stassfurt: 5W (5 W); Imperial: ZF-Durchlaßkurven

ID: 165724
stassfurt: 5W (5 W); Imperial: ZF-Durchlaßkurven 
09.Jun.08 16:12
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Conrad H. von Sengbusch beschreibt in der Funkgeschichte Nr. 179 (Juni/Juli 2008) unter dem Titel "Vergessenes Know-How" u.a. die Technik der von Georg Nissen entwickelten und gebauten ZF-Filter, wie sie in den Typen Imperial Junior, Imperial Senior, Imperial 5, Imperial 5a und Imperial 6 verwendet wurden.

Der Clou bei diesen Filtern besteht darin, daß keine extra Schwingkreiskapazitäten vorhanden sind; vielmehr sind die Spulen zweidrähtig gewickelt und die (verteilte) Kapazität zwischen den Drähten stellt die Schwingkreiskapazität dar. Das leider vergessene Know-How bezieht sich auf die Herstellung dieser Wicklungen: Wie konnten die notwendigen Toleranzen eingehalten werden?

Die Filterspulen wurden anschließend mit Wachs getränkt. Die ZF-Töpfe haben kein Loch um irgend etwas ab- oder nachzugleichen. Nun ist es spannend zu erfahren, wie gut ein solcher Abgleich sich bis heute gehalten hat.

Die Mittenfrequenz der ZF-Filter wird mit 124 KHz angegeben.
Viele frühe Super haben entsprechend niedrige ZF-Frequenzen; hier konnte man bessere Filterkurven realisieren und größere Verstärkung erreichen. Dafür ist bei niedrigen ZF-Frequenzen die Spiegelfrequenz-Sicherheit nicht so groß, was zu Pfeifstörungen führt. Hier wurde dieses Problem dadurch gelöst, daß eine abgestimmte Vorstufe und ein Eingangsbandfilter spendiert wurde, weshalb dann ein 4-fach Drehkondensator benötigt wurde. Pfeifstörungen treten nicht auf.

Der o.g. Artikel hat mich veranlaßt, die ZF-Durchlaßkurven meines Imperial 5W zu messen. Da die Lautstärkeeinstellung beim Imperial 5W über die Veränderung der HF- und ZF-Verstärkung geschieht, ergeben sich leichte Veränderungen der Meßkurven in Abhängigkeit der Stellung des Potentiometers.


Die erste Durchlaßkurve ergibt sich bei minimaler Lautstärke (Linksanschlag des Potis).


Wird das Poti so weit aufgedreht, wie es zum Empfang eines Ortssenders erforderlich ist, ergibt sich die nun gezeigte Durchlaßkurve, die bereits etwas breiter geworden ist.

Die Form der ZF-Durchlaßkurven ist auch noch nach über 75 Jahren nicht zu beanstanden. Der Imperial 5W ist empfindlich und gleichzeitig großsignalfest. Sender in den Nachbarkanälen lassen sich sehr gut trennen. Für das von UKW verwöhnte Ohr klingt er etwas dumpf, denn wie man sieht, ist die 3dB NF-Bandbreite so etwa 4KHz. Trotzdem ist er für Fernempfang bestens geeignet (z.B. DLF Sender Heusweiler 1422 KHz, ca. 1000 km von Berlin).
Da der Fadingausgleich nicht sehr stark ist, muß entsprechend oft am Lautstärkepoti nachgestellt werden. Dies erscheint zunächst als nachteilig. Andererseits ergeben gerade Schwundphasen des Trägers die schlimmsten Verzerrungen im demodulierten AM-Signal. Da die Schwundregelung von der Trägeramplitude gesteuert wird, werden beim Imperial 5W verzerrte Passagen leiser wiedergegeben als bei Geräten mit stärkerem Schwundausgleich. Das kann man als vorteilhaft betrachten. [Bei AM und (asynchroner) Hüllkurvendemodulation gibt es keine Lösung für die Verzerrungen durch Trägerschwund.]

MfG DR

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Sperrdämpfung der ZF-Filter ?! 
11.Jun.08 11:19

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Die gemessenen Durchlaßkurven der ZF-Filter zeigen eine (anscheinend) ungenügende Sperrdämpfung. In der Tat sind ca. 50 dB Sperrdämpfung nicht berauschend. Nur, ist die Messung in diesem Bereich zuverlässig? Um dies zu beurteilen, wird der Meßaufbau betrachtet. (Beide Bilder sind um 900 gedreht.)


Hier sieht man den Stassfurt Imperial 5W offen mit der Tastspitze an der Anode des Anodengleichrichters RENS1264. Rot markiert ist der Bereich, wo die Masseklemme der Tastspitze sitzt. Da sitzt aber auch die Masseklemme für die Tastspitze, die zur Einkopplung der Meßspannung auf das Gitter der Mischröhre RENS1204 verwendet wurde.



Zur Einkopplung wurde zusätzlich eine weitere Klemmspitze verwendet, damit ein Trennkondensator (gelb) dazwischengeschaltet werden konnte.
Wie man erkennt, sitzen nicht nur die Masseanschlüsse von Ein- und Auskopplung dicht beieinander, sondern die Tastspitzen mit ihren Masseleitungen bilden recht große Schleifen. Man braucht sich daher nicht zu wundern, daß die Sperrdämpfung der Filter nicht richtig gemessen werden kann, weil diese Schleifen ja eine magnetische Verkopplung liefern. Diese ist zwar gering, aber eben doch so groß, daß sich das bei der Sperrdämpfung bemerkbar macht.

Ziel der Messung war jedoch nicht, die Sperrdämpfung zu bestimmen, sondern zu überprüfen, wie die Filterkurve im Durchlaßbereich aussieht. Und dies läßt sich eindeutig ablesen.

Ein ganz entsprechendes Problem tritt i.a. auch beim Abgleichen von Empfängern im Wobbelbetrieb auf. Auch bei diesen Messungen wird (scheinbar) eine viel zu geringe Sperrdämpfung angezeigt.

Kennern des Imperial 5W wid beim genauen Betrachten der Bilder auffallen, daß das Gerät an einigen Stellen vom Original abweicht. Diese Umbauten sind seit 1972 entstanden, weil der Empfänger noch fast täglich im Betrieb ist um damit den DLF, Sender Heusweiler 1422 KHz, zu empfangen. Es ist auch nach nun 76 Jahren eines meiner besten Radios (Selektivität, Großsignalfestigkeit) für Mittelwelle! 

MfG DR

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kondensatorlose ZF-Filter 
24.Dec.08 14:21

Gerald Gauert (D)
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Hallo Herr Rudolph,

ich habe die kondensatorlosen ZF-Filter eines Stassfurter Mikrohet zerlegt. weitere Informationen finden Sie hier: mikrohet_kondensatorloses_zf_filter

Gerald Gauert

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kondensatorlose ZF Filter 124 kHz des Imperial 5W/WL 
09.Oct.14 10:27
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Die kondensatorlosen ZF Filter des Imperial 5W/WL sehen anders aus, als die vom Mikrohet.

Hier hat man schon die "klassische Form" eines ZF Bandfilters mit Primärkreis und Sekundärkreis zylindrisch über einander angeordnet.

Beim Mikrohet wurde dagegen noch eine eher flache Bauform gewählt.

Bei den Spulen des Mikrohet sieht man sehr schön, daß  diese zweidrähtig gewickelt sind.

Zweidrähtig sind aber auch die ZF Spulen vom Imperial 5W/WL gewickelt. Wenn man die obere Spule des 5W/WL genau betrachtet, erkennt man (im ersten Bild oben), daß aus dem Wickel der oberen Spule 2 Drahtenden herausragen.

Bei der defekten Wicklung war unten am Pin ein Draht abgerissen, während ein zweiter Draht noch intakt war. Die Spule hatte aber keinen ohm'schen Durchgang. Das bedeutet, daß der abgerissene Draht der eigentliche Spulendraht war, während der zweite (noch angelötete) Draht den "Kondensator" bildet. Dieser ist am anderen Ende nicht angeschlossen, weshalb die defekte Wicklung ja auch keinen Durchgang mehr hatte.

Das ist sicher nur ein Teil des "Tricks", der bei Staßfurt angewendet wurde. Unbekannt bleibt noch, wie bei einer Massenfertigung die Schwingkreise auf (gemessene) 122 kHz abgegelichen wurden.

MfG DR

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