Zum Medienartikel '80 Jahre Fernsehen' 21. August 1931

ID: 262495
Zum Medienartikel '80 Jahre Fernsehen' 21. August 1931 
22.Aug.11 11:08
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Wolfgang Scheida (A)
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"80 Jahre Fernsehen"

Ein österreichischer Journalist, Herr Michael Leitner der Reaktion Futurezone nahm sich Manfred von Ardennes elektronischen Bildwiedergeber mit Flying Spot Scanner (Bildabtaster) zum Anlaß und holte zum Rundumschlag über das Thema Fernsehen aus.

80 Jahre Fernsehen von 21.8.2011 bei Futurezone.at

Im Vorfeld wurde ich in meiner Funktion als Fernsehhistoriker ersucht zu fachspezifischen Fragen des Autors Michael Leitner Stellung zu nehmen dem ich gerne nachkam.

Meine Zusammenfassung hiezu finden Sie nachstehend.

Dafür, das 80 Jahre technische Entwicklung, diese zudem Weltweit betrachtet, komprimiert auf wenige Zeilen das Ziel gewesen sein dürfte, gelang der Artikel recht gut.

Als Fachpublikum wissen wir natürlich, das bis in die 1980er Jahre die Kultur und die technischen Voraussetzungen in jedem Land wesentlich spezifischer waren als wir dies heute ausmachen könnten und deshalb eine stärkere Differenzierung der Betrachtung nötig ist.

Über Manfred von Ardenne als Künstler der mehr als erfolgreichen Selbstvermarktung habe ich mich bereits anderweitig ausgelassen. Der Flying Spot Scanner als brauchbare Quelle für elektronische Bilderzeugung war und ist "lediglich" im Zusammenspiel mit Filmvorlagen tauglich. Die Livebildabtastung haben uns erst Herr Vladimir Zworykin RCA bzw. Philo Farnsworth beide USA gebracht. (Weitere Namen erheben selbigen Anspruch)      

Das „Interview“ zum Nachlesen:

1.) Herr Scheida, was war der, Ihrer Meinung nach, entscheidende Moment, an dem klar wurde, dass sich das Fernsehen als Massenmedium durchsetzen würde?

In den USA wie auch Europa, letzteres kriegsbedingt um gut fünf Jahre verzögert waren es eine Summe an Ereignissen (Events) die das Fernsehen hin zum Massenmedium führten. Pauschal kann man sagen, dass sich wohl keiner der Macht der bewegten Bilder entziehen konnte, ab dem Zeitpunkt wo für den Einzelnen zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen ein Zugang zum Medium möglich wurde.

Für Europa darf man zweifellos die Krönungsfeierlichkeiten von Queen Elisabeth II am 2. Juni 1953 als Schlüsselereignis sehen. Dies deshalb, da durch damals immensen technischen Aufwand zumindest die Länder Westeuropas die schon Fernsehen hatten, dazu zählten das Vorreiterland England, Frankreich, Deutschland, Italien und Belgien aber auch zeitverzögert die USA & Kanada, erstmals vereint vor dem Bildschirm saß. Es folgten Sportereignisse wie etwa die Fußballweltmeisterschaft 1954 die dem Medium eine große Akzeptanz im Sinne eines „Dabei seins“ verschafften. Österreich folgte bekanntlich erst im August 1955 mit seinem öffentlichen Fernsehdienst, war aber ebenso gleich an die Eurovision für den Programmaustausch angeschlossen.  

2.) Das Fernsehen erfreut sich auch 80 Jahre später immer noch starker Beliebtheit und rangiert in der Mediennutzung hinter dem Radio auf Platz zwei. Wieso ist das Ihrer Meinung nach so? Und könnte das Internet, das in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum hingelegt hat, das Fernsehen gefährden?

Sagen wir rund 60 Jahre, da die Voraussetzungen der 1930er Jahre noch kein Breitenmedium aufbieten konnten und dann der Krieg das Zivilfernsehen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks unterbrach.

Hier muss man zwei Dinge voneinander unterscheiden:

Das eine ist der Inhalt.

Fernsehen ist nach wie vor das Medium, das uns ein Fenster in die Welt bietet.

Dieses zudem von den Fernsehanstalten in verschiedenster Weise moderiert. Und hier unterscheidet es sich vom Internet, das ob seiner Fülle an Information, vom Nutzer permanent eine (anstrengende) Aktivität abverlangt sich den Content den er jetzt und in nächster Zeit betrachten möchte auch zuvor auswählen zu müssen.

Ob dem Fernsehen dabei die reine Aufgabe der Programmgestaltung geliefert an sein Publikum bleiben wird? Wer weiß?

Das andere ist die Technik:

Hier hat sich gezeigt, das es dem Zuseher letztlich gleichgültig ist ob er sein Signal als IP erhält oder ob es Analog oder nach DVB-T etc. übertragen wird.

Die ständig steigende Verfügbarkeit von Bandbreite pro User und mobile Anwendungen lassen jedoch das Internet, allgemeiner gesagt generell IP Streams zum Übertragungsstandard werden.  

3.) Wie wird sich der Fernseher Ihrer Ansicht nach weiterentwickeln?

Könnte eine Kombination aus Fernsehen und Internet (Smart TV) die Lösung darstellen?

Die Zeit lässt sich natürlich nicht zurückdrehen, und so zeigen uns die aktuellen Modelle an Flatscreens langsam aber sicher die Verschmelzung beider Medien. Mit dem Vorteil, sich auch bei passiver Unterhaltung durch althergebrachte Sender auf Wunsch Zusatzinfos zum Thema oder als Werbepausenfüller herunterzuladen. Den Teletext könnte man als einen bescheidenen Vorläufer hiezu sehen. 

Aber auch selbst, sei es durch Video on Demand oder vom eigenen Heimserver bedienen zu lassen.

4.) Als Fernsehhistoriker: Haben Sie ein Lieblingsmodell (Fernsehgerät)?

Die Frage ist nicht zu leicht zu beantworten, da jede Entwicklungsepoche seine besonderen Reize hat. Hinzu kommen länder- und kulturbedingte Unterschiede bei den Bauformen außen wie innen die es zu studieren gilt.

Sprechen wir vom Design, so sind in erster Linie Italienische und Französische Geräte zu nennen.

Auch der frühe „Japan Barock“, insbesondere der dort verkauften Inlandsgeräte hat seinen ganz eigenen Reiz, den wir etwas abgeschwächt auch bei uns kaufen konnten.

Bei der Technik selbst sind es jeweils die einzelnen Entwicklungsstufen, dazu gehören etwa Vollröhrengeräte der ersten Stunde noch mit einer echten Rundkolbenbildröhre bestückt. Dann die ersten Hybridgeräte mit Röhren und Halbleiterbestückung. Die ersten Volltransistorgeräte. Die ersten Portables, Großbildprojektoren usw.. Das ganze wiederholt sich dann bei den Farbfernsehern ab den späten 1960er Jahren. Als Besonderheit darf ich für mich die Mehrnormengeräte ausmachen, deren immenser technischer Aufwand es ermöglichte auch in einer fernsehtechnisch geteilten Welt über den eigenen oft monopolistisch geprägten Tellerrand zu blicken.

 

Von mir erwähnte ausgewählte Gerätebeispiele aus dem RM.org:

Japan:

radiomuseum.org/r/sony_kv1310e_kv_1310_e.html

radiomuseum.org/r/panasonic_popmeca_tr_603a.html

Frankreich :

radiomuseum.org/r/sonora_tv3tv.html

radiomuseum.org/r/teleavia_panoramic_111.html

Italien:

radiomuseum.org/r/wundersen_mp20_d_60mp20d6.html

radiomuseum.org/r/autovox_linea_1.html

Deutschland:

radiomuseum.org/r/kuba_komet.html

radiomuseum.org/r/blaupunkt_v52_v_52.html

radiomuseum.org/r/argus_capitol_w.html

 

W. Scheida Wien, Fernsehhistoriker scheida.at

 

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