Reparaturbericht Capella 753/4E/3D

ID: 177927
Dieser Artikel betrifft das Modell: Capella 753/4E/3D BD753A (Philips Radios - Deutschland)

Reparaturbericht Capella 753/4E/3D 
25.Nov.08 21:46
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Stefan Weigelt (D)
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Stefan Weigelt

Reparaturbericht Capella 753/4E/3D

Nun, da bereits das dritte Gerät dieses Modells vor mir stand (Gerät eines Bekannten), möchte ich meine Erfahrungen mit der Wartung/Reparatur darlegen. Diese Capella gilt bekanntlich als Oberklasseradio, die Besonderheiten sind u. a. zwei getrennte eisenlose Endstufen je für Hochton- und Tieftonwiedergabe mit passiven Filterschaltungen vor der jeweiligen Endstufe (Bi-Ampling), vier Lautsprecher, davon ein 26cm-800Ohm-Breitbänder als Tieftonlautsprecher, vor allem aber die je drei motorgesteuerte Stationstasten für MW und UKW. Ein fantastisch klingendes Radio! Aber bevor es genau das tut, ist in der Regel einiges an Arbeit zu investieren.
 
 
Der aus eigener bitterer Erfahrung nach wichtigste  Punkt kann das sofortige Auswechseln der beiden Elkos sein, die das NF-Signal aus der Endstufe für die Lautsprecher auskoppeln (hier gibt es wie gesagt keinen Ausgangstrafo!). Ein Durchschlagen kann u. a. mit dem Ableben des großen Tieftonlautsprechers einhergehen und wenn dieser Lautsprecher defekt ist, muss man zwangsläufig ein neues Gerät erwerben. Ein solcher Lautsprecher ist meines Wissens in keinem anderen Modell zu finden und folglich nur im äußersten Glücksfall als Ersatzteil zu bekommen. Diese Elkos finden sich oben auf dem Chassis rechts hinten, übrigens ganz in der Nähe der Endröhren und haben wie man sieht schon intensiv mit der dort herrschenden Wärme Kontakt gehabt.
 
 
 
An diesem Punkt kann man auch mal einen Blick auf den Netztrafo werfen, da ragen die Drahtenden der Wicklungen einfach so ins Freie hinaus! Ein versehentliches Verbiegen ist wohl auch schnell möglich.
 
 
 
Wenn man sich entschließen sollte, die Befestigungsweise mittels Papierband beizubehalten, empfehle ich dringend, das Paket vor dem Einbau fest zusammen zu bringen, und als ganzes einzuschrauben, sonst wird es eine Fummelei, den richtigen Zug auf das Band zu bekommen. Ferner sollte man die Enden als Art Lötöse biegen, denn die Verbindung wird über Schaltdraht hergestellt, der dann an die Ösen gelötet werden kann.
 
 
Nach dem Ersetzen dieser Kondensatoren führte ich dann einen ersten Funktionstest durch. Nach dem Einschalten war aus dem Tieftonkanal ein starker Brumm zu hören, der Hochtonkanal spielte sauber, aber leise. Das Gerät wurde sofort wieder ausgeschaltet, vorher konnte ich noch feststellen, dass der Motor für die Stationstasten nicht lief.
 
Der Ausbau des Chassis erfolgt wie üblich, die Lautsprecherzuleitungen sind zum Glück lang genug, um das Chassis vor dem Gehäuse aufzubauen und den Klang abzuhören, ansonsten müssten doch einige Leitungen abgelötet und aufwändig wieder verbunden werden.
 
 
Das Chassis: vorne die abgenommene braune Papierblende
 
Gleich links neben den Ausgangselkos liegen die Kathodenelkos der beiden Endstufen, aus der Capella-Erfahrung, dass diese Ursache für basschwachen Klang sein können, wechselte ich diese nun aus (kann man viel bequemer auswechseln, wenn man die Skalenscheibe abbaut, dann kann man von vorne darauf zugreifen). 
 
Bei den Kathodenelkos habe ich allerdings die alten Bauteile im Gerät belassen, eine Seite abgekniffen und die neuen Elkos darüber befestigt.
 
 
Huckepacklösung
 
Der vorsichtshalber durchgeführte Ausbau der Skalenscheibe ist nicht unkritisch, diese sitzt auf Gummi/Plastikpuffern. Der Kunststoff ist oft schon unelastisch und spröde geworden. Man drückt die überstehenden Ränder rundum nach innen Richtung Loch (unter leichtem Druck von innen auf die Scheibe). Hierbei und beim meist kniffeligerem Einbau ist Vorsicht angesagt, die Skalenscheibe ist mindestens genauso selten wie der große Lautsprecher und bricht beim wie die meisten Philips-Scheiben dieser Baujahre ( u. a. gerne beim Versand) sehr oft!
 
Die braune Pappblende hinter der Skalenscheibe lässt sich aushängen und man kann nun von vorne auch recht gut reinigen.
 
Unterhalb des Chassis wurden nun alle älteren Kondensatoren gewechselt. Dann ging es an den Motor. Der Motor ist meist in Ordnung, sitzt aber fest. Daher sind Achse und Lager zu reinigen und gangbar zu machen.
 
 
Das Triebwerk, hier ist gfls. noch ein Motorkondensator zu wechseln. ACHTUNG! Der Motor hängt an der Primärwicklung!
 
In diesem Fall wie in zwei Fällen zuvor, lief der Motor dann nach der Reinigung wieder einwandfrei und sofort konnte auch die Stationsautomatik wieder betätigt werden. Bekanntlich zieht man bei gedrückter Stationstaste den Suchlaufknopf heraus und verstellt bei gezogenem Knopf auf den gewünschten Sender, der dann quasi mechanisch gespeichert wird. Die Bowdenzüge sitzen hier auch oft am Anfang beim ersten Drehen noch etwas fest, hier muss bei bleibenden Schwierigkeiten eventuell etwas nachgeölt werden (war hier nicht der Fall).
 
Danach habe ich die Spannungen und Stromaufnahme gemessen - soweit alles im grünen Bereich - und das Gerät länger eingeschaltet. Der mir bei allen großen Capellas mehr oder weniger aufgefallene Netzbrumm war wieder etwas störend. Mit der Verbindung einer Zusatzkapazität zur Siebkette konnte dieser unterdrückt werden. Ansonsten lief das Gerät bereits mit fast allen Funktionen und einem Superklang! Ich entschloss mich dann, die unter Verdacht stehenden Sieb-Elkos einer Formierung zu unterziehen. Nach drei Tagen habe ich das Gerät wieder in Betrieb genommen und das Brummen war nun deutlich zurückgegangen.
 
Die Klangregler sind wie beim Klangregister der Capella 663 mit Seilzügen an Blenden gehängt, die vor einem weißen Hintergrund ihre Stellung anzeigen sollen. Auch hier ist die Umlenkung vom Stellrad nach oben die Sollbruchstelle, bei diesem Gerät hat es den Bassregler erwischt.
 
  
 
     Philips-Klangregelwerk mit Seilzügen (die gerne durchgescheuert sind) 
 
Einen Ersatzzug kann man aus dem Rest eines Skalenseils schneiden. Ich habe den Rest des verbliebenen Seils mit einem neuen Stück unter Nutzung einer verpressten Aderendhülse verbunden.
 
Nach diesen ersten Reparaturen wurden noch drei Tasten ersetzt. Bei den Philips Modellen dieser Baujahre sind sehr oft die Tasten durchgedrückt. Ich habe zwei verschiedene Farbtöne ausfindig gemacht, einen eher gelben und einen weißlich-grünen. Bei diesem Gerät waren zuvor bereits drei Tasten mit dem unpassenden Farbton ersetzt worden. Da ich einen größeren Fundus Capella-Tasten besitze, wurde das rückgängig gemacht.
 
 
 
... Bild rechts: einheitlich und schön
 
Nach Reinigung der Tasten und Drehregler folgte der knifflige Einbau der Skalenscheibe (Gummi hinter der Scheibe mit stumpfen Gegenstand vorsichtig zusammendrücken, Scheibe mit leichtem Druck einsetzen. Vorsicht! Bedruckung nicht beschädigen!)
 
 
Nun war nun noch das Sahnehäubchen fällig – eine neue EM80. Ich habe einen Vorrat von Ersatztypen 6BR5, die bekanntlich etwas dicker sind als die EM80. Beim Einbau kann es daher schwierig werden, da der Drahtbügel, welcher die Röhre hält, nicht lang genug ist. Bei diesem kann man die gebogenen Enden zunächst gerade und dann etwas kürzer wieder verbiegen, dann passt es.
 
 
Der Lohn für letztlich mehrtägige Arbeit! Das sehr schön erhaltene Gerät mit dem mächtigen Klang:
 
 
 
Jetzt hat es noch den mehrtägigen Dauertest in unsere Küche vor sich, bevor sein eigentlicher Besitzer sich daran erfreuen darf!

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