Rundfunksender Aussig Teil 1+2

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Rundfunksender Aussig Teil 1+2 
15.Mar.10 18:19
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Auf Befehl der Naziverwaltung in Aussig (Sudetengau) wurde im Herbst 1944 ein Rundfunksender installiert.

Das Studio befand sich in einem Bunker im Marienfelsen. Der Wehrmachtsmittelwellensender hatte im A3-Betrieb eine Leistung von 300 Watt.

Man hatte in diesem kriegswichtigen Ort (Rüstungsindustrie) zuvor das Benachrichtungungssystem ausgebaut inform von drahtgebundenen Lautsprecheranlagen und Sirenen .

Bereits beim ersten Luftangriff am 14.12.1944 auf den Ortsteil Schreckenstein war diese drahtgebundene Anlage ausgefallen und die Sirenen ebenfalls teilweise.

Deshalb wurde aus dem sicheren Bunker auf Mittelwelle 1190 KHz gesendet

Bild1  Marienfelsenmassiv  

Bild2 Info zum Marienfelsen (Leider waren alle Tafeln so besprüht, aber man kann es ja lesen)

Bild3 Eingang zu einem Bunker (ähnlich dem Rundfunksenderbunker, der leider liquidiert ist)

Bild 4 Sendeantenne Netzantenne , in einem Baum installiert.

Die meisten der Einwohner besaßen damals die sogenannten Volksempfänger, teilweise auch batteriebetrieben.

Mit diesem 300 Watt- Sender konnte der Großraum Aussig erreicht werden.

Dies bewährte sich bei der großen Bombardierung am 17. und 19.4.1945, wo neben Industriebetrieben das Stadtzentrum größtenteils zerstört wurde.

Bild 5: Zentrum /Bild stammt allerdings vom Mai 1945

Auf gleichen Frequenzen wurden solche Sender auch in anderen Städten des Sudetengaus installiert, so z.B in Teplitz und Brüx (heute Most).

Ich möchte dazu noch folgendes bemerken: Im Gebiet Böhmen und Mähren waren Großsender installiert ,

in deutsch sendete Sender Böhmen auf 269,5 m = 1118 KHz, mit 100 KW,

 

und in dieser Region war auch der Prager Rundfunk auf 638 Khz, mit 120 KW  Sendeleistung, 

zu empfangen, welcher auch regelmäßig das deutsche Programm des Reichsrundfunks übernahm.

Ziel der dezentralen Kleinsender vor allem in Gebieten, wo sich kriegswichtige Schwer- und Rüstungsindustrie befand, war es in erster Linie wichtige Luftlagemeldungen dezentral zu senden und entsprechende Hinweise an die Bevölkerung in diesem Gebiet. So wurden die Hermann Göring Werke in Oberleutensdorf (heute Litvinov) ab Mitte 1944 nahezu täglich bombardiert. Man hätte natürlich diese Meldungen auf den Hauptsendern ausstrahlen können, aber dies hätte zur Verunsicherung der Bevölkerung im ganzen Protektorat und Sudetengau geführt.

 

Am 7.Mai 1945 wurde in Aussig der Narodni vybor (Nationalausschuß) von Tschechen und deutschen Antifaschisten gegründet. Die Nazis hatten sich größtenteils abgesetzt und damit war es relativ einfach, die Machtübernahme zu sichern. Entgegen kam, das der Chef der Ortspolizei sich auf die Seite des "Narodni vybor" stellte und den Schutz und die Ordnung im Ort zusagte.

Ein 17 jähriger hatte die wohl vorbereitete Sprengung des Senders verhindert. Der deutsche Bürgermeister Franz Czermak hatte Schlüssel von dem Bunkerzugang und stellte diese zur Verfügung.

Bereits am 8.Mai 1945 um 14,00 Uhr ging der Sender wieder in Betrieb, also zu einem Zeitpunkt wo die sowjetischen Truppen noch garnicht die Stadt besetzt hatten.

Der Sprecher Josef Sramek eröffnete diese erste Sendung mit dem Ausspruch

 " Das Leben geht weiter !"

 

Nun gewann der Sender eine neue Bedeutung. Er wurde zur Informationsquelle für die Einwohner, Behörden, Verwaltungen, Betriebe.

Bereits am 13.Mai gab es einen täglichen Programmablauf.

Dank einer Stenotypistin aus den Aussiger Schicht-Werken sind uns die Durchsagen, Sendepläne usw erhalten geblieben.

Bereits am 13.Mai wird folgender Sendeplan verkündet:

doch lassen wir Josef Sramek hier selbst zu Wort kommen:

Wir machen unsere Hörer darauf aufmerksam, das wir zu jeder vollen Stunde Nachrichten geben. Außerdem hören Sie um 10 Uhr Nachrichten aus Prag, um 13.00 Uhr und um 15,00 Uhr schalten wir ebenfalls auf Prag Sie hören den Nachrichtendienst. Von 12,00 Uhr bis 14,00 uhr hören Sie unser Mittagskonzert und abends unsere bunte Folge. 5 Minuten vor jeder Stunde hören Sie unser Pausenzeichen, das wir bis zur Meldung durchgeben.

Bild 6 Rundfunksprecher J. Sramek im Bunkerstudio

Bild 7 Techniker bei der Arbeit: Zur Verfügung steht ein Mischpult mit Eingängen für Gramofon,Radio und Siemensmikrofon (das Mikrofon ist ein Bändchenmikrofon von Siemens)

Die Nachrichten wurden zweisprachig gesendet, das Programm aus Prag war in tschechisch.

Natürlich standen die Meldungen des Narodni vybor im Vordergrund zu organisatorischen Problemen in der Stadt,

 

Erstmals am 13.Mai werden Befehle des sowjetischen Militärkommandos verlesen. Man gibt z.B den Befehl, das die noch hängenden weißen Fahnen zu entfernen sind und das Tragen von weißen Armbinden ebenfalls (interessant ist, das die Prager Regierung das Tragen der weißen Armbinden und dadurch die Kennzeichnung aller Sudetendeutscher befohlen hatte). Weiterhin wurde bekanntgegeben, das sämtliche Ausrüstungen der Wehrmacht, der SS usw Eigentum der Sowjetunion sind und abgeliefert werden müssen,

Regelrecht kurios ist aus heutiger Sicht, das man den Sender unbeschadet arbeiten lies und auch dieses "Wehrmachtseigentum" nicht konfiszierte.

Etwa Mitte Mai gab es Akkuprobleme beim Sender, der ja auch bei Stromausfällen sicher Arbeiten mußte.,Aber auch das konnte gelöst werden.

Die Zahl der für den Sender tätigen hatte sich inzwischen erhöht.

Bild 8 ( die Nutzung deutscher Armeekleidung war damals üblich)

 

Am 18. Mai kam es jedoch zu einem Ausfall des Senders in der Endstufe. Der Aussiger Josef Munka beschäftigt bei Siemens/Halske in Aussig installierte neu zwei 100 Watt Pentoden welche mit 1000 V betrieben wurden. Damit konnte jetzt wieder ab 21.Mai 45 der Sender in Betrieb gehen, aber nur noch mit 200 Watt Leistung.

Bild 9

Ab 29.05.1945 gibt es neue Sendezeiten und Sendefolgen :

Die Sendefolge beginnt wie bisher um 8,00 Uhr früh mit Unterhaltungsmusik bis 8,30 Uhr.

Um 8,30 Uhr hören Sie die ersten Weisungen, anschließend die langsame Wiederholung zum Mitschreiben für Betriebe und Dienststellen. Wir wiederholen alle Weisungen des Vortages. Dann hören Sie uns wieder um 12,00 Uhr mit unserem Mittagskonzert, um 12,30 Uhr neue Weisungen. Anschließend schalten wir nach Prag, von dort hören Sie bis 13,00 Uhr Unterhaltungsmusik und um 13,00 Uhr die Nachrichten in tschechischer Sprache. Dann melden wir uns wieder um 18,30 Uhr mit Weisungen des Okresni narodni vybor ( Bezirks National Verwaltung Aussig). Um 19,00 Uhr schalten wir nach Prag und um 20,00 Uhr wiederholen wir alle Weisungen des Tages.

 

Am 23.07.1945 erreicht die "Stadt Rechts Kommission" von inzwischen Usti n.L. ein Schreiben des Ministeriums für Information der CSR, welches vom 19.07.1945 datiert ist

Bild 10

Inhalt des Schreibens, um es kurz zu machen: Man hat in Prag erfahren das in Usti n.L. ein Rundfunksender betrieben wird. Das ist unzulässig und der Sendebetrieb ist sofort einzustellen.

Es muß in den folgenden Tagen einen regen Telefonverkehr zwischen Prag und Usti n.L. gegeben haben, leider ist dazu nichts überliefert, aber die Verwaltung erreichte, das der Sender weiter betrieben werden durfte.

Mit Schreiben vom 1.8.1945 teilt die Kreis Rechts Kommission Usti nL. mit an alle öffentlichen Ämter und Behörden gerichtet, das der Sender täglich die Informationen der Rechts Kommission und der Bezirks- und örtlichen Nationalverwaltung bekannt macht.  Dieser Personenkreis ist dazu angehalten, die Meldungen um 8,30 Uhr, 12,30 uhr und 20,00 Uhr auf Mittelwelle 260 m anzuhören. Weiterhin werden Radioapparate zur Verteilung gestellt, sofern bei diesen Ämtern keiner vorhanden ist.....

 

Auch nicht genau bekannt ist das Datum des Umzuges des Senders. Die vorhandene Technik und auch die Antenne wurden erst einmal übernommen. Neuer Standort wurde die Palastvilla von Carl Friedrich Wolfrum.

In diesem historisch sehr wertvollen Gebäude, gebaut von 1897-1899  (Standort Straße na Schodech 10) , was die Besitzer zu Kriegsende verließen, fand der Rundfunksender seine neue Heimstatt.

Nun war auch der große Nachteil, die Tallage des Senders im Schatten des Marienfelsens, verschwunden. Die Villa befindet sich hoch über der Stadt und da kann man mit 200 Watt doch mehr anstellen. In den Nachtstunden konnte dieser Sender sogar in Prag empfangen werden.

Bild 11: Palastvilla von Carl Friedrich Wolfrum; heute beherrbergt des das Studio des Nordböhmischen Rundfunks

 Ab November 1945 begann aus der Villa das Bezirksstudio des Tschechoslovakischen Rundfunks zu senden. Über die weitere Entwicklung des Senders Usti n.L. aus Mittelwelle 701 KHz werde ich in einem zweiten Teil berichten.

 

Bedanken möchte ich mich für die Unterstützung insbesondere beim Stadtarchiv Usti n.L.

Herrn Dr. Kaiser, Frau Dr. Hladikova

und beim Bezirksmuseum Usti bei Herrn und Frau Houfkova

sowie bei Herrn E.Naus aus Teplice

Die Archivbilder wurde mir freundlicherweise zur Veröffentlichung im Radiomuseum genehmigt. Die anderen Farbbilder sind eigene Aufnahmen.

 

Anlagen:

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Rundfunksender Aussig Teil 2 
20.Jun.10 14:52
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

 

Im Juni 1945 erhielt der Sender drei provisorische Senderäume im Zentrum der Stadt. Im Dachgeschoß der Sparkasse arbeitete nun die Redaktion und es spannten sich Senderdrähte im Zentrum der Stadt.

Inzwischen war man dazu übergegangen, wohl auch auf Weisung der Prager Regierung, alle Ansagen nur noch in Tschechischer Sprache zu senden. Um den noch dort wohnenden Böhmendeutschen, welche häufig der tschechischen Sprache total unkundig waren, die oftmals wichtigen Meldungen zu übermitteln, wurden diese häufig übersetzt und dann an zentralen Punkten wie Metzger oder Bäcker ausgehangen.

Bild 1 Sparkasse Aussig (Usti n.L. ) historische Aufnahme aus dem Jahre 1940.

Die Villa Wolfrum war jedoch für ein dauerhaftes Rundfunkprogramm schon vorgesehen.

Mit einen Aufruf des Nordböhmischen Senders Usti n.L. von Mitte Oktober 1945 begann eine große Aktion für den Ausbau des neuen Senders in Usti n.L.

Bild 2 Mlada front dnes vom 27.10.1945

 

deutsche Übersetzung:

Eine Woche Arbeit für den nordböhmischen Sender in Aussig a.d. Elbe

Unter diesem Motto begann eine große Aktion , die für den Ausbau eines neuen Senders in Aussig bestimmt wurde. Es handelt sich um den Nordböhmischen Regionalsender, welches dem hiesigen Volke dienen sollte und welchen sich die Aussiger Kolonisten (zur Erläuterung: die neuen Einwohner der Stadt) für ihre opferwillige und emsige Arbeit sicher verdienen.

Schon nach bloßem Aufruf wurden Schallplatten, Lautsprecher, verschiedenes technisches Material hergebracht, und es gab auch Streber, die ganze Möbelstücke anlieferten.

Die Errichtung dieses Senders wurde von (ich übersetze das wörtlich !) Gau Böhmisch Leipa am Parteitag der Tschechischen Nationalistischen Partei einstimmig unterstützt.

Der Minister für Information und Aufklärung Herr Kopecky erklärte, das Aussig als ausgewählte Stadt im Zentrum des Tschechischen Nordens (verstehe Nordböhmen) die einzigste und geeignetste Stelle für die Lösung dieses Problemes darstellt. Ebenso andere Gewerkschaften und Ämter riefen nach Errichtung von diesem Mittler zwischen dem Zuhause und der Welt.

Éinen genauen Termin des Umzuges in die Villa Wolfrum konnte ich leider nicht ermitteln.Es war auf jeden Fall im November  1945, denn in der "Mlada Fronta Dnes" (Regionale Tageszeitung ) erscheint ab Mitte November täglich das Rundfunkprogramm nicht nur der Sender Prag 1 und Prag2 , sondern nun auch von Usti. n.L..

Bild 4 : Villa Wofrum in Usti n.L.

 

Es war ein stundenweises Programm was zeitlich ständig erweitert wurde.

Ein Beispiel , Weihnachtsprogramm 1945 habe ich kopiert

Bild 3 , Programm vom 23.12.1945 bis 27.12.1945

 

Ab 1.3 1947 wird Radio Usti n.L. angeschlossen und heißt jetzt :

Nordböhmischer Rundfunk des Tschechoslowakischen Rundfunks

Severocesky vysilac prevzat Ceskoslovenskym rozhlasem.

Mit dieser Lösung, so die Begründung, konnte die Qualität der Sendungen wesentlich verbessert werden.

Im Jahr 1949 hielt auch neue Technik Einzug. So erhielt der Sender ein gebrauchtes Tonbandgerät der US-Armee mit immerhin 80 kg Eigengewicht. Später kam auch ein Reportagetonbandgerät "Elfis" zum Einsatz, was samt Akkumulatoren ca 30 kg wog.

Im Jahre 1950 wird demSender im Rahmen des Kopenhagener Wellenplanes die Frequenz 701 KHZ zugeteilt, maximale Sendeleistung 4 KW.

Es gibt noch eine weitere Mittelwellenfrequenz für Usti n.L., auf 1520 KHz, Leistung max 2 KW.

Nach dem Genfer Wellenplan , welcher ab 23.11.1978 gilt, ändert sich die Frequenz von dem Nordböhmischen Rundfunk auf 702 KHz, Sendeleistung nunmehr 14 KW.

Bereits in den 60iger Jahren wird nun auch wieder 3 x täglich ein Programm für die Deutschböhmen ausgestrahlt. Dies hat eine Länge von ca 27 Minuten und die Frühsendung wird nachmittags und abends wiederholt.

Mit dem Bau des Fernsehturmes auf dem 683 m Hohen Berg "Bukova Hora" bei Usti n.L.mit ursprünglicher Höhe von 181,5 m , fertiggestellt im Jahr 1962 und zunehmend UKW Empfängern, ging die Bedeutung dieses Regionalen Mittelwellensenders leider immer mehr verloren.

Bild 5: Radio- und Fernsehtrum Bukova Hora (Foto google)

Mit der Wendezeit 1989/1990 erfolgte eine Umstellung auf UKW- Sendungen. Den genauen Termin  der Einstellung  .des Mittelwellenprogrammes habe ich leider noch nicht ermitteln können, sofern es jemand weiß, bitte ich um Information.

 

Anlagen:

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Anmerkungen Herrn Lederer aus Usti n.L. (Aussig) 
27.Jul.10 15:45
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Herr E.Lederer aus Aussig schrieb mir ergänzend zu dem Artikel:

 

Über den Sinn des Senders:

 

In den letzten Kriegsmonaten waren Meldungen wie "Feindliche Verbände im Anflug auf Schweinfurth " u.ä. so normal wie heute Staumeldungen.

Niemand hier nahm sie ernst. Der Überflug von amerikanischen Bomberverbänden (üblicherweise jeden zweiten dritten Tag) war für uns Jungs eher ein Spektakel, wenn auch mit leicher Gänsehaut verbunden.  Im Radio lief der "Wecker", der offensichtlich anzeigen sollte, das der Sender aktiv ist und das Meldungen zu erwarten sind.

Das am besagten Tag die 11. und 12. Staffel auf einmal vom Kurs der vorher fliegenden Staffeln auf Aussig abdrehte, konnte auch kein Sender Aussig voraussagen. Vom Hof von Dorf Prödlitz haben wir zugeschaut, bis die Rauchbomben auf das Zentrum der Stadt  fielen, Damit war alles klar.

Die deutschsprachigen Sendungen nach Kriegsende hatten allenfalls einige Wochen Sinn, da ja alle Deutschen ihre Rundfunkempfänger abgeben mussten. Wer sollte dann die Nachrichten hören ?

 

Zum Begriff "Sender Aussig":

Der stimmte sicher bis Kriegsende und einige Zeit danach. Ansonsten gilt in der CSR,  dass der Betrieb der Sender einer staatlichen Organisation (Správa radoiokomunikaci) obliegt. Die einzelnen Stationen/ Studios liefern das Programm. In diesem Sinne ist der Begriff "Sender Aussig" von einem bestimmten Zeitpunkt an zweideutig.

Die angesprochenene Verhandlungen mit Prag hatten offensichtlich auch diesen Hintergrund. Ein Argument für die Verlängerung der Genehmigung könnte die total zerstörte Infrastruktur der Stadt gewesen sein. Bestimmt kam aber der Zeitpunkt, zu dem die Trennung von Studio und Sender strikt vollzogen worden ist,

Es wurde nicht nur aus der "Wolfrumvilla" gesendet, sondern es wurde auch in unmittelbarer Nähe  (Kreuzung der Straßen "Na vyhdlice" und der Verlängerung "Belehradska" eine Sendeanlage errichtet.

Ein zweiter Sender ( im Volksmund Störsender genannt) wurde später auf der Anhöhe zwischen der Ferdinandshöhe und Hottowies errichtet.

Was von dort gesendet wurde, das wussten nur Eingeweihte.

 

Zum Sender Zinkenstein (Bukova hora) fertiggestellt im Jahre 1962, damalige Höhe 223,4 m

Der in Ihrem Beitrag dargestellte Sendemast ist der zweite (wenn wir den Interimsender mitrechnen sogar der dritte). In den beiliegenden, leider schlechten Fotos ist der ursprünglich errichtete Sendemast abgebildet. Es war ein geschweißter Stahlmast, wobei ein Teil der Sendeanlage im "Kopf" angeordnet war. Die Konstruktion litt von Anfang an Schwingungen. Abhilfe brachten auch wendelförmig angebrachte Leitbleche nicht. Bei Schweißarbeiten, die wegen der Risse im Stahlmantel dauernd durchgeführt werden mußten, kam es zu einem Brand, bei dem der im "Kopf" befindliche Teil der Sendeanlage ausbrannte. Der Mast wurde durch eine Sprengung umgelegt und zerschnitten.

Nach meinen Erinnerungen etwa 1969-70. Die Versorgung mit den TV- und Rundfunkprogrammen übernahm bis zur Fertigstellung des heute noch sichtbaren Sendemastes ein Behelfssender.

Übrigens der praktisch baugleiche Sendemast des Senders "Cukrak" in Prag wurde aus gleichen Gründen auf die Hälfte gekürzt und dient jetzt nur noch als Träger der Antennen.

Fotos:

erster TV Sender Bj 1962 auf dem Zinkenstein bei Aussig Bild 1 +2  E.Lederer Aussig

jetziger TV Sender Bj ca 1970 auf dem Zinkenstein bei Aussig  Bild 3

 

Anlagen:

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Rundfunk in Usti n.L. im Sommer 1945 
23.Mar.15 10:03
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Die Tageszeitung Predvoj in Usti n.L. schreibt zum Thema Rundfunk ( Übersetzung vielen Dank an Herrn Ing. Erich Lederer Usti n.L.)

 

Hallo, Aussig an der Elbe auf Welle 206 m!

Tätigkeit und Aufgaben des örtlichen Rundfunks

Immer um 8,30  12,30  19,30 und 20,00 Uhr können Sie, wenn sie sich auf der Skala Ihres Rundfunkempfängers  dem ehemaligen  deutschen Sender Frankfurt am Main nähern - den örtlichen Rundfunksender Usti n.L. hören - den Sender, der nicht wie früher dazu bestimmt ist , die gellenden Signale der Sirene und die Lage bei Luftangriffen zu übertragen, sondern den Sender , welcher dazu bestimmt ist, seine Tätigkeit in den Dienst der Öffentlichkeit zu stellen.

Zu den angegebenen Zeiten hören Sie regelmäßig alles, was in der Kreisverwaltungskommission , dem örtlichen Nationalauschuss, der Polizei und verschiedenen Kulturorganisationen, von Betriebsräten in großen und größeren Fabriken und anderen Kooperationen des Kreises auf dem Schreibtisch des hiesigen Referents für Informationen, Dr. Palan, landet und was nach Sichtung und Genehmigung der zuständigen Stelle übermittelt wird.

Die "zuständige Stelle" ist eigentlich zu viel gesagt. Der Raum aus dem gesendet wird, befindet sich immer noch in dem Bunker unter dem Marienberg, welcher in der Zeit der Bombenangriffe idealen Schutz gewährte, und welcher nicht nur für die fünf , sechs Leute, die hier arbeiteten, sondern auch für deren Familien und Bekannte, die diesen Bunker als Schutz vor dem "Regen" der amerikanischen und englischen Bomber sicherer fanden, als jeden anderen Luftsschutzraum, als Schutz diente.

Es machte ihnen nichts aus, dass der Raum klein und ungemütlich war und dass von den Wänden Wasser tropfte. Heutigen Anforderungen können solche Räume nicht mehr entsprechen und so ist es jetzt die Hauptaufgabe der beauftragten Leute, neue, geeignetere Räumlichkeiten für diesen wichtigen Bestandteil des öffentlichen Lebens unserer Stadt zu finden.

Es besteht die berechtigte Hoffnung, der der örtliche Rundfunk direkt im Gebäude der Kreisverwaltungskommission  am Dr. Benes Platz angeordnet wird.

Eine weitere Aufgabe ist der Neuaufbau des ganzen Netzes des lokalen Rundfunks (drahtgebunden) . Viele Straßen , in denen die Leitungen verliefen, liegen in Ruinen, die Lautsprecher wurden zerstört- und wie uns vertraulich mitgeteilt wurde- auch geklaut (!), so das die Administration und die Techniker des Aussiger Senders jetzt vor der schweren Aufgabe stehen, Ersatzlautsprecher zu besorgen, um die wichtigsten Nachrichten aus der Stadt und dem Kreis so schnell wie möglich zu veröffentlichen.

Auch hier kann nur gehofft werden, dass die Ersatzlautsprecher so bald wie möglich an Ihren Stellen hängen werden und dass, da es sich um teure und unersetzliche Geräte handelt, die sowohl den Bombenangriffen, als auch den alles vernichtenden deutschen Vandalismus widerstanden haben- nicht nur auf der Mittelwelle 208 m ihres Rundfunkgerätes, sondern auch auf unseren Plätzen, in den Straßen und Parks, und dass der schöne Baryton unseres Sprechers mit der Meldung; 

"Hallo- es ruft der Lokalsender Usti nad Labem" 

ertönen wird. 

Und noch etwas; ein Teil der Nachrichten , welcher die Deutschen betrifft, wird noch in deutscher Sprache gesendet. 

Es ist Aufgabe und Bestreben uns aller, das wir die Sprache nicht mehr lange hören müssen.

Interessant sind immer wieder die Rundfunkprogramme. In der ersten Oktoberwoche 1945 ist es jedoch nur noch in tschechischer Sprache.

Interessant finde ich auch, das sämtliche Stationen,welche Programme für CS senden hier gedruckt werden. 1.Oktoberwoche 1945 . Inzwischen ist ja auch der Großsender Melnik wieder repariert und die Prager Sendungen können wieder böhmenweit empfangen werden. 

 

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zu den Anmerkungen Herrn Lederer aus Usti n.L. (Aussig) 
19.Mar.17 13:19
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Wie das manchmal so ist mit den Erinnerungen.... Die genauen Daten habe ich nun recherchiert und kann diese korrigieren.

Hier die Titelseite der Regionalzeitung Pruboj vom 8.September 1966. Gesprengt wurde der Stahlturm am 7.September 10,00 Uhr im Beisein vieler Zuschauer... aber diese Geschichte kommt natürlich ausführlich im RMOrg....

Im Jahre 1975 wird der jetzige TV- Turm mit insgesamt 223,5 m Höhe übergeben, am 01.Oktober 2008 wurde der Turm durch Antennenanlagen für das digitale Fernsehen ( 4 Programme) ergänzt. 

Foto v. 19.03.2017 Wolfgang Lill

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