Zeilenfreies Fernsehen durch Spotwobbeln

ID: 152666
Zeilenfreies Fernsehen durch Spotwobbeln 
10.Nov.07 19:39
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Franz Born † (D)
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Franz Born †

In den 60er Jahren war es bis zur Einführung des Farbfernsehens mit Neuigkeiten nicht so weit her.
Daher wurde auch manche fragwürdige "Neuigkeit" auf den Markt gebracht. Unter dem Schlagwort zeilenfrei
wurde mit verschiedenen Maßnahmen die Zeilenstruktur verwischt.

Vom technischen Standpunkt wurden diese "Errungenschaften skeptisch gesehen und mit dem Spottwort" Telematsch belegt.
Denn gerade eine gleichmäßig scharfe Zeilenstruktur gedeutet einen guten Zustand der Bildröhre und die optimale Einstellung der Fokussierung!

Eine Methode
zum zeilenfreien Fernsehen bestand darin, auf dem Bildschirm eine spezielle Folie anzubringen.

Eine weitere durch Zusatzmagnete auf dem Bildröhrenhals, die in den meisten Fällen mittels Bowdenzug nach dem Hampelmannprinzip durch Tastendruck angelegt und wieder entfernt werden konnten.

Eine recht aufwendige elektrische Lösung gab es bei den Luxusgeräten von Philips mittels Spotwobbeleinheit.
Hierbei wurde einer Zusatzwickling innerhalb der Ablenkeinheit eine Schwingspannung zugeführt, die den Elektronenstral mit 13,56 MHz wobbelte.
Die letzte und auch die Hampelmann-Methode hatten immerhin einen Vorteil gegenüger der Folienlösung, sie konnten abgeschaltet werden.
 
Bild 1 zeigt die Spotwobbeleinheit von Philips die zur Vermeidung von Ausstralungen sowohl mechanisch wie   elektrich "dicht" aufgebaut sein mußte.
Bild 2 zeigt die Schaltung der Spotwobbeleinheit.
Bild 3 beinhaltet die Wirkungsweise der Schaltung gemäß der Original-Dokumentation.




Mit kollegialen Grüßen
Franz Born Anlagen:

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10.Nov.07 20:38

Wolfgang Scheida (A)
Redakteur
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Bei österreichischen TV Geräten wie etwa Minerva wurde dieses Prinzip als Zeilenwobbler vermarktet. Entsprechende Geräte mit Schaltung finden Sie über die Suchfunktion.

Der Beitrag gibt Anlass über die (damals vorhandenen) Schwächen von 405 wie auch noch 525 Zeilen Systeme nachzudenken und diese mit der einstigen 819 Zeilen Norm der Franzosen zu vergleichen.  - Hier wird u.a. der Nutzen der 819 Zeilen Norm im Norm C Raster für Belgien bei ebenfalls maximal 5 MHZ Videobandbreite erkennbar.

 

11/07 W. Scheida

 

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Sabavision = Zeilenfreies Fernsehen 
10.Nov.07 21:13

Bernhard Nagel (D)
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Bernhard Nagel


Auch Saba hat sich für 2 Jahre dieser Mode verschrieben und stattete zahlreiche TV-Geräte mit der sog. Sabavisions-Scheibe aus. Demnach also eine optische "Verschlimmbesserung", keine elektronische Lösung wie bei Philips.

Bei Schaub-Lorenz, Siemens und Telefunken gab's so etwas auch, letztere Firma nannte seine Errungenschaft Tele-Klar, sie war wie bei Siemens aber abschaltbar.

Siehe auch VDRG-Kataloge 1962/63  und 63/64.

Auch damals wurde die geneigte Kundschaft durch Schlagworte und diffuse (im wahrsten Sinne des Wortes!) Werbeaussagen zum Neukauf animiert.

Grüße,
Bernhard Nagel

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11.Nov.07 14:07

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
Beiträge: 2333
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Konrad Birkner † 12.08.2014

Hallo Herr Born,

Sie haben natürlich recht mit Ihrer Feststellung  "Denn gerade eine gleichmäßig scharfe Zeilenstruktur bedeutet einen guten Zustand der Bildröhre und die optimale Einstellung der Fokussierung!" Dem ist nichts hinzuzufügen.

Das heisst aber nicht unbedingt zur Freude des Betrachters, der nicht weit genug weg sitzen will oder kann.  Wir haben so manches mal diese verdammten Zeilen zum Teufel gewünscht. Ein wie auch immer erzeugter ovaler Lichtpunkt schadet der horizontalen Auflösung überhaupt nicht. Genau das erreicht zB die Wobbelung, die aber nicht zu stark eingestellt sein darf. Es genügt, wenn die Zeilenränder weicher werden, ohne ineinander überzugehen. An den Büscheln des Testbildes konnte man sehr genau sehen wo der beste Kompromiss liegt.

Nicht zu vergessen, dass das Bildprogramm nur selten mit der höchstmöglichen (Horizontal-) Auflösung ankam. Es liefen ja sogar noch anfangs 16mm Filme, z.B. von Reportagen.

Was den Techniker erfreut ist nicht unbedingt Genuss für den Benutzer.
Sooo fragwürdig war es wohl doch nicht, wenn eine brauchbare Lösung vernünftig angewandt wurde.

Können wir uns darauf einigen?

mit freundlichem Gruß
KoBi

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Videoklar 
11.Nov.07 19:28

Wolfgang Eckardt (D)
Ratsmitglied
Beiträge: 1916
Anzahl Danke: 7
Wolfgang Eckardt

Kleine Ergänzung zum Thema:

In "höherpreisigen" TV-Geräten der DDR-Produktion gab es "Videoklar".
Das war eine Quadrupollinse = 4 Magnetspulen, justierbar und regelbar auf dem Bildschirmhals.

W.E.

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RAFENA Videoklar 
19.Nov.13 22:48
2319 from 7705

Mario Spitzer (D)
Redakteur
Beiträge: 190
Anzahl Danke: 5

 

Diese Bezeichnung trägt die Einrichtung zur Beseitigung der Zeilenstruktur auf dem Bildschirm der RAFENA-Fernsehgerate. Die Zeilenstruktur auf dem Bildschirm entsteht durch die Abtastung des Fernsehbildes in 625 Zeilen, die nebeneinander auf dem Bildschirm geschrieben werden und das Fernsehbild ergeben. Diese Zeilenstruktur wird bei näherer Betrachtung störend empfunden. Besonders bei den Empfängern mit 53-cm-Bildröhren muss man sich etwa 4 m vom Bildschirm entfernen, damit die Zeilenstruktur nicht mehr wahrnehmbar ist.

Um die Zeilenstruktur zu beseitigen, wurden verschiedene Verfahren untersucht, wobei ein Quadrupolsystem mit Ausnutzung der elektrostatischen Fokussierung in der Bildröhre (Gitter 4) die besten Ergebnisse zeigte. Wie Bild 1 zeigt, besteht der Quadrupol aus einem Weicheisenring mit vier Polschuhen, auf denen die Erregerspulen sitzen. Dieses System wird hinter dem Ablenksystem auf den Bildröhrenhals montiert. Aus dem Schaltbild, (Antwort 5 von Herrn Eckardt), erkennt man, dass die Sputen des Quadrupols   vom   Strom   des   Tonteiles   durchflossen werden. Die vom elektromagnetischen Feld des Quadrupols ausgeübte Wirkung auf den Elektronenstrahl in der Bildröhre ist so, dass er in der Horizontalen (Zeilenrichtung) zusammengedrückt und in der Vertikalen etwas auseinander gezogen wird.

Die Wirkung wird bedeutend verbessert, wenn die Hauptlinse der Bildröhre (Fokussiergitter 4) mit herangezogen wird. Legt man an Gitter 4 eine größere negative Spannung, so wird der Leuchtpunkt defokussiert und die Wirkung der Felder des Quadrupols auf den Leuchtfleck ist so, dass eine scharfe stäbchenförmige Bündelung des Elektronenstrahles entsteht. Hierin ist schon der Unterschied begründet zwischen einfacher Zeilenverbreiterung durch Quadrupol, bei der nur eine elliptische Verformung des Leuchtpunktes erzielt wird, während bei der Mitwirkung des Fokussier-gitters der Bildröhre eine scharfe Stäbchenform entsteht. Bildschärfe und Zeilenbefreiung sind von der eingestellten Helligkeit und dem Strom durch die Spulen abhängig. Die beste Schärfe ist zu erzielen, wenn die Leuchtfleckhöhe dem Zeilenabstand entspricht. Bei dieser Einstellung ist keine völlige Zeilenbefreiung vorhanden, sondern nur in den Flächen mittlerer Helligkeit wird die Zeile beseitigt.

Eine volle Zeilenbefreiung tritt erst ein, wenn die Fleckhöhe wesentlich großer als der Zeilenabstand ist. Dann wirkt das Bild allerdings für den  Betrachter unschärfer als bei nicht eingeschaltetem Videoklar. Stellt man die  Zeilenbefreiung mit den dafür vorgesehenen  Schichtdrehwiderstand, der als Nebenschluss zu den Spulen geschaltet ist, so ein, dass das Fernsehbild bei dem Betrachtungsabstand von 2 Meter zeilenfrei ist, so ist bei guter Bildübertragung mit hoher Auflösung >4,5 MHz ein genussvolles zeilenfreies Fernsehbild vorhanden. Dass keine Verschlechterung der horizontalen Schärfe entsteht, kann am Testbild mit Frequenzbesen leicht bewiesen werden.

Bei einer Auflösung von 4.5 MHz wird diese nach Einschalten von Videoklar einwandfrei zu erken¬nen sein. Die vertikale Schärfe hingegen verändert sich, weil der Fleck zur Zeilenbefreiung verbrei¬tert wurde. In sehr hellen Bildteilen ist allerdings die Zeilenstruktur noch leicht erkennbar, weil die Wirkung der Zeilenbefreiung über Änderungen des Strahlstromes nicht konstant ist. Um zwischen völliger Beseitigung der Zeile und optimaler oder schwächerer Zeilenbefreiung zu wählen, ist „RAFENA-Videoklar" regelbar. Wird keine Zeilenbefreiung gewünscht, so kann Videoklar mit dem dafür vorgesehenen Regler abgeschaltet werden.

Der Einstellregler für Videoklar mit Schalter ist beim Fernsehgerät „Stadion" an der Frontreglerplatte angeordnet. Bei „Turnier" befindet er sich vorn an der Unterseite des Gehäuses. Die Einstellung  des Quadrupoles auf dem Bildröhrenhals   geschieht so, dass zuerst auf weitgehendste Zeilenbefreiung eingestellt wird. Dann schiebt man das Magnetsystem vorsichtig auf den Bildröhrenhals in Richtung des Ablenksystems bzw. entgegengesetzt, um ein  Maximum  zu  erzielen. Dabei ist auch zu  beachten, dass die Bildröhrenachse  mit der Magnetachse des Quadrupoles übereinstimmt.  

Das ist dann der Fall, wenn sich beim Aus- oder Einschalten von Videoklar keine Verschiebung des   Fernsehbildes auf dem Bildschirm bemerkbar macht. Zur weiteren Kontrolle der Funktion muss auch die negative Spannung am G 4 der Bildröhre nachgeprüft werden, Bei maximaler Zeilenbefreiung soll ein Strom von 30 mA durch die Spulen des Quadrupoles fließen. Besonders ist auch auf richtigen Verlauf der Quadrupolfelder zu achten. Sind die Spulenanschlüsse verppolt, kann es vorkommen,   dass keine Zeilenbefreiung stattfindet, sondern die Zeile verstärkt wird. In diesem Fall ist das Quadrupolsysiem 90° zu drehen.

Via OCR Software digitalisiert für
(RAFENA Kundendienstinformationen)

 

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Minerva Zeilenwobbler 
20.Nov.13 07:36
2375 from 7705

Wolfgang Bauer (A)
Beiträge: 2479
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Wolfgang Bauer

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Zeilenwobbler 
20.Nov.13 19:59
2523 from 7705

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
Beiträge: 2333
Anzahl Danke: 8
Konrad Birkner † 12.08.2014

Es ist immer leicht die Vergangenheit klug zu kritisieren...

Eni ovaler Leuchtpunkt erlaubt nun mal, das Dunkelfeld zwischen den Zeilen etwas aufzufüllen. Besonders bei geringerem Betrachtungsabstand (damals waren auch die Wohnzimmer noch kleiner als heute, und viele Fernseher standen ohnehin in der Wohnküche, oft auf dem Kühlschrank!).

Letztlich entschied sich der Kunde nach guter (hoffentlich nicht einseitiger) Beratung durch den Fachverkäufer  für das Bild, welches am besten gefiel. Eine subjektive Wahl, insofern verständlich, weil man Fernsehen und nicht technische Datenblätter lesen wollte! Und mancher Kunde fand so eine Einrichtung ihren Aufpreis wert.

Mal darüber nachdenken

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