nordmende: Kondensatortausch am Tannhäuser 58 3D

ID: 369491
nordmende: Kondensatortausch am Tannhäuser 58 3D 
26.Jan.15 01:12
3011

Jan Westera (D)
Anzahl Danke: 12

Als ausgebildete Machinenbauer mit berufliche "Nebenbei-Erfahrung" in Elektronik-Fehlersuche, Frührentner mit Vorliebe für Röhrenklang aber Anfänger hinsichtlich Röhrenradios, hatte ich Pech mit meinem ersten, vom einem Röhrenprofi restaurierten Tannhäuser 58-3D. Das Gerät wurde per Kurier mit ernsten, mechanischen Gehäuse- und Horn-Transportschäden abgeliefert. Die Gehäuse-/Horn-Schäden habe ich wieder herrichten können aber das Gerät leidet noch an eine schwere Bassverzerrung bei etwas mehr Volumen (nicht die bekannte "Basslästigkeit-nach-Kondensatortausch" aber eine richtig störende und abnormale  Bassverzerrung). Ich bin dabei, mit Hilfe eines anderen Röhrenprofis, die Ursache dieser Verzerrung aufzuspüren. Mit meinem zweiten, viel preiswerter über Ebay von Privat gekaufte Tannhäuser 58-3D, hatte ich wirklich Glück. 100 % im Originalzustand, super Klang, zwar deutlich basslästiger nach selbst durchgeführten Kondensatortausch aber wieder im "normalem Bassbereich" zurückversetzt nach Änderung zweier Kondensatorwerte (C102: 47 nF, C113: 68 nF), wie ein Röhrenkollege an seinen, nach Kondensatortausch, basslästigen Arabella herausgefunden hat (s. www dampfradioforum.de/vieuwtopic.php?f=2&t=17423&start=45). Bei die vielen Arbeiten, die ich als nicht ausgebildete Elektroniker an beide Radios durchführen musste, war es, trotz vorhandenem Nordmende-Originalschaltplan (bei Radio-2) nicht immer einfach die Komponenten im Chassis zu lokalisieren. Um es mir selbst und möglich auch andere, anfangende Röhrenradio-Begeisterten leichter zu machen um möglich kritische Kondensatoren (29 Stück beim Tannhäuser 58 !) zu lokalisieren, habe ich Übersichts- und Detailbilder gemacht vom Kondensatortausch und die in Photoshop bearbeitet mit C-Nr und C-Wert-Angaben. In die 5 Monate das ich versuche mich hobbymäßig zum Thema Röhrenradios schlau zu machen, habe ich übers Internet schon verstanden das es sowohl Befürworter als Gegner des "radikalen Teer- und Elko-Kondensator-Komplettaustausches" gibt. Unabhängig davon hoffe ich jedoch das meine Bilder beide Gruppierungen dabei helfen können um kritische Kondensatoren im Chassis schneller lokalisieren und, wie ich, beim zweiten Tannhäuser, seinen wunderschönen Röhrenklang schneller geniessen zu können.

Die Übersichtsbilder (3) aller Tauschkondensatoren und einige Detail Bilder (7) der bass-relevante Kondensatoren habe ich heruntergeladen im Radiomuseums Bildergalerie vom Nordmende Tannhäuser 58-3D.

Um die, für die Basslästigkeit nach Kondensatortausch verantwortlichen Kondensator zu identifizieren, habe ich den Austausch aller Kondensatoren an einem Radio einzeln vorgenommen und nach jeden Kondensatortausch eine Hörprobe durchgeführt. Um nicht jedes mal das Chassis ein- und ausbauen zu müssen, habe ich zwei DECA 6-pol. Schraubklemmen abgewinkelt (MC100-76206) und zwei DECA 6-pol. Grundgehäuse (ME 040-76206) gekauft und Chassis und Lautsprecher im Gehäuse mit einem Verlängerungskabel miteinander verbunden. Das Klangregister habe ich in einem kleinen Kartonschachtel verpackt damit es ohne Kurzschlussrisiko, lose oben auf dem Chassis plaziert werden konnte für die Hörprobe. Das DECA 6-pol. Grundgehäuse hat ein Rastermaß von 7,62 mm und kann so, mit nur geringe Verbiegung der äussere Lötpinnen, direkt oben auf die Anschlüsse des Ausgangsübertragers (RM ~ 7,4 mm) verlötet werden (s. Bild C109). Also mit "nacktem" Chassis auf dem Arbeitstisch und Gehäuse mit Lautsprecher daneben: Netzstecker raus, Chassis hochkant, Kondensator tauschen, Chassis horizontal, Netzstecker rein, Hörprobe, etc., etc.

Die Resultate habe ich zusammengefasst in die angehängte Excel-Tabelle. Beim Tauschen von C95 und C120 gab es eine eindeutige, bei beiden so gut wie gleichstarke zunahme von Bass. Beim Tauschen von C 92/93/97/99 gab es sehr geringe Verbesserungen der Mitte/Hoch Transparenz. Hierbei muss man natürlich bedenken das, durch die Beeinflüssung sämtliche Kondensatoren im Klangregelbereich untereinander, die spezifische Reihenfolge in dem man die Kondensatoren tauscht, bei den Hörproben eine Rolle spielt. Um jedoch die 29 x 29 = 841 Möglichkeiten der Austauschreihenfolge aus zu probieren, ging mir eindeutig zu weit. Da kam den oben schon erwähnten Hinweis des Kollegen im Dampfradioforum, der seine Arabella 58 mittels Wertänderung zweier Kondensatoren, von ihrer Basslästigkeit befreit hatte, genau im richtigen Moment. Obwohl das Arabella-Klangregister etwas anders bestückt ist wie das vom Tannhäuser 58, konnte ich die zwei korrespondierende Kondensatoren im Tannhäuser identifizieren (C102 und C113). Nach Wertänderung dieser beiden Kondensatoren (s. angehängte Excel Tabelle) war die Basslästigkeit verschwunden und klang das Radio wieder wie vor dem Kondensatortausch, sogar mit etwas transparenteren Mitte und Hoch. Zur Vermeidung von Mißverständnisse: die Bässe sind durch die Wertänderungen nicht weg(gefiltert). Sie sind, Tannhäuser-typisch, immer noch sehr present und gehen sehr tief. Sie sind jedoch viel "trockener", besser definiert, der Bassregler lässt sich wieder unkritisch, über seinem vollen Regelbereich einstellen und man kann sogar den Bassknopf am Klangregister bei "Orchester/Solo/Jazz" wieder drücken, ohne das der Breitbänder sich im "Monsterbass" verschluckt.

Als Röhren-Anfänger/nicht ausgebildete Elektroniker kann ich natürlich keine theoretisch einwandfreie Erklärungen zu diesen reinen Praxis-Experimente mitliefern. Wie der Arabella-Kollege, kann ich nur sagen: das Endresultat stimmt und gefällt mir klangmäßig sehr gut. Die Basslästigkeit und die überkritische, stark Sender-/Lieder-abhängige Bassreglereinstellung vorher, waren für mich unakzeptabel.

Es gibt bei so viele Kondensatoren (und Wiederstände) bestimmt noch weiteres Klang-Optimierungspotential. Ich hoffe das meine einfache Praxisexperimente dazu beitragen können das irgendwelche interessierten, richtigen Röhren-/Klangregel-Erfahrenen damit was anfangen können  und möglich im Forum theoretisch einwandfreie Erklärungen/Empfehlungen dazu abgeben werden.

Gruß

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.