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Die Rundfunktechnik. Ein Lehrbuch in Bildern. Public Page

Vorwort

Aus den primitivsten Empfängern der ersten Rundfunkjahre hat die Industrie Typen entwickelt, die äußerlich bereits aller technischen Einzelheiten entkleidet sind und deren Bedienung kinderleicht ist. Die Schwierigkeiten und Fehlerquellen beim Anschluß der Stromquellen sind durch den Netzbetrieb und die neuen schnurlosen Batteriegeräte beseitigt. Nur beim selbstgebauten Empfänger findet man noch die verschiedenen Griffe, Knöpfe und Schalter, unter denen sich allein der Bastler selbst zurechtfindet. Aber auch hier setzt sich der Wunsch nach Vereinfachung und Uebersichtlichkeit durch.

So tritt die technische Seite des Rundfunks immer mehr in den Hintergrund. Es verstärkt sich der Eindruck des selbstverständlichen elektrischen Bedarfsartikels, dem in der elektrischen Sprechmaschine, dem Fön oder dem Staubsauger andere hauswirtschaftliche Spezialgeräte zur Seite stehen.

Diese Befreiung von der Notwendigkeit technischer Fachkenntnisse erklärt das unvorstellbare Tempo, in dem der Rundfunk die Menschheit erfaßt.So wuchsen im Laufe weniger Jahre die Teilnehmerzahlen in die Millionen. Ein Stillstand, eine Verringerung des Interesses ist nicht sichtbar und auch wohl kaum zu erwarten.

Dauernd kommen Zehntausende, ja Hunderttausende neu zum Rundfunk und bleiben, weil man von ihnen kein Spezialstudium und keine besonderen Kenntnisse verlangt, gern bei der Sache. — Und doch: Zu gewissen Zeiten, vor allem bei besonders erschütternden Sendungen zerreißt diese Gewohnheitsstimmung von der Selbstverständlichkeit der Rundfunksendung und des Rundfunkempfangs. Dann wird plötzlich das Gefühl lebendig, daß man beim Rundfunk einem geheimnisvollen Wunder gegenübersteht. Dann taucht die Frage nach dem Warum auf, der Wunsch, ein wenig mehr von den rätselhaften technischen Zusammenhängen zu erkennen, die am Mikrophon des Senders beginnen und am Lautsprecher des Empfängers enden. Dieser Wunsch ist aber nicht leicht zu erfüllen. Die Buchveröffentlichungen auf dem Gebiete der Rundfunktechnik haben zwar heute bereits eine Zahl erreicht, wie wir sie auf keinem anderen Gebiete in auch nur annäherndem Maße wiederfinden. Aber alle diese Bücher haben einen bestimmten Nachteil. So gemeinverständlich sie gehalten und mit so großer Liebe sie geschrieben sind, sie wenden sich an die Phantasie des Lesers und verlangen von ihm bestimmte Vorstellungen und das Verständnis von Begriffen bei Dingen, für die uns die Sinnesorgane fehlen. Jeder technische Fernunterricht, wie er durch das Buch gegeben ist, und der Unterricht auf dem Gebiete der Funktechnik im besonderen, muß sich damit abfinden, daß der Lehrer, der am Experimentiertisch die zum leichten Verständnis notwendigen Versuche durchführen kann, nicht zur Stelle ist.

Diesen Nachteil will das vorliegende Büchlein beseitigen. Der Experimentator erscheint hier in Form kinematographisch aufeinanderfolgender Bilder. Aus der ununterbrochenen Bilderfolge ergibt sich dann eine Einführung in das gesamte Gebiet der Rundfunktechnik. Der Leser verfolgt die einzelnen Bilder, zieht den kurz und prägnant gehaltenen Begleittext zu Rate und erlebt so eine Reihe von praktischen Physikstunden. Diese beginnen mit dein Alierelementarsten, mit dem Aufbau der Materie und mit dem Wesen des Elektrons. Sie zeigen dann, wie sich elektrische Ströme bilden, die an Meßinstrumenten nachweisbar sind. Diese elektrischen Ströme dienen dazu, die Wärmebildung, den Elektromagnetismus und die elektromagnetische Induktion in Modellversuchen (nachzuweisen. Mit den Gleich- und Wechselströmen dringen wir in die Geheimnisse der Elektronenröhre ein. Das wunderbare Hilfsmittel des Trickzeichners schafft die Möglichkeit, das Tempo der elektrischen Vorgänge so zu verlangsamen, daß selbst hochfrequente Schwingungen sichtbar werdein.

Selbstverständlich soll das Buch nur über die wesentlichen Geheimnisse der Rundfunktechnik Aufschluß geben. Es war nicht beabsichtigt, ein Lehrbuch für den späteren Rundfunktechniker zu schaffen. Trotzdem dürfte das Buch sich gerade für Schulen und alle Arten von Einführungskursen vorzüglich eignen. Auf eine Schwierigkeit dieser Art Buchveröffentlichung sei jedoch verwiesen. Es gibt eine Reihe elektrischer Vorgänge, dessen exakte Darstellung auch in der Trickzeichnung nicht möglich ist. Dies zwingt den Zeichner zu Kompromissen zwischen Wirklichkeit und Anschaulichkeit, in dienen der exakte Forscher begründete Widersprüche finden kann. Ihn bittet der Verfasser, die gewollte Gemeinverständlichkeit als Entschuldigung zuzubilligen. Dem Buche ist noch eine auch für den Laien verständliche Formelsammlung beigegeben worden, durch deren Benutzung die einzelnen Experimente ihre wissenschaftliche Vertiefung erfahren.

Die Bilder dieses Buches sind entnommen dem im Auftrage der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft von der Firma Commerzfilm Berlin hergestellten Film ,,Die Rundfunktechnik“, dessen wissenschaftliche Bearbeitung in den Händen von F. Weichart, Postdirektor im Reichspostzentralamt, Berlin, lag. Seinen Gedankengängen folgt das vorliegende Buch. Die Photographien und Trickzeichnungen des Films sind von H. F. Wilhelm entworfen.

Bei der engen Verbindung zwischen dem vorliegenden Buch und dem Film besteht die Möglichkeit, das Buch als Kommentar zu dem Film zu benutzen und so die Werbewirkung zu unterstützen, die die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft mit der Herstellung des Films selbst verfolgt.

Zum Schluß sei noch den Herren der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft, vor allem aber Herrn Postdirektor Weichart für die mühevolle Mitarbeit und Unterstützung gedankt, die dem Verfasser bei der Umwandlung des Filmes in die vorliegende Buchform zuteil geworden ist.

Walther H. Fitze

Forumsbeitrag von Georg Richter 

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