regency: Regency TR1, ein Rückblick

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ID: 408730
Dieser Artikel betrifft das Modell: Regency TR-1 Pocket Radio (Regency (brand of I.D.E.A.))

regency: Regency TR1, ein Rückblick 
25.Nov.16 17:23
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Rudolf Drabek (A)
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Rudolf Drabek

Kurzfassung: Als „Erstes Transistor Portable“ in einer ungebrochenen Reihe zu stehen, hat sicher für viel Diskussion im Entwicklerteam unter Leitung von Richard  „Dick“ Koch zusammen mit Texas Instruments, als Aufraggeber, gesorgt. TI hat damit nur 6 Jahre nach der Erfindung der Transistoren für eine Überraschung gesorgt.

Iin Wikipedia existiert ein lesenswerter Eintrag u.a. mit der Bemerkung eines „hohen“ Stromverbrauches zwischen 4 und 5 mA aus der 22,5 V Batterie. Im en.wiki ist noch die Zwischenfrequenz mit 262 kHz zu finden. Ein Zugeständnis an die damaligen Transistoren, was aber eine geringe Spiegelfrequenzunterdrückung und daraus resultierende Pfeifstörungen zur Folge hat.

Der Beitrag des Artikels von 1959 von Herrn Prof. Rudolph beschreibt die Funktion qualitativ als auch die ZF von nur 262 kHz. Im Folgenden eine versuchte Nachrechnung der Schaltung. Die für Transistorgeräte ungewöhnlich hohe Speisespannung ist vom Entwicklerteam notwendigerweise so gewählt worden. Die Streuung der Stromverstärkung auf die elektrischen Eigenschaften ist gering. Arbeitspunktstabilisierung bei absinkender Batteriespannung ist nicht vorgesehen.

Weiter im Detail:

Vorher noch eine Bemerkung zur Nachempfindung der Gedanken der Entwickler. Bei der Entwicklung von Geräten für die Massenproduktion müssen Toleranzen von Bauteilen möglichst so eingeplant werden, dass sie nicht zu großen Streuungen der Produkte führen und anderseits Berechungen mit 10 % Toleranz bei sekundären Eigenschaften zulässig sind, da die Bauteile selbst höher streuen. So wurde es zumindest bei Hornyphon gehandhabt. Das heisst natürlich nicht, dass primäre Eigenschaften, z.B. die gewählte Zwischenfrequenz oder die Bandgrenzen auch weit streuen dürfen und auf < 1kHz eingehalten wurden. Über Temperatur waren bei den Bandgrenzen einige kHz mehr zulässig. Ebenso die Junktiontemperaturen speziell bei Germanium.

Die Nachrechnung erfolgt mit einer Spannung von 20 V + ~0,15 V für das Vbe von Ge-Transistoren und zeigt was im Absatz oberhalb u.a. gemeint ist.

In Ermangelung von detaillierten Daten der Transistoren wurde auf die Daten von OC44, OC45 und OC71 zurückgegriffen.

 

1.NF Teil

 

R13 und R14 bilden einen Spannungsteiler mit einem Innenwiderstand von 3,5k und ergeben genau die Spannungswerte, die im Schaltbild eingetragen sind unter Berücksichtigung einer Streuung der Stromverstärkung von 20…70. Bei den typ. 2 mA und den nicht durchsteuerbaren Spannungsabfällen am Emitter und Transformatorwiderstand ergibt sich eine Spannung von 16,5 Vs bei 2 mA und so ein Arbeitswiderstand von ~8 kΩ. Trägt man die ~8 kΩ im Quadranten 1 ein, so erkennt man den kleinen Einfluss der Ausgangsadmittanz  auf die Ausgangsleistung. Die Induktivität der Primärseite des Ausgangstransformators hängt von der gewünschten unteren Grenzfrequenz ab, die mit 400 Hz angenommen sei. Es ergeben  sich 3,2 H incl. der Vormagnetisierung durch den Kollektorstrom.

Das Übersetzungsverhältnis ist dann bestimmt durch die Lautsprecherimpedanz und wird nicht weiter betrachtet.

Die unbegrenzte Ausgangsleistung ist also 17 mW. Mit etwas Klirr kann man 20 mW annehmen.

Da die NF Stufe keinerlei Gegenkopplung zeigt ist ein kleines Detail nicht ganz unwichtig: Das voll aufgedrehte Potentiometer steuert den NF-Transistor mit 1kΩ an. Die parallelen 3,5k vom Spannungsteiler sind vernachlässigt, da meist nicht mit max. Ausgangsleistung gehört wird.

Wenn man diese max. 1kΩ im 3. Quadranten des OC71 Datenblattes einzeichnet, erkennt man eine, wenn auch nur marginale Linearisierung an der Eingangskennlinie, was den Klirr nicht so groß werden lässt. Bei kleineren Lautstärken ist das ohnehin weniger wirksam. I.a. kann man sagen, dass bei einer eff. Steuerspannung von 2 mVeff = 5,6 mVpp der Klirr < 2% bleibt. Quelle 22RL673 Entwickler. Bei voller Laustärke wird eine Spannung von  jedenfalls 25 mVeff an der Basis des OC71 aus dem Detektor verlangt, was auch aus dem Datenblatt des OC71 entnommen werden kann. Das gilt übrigens fast ausnahmslos für die meisten bip. Transistoren. Mit 70 mVpp lassen sich Kollektorströme etwa 1:10 verändern.

Die Eingangsimpedanz für Kleinsignalaussteuerung des NF-Teiles liegt im Bereich von                260 .... 900Ω.
Die Kleinsignalverstärkung, bei fast Spannungssteuerung = Potentiometer auf 260 Ohm,  des NF-Teils liegt damit, bezogen auf den Kollektor, bei 300 …. ~600. Das ist hoch, aber auf die Speisespannung von 22,5 V zurückzuführen. Bei 6 V würde es ganz anders aussehen.

2. ZF Teil

Die Schwierigkeit liegt darin, dass die Rückwirkungskapazität und das Übersetzungsverhältnis der ZF Kreise aus den Bauteilwerten abgeschätzt werden muss. Der OC 45 hat ein Cre von 7…10…14 pF.

In Analogie dazu bei, siehe Schaltbild von 100 -200 pF im TR1 ergibt sich ein Übersetzungsverhältnis von ~1:10…1:20. Die Widerstände R6 und R9 sind zur Optimierung der Neutralisation eingefügt. Im Beitrag von Prof. Rudolph ist zu lesen, dass Texas Instruments zu jedem Transistor den Neutralisationskondensator mitgeliefert hat.

Wieder hat die hohe Speisespannung die Dimensionierung mit diesem Übersetzungsverhältnis ermöglicht. Der Detektor muss ja zur Regelung etwa 0,6V Richtspannung noch bei der unteren Speisespannungsgrenze von etwa 15V liefern können. Durchsteuerbar sind dann etwa 13,5V, was dann 1…1,35Vp an der Detektordiode, je nach Wahl des Übersetzungsverhältnisses des letzten ZF-Filters, anbietet, vermindert um den Spannungsabfall und den Durchlasswiderstand der Diode. In Radios arbeitet man üblicherweise immer im linearen Teil der Diodenaussteuerung im Gegensatz z.B. zum preisgekrönten Detektor von Prof. Bosch.

Bei einem Gerät mit einer  minimalen Speisespannung von 4V müsste das Übersetzungsverhältnis etwa 1:2 sein um die AGC funktionstüchtig zu erhalten. Der im RMorg zu findende „Emperor“ mit 1,5 V Speisung ist sicher die Grenze mit ~ 1:1.

Die DC Einstellung von Transistor V3 erfolgt, ohne einen zusätzlichen Bauteil zu benötigen, vom Emitter der NF-Stufe. Es wird, wie zu erkennen, wirklich an Bauteilen gespart, wo es möglich ist.

Die Leerlaufgüte der Spulen wird mit 100 bei 262 kHz angenommen. Die Betriebsgüte darf nicht zu hoch liegen um bei 262 kHz einen noch brauchbaren NF-Frequenzgang zu erhalten. Ziel wäre z.B. eine 3 dB Bandbreite von noch 6 kHz.

Die Betriebsgüte wird bestimmt aus der Summe der Leitwerte der Leerlaufgüte selbst, dem Ausgangsleitwert des OC45 mit 15 ….40 µS, den transformierten Leitwerten der Eingangswiderstände der nächsten ZF-Stufe bzw, der Detektorschaltung. Normalerweise dimensioniert man die Betriebsgüte so, dass der Eingangswiderstand der nächsten Stufe nur einen geringen Einfluss hat.

Bei Qo = 100 ergibt sich ein Leitwert von  3,6         µS

Der Ausgangsleitwert im Bereich             15….40  µS

Der Einfluss der nächsten Stufe               1,5…10  µS bei 1:20

Die Stufenverstärkung der geregelten ZF-Stufe beträgt bei 1:20 und 1 mA etwa 50 und ist vergleichsweise sehr hoch, was aber eine gut eingestellte Neutralisation benötigt. Die letzte ZF Stufe hat dann bei nur 0,6 mA eine Verstärkung von 30 auf die Richtspannung bezogen.

Bei Nominalwerten wird der Gesamtleitwert, der stark vom Ausgangsleitwert des Transistors bestimmt wird, bei etwa 25 µS liegen, die Betriebsgüte liegt damit bei etwa 15....18, was nicht sehr hoch ist. Die Selektion wird demgemäß fast ausschließlich durch die Transistorparameter und den Widerstand R12 bestimmt. Die Bandbreite wird auch durch die geänderten Einstellungen über den Regelbereich etwas beeinflusst.

Die Gesamtselektion aller 3 Kreise wäre dann im Durchschnitt wie im nächsten Bild zu sehen.

Skala mit 5 dB / Division

Die Selektion gilt für Qb=18, Bandbreite etwa 6 kHz, S10 etwa nur 15 dB entsprechend dem amerikanischen Kanalraster. Die Werte sind nicht überragend. Es kann sein, dass die Transistorparameter für etwas bessere Selektion etwas anders sind als die des ersatzweise angenommenen OC45. Anderseits kann auch bei der Dimensionierung der Neutralisation zusätzliche Entdämpfung mit im Spiel gewesen sein. Aber diese Überlegungen sind Vermutungen, die jedoch auf Erfahrung beruhen, die z.B. im Beitrag „Ab Modell“ Minerva Minx 571 beschrieben sind.

 3. Mischstufe

Der Strom in V1 variiert von 0,3 bis 1 mA, entsprechend einer Stromverstärkung im Bereich von     8,2 …~46. Den Strom nur mit R1 einzustellen ist eine eindeutige Sparmaßnahme. Die Rückkopplung des Oszillators muss entsprechend groß sein, damit auch noch bei 15 V Batterieendspannung der Oszillator noch anschwingt. Normalerweise legt man die Mischstufe für 100 mVss am Emitter aus. Damit wird der Strom 1:10 durchgesteuert, was einem „Modulationsgrad“ von fast 100% entspricht, entsprechend einer  Mischverstärkung von -6 dB gegenüber der Geradeausverstärkung.

Auf Grund der Stromeinstellung von 0,3 bis 1mA streut die Verstärkung dieser Stufe um 1:3 von etwa 7….25 bezogen auf die Basis von V1. Auf den Antennenkreis bezogen eben um das Übersetzungsverhältnis der Spule am Ferritstab reduziert.

Bei 1:10 der Ferritstabspule wäre dann die Stufenverstärkung 0,7…2,5.

Die Gesamtverstärkung bei m=30% ergibt sich dann im Mittel zu

Vges= 1,5*50*26*0,3 = 585

100 µV am Antennenkreis führen zu 58 mVeff NF am Potentiometer und steuern den NF-Teil gerade voll aus, da die NF-Spannung noch durch die Eingangsimpedanz des NF-Teiles reduziert wird. Diese Empfindlichkeit des Gerätes liegt im üblichen Bereich.

Aktuelle Geräte, wo die Gesamtfunktionen in einem einzigen IC liegen, lassen solche Betrachtungen gar nicht zu. Einer meiner Entwicklungsingenieure sah seine Funktion auf ein gutes, verkopplungsfreies Layout beschränkt, da die Eigenschaften der integrierten Bauteile eben fast vorgegeben sind. Abschließend noch eine kleine Nebenbemerkung: Für die Partner Texas Instruments und die Entwicklungscrew war der Auftrag geschäftlich begründet . Für Letztere wiederum, als Erste so ein Gerät zu entwickeln, waren sicher auch Emotionen dabei. Was Vielen bekannt sein wird die als Erste ein Ziel erreichen.

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.