Zeitzeugen

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ID: 318119
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19.Apr.13 12:02
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Heinz LUCAS (D)
Redakteur
Beiträge: 424
Anzahl Danke: 7

In unserem einzigartigen Museum listen wir viele tausend Rundfunkgeräte, Schaltpläne und Beschreibungen auf. Seit einiger Zeit umtreiben mich jedoch verschiedene Fragen zur Radiofertigung. Soweit ich weiß, gibt es einen Film aus dem Hause Saba auf YouTube zu finden, den einen Einblick in die Produktion zeigt. Gibt es weitere Darstellungen von anderen Herstellern?

Gibt es noch Zeitzeugen unter uns Mitgliedern, die mit Entwicklung, Planung, Kalkulation, Einkauf, Fertigung, Prüflabor, Auslieferung, etc. in den Werken der verschiedenen Hersteller beschäftigt waren? Gab es sogenannte Heimarbeit? Wie war die Fertigung und Bauteilebeschaffung während des Krieges und kurz danach? 

Wie waren die Entwicklungslabore, Fertigungsabteilungen, Prüfplätze eingerichtet? Welche Werkzeuge und Meßgeräte standen zur Verfügung? Wie erfolgten Vertrieb und Auslieferungen?

Wer und wo waren die Zulieferbetriebe, die Gehäuse, Lautsprecher, Lautsprecherbespannungen, aktive und passive Bauteile fertigten, bzw. lieferten? 

Wie wurden Radios in Geschäften präsentiert? Wie waren Reparaturwerkstätten eingerichtet? Wie erfolgt die Ausbildung?

Gibt es Fotos, Dokumente, Darstellungen, Ansichten rund um den Geschäftlichen- und Verbraucherbereich? Auch private Fotos und Erlebnisse können unser Museum bereichern.

Vielleicht gibt es Antworten und Denkanstösse zu meinen Fragen, für die ich mich gerne bereits jetzt bedanke.

Heinz Lucas

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Retten wir Zeitzeugenwissen so lange es noch geht! 
19.Apr.13 19:52
151 from 4899

Wolfgang Scheida (A)
Redakteur
Beiträge: 616
Anzahl Danke: 5

Danke Herr Lucas, dass Sie dieses wichtige Thema wieder anschneiden!

 

Der Vollständigkeit halber sei auf diesen Thread zum Thema noch einmal verwiesen.

 

Retten wir Zeitzeugenwissen bevor es für immer verloren ist  

 

LG Scheida

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Zeitzeugen 
20.Apr.13 09:03
250 from 4899
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Gerhard Heigl (A)
Redakteur
Beiträge: 933
Anzahl Danke: 5
Gerhard Heigl

In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Artikeln von Herrn Drabek hinweisen. In kurzer Form wird bei den Modellen beschrieben wie verschiedene österreichische Firmen und deren Mitarbeiter kleinere und grössere Probleme bei der Geräteherstellung in den Griff bekommen haben. Sehr interessant und aufschlussreich.
Ich bin überzeugt, dass es noch mehr "alte Hasen" im RM.org gibt, die Beiträge aus ihrer Arbeitswelt liefern könnten. Aus einer Zeit ohne PC und Robotern, wo Qualität auf Grund der Konkurrenz noch im Vordergrund stand.
Qualität bedeutet für mich nicht nur Langlebigkeit, sondern auch Reparaturfreundlichkeit. Bei den meisten modernen Geräten kann man eine Reparatur auf Grund der hohen Kosten und nicht mehr erhältlichen Ersatzteilen ausschliessen - Wegwerfartikel.
Dagegen können Geräte aus den 20er bis in die 60er Jahren von Bastlern und Sammlern meist problemlos repariert werden, denn es gibt Schaltpläne und Ersatzteile. Und bei Ratlosigkeit Hilfe von den Kollegen aus dem RM.org. Das nenne ich Qualität.

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Zeitzeugen 
29.Sep.16 23:56
2019 from 4899

Rudolf Drabek (A)
Beiträge: 272
Anzahl Danke: 4
Rudolf Drabek

Beginnen möchte ich mit dem Qualitätsbegriff und dessen Wandel seit meinem Entritt 1961 bei Hornyphon bis 1998. Der Name Hornyphon änderte sich einige Male. Die folgenden Ausführungen betreffen nur jene Unternehmen in denen ich tätig war. Später war ich noch in Ungarn tätig.

Zuerst die Definition: Qualität ist die Erfüllung der Anforderungen.

Sind diese nicht ausreichend für den Markt bleibt der Erfolg für ein Produkt aus. Im Lauf der Zeit haben immer mehr Parameter Eingang gefunden die zur Qualität dazukamen.

Primäre Merkmale wie z.B. Empfangsleistung. Von zwei Geräte existieren noch Messprotokolle die beim Abschluss einer Entwicklung die ausführlich die techn. Spezifikation darstellen. Ein Pflichtenheft am Beginn der Entwicklung war nicht üblich, wohl natürlich eine Entwicklungsauftrag mit der Basisspezifikation, aber nicht sehr deutlich beschrieben. Wir hatten Geräteklassen bei Radios von 1...8. z.B. B1X42, L3A61T, B5W32AT, 22RL673, 22 RR700, 22RH781, 22RH881. Ein Teil der Geräte die meine el. Handschrift tragen.

Weitere Merkmale sind:

Aussehen, das mehr oder weniger zwischen den Designern und der mech. Entwicklung behandelt wurde.

Servicefreundlichkeit, Eindhoven war da sehr kritisch was dieses Merkmal auszeichnen sollte.

Vorbeugung von Schwachpunkten des el. und mech. Entwurfes während der Entwicklungsphase. Hier war die interne Qualitätskontrolle führend, die anfangs noch so hieß. Hier gab es eine intensive Entwicklung der Funktion dieser Abteilung. In der Produktionsphase war die Messung der Produktqualität über Stichproben eine der Agenden, neben der Reklamation von Materialfehlern beim Bauteillieferenten. Bei der VCR Produktion war es Stand der Technik Lebensdauertests durchzuführen. Zeitlich gestaffelte Samples bis über 1000h laufend. Gemessen wurde damit die Zuverlässigkeit in der Garatieperiode die Frühausfallrate und deren Steigung. Wir kamen nie in die Gegend der konstanten Ausfallraten, sondern blieben immer, das Produkt war eben so, im Frühausfallbereich. Verwendet wurde die Weibullverteilung mit konstanter Gerätemanzahl im Test. Für diesen Terminus und Badewannenkurve bitte im Wiki nachlesen. Wir haben erst mit Geräten, die sehr leicht waren, d.h. hohe Integration und wenig Bauteile beinhalteten unsere Qualitätsziele bezüglich Zuverlässigkeit erreicht. Nie wurde Obsoleszenz geplant. Übrigens war das Wort in der Fabrik damals noch unbekannt. Speziell die Materialwahl von Thermoplasten ist hier kritisch. Siehe auch meinen Blog.

Produzierbarkeit lag in der Verantwortung  der Arbeitsvorbereitung , deren Name auch im Laufe der Zeit zu Production Engineering mutierte. In den 60ern war während der Entwicklungsphase wenig Einfluss vorhanden. Das hat sich wesentlich verändert. Die Produktqualität hängt stark mit der Produzierbarkeit zusammen. Wesenlich geprägt hat mich schon früh ein Zitat eines Kollegen aus Eindhoven, der u.a. für das Design der mech. Uhr des VCR N1500 verantwortlich war:

Elimination, Standardisierung und Integration

Man kann dies aber generell auch in anderen Industrien beobachten. Stichwort Autoscheinwerfer als Beispiel. Designrules entstanden und haben wesentlich zur Qualitätsverbesserung beigetragen. Die Fehlerrate der einzelnen Produktionsprozesse wurde gemessen )* und Massnahmen gesetzt, wie sie allg. üblich sind. Wir habe u.a. die Taguchimethode für den Wellenlötprozessangewendet. Weniger Teile erhöhen, wenn man es gut macht, immer die Produktqualität. Dies gilt allgemein und es gehört z.B. die Teileanzahl selbst als auch die Diversität der elektrischen Bauteile dazu -der Einkauf und die Lagerhaltung verbessert sich- . Eine kleine Anekdote: Herr Horny pflegte aus einem entwickelten Gerät, natürlich mit Fachkenntnis, Teile herauszuzwicken, bis das Gerät nicht mehr spielte. Diese Teile legte er dann den Entwicklern vor.

)*Handbestückung, die stark abgenommen hat, 300 ppm bei 1700 Stück je Stunde. D.h in einer Schicht  nur 4 Bestückfehler. Wir fanden das beachtlich.

Axialbestückung 20 ppm bei 12500 Stück je Stunde. SMD war noch besser.

Konsolidierung. Dieser Begriff war eine Versammlung im Entwicklungsablauf, mit Internationaler Besetzung, wo alle Instanzen, anhand von funktionellen Prototypen ihr Einverständnis zur weiteren Entwicklung geben mussten. Beschluss mit Hammer aus Plexiglas. Damit war auch die geplante Qualität des Produktes festgelegt. Beim VCR N1500 gelang dieser Schritt nicht beim ersten Anlauf. Die Entwicklung lief übrigens geteilt auf. Der VCR-Teil wurde in Wien in der Wirag, Kurzzeichen WR, der Empfangsteil im Fernsehwerk Wien, Kurzzeichen WD. Später wurde aus dem Fernsehwerk das Videowerk das für diesen Produkbereich neu errichtet wurde. Bei der Konsolidierung war natürlich auch die kommerzielle Abteilung aus Eindhoven vertreten mir der wir gemeinsam Feldversuche, wie übrigens in der Radiozeit auch, durchgeführt haben. Z.B. B5W32AT in Balingen, N1500 in High Wycombe, im Österreich beispielsweise in Kernhof u.a. wo es bekanntermaßen schwierige Empfangsverhältnisse gab.

Dazu ein Beispiel wie etwas schiefgehen kann: Ein Händler beklagte starkes Rauschen vom VCR. Er benützte einen Antennvorverstärker mit etwa 20 dB. Nun der Modulator hatte eine Ausgangsspannung von etwa 3 mVeff Syncniveau. Bedingt durch die Anhebung des Rauschpegels im Vorvertärker sah das Bild eben aus so als wenn man nur 300 µV Antennensignal zur Verfügung hat. Lösung war die Verstärkung entsprechend anzupassen.

 

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Zeitzeugen der Rundfunk- Fernseh-Geschichte 
30.Sep.16 09:48
2122 from 4899

Peter Remmers (D)
Beiträge: 37
Anzahl Danke: 2
Peter Remmers

Lieber Herr Lucas,

ich habe 1963 als Lehrling für Radio-und Fernsehtechnik angefangen und habe im Laufe meines Berufslebens die ganze Entwicklung, beginnend  mit der Röhrentechnik, Transistortechnik und IC´s miterlebt.

In meinem Lehrbetrieb "Zipping- Electronic", den ich schon im Radiomuseum vorgestellt habe, sind so abenteuerliche Geschichten passiert, die ich vor kurzem in einem 200seitigen Buch aufgeschrieben habe.

Wobei es neben der Technik auch um lustige Geschichten ging, die damals so passierten, als es ich noch Lehrling hieß und nicht Auszubildender. Und entsprechend behandelt wurde.

Ich habe diese Geschichten auch im pdf-Format vorliegen. Sie geben Einblick in die damalige Zeit, als zum Teil mangels Trenntrafos noch mit Phasenprüfer hantiert wurde.

Das besagte Buch ist nicht veröffentlicht worden, sondern nur an ehemalige Mitarbeiter verteilt worden.

Was meinen Sie? Könnte man diese pdf- Datei ins Radiomuseum stellen oder sprengt solch ein

Werk den Rahmen dieses Forums?

 

Mit freundlichen Grüßen!

Peter Remmers

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Bitte genaue Angaben zu den PDF-Dateien 
30.Sep.16 14:31
2194 from 4899

Heribert Jung (D)
Moderator
Beiträge: 999
Anzahl Danke: 3

Hallo Herr Remmerrs,
bitte verlinken Sie Ihren Beitrag über Zipping- Electronic. (Der Editor hat eine Taste zum Verlinken.)
Wie groß sind die PDF-Dateien?
Sind es gescannte Texte als Image, wenn ja in OCR = maschinenlesbar und durchsuchbar?
Oder sind Textdateien direkt als PDF gespeichert worden? Die sind dann maschinenlesbar und auch platzsparender als gescannte Seiten.
Diese Informationen werden benötigt um Ihre Frage zu beantworten.

Mit freundlichen Grüßen,
Heribert Jung

 

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Interessant 
30.Sep.16 15:02
2207 from 4899

Heinz LUCAS (D)
Redakteur
Beiträge: 424
Anzahl Danke: 4

Guten Tag Herr Remmers,

auf Ihre Berichte freue ich mich, es wäre schön, sie zu lesen.

Viele Grüsse

Heinz Lucas

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Zeitzeugen: Buch von Herrn Remmers 
30.Sep.16 16:40
2238 from 4899

Heinrich Stummer (A)
Redakteur
Beiträge: 202
Anzahl Danke: 3
Heinrich Stummer

Sehr geehrter Herr Remmers,

dieser Text von Ihnen bezgl. Radio- Fernsehtechnik, wäre sicher eine Bereicherung für die interessierte Leserschaft. Bitte veröffentlichen.

viele Grüße

Heinrich Stummer

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Schon ein Zuhause für das Buch? 
03.Oct.16 17:19
2462 from 4899

Stefan Hübner (D)
Beiträge: 64
Anzahl Danke: 3
Stefan Hübner

Hallo liebe Forumsgemeinde,

hat sich schon ein Platz für die Aufzeichnungen gefunden? Was ich so über den Betrieb gelesen habe könnten die Erlebnisse wirklich interessant zu lesen sein. Ich würde mich auf jeden Fall auch darüber freuen.

 

Viele Grüße

Stefan Hübner

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Schon ein Zuhause für das Buch? Siehe ZEITZEUGEN generell 
28.Oct.19 17:54
3751 from 4899

Rudolf Drabek (A)
Beiträge: 272
Anzahl Danke: 2
Rudolf Drabek

Hallo Herr Hübner

Leider(?) sind solche Berichte doch auch von Persönlichem, sprich "Erlebnisse", gewürzt. Anekdoten etc.

Was aber keinen technischen Gehalt hat und nicht ins RMorg passt.  Habe Beispiele aber auch pos. Meldungen zu "persönlich". Ich weiss gar nicht, ob es sinnvoll ist so einen alten Thread wieder aufzuwärmen. Bitte ev. löschen.

Ggfs kann man ja woanders suchen.

mfg R.Drabek

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