungsergebnisse dargestellt.
  
Abb. 3 Resonanzkurve der Verstärkung                 Abb. 4 Resonanzkurve des Anodenstroms

Die hierzu benutzten besonderen Meßmethoden werden in einer folgenden Arbeit (K. Schiesinger, Meßtechnik und Meßgeräte für ultrakurze Weiten) dargestellt werden. Abb. 3 zeigt die Verstärkungskurve beim Arbeiten der Röhre auf einen abgestimmten Ausgangskreis mit ca. 800 Ω Paralleldämpfung. Es resultierte eine etwa 10-fache Verstärkung des gesamten Systemes, wovon auf die erste Stufe eine ca. 6-fache Verstärkung entfällt. Die eingebaute Schwingdrossel kam auf fast 5000 Ω Resonanzwiderstand. Ihre Wirkungsweise geht noch deutlicher aus Abb. 4 hervor, welche den Verlauf des Anodenstromes der ersten Stufe allein beim Hinwegstreichen über die Eigenwelle veranschaulicht. Die Stufe wurde zum Zwecke dieser indirekten Messung für Anodengleichrichtung vorgespannt. Die Halbwertsbreite dieser Stufe beträgt etwa 8x106 Hz.

Da man selbst für sehr vollkommene Fernsehübertragungen bis auf weiteres Mit 106 Hz Modulationsbandbreite gut auskommen dürfte, ist eine weitere Einengung der Verstärkungskurve durch Ausschaltung eines zweiten abgestimmten Ausgangskreises und durch Hintereinanderschaltung mehrerer solcher Systeme durchaus statthaft. Die resultierende Halbwertsbreite läßt sich leicht größer als 106, Hz halten, ein Wert, der selbst für sehr vollkommene Fernsehübertragungen in Zukunft ausreichen würde.

Die Verwendung der Röhre als Vorsatz eines normalen Audions bringt bereits die zu erwartende wesentliche Verbesserung des Empfanges bei gleichzeitiger Vereinfachung der Bedienung. Bei Kaskadenschaltung mehrerer Einheiten ist auf die gegenseitige Entkopplung großes Gewicht zu legen.

Abb. 5. Schema einer Empfangsanlage mit 100-facher Spannungsverstärkung und 106 Hertz Halbwertsbreite bei einer 7-m-Welle

In Abb. 5 ist ein typisches 7-m-Empfangsgerät zur Aufnahme von Fernsehsendungen wiedergegeben, auf welchem die Verdrosselung der Leitungen zum Schirmgitter und zur Anode sowie die Anordnung von gedämpften Schwingdrosseln zur Zwischenkopplung dargestellt ist. Die erste Stufe eines aperiodischen Verstärkers für den Frequenzbereich 10 - 106 Hz würde bereits die Gleichrichtung übernehmen und nur noch das gewünschte Modulationsband weiterleiten.

Die praktischen Erfahrungen mit den neuen Verstärkerröhren sind durchaus sehr günstige. Es gelingt praktisch, mit zwei Doppelröhren und Schwingkreisankopplung eine ca. 100-fache Verstärkung herzustellen und dabei eine Bandbreite von ca. 500 kHz bei 7-m-Trägerwelle aufrecht zu erhalten, d. h. die beiden oben aufgestellten Forderungen zu vereinigen.

Zusammenfassung

Eine neue Zweifachröhreneinheit zur direkten Hochfrequenzverstärkung ultrakurzer Wellen wird beschrieben. Das erste System ist auf eine eingebaute abgestimmte und mäßig gedämpfte Drossel geschaltet. Der Verstärker erlaubt eine zehnfache Verstärkung bei ca. 1000 Ω Ausgangswiderstand. Seine Wirkung erstreckt sich über ein Band von über 106 Hz zu beiden Seiten der Trägerwelle. Durch Hintereinanderschaltung von zwei Doppelröhren gelingt es bei 7-m-Trägerwelle und einer Halbwertsbreite von 106 Hz, eine 100-fache Spannungsverstärkung zu verwirklichen.

(Eingegangen am 8. Januar 1932.)


Ob diese Schwingdrossel-Röhre eine Typenbezeichnung erhalten hat oder ob es sich um eine experimentelle Röhre handelt, geht aus den beiden Literaturstellen nicht hervor.

MfG DR

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