philips: D52-AU; Aachen-Super - Bandfilter

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ID: 343737
Dieser Artikel betrifft das Modell: Aachen-Super D52-AU (Philips Radios - Deutschland)

? philips: D52-AU; Aachen-Super - Bandfilter 
15.Mar.14 10:36
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André Kleeberg (D)
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André Kleeberg

Hallo liebe Radiofreunde der 30-er-Jahre-Geräte,

auf der Suche nach neuen Herausforderungen bin ich das erste Mal auf der Timeline fremd gegengen und habe mir dieses mechanisch anspruchsvolle Gerät auf den Reparaturplatz gestellt.

Nachdem ich alle mechanischen Unzulänglichkeiten gemeistert habe, ging ich zum elektrischen Part meiner Restauration über. Beim passiven Durchmessen der Schaltung habe ich festgestellt, dass das Bandfilter im Anodenkreis der AK2 Unterbrechung hat. Nun liegt es ausgebaut vor mir auf dem Tisch und ich will nichts zerstören.

Hier ein paar Nahaufnahmen:

Kann mir jemand einen Tipp geben, wie ich an die Innereien des Filters komme? Oder steht in einer Sammlerecke möglicherweise noch ein Spender, welcher so ein Filter noch in seinem Inneren hat?

Freundliche Grüße!

André Kleeberg

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Gerät nun wieder funktionstüchtig 
24.Apr.14 01:24
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André Kleeberg (D)
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André Kleeberg

Inzwischen konnte ich das gute Stück technisch sowie auch optisch wieder so gut es ging instandsetzen. Wie schon erwähnt war dieses Gerät mein erstes aus den 30-ern, an das ich mich heran getraut habe.

Weil gerade bei Geräten dieser Generation Reparaturberichte nicht so häufig zu finden sind, möchte ich an dieser Stelle einen Beitrag dazu leisten und meine Erfahrungen, die ich während der Instandsetzung sammeln konnte, hier anderen Radiofreunden mitteilen.

Besonders neugierig war ich auf die Funktionsweise des Monoknopfes, welcher im Ausgangszustand im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf hängen ließ. Das Problem war schnell gefunden: die Endhülse des Bowdenzuges für den Lautstärkeregler war abgerissen, so dass er am Betätigungshebel nicht mehr verankert war.. Ich lötete an das Ende des Seils eine Mutter der Größe M2, so dass ich es wieder einhängen konnte.

Das Seil des Skalentriebs war gerissen. Bei der Suche nach einer Lösung, welche sich vom Aufwand her in Grenzen halten sollte kam ich auf die Idee, ein Stahlseil aus einem Grundig-Skalenantriebentsprechend zu kürzen und mit dem vorhandenen Seil zu verdrillen und anschließend ebenfalls zu verlöten. Dies ging auch hier erstaunlicherweise gut - das Stahlseil nahm das Lötzinn sehr gut an!

Da man die genaue Länge des Seils nie genau hinbekommt, habe ich das Seil, welches noch etwas Schlupf hatte, mit einer Zugfeder zusätzlich vorgespannt.

Um den Einsatz mit der schwenkbaren Skala aus dem Gehäuse zu bekommen tut man sich leichter den Lautsprecher auszubauen.

Des Weiteren war es noch erforderlich die Regelbereiche des Lautstärkereglers sowie auch der beiden Höhenregler nachzujustieren, was aber dank der Justierschrauben schnell vonstatten geht. Im Bild unten ist die Vorrichtung für die Höhenregler erkennbar.

Mechanisch an die Höhenreglung gekoppelt ist auch die Bandbreitenreglung des 1. ZF-Bandfilters.

Genau dieses Filter hatte Unterbrechung, so dass an der Anode der AK1 keine Spannung ankam. Um  dieses Filter ausbauen zu können, muss man u.a. das Seil an der Monoknopfmechanik aushängen.

Nachdem mein Post bezüglich des Bandfilters unbeantwortet blieb, öffnete ich behutsam das Filter, indem ich den unten umgelegten Rand des Bechers mit Hilfe eines Schraubendrehers nach außen bog.

Bevor jedoch die Filterkappe abgezogen werden kann, muss am Clip für das Gitter der nachfolgenden Röhre die Leitung abgelötet werden.

Diese Leitung wird vom äußeren Schirm durch kleine Keramikhülsen isoliert. Hier muss man aufpassen, dass diese beim Entfernen der Filterkappe nicht mitgezogen werden.

Nach dieser Prozedur wurde mir dann doch etwas Glück zuteil: ich musste lediglich 29 Windungen der kreuzgewickelten Filterspule abwickeln, um bei der Unterbrechung anzukommen. Angesichts der doch sehr niedrigen ZF von lediglich 128kHz sind die Spulen entsprechend wicklungsintensiv, so dass die fehlenden Windungen durch Änderung der Parallelkapazität sicherlich auszugleichen sind, was sich beim Abgleich des Gerätes auch bestätigte. Auf alle Fälle möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass diese Filter schon recht komplex sind - nicht zuletzt durch die Bandbreitenreglung. Daher gestaltete sich der Zusammenbau auch entsprechend anspruchsvoll, weil man sehr viele Dinge zugleich im Auge behalten musste (die Leitung zum Clip, der richtige Winkel des Filters zur Kappe, der veränderbare Kondensator an der Oberseite des Filters...).

Bevor ich jedoch das defekte Bandfilter durch Messen identifizieren konnte, musste ich mich zuerst um auslaufende Siebelkos in der Spannungsversorgung kümmern.

Da diese bereits mit Sechskantmuttern befestigt worden waren, gab es bei der Demontage keine größeren Probleme - abgesehen von der austretenden Flüssigkeit.

Vorsichtig lockerte ich mit einem Schraubendreher den Elkobecher von unten - stets mit dem Gedanken, dass die noch vorhandene Flüssigkeit größere Verunreinigungen auf den Plan rufen könnte - bis sich dieser vom Kunststoffboden lösen lies und die Flüssigkeit entweichen konnte. Um den frei gewordenen Alukörper vom Kunststoffboden zu trennen, bohrte ich mit einem geeigneten Bohrer von unten her auf.  Danach gab es dies zu sehen:

Die beiden ebenfalls geöffneten Elkos sahen nicht ganz so schlimm aus. Nach Reinigung aller Teile, die ich wieder verwenden wollte, befestigte ich den Plus-Außenanschluss mit einer Schraube, um danach den präparierten "Neuzeitelko" entsprechend von der Innenseite elektrisch zu verbinden.

Für die Verbindung des Minuspols zum Gehäuse verwendete ich Litze, welche ich im Falzbereich der Gehäusekappe flach formte. Ein Stück Haushaltstuch diente als Fixierung und akustische Entkopplung.

Danach wurde die Kappe wieder aufgesetzt.

Der originale Dichtgummi wurde dabei wieder verwendet. Nun blieb nur noch das vorsichtige Verschließen des Elkos übrig.

Die Litze wurde zu Zwecken der besseren Leitfähigkeit mit einer Unterlegscheibe  verlötet.

Vor dem Einbau wurde noch einmal gemessen:

Operation gelungen ;-)

Nun stand einer behutsamen Inbetriebnahme nichts mehr im Wege. Als das Bandfilter (siehe weiter oben) wieder eingebaut und alle Umschaltkontakte gereinigt waren, gab es die ersten Töne zu hören, nachdem ich eine ca. 15m lange Leitung an die Antennenbuchse angeschlossen hatte. Es kam nicht sehr viel, da das reparierte Bandfilter noch nicht nachgeglichen war. Dies holte ich beim Komplettabgleich nach und war erstaunt, wie gut das Gerät auf Kurzwelle empfing. Für einen optimalen Empfang auf Mittel- und Langwelle braucht man mit Sicherheit eine Außen-Langdraht-Antenne. Unter den gegebenen Bedingungen gab es nur ein paar Ortssender und zum Abend hin auch noch systembedingt ein paar Fernsender über die Raumwelle als Bonus - jedoch nicht mit einem modernen Super vergleichbar.

Wie schon vermutet war das magische Auge AM2 selbst in tiefster Dunkelheit nur noch zu erahnen. Daher tauschte ich diese Röhre gegen ein gut gebrauchtes Exemplar.

Ich stellte des Weiteren fest, dass die Spannungen allesamt zu niedrig waren und vermutete, dass die Gleichrichterröhre nicht mehr die optimale Emmission erbrachte. Jedoch zeigte sich nach Beschaffung einer nagelneuen Röhre das gleiche Symptom.

Also musste ein Verbraucher die Ursache dafür sein. Ich begann gleich beim Hauptverbraucher, der Endpentode und stellte einen erhöhten Spannungsabfall am Katodenwiderstand fest, welcher nach ohmschen Ausmessen seinen Wert hatte (errechnete 65mA anstatt 38mA). Also gab es auch schon damals die gleichen Probleme mit den Koppelkondensatoren von der Anode (Triode) zum Gitter (Pentode), obwohl auf dem Kondensator eine Spannungsfestigkeit von 1000! V zu lesen war und wir es hier mit eher bescheidenen 75V zu tun hatten. Also musste der 8nF-Kondensator einem 10nF-Exemplar weichen.

Die Spannungen entsprachen nun den Vorgaben des Stromlaufplans, die Anzeigeröhre wurde noch etwas heller und der Sound war auch noch eine Spur kräftiger.

Nach vielen Stunden optischem Aufbereitens (Skala säubern + Hintergrund teillackieren, neuer Schallwand- und Lautsprecherstoff, Politur der Gehäuseteile, Innenreinigung), welches ich hier nicht vertiefen möchte, war ich doch sehr stolz auf mein erstes 30-er Modell, hat diese Restauration meinen Horizont doch entschieden erweitert und mich eine Menge über diese Technik dazu lernen lassen.

Hier das Ergebnis:

Wer bis hierher gekommen ist, dem danke ich für die aufgebrachte Geduld - es ist nun doch etwas ausführlicher geworden. Gerne beantworte ich aufkommende Fragen zur Thematik und würde mich auch auf eventuelle Ergänzungen von anderen Besitzern dieses Gerätes freuen.

Freundliche Grüße ins Museum!

André Kleeberg

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