stassfurt: 5 (5 W); Imperial: Schaltungsvarianten & Besonderheiten

ID: 348602
stassfurt: 5 (5 W); Imperial: Schaltungsvarianten & Besonderheiten 
15.May.14 15:08
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Dem "technischen Fortschritt" ist es vorbehalten, wenn sich während der Laufzeit eines Modells gewisse Änderungen der Schaltung ergeben.

Zum Vergleich standen 3 Modelle mit den Nummern 2804 (schwer lesbar, vielleicht auch 3804), 6353 & 7132. Die Analyse entstand in einer Gemeinschaftsarbeit mit Wolfgang Eckardt.

Varianten in der Endstufe

Die Truhe hat keinen eingebauten Lautsprecher. Folglich kann (theoretisch) während des Betriebes der Lautsprecher abgezogen werden. Dann fließt kein Anodenstrom. Wohin geht dann der Emissionsstrom? Die frühe Variante (links) bezieht deshalb den Schirmgitterstrom von der Anode, während die spätere Variante (rechts) den Vorwiderstand für das Schirmgitter direkt an die Versorgungsspannung legt.

Beide Varianten haben Vor- und Nachteile.

  • frühe Variante:
    wird der Lautsprecher abgezogen, fließt kein Emissionsstrom.
    Nachteil: Schirmgitterwiderstand belastet den Ausgang, jedoch ist die Belastung durch 200kΩ noch nicht einmal 10% des (transformierten) Lautsprecherwiderstandes von 16kΩ und damit praktisch vernachlässigbar.
  • späte Variante:
    der Schirmgitterwiderstand verbraucht keine Sprechleistung.
    Nachteil: Wird der Lautsprecher abgezogen fließt der Emissionsstrom zum Schirmgitter. Aber, weil dieser 200kΩ hat, kann (nach Ohm) kaum mehr als 2,5mA Schirmgitterstrom entstehen, während die Spannung am Schirmgitter gleichzeitig ziemlich klein wird und somit dessen zulässige Verlustleistung nicht überschritten wird.

Beide Varianten funktionieren, weil der Schirmgitterwiderstand groß ist. (Bei Geräten mit stärkeren Endröhren z.B. RES964 gibt es dafür Schaltbuchsen für den Lautsprecheranschluß, wobei die beiden Klemmen kurz geschlossen werden, wenn der Lautsprecher abgezogen wird.)

Varianten von Bauteilen

Unterschiede wurden festgestellt bei den Werten von

  • Glättungs C am Schleifer des Potentiometers (0,5M) für die Einstellung der Schirmgitterspannung von HF-Vorröhre und ZF-Röhre (beide RENS1264).
    Die frühere Variante hat 8µF (höhere Bauform), während die spätere nur noch 4µF hat.
  • Gitter-Vorwiderstand für die HF-Vorstufe am Fußpunkt des Eingangsbandfilters.
    Die frühe Variante hat da 500Ω, wie dem Aufdruck des Widerstandes zu entnehmen ist, während bei der späteren Variante 550kΩ gemessen(!) wurden, wobei der Aufdruck nicht mehr zu entziffern war.

Ein Gitter-Vorwiderstand von 500kΩ in der Leitung für die Regelspannung erscheint eigentlich logischer als ein Wert von 500Ω. Aber, man muß dazu nochmal die Schaltung genauer betrachten.

Dies ist ein Ausschnitt aus der überprüften und korrigierten Schaltung, die links unten die (Europa-) Fassung zum Anschluß des Kurzwellen-Adapters zeigt.

Der Antennen-Anschluß 2 ist direkt verbunden mit dem Gitter 1 der HF-Vorstufe und mit dem entsprechenden Anschluß der Fassung für den KW Adapter.

Was passiert, wenn der Radihörer seine Langdraht-Antenne in den Anschluß 2 stöpselt, statt wie er sollte, nämlich die Anschlüsse 1 oder 3 zu verwenden?

Nun, wie man unschwer erkennt, gelangt dann die (praktisch unvermeidliche) Netz-Brummspannung direkt auf das Gitter der HF-Vorstufe - und moduliert dann alle Empfangssignale mit einem kräftigen Brummen. Ja, aber nur dann, wenn dieses Netzbrummen nicht durch entsprechende Blockkondensatoren gegen Masse (Chassis) abgeblockt wird.

  • Bei 500kΩ (0,5M) Vorwiderstand sind nur die 40nF (40n) der Fußpunktkopplung des Eingangsbandfilters wirksam - und das ist ein bißchen wenig.
  • Bei 500Ω Vorwiderstand kommen dafür zusätzlich die 0,5µF (rechts unten im Schaltbildausschnitt) ins Spiel, so daß das Brummen ausreichend unterdrückt werden kann.

Es spricht also einiges dafür, daß dieser Widerstand tatsächlich 500Ω groß ist, wie er auch im Modell Nr. 7132 vorhanden ist. Im Schaltbild des Nachfolgemodells 5aW ist der Wert dieses Widerstandes tatsächlich auch mit 500Ω angegeben. Auch das spricht für diesen Wert.

Betrieb mit KW-Adapter

Wie aus dem Schaltbild erkennbar wird, wird der KW-Adapter an die Sekundärseite des Eingangs-Bandfilters angeschlossen. Das erscheint zunächst etwas verwunderlich.

Der Staßfurt 5W hat (wie viele frühe Superhets) eine sehr niedrige ZF-Frequenz von 124kHz. Aus Gründen der Spiegelfrequenzsicherheit ist daher eine ausreichende Vorselektion (vor der Misch-Stufe RENS1204) notwendig, die hier durch das Eingangs-Bandfilter und den Zwischenkreis realisiert wird. Zusammen mit dem Oszillator wird deshalb ein 4-fach Drehkondensator erforderlich. (Eine nicht ausreichende Spiegelfrequenz-Sicherheit macht sich insbesondere durch Pfeifstörungen bemerkbar, wobei die Höhe des Pfeifens sich mit der Abstimmung ändert.)

Wird nun der KW-Adapter unter Umgehung des Eingangs-Bandfilters direkt an das Gitter 1 der HF-Stufe angeschlossen, so fehlt natürlich eine entsprechende Vorselektion. Das ist aber hier unkritisch, weil der KW-Vorsetzer ja die gesamte Anlage zu einem Doppelsuper macht - mit der ersten hohen ZF-Frequenz im MW-Bereich. Man muß sich hierzu eine "ruhige" Stelle im oberen MW-Band aussuchen (was heute wieder einfach ist, weil hierzulande bereits viele MW-Sender abgeschaltet sind).

Aber warum läßt man dann nicht das Eingangs-Bandfilter "drin"? Um diese Frage zu beantworten, muß man sich den Plan des  KW-Umsetzers KW5 anschauen.

Die REN904 hat (als Verstärkerstufe) einen Innenwiderstand von nur 10kΩ. (Als Mischer hat sie einen höheren Innenwiderstand) Dann gibt es noch in Serie dazu einen Arbeitswiderstand von 20kΩ. Gibt also (minimal) 30kΩ als Belastung für den Schwingkreis des Eingangs-Bandfilters des Staßfurt 5W. Auch wenn dieser Belastungs- bzw. Dämpfungs-Widerstand für das Eingangs-Bandfilter tatsächlich etwas höher ist, so bedämpft er dieses trotzdem noch so stark, daß dieses nur noch eine sehr geringe Güte hat und demzufolge sehr breit wird. 

Daher wäre es witzlos, diesen Umsetzer an die Primärseite des Eingangs-Bandfilters anzuschließen. Auch vermeidet man mögliche Verstimmung des Eingangsbandfilters und die damit verbundenen Verluste.

Ein Bild aus "Funk" von 1934 zeigt das Chassis des Staßfurt 5W (links) mit dem Chassis des KW5 (rechts).

MfG DR

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Kurzwellen-Vorsetzer KW5 
16.May.14 10:55
108 from 2864

Wolfgang Eckardt (D)
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Wolfgang Eckardt

Da Herr Prof. Rudolph hier ausführlich das Modell "Imperial 5W" vorstellt mit kleineren entdeckten Unterschieden, möchte ich noch was zu dem mit aufgeführten  Kurzwellen-Vorsetzer KW5 erwähnen. 

Offensichtlich scheint es keinen Sammler zu geben, der ein solches Gerät besitzt und es im Original hier vorstellt. Aber in der Zeitschrift "FUNK" Heft 34 aus 1934 stellt der bekannte Autor Werner W. Diefenbach solche Kurzwellen-Vorsatzgeräte vor und geht dabei auf das KW5 als erstes ein. (An dieser Stelle Dank an Herrn Prof. Rudolph, der mir eine Kopie dieses Artikels zusandte!)

Hier ein Ausschnitt dieses Artikels, der sich auf den KW5 bezieht, ohne Bild. Das Original wird als pdf-Datei beim Modell KW5 erscheinen:


Beschreibung zum  Kurzwellen-Vorsetzer KW5, Staßfurt

Der erste  Typ  der  Kurzwellenvorsetzer empfängt  die vier Bereiche 15 bis 21 m, 21 bis 33 m, 33 bis 47 m und 47 bis 70 m. Es ist also dafür Vorsorge getroffen, durch Unterteilung des gesamten Wellenbereiches in vier Einzelbereiche und durch Verwendung eines Abstimmkondensators geringer Kapazität die Bedienung zu«vereinfachen. Tatsächlich ist die Abstimmung so einfach wie die eines  Rundfunkempfängers. An der Frontplatte dieses Vorsatzgerätes befindet sich lediglich der Wellenschalter für die vier Einzelbereiche sowie der Abstimmknopf in Verbindung mit einer modernen Linearskala. Die Linearskala ist für vier Wellenbereiche eingeteilt und nach Wellenlängen geeicht. In diesem Vorsatztyp ist also die wichtigste Forderung nach einfacher Bedienung im Kurzwellenbereich restlos erfüllt.

An der Schaltung dieses Vorsetzers fällt sofort auf, daß ein besonderer Netzteil nicht vorhanden ist. Die Anodenspannung wird vielmehr von der Lautsprecherbuchse des dazugehörigen Rundfunkempfängers abgenommen. Da die zu den Lautsprecherbuchsen führende Spannung stets die höchste im ganzen Empfänger ist, enthält der Vorsetzer einen besonderen Widerstand zur Reduktion der Endanodenspannung auf die richtige Betriebsspannung, die die einzige Röhre des Kurzwellenvorsetzers erfordert. Der Vorsetzer ist, wie fast alle anderen Vorsetzer, nur für Rundfunkempfänger geeignet, die Wechselstromnetzanschluß besitzen. Die Heizspannung für die Vorsetzerröhre liefert gleichfalls der Netzteil des Rundfunkgerätes.

Es sind also allein zur Stromversorgung des Vorsetzers drei bzw. vier Verbindungsleitungen nötig.
Die Erdleitung darf bei keinem Gerät fehlen, da sie gleichzeitig die Verbindung zur Kathode der Vorsetzerröhre herstellt. Das Vorsatzgerät arbeitet nach dem Überlagerungsprinzip in einer Schaltung, die der Autodyneschaltung sehr ähnlich ist, und besitzt nur eine Röhre, die Valvo 4110 oder die Telefunkenröhre REN 904 . Im Anodenkreis des Vorsetzers liegt eine gepanzerte Drosselspule in Serie mit einem Widerstand. Der Schwingungseinsatz des Oszillators wird dadurch sehr begünstigt.  Die Ankopplung der Antennen an die Gitterspule des Oszillators erfolgt kapazitiv über einen kleinen Festkondensator, der Schwingungseinsatz des Oszillators durch Rückkopplung mittels eines Festkondensators bestimmter Größe. Auf dem Chassis des Vorsetzers sind der Drehkondensator mit Antrieb, die Röhre, ein Elektrolytkondensator, der Spulensatz und die gepanzerte Drossel untergebracht. Die Leitungen zum Rundfunkempfänger sind zu einem fünfpoligen Kabel. mit Steckeranschluß zusammengefaßt. Der Stecker führt in einen an der Rückseite des Rundfunkgerätes besonders vorgesehenen Sockel (gemeint ist eine Fassung W.E.), der mit „Kurzwellenvorsatz“ bezeichnet ist. Daraus geht hervor, daß man diesen Vorsetzertyp nur bei einem bestimmten, dafür eingerichteten Rundfunkempfänger verwenden kann. Man nimmt diesen nach dem Überlagerungsprinzip arbeitenden Vorsetzer folgendermaßen in Betrieb:

  • 1. Der fünfpolige Stecker des Kurzwellenvorsetzers wird mit dem bezeichneten Sockel (Fassung, W.E.)  im Rundfunkempfänger verbunden,
  • 2. die Antenne in die Antennenbuchse des Vorsetzers gesteckt,
  • 3. die Erdbuchse des Rundfunkempfängers mit der Erdbuchse des Vorsetzers verbunden,
  • 4. der Rundfunkempfänger auf Welle 1.800 m fest eingestellt,
  • 5. der Rundfunkempfänger schließlich eingeschaltet.

Mit der Einschaltung des Rundfunkempfängers ist auch gleichzeitig das Vorsatzgerät eingeschaltet, da das Vorsatzgerät seine sämtlichen Betriebsspannungen dem Rundfunkempfänger entnimmt. Die Lautstärke-regelung beim Kurzwellenempfang erfolgt nicht am Vorsetzer, sondern wie beim Empfang der Rundfunkwellen selbst mit dem im Rundfunkempfänger dafür vorgesehenen Lautstärkeregler. Der Rundfunkempfänger wirkt als Zwischenfrequenzverstärker.

Ausschnitt aus: Werner W. Diefenbach, „Kurzwellen-Vorsatzgeräte“ in FUNK 1934, Heft 34 S.629, 630

(Umformatierter OCR-Scan ohne Bilder, Originaltext mit Bildern siehe pdf-Datei beim Modell KW5).


Bei Punkt 4 zur Inbetriebnahme hat sich meiner Meinung nach ein Druckfehler eingeschlichen, denn dort steht im Originaltext  "... auf Welle 18 000 m fest eingestellt." Da sind sicher 1800 m gemeint, eine Wellenlänge auf dem Langwellenbereich (166,6 kHz), womit dann der nachgeschaltete Imperial 5W als ZF-Verststärker arbeitet. Außerdem verwechselt auch Herr Diefenbach die Röhren-Fassung mit dem - Sockel - leider ein häufiger Fehler - siehe hier.

Wolfgang Eckardt

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Selbstbau KW Vorsetzer 
16.May.14 16:15
156 from 2864

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Die "Steckdose" für den KW-Vorsatz beim Imperial 5W hat schon immer einen großen Reiz ausgeübt. Ende der '80er Jahre entstand dann in einer Gemeinschaftsarbeit ein KW-Vorsatz mit einer ACH1 und Drehkoabstimmung, der außer dem 5-poligen Stecker nichts mit dem KW5 gemein hat. Als ZF wurde eine hohe Frequenz im MW Bereich gewählt.

Die Knöpfe von oben nach unten:

  • Einschalter/Umschalter und Verstärkungsregelung über Kathodenwiderstand der A(C)H1
  • Frequenzabstimmung; gezogen: grob, gedrückt: fein
  • Auswahlschalter für 4 KW-Bänder

Das Gehäuse ist im Stil dem Imperial 5W nachempfunden.

MfG DR

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