NF-Verzerrungen durch den Gleichlauffehler im Superhet

9
ID: 371831
NF-Verzerrungen durch den Gleichlauffehler im Superhet 
21.Feb.15 11:54
3893
9

Jochen Bauer (D)
Redakteur
Beiträge: 126
Anzahl Danke: 13
Jochen Bauer

Wie allgemein bekannt, lässt sich beim Superheterodynempfänger im Mittelwellenbereich lediglich mit
speziell dafür gefertigten Drehkondensatoren mit entsprechend verschiedenen Plattenschnitten für
Oszillator- und Vorkreis ein exakter Gleichlauf zwischen diesen beiden Kreisen erreichen, bei dem die
Differenz zwischen Oszillatorfrequenz und Resonanzfrequenz des Vorkreises immer genau der
Zwischenfrequenz entspricht. Viel häufiger ist in der Praxis der sogenannte Dreipunktabgleich zu finden, bei dem ein Drehkondensator mit identischen Plattenschnitten verwendet wird und dafür mittels
Serien- und Parallelkondensatoren im Oszillatorkreis und ggf. auch im Vorkreis der Gleichlauf an drei
Punkten auf der Frequenzskala exakt erreicht wird. Die Abweichungen an den anderen Punkten der
Frequenzskala betragen dabei bei optimalem Abgleich bis zu 8kHz, was bei den üblichen Gütefaktoren der Vorkreise von Q=150 und mehr und den damit verbundenen Bandbreiten eine nicht mehr zu vernachlässigende Abweichung von der Resonanzfrequenz des Vorkreises darstellt.

Liegt die Trägerfrequenz des zu empfangenden Senders genau auf der Resonanzfrequenz des Vorkreises, was wie schon erwähnt beim Dreipunktabgleich eben an drei Stellen der Frequenzskala der Fall ist, so erfahren die beiden Seitenbänder des HF-Signals in guter Näherung eine gleich starke Absenkung gegenüber dem Träger, sowie eine jeweils entgegengesetzte Phasenverschiebung. Dies führt, wie sich recht einfach zeigen lässt, lediglich zu einer Verringerung des Modulationsgrades des den nachfolgenden Stufen im Empfänger zugeführten amplitudenmodulierten HF-Signals ohne das es dabei zu Verzerrungen der Hüllkurve kommt. Der Leser sei für weitere Details auf das angehängte PDF mit dem vollständigen Artikel verweisen.

Liegt die Trägerfrequenz jedoch neben der Resonanzfrequenz auf der Flanke der Resonanzkurve des
Vorkreises, so werden die beiden Seitenbänder unterschiedlich stark gegenüber dem Träger angehoben bzw. abgesenkt. Auch die Phasendrehung ist in diesem Fall nicht mehr näherungsweise entgegen gerichtet und es kommt zu Verzerrungen der Hüllkurve, was auch bereits hier erwähnt wurde.

Diese beiden oben beschriebenen typischen Situationen sind in der folgenden Abbildung dargestellt:

Die in letzterem Fall auftretenden Verzerrungen der Hüllkurve und damit des NF-Signals können nun
numerisch für verschiedene Modulationstiefen des Eingangssignals untersucht werden. Im Folgenden sind dazu einige Plots gezeigt, die vollständige Betrachtung findet sich im angehängten PDF Dokument.

Zunächst sei eine Gleichlaufabweichung von 2kHz bei 600kHz betrachtet:


 

Während hier bei einem Modulationsgrad von 50% noch keine offensichtliche Verzerrung der Hüllkurve zu sehen ist, kann bei 75% Modulationsgrad bereits eine mit dem Auge sichtbare Verzerrung der ursprünglich Sinus- bzw. Cosinusförmigen Hüllkurve erkannt werden. Bei einem Modulationsgrad von
100% ergibt sich eine deutliche Deformationen der Hüllkurve. Betrachten wir nun eine Gleichlaufabweichung von 5kHz bei 600kHz

 

 

Die Deformation der Hüllkurve bei einem Modulationsgrad von 100% ist hier etwas geringer geworden,
bei einem Modulationsgrad von 75% sind mit bloßem Auge keine offensichtlichen Verzerrungen mehr zu erkennen, die Hüllkurve mit einem Modulationsgrad von 50% zeigt nach wie vor keine offensichtlichen Verzerrungen. Dies ist dadurch zu erklären, dass in diesem Bereich die Flanke der Resonanzkurve des Vorkreises bereits wieder flacher wird und die Amplitudenunterschiede der beiden Seitenbänder zueinander wieder geringer werden.

Insgesamt betrachtet sind die Verzerrungen umso größer, je näher sich der Modulationsgrad der Grenze von 100% annähert. In den vorangegangenen numerischen Beispielen wurde mit typischen Werten für einen Mittelwellenempfänger gearbeitet. Es zeigt sich, dass ein Modulationsgrad des Eingangssignals von 50% zu keinen mit dem bloßen Auge sichtbaren Verzerrungen führt, während 100% Modulationsgrad deutliche Deformationen der Hüllkurve nach sich zieht.

Es kann daher zusammenfassend der Schluss gezogen werden, dass ein hoher Modulationsgrad (>80%) nicht erst in einem auf Gleichrichtung basierendem Hüllkurven-Demodulator Verzerrungen verursacht. Es entstehen in diesem Fall, zumindest beim Mittelwellen Superheterodynempfänger, bereits im Vorkreis Verzerrungen.

 

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.