Prüfung der Röhre YL1260

ID: 291556
Dieser Artikel betrifft das Bauteil: Zur Röhre/Halbleiter

? Prüfung der Röhre YL1260 
27.Jun.12 19:00
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Harald Straub (D)
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Hallo liebe Kollegen,

ich möchte gerne die Röhre YL1260 prüfen. Verfügt jemand über die Kennlinie dieser Röhre? Das Gettermaterial (oben in der Röhre auf dem Glas) ist braun. Ist dies ein Hinweis auf den Zustand der Röhre? Kann man diese Röhre regenerieren?

Freundliche Grüße

Harald

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Mein Vorschlag 
30.Jun.12 09:59
196 from 4546

Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

Sehr geehrter Herr Straub

Ein guter Bekannter, Siegfried Neumann, hat mir die technischen Unterlagen der „Schattengitterröhre“ YL1260 zukommen lassen.

Aus den dort abgebildeten Kennlinien kann man Anhaltspunkte zur Überprüfung der guten Funktion entnehmen.

 

Mein Vorschlag wäre:

Vorausgesetzt Sie verfügen über eine Anodenspannungsquelle die bei 500 V einen Strom von mindestens 250 mA liefern kann, dann sollte sich bei einer –Ug1 von 20 V (Punkt 1) ein Ia von 250 mA messen lassen. 10% Toleranz nach oben oder unten möglich.
Wünschenswert wäre eine weitere Messung bei einer –Ug1 von 15 V (Punkt 2). Hierbei steigt der Anodenstrom auf 450 mA an ( Ua = 500 V, Qa = 225 W!). Ich gebe zu, es ist nicht leicht solch eine Anodenspannungsquelle zu finden.
 

Zur Beachtung: Hochspannung, Lebensgefahr!

Wichtig ist daher eine gute Isolation gegen eine ungewollte Berührung der Anoden- und Schirmgitterspannung.

 

 

Da wir es mit einer sehr steilen Leistungsröhre zu tun haben, sind zur Unterdrückung von wilden Schwingungen Widerstände direkt an g1 und a vorgesehen. Ebenso kurz einzulöten ist der Entkoppelkondensator am Schirmgitter (g3). Von einem provisorischen Anschluss der Röhre mit Testschnüren ist abzuraten!
Der überbrückbare 4,7 k Widerstand in der Steuergitterleitung dient zur Prüfung auf unzulässigen Gitterfehlstrom. Schließt man ihn kurz, so darf der Ia kaum abfallen.  

Ein braun verfärbtes Getter deutet auf längeren Gebrauch hin. War im Neuzustand silbern.
Ich denke nicht, dass man diesen Röhrentyp regenerieren kann. 

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Röhrenmessung 
30.Jun.12 12:14
239 from 4546

Georg Beckmann (D)
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Georg Beckmann

Hallo Herr Straub, Herr Holtmann,

Ich verfüge über ein Labornetzgerät, welches sich von 0..600V DC und Imax 0..1,3 A einstellen lässt.
GEN600-1.3

 

Auch die anderen Netzgeräte und Messgeräte sind vorhanden. Was notwendig wäre, ist ein Röhrensockel der irgendwo sicher eingebaut ist. Wie Herr Holtmann erwähnte, ist die Durchführung dieser Messung ggf. gefährlich.

Hier könnte ich bei der Durchführung in unserem Haus die Sicherheit gewährleisten.

Bei Interesse können wir uns ja per E-Mail austauschen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Georg Beckmann

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Brauner Getter bei Senderöhren 
30.Jun.12 21:19
306 from 4546

Martin Steyer (D)
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Martin Steyer

Hallo Herr Straub,

in einer selbstgebauten Röhrenendstufe für das 2-m-Amateurband habe ich lange Jahre die Röhrentypen QQE06/40, YL1060 und YL1070 betrieben, wobei ich auch Röhren mit der Erscheinung hatte, daß sich der Getter bräunlich verfärbte.

In der Regel beginnt dies außen, wenn in der Mitte noch silbrig/schwarzer Getter vorhanden war, waren die Röhren meist noch brauchbar.

Die braune Färbung des Getters ist in der Regel eine Folge des "Luftziehens". Durch die hohen Betriebstemperaturen kommt es offensichtlich zum Eintreten von Luftmolekülen durch den doch leicht unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten des Preßtellerglases und den Anschlußstiften.

Allerdings habe ich auch Röhren, die originalverpackt waren und nach 30 Jahren Lagerung die bräunliche Verfärbung aufwiesen. Alle diese Röhren zeigen beim Ziehen von Anodenstrom ein bläuliches bis violettes Leuchten, was auf die Ionisierung durch eingedrungenes Gas hindeutet.

Dabei kann es bei Aussteuerung zum sprunghaften Ansteigen des Anodenstroms kommen, desgleichen liegen die Schirmgitterströme höher als normal. Vermutlich ist die Röhre nicht mehr zu gebrauchen, die Röhren mit den beschriebenen Erscheinungen mußte ich ausmustern.

Mit freundlichen Grüßen,

Martin Steyer (DK7ZB)

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Brauner Getter bei Senderöhren  
01.Jul.12 10:08
375 from 4546

Harald Straub (D)
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Sehr geehrter Herr Holtmann, sehr geehrter Herr Beckmann, sehr geehrter Herr Steyer,

vielen Dank für Ihre Unterstützung bei meinem Projekt. Mein besonderer Dank geht an Herrn Holtmann für seinen qualifizierten Beitrag und die Kennlinie mit deren Hilfe ich die Röhre jetzt prüfen kann.  

Herr Beckmann bei Ihnen bedanke ich mich für das Angebot die Röhre bei Ihnen mit Ihrer Unterstützung zu prüfen. Zunächst werde ich jedoch versuchen die Röhre bei mir oder in meiner näheren Umgebung zu prüfen.

Herr Steyer  vielen Dank für Ihren Erfahrungsbericht zu der Röhre YL1060. Nach dem Lesen Ihres Berichtes vermute ich das sich Luft in meiner Röhre angesammelt hat, was dazu geführt hat dass sich die silberfarbene Verspiegelung braun verfärbt hat. Es scheint wohl eher kein Thema von Regenerierung zu sein. Es ist wohl eher erforderlich die Luft aus der Röhre zu entfernen.

Unmittelbar unterhalb der verspiegelten (jetzt braunen) Glasflächen liegen die beiden Getterringe. Ich vermute dass bei der Röhrenherstellung die Verspiegelung mit Hilfe der Getterringe erzeugt wurde um Restluft aus der Röhre zu entfernen.

Es stellt sich mir nun die Frage ob man mit Hilfe der Getterringe eine neue Verspiegelung erzeugen kann. Ich vermute, dass sich der Luftgehalt in der Röhre nach dieser Maßnahme reduziert und die Röhre wieder für mehrere Jahre brauchbar ist bevor sich wieder Luft ansammelt.

Hat jemand so etwas schon einmal gemacht oder weiß jemand wie man so etwas machen kann?

Die Anode der Röhre scheint mir aus Grafit zu bestehen. Ist es möglich eine solche Röhre mit Grafitanode zu regenerieren?

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Zwei Getter? 
01.Jul.12 11:04
394 from 4546

Martin Steyer (D)
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Martin Steyer

Auch wenn es Herrn Straub nicht unmittelbar weiterhilft, folgendes ist interessant:

Es erscheint mir sehr ungewöhnlich, daß die YL1260 einen "normalen" Getter mit Verspiegelung aufweist. Bei den hohen Betriebstemperaturen der Senderöhren verwendet man eigentlich einen Getter, der sich an der Oberfläche der Anode (besonders bei Röhren mit Graphitanoden!) befindet. Dieser Getter wird erst bei Betrieb der Röhre mit glühender Anode wirksam und bindet Restgas. Dies kann nach längerem Nichtgebrauch auch wieder austreten.

Eventuell hat die YL1260 eine Graphitanode mit Getter (Zirkon, Tantal, o.ä.), dann könnte eine "Entgasung" durch eine glühende Anode durchgeführt werden. Vielleicht kann hier einer der Experten weiterhelfen.

Auf jeden Fall muß die Röhre auch im Test mit Luft gut gekühlt werden, vor allem damit die zulässige Temperatur am Sockel nicht überschritten wird.

Bezüglich Getter siehe auch:

hier

und

hier

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Getter YL1260 
01.Jul.12 12:54
429 from 4546

Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

Liebe Röhrenfreunde

Habe nochmal in der TFK Dokumentation nachgeschaut. Dort ist das Röhreninnere mit zwei normalen Bariumgetterringen abgebildet.
Bekanntlich werden bei der Herstellung diese mit HF-Wirbelstromerhitzung zum Glühen und Verdampfen gebracht mit Niederschlag an der Kolbenoberseite.

Weiterhin wird die YL1260 als strahlungsgekühlte 250W Leistungsröhre mit einer zwischenschichtfreien Bariumkatode umschrieben. Die Lebensdauer ist mit 5000 Std. angegeben.    

 

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Entgasen und Regenerieren 
02.Jul.12 16:38
515 from 4546

Harald Straub (D)
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Sehr geehrter Herr Holtmann, sehr geehrter Herr Steyer,

vielen Dank für die weiterführenden Informationen.

Unter Berücksichtigung der angesammelten Informationen müsste sich diese Röhre nach meiner Einschätzung regenerieren lassen.  

Kann mir jemand sagen wie man die Regeneration bei dieser Röhre durchführen kann?

Weiß jemand wie/ob man diese Röhre entgasen kann?

Mit freundlichen Grüßen

Harald Straub

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Messung YL1260 
10.Feb.13 10:39
1189 from 4546

Georg Beckmann (D)
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Georg Beckmann

Herr Straub hat mir 2 Exemplare dieser Röhren zur Messung zur Verfügung gestellt.
Eine Fassung Super Giant 5P hatte ich noch aus einem anderen Versuch.
Auf ein Netzgerät für die Anodenspannung mit 600V/ 1,3A habe ich auch Zugriff.
Die Heizspannung mit 12V / 2A geht mit einem normalen Labornetzgerät.
Für die 300V Spannung am G3 musste ich etwas improvisieren. Dafür habe ich den Eingangsteil eines PC Netzgeräts missbraucht,  davor ist ein Trenntrafo und ein Stelltrafo.

Die Fassung hat keine sichere Verbindung zum Metallsockel der YL1260, hier musste ich improvisieren. Ich fand einen Streifen von federnden HF Lamellenkontakten, wie sie für Abschirmzwecke verwendet werden. Diese habe ich in der Fassung so platziert, dass sie den Sockel rund herum kontaktieren, ein perfekter sicherer Kontakt.

Herr Straub hat mir 1 Röhre mit silbern glänzendem Getter und 1 Röhre mit bräunlichem Getter geschickt, ich habe mit Ersterer begonnen.

Zunächst viel auf, dass der Anodenstrom viel zu niedrig war und sich auch änderte, wenn man sich dem Aufbau mit der Hand näherte. Folgerung, der Aufbau schwingt.
Herr Holtmann hat in seinem Beitrag einen 10 Ohm Widerstand zur Dämpfung in der Anodenleitung vorgeschlagen, das half!

Trotzdem ist der Anodenstrom noch immer viel zu klein.
Bei Ua  =300V, Ug3 = 300V, Ug1 = -5V waren anfangs nur Ia = 95mA  zu messen.

Weniger als 1/10 des Wertes aus der Kennlinie. Während der Überprüfung des Aufbaus ist mir aufgefallen, dass der Strom ganz langsam aber stetig stieg. Nach etwa 1 Stunde wurden 450 mA erreicht.
Inzwischen musste ich den Versuch aus Zeitgründen abbrechen, morgen will ich den Versuch noch einmal starten, ob sich der Effekt fortsetzt oder wieder von vorne läuft.

Vielleicht kann jemand das kommentieren.
 


Bild vom Aufbau

 

Georg Beckmann


 

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Katodenproblem 
10.Feb.13 11:35
1206 from 4546

Martin Steyer (D)
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Martin Steyer

Hallo Herr Beckmann,

bei Funkamateuren ist das Problem bekannt. Wir haben ja bei den kommerziellen Diensten immer Senderöhren, neu oder gebraucht, geschnorrt!

Nach langer Lagerzeit dringt offensichtlich Restgas in die Katode ein und vergiftet diese. Der Effekt ist bei gebrauchten Röhren noch stärker als bei neuen. Daher sollte grundsätzlich vor dem Anlegen der Hochspannung die Röhre einige Stunden geheizt werden, um die Katode zu entgasen.

Besonders bei Impulsbetrieb (SSB, CW) solcher gelagerten Röhren, die nicht vorgeheizt wurden, kann es dann zu lawinenartigem Emittieren von Elektronen aus der Katode kommen, die mit den herausgerissenen Restgasmolekülen zu Überschlägen in der Röhre führen und auch die Katode irreversibel beschädigen.

Beim Anlegen einer festen Spannung und vor allem beim langsamen Hochfahren der Anodenspannung tritt dieser Effekt wohl nicht auf, aber die Katode muss offensichtlich auch erst "frei" werden.

Beim nächsten Anlegen von Ua und Hochfahren des Anodenstromes dürfte dann dieser Effekt eigentlich verschwunden sein, weil die Katode wieder fit sein sollte.

Mit freundlichen Grüßen,

Martin Steyer (DK7ZB)

 

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10.Feb.13 12:46
1231 from 4546

Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

Hallo Herr Beckmann,

Sie schreiben:
"Trotzdem ist der Anodenstrom noch immer viel zu klein. Bei Ua =300V, Ug3 = 300V, Ug1 = -5V waren anfangs nur Ia = 95mA zu messen. Weniger als 1/10 des Wertes aus der Kennlinie. Während der Überprüfung des Aufbaus ist mir aufgefallen, dass der Strom ganz langsam aber stetig stieg. Nach etwa 1 Stunde wurden 450 mA erreicht."

Bei dieser Einstellung sollte der Ia auf ca. 1, 25 Ampére ansteigen! Die Röhre wäre schwer überlastet.
Qa~ 375 Watt !

Ich denke aber, dass das ein Tippfehler ist...
Meinten Sie Ua =500V bei Ug1 = -15V ??

Wichtig ist auch die Beobachtung des Gitterfehlstromes, wie schon vorgeschlagen.

MfG

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Röhrenmessung 
10.Feb.13 16:17
1270 from 4546

Georg Beckmann (D)
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Georg Beckmann

Hallo Herr Holtmann,

 

nein, kein Tippfehler, es waren tatsächlich 450mA bei Ua = 300V und Ug1 -5V. Wenn die Röhre nach längerer Betriebszeit wieder mehr Anodenstrom zieht, reduziere ich die Spannung.

Morgen kann ich die Röhre den ganzen Tag über mit Heizung ohne Anodenspannung laufen lassen,
Wie Herr Styer vorschlägt.

Das mit dem Gitter habe ich noch nicht probiert, ich verwende einen Vorwiderstand von 5,6 kOhm.
Morgen messe ich einmal die Spannung vor und nach dem Widerstand.

 

Gruß

 

Georg Beckmann

 

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