Werkzeuge und Ausstattung für Radio-Anfänger

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Werkzeuge und Ausstattung für Radio-Anfänger 
05.Mar.04 11:41
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Marcus Pütz (D)
Beiträge: 63
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Marcus Pütz

Liebe Radiofreunde,

ich habe erst Ende letzten Jahres angefangen mich mit der Technik alter Radios zu beschäftigen und möchte mir jetzt eine "Bastelecke" einrichten. Was würden mir die Profis vom Radiomuseum als Grundausstattung an z.B. Kabeln, Steckern, Widerständen, Kondensatoren etc. empfehlen? Ich habe gerade den Hauptkatalog von Conrad vor mir liegen und bin vom Angebot regelrecht "erschlagen". Welche Geräte prinzipiell benötigt werden, weiß ich inzwischen halbwegs z.B. aus dem Buch "Elektrotechnik für Jungen" von Heinz Richter 1957. Dort ist unter anderem ein Plan für eine Schalttafel (Stromentnahme, div. Messungen) abgebildet. Meine Frage: Sind derartige Schalttafeln überhaupt noch zeitgemäß oder gibt es bessere Lösungen um zum gleichen Ergebnis zu gelangen. Inzwischen habe ich auch zwei Geräte zum Ausschlachten (für Trafos o.ä.), die man wahrscheinlich auch zum Teil einsetzen kann.
Meine nächste Frage: Wo gibt es Schaltpläne zum Selbstbau von z.B. Kondensatortestern bzw. Prüfgeräten für Kondensatoren und Röhren (ist Selbstbau hier überhaupt mit vernünftigem Aufwand möglich und sinnvoll?). Grundsätzlich würde ich solche Geräte lieber selbst bauen, da ich die Erfahrung gemacht habe, das die praktische Beschäftigung mit einem Thema wesentlich schneller zum Erfolg führt, als das "Studium" theoretischer Art (learnig by doing).

Ich bin für jeden Hinweis dankbar.

Marcus Pütz

P.S.: Ich hoffe, das ich meinen Beitrag in die richtige Rubrik eingestellt habe. Wenn nicht bitte ich um Nachsicht, da dies mein erster Beitrag ist.

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05.Mar.04 21:06

Michael Münch (D)
Beiträge: 141
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Michael Münch

Hallo Herr Pütz,

eine Menge Fragen, und hier ein paar Tips:

Viele Fragen, die man als Newcomer haben kann, beantworten sich durch intensives Stöbern in den Tiefen von RM.org. Ich verweise da besonders auf die "Texte" (Reiter oben auf der Seite). Dort finden Sie eine Menge grundlegender Abhandlungen. Besonders hervorzuheben: Herr Erb hat dort umfangreiche Auszüge seines wirklich anschaffenswerten Buches "Radios von gestern" kostenlos ins Netz gestellt, darunter Texte über Restauration von Radiogehäusen, Fehlersuche und Reparatur, Grundlagen der Radiotechnik und allgemeine Schaltungstechnik. Viele Fragen über notwendige Materialien und die Ausrüstung einer Radiowerkstatt werden da so nebenbei mitbeantwortet.

So sehr viele von uns Radiofreunden den guten Heinz Richter schätzen und lieben, so muss man doch feststellen, dass er gerade in dem Buch "Radiobasteln für Jungen" (Sie erkundigen sich in einem anderen thread nach diesem Klassiker) die Technik doch etwas "aus dem Handgelenk" beschreibt. Ich glaube auch nicht, dass wir uns heute als Erwachsene anhand eines Buches, das vor 40 Jahren an Jugendliche gerichtet war, bilden sollten. Trotzdem ist es natürlich - auch aus der historischen Sicht heraus - ein besitzenswertes Buch, das viele von uns erst zum Hobby gebracht hat.

Zur Ausrüstung gehören auch ein paar Geräte: Digitalmultimeter, Röhrenvoltmeter, Mess-Sender, Signalverfolger und so weiter... Wenn Sie etliche dieser Geräte selbst bauen wollen, kommen Sie so bald nicht dazu, Radios zu reparieren. Guter Rat ist da aber weniger teuer, als man glaubt: viele dieser Geräte kann man recht preiswert bei ebay erstehen. Wenn Sie wissen wollen, was man bei der Anschaffung eines Multimeters beachten sollte, empfehle ich
http://www.radiomuseum.org/dsp_forum_post.cfm?thread_id=19556.
Dort ist auch etwas ausgesagt über Kapazitätsmessgeräte sowie die Notwendigkeit, alte Kondensatoren auch auf ihre Isolationseigenschaften zu überprüfen. Letzteres führt zu den Ausführungen von Herrn Heigl:
http://www.radiomuseum.org/dsp_forum_post.cfm?thread_id=5560 und
www.radio-ghe.com/isotest5.htm

Ein Gerät gibt es, das man unbedingt besitzen sollte: das ist ein Trenntrafo. Der ist wirklich als lebenserhaltende Massnahme anzusehen, wenn man in offenen Radiochassis herumwerkelt. Es gibt gerade unter den älteren Radios so etliche, deren Schaltung nicht durch einen eigenen Netztransformator vom Lichtnetz getrennt ist, und das kann dem Reparateur zum Verhängnis werden. Hier ist besonders ein recht aktueller thread zur Lektüre zu empfehlen: http://www.radiomuseum.org/dsp_forum_post.cfm?thread_id=21650

Die Werkzeuge: nichts exotisches: Schraubendreher, Zangen, Lötkolben, Maler- und Lackiererwerkzeuge.

Aber ganz wichtig: immer beobachten, den anderen auf die Finger sehen, und "Mäuschen spielen": über was tauschen sich die "Cracks" (zu denen zähle ich mich weiss Gott nicht!) hier aus, was sind die aktuellen Forums-Themen, was bewegt die Sammlergemeinde, ... unversehens lernt man dann ungeheuer viel! Und keine Angst haben, im Forum welche Frage auch immer zu stellen!

Viel Spass mit dem Hobby wünscht
Michael Münch

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07.Mar.04 17:52

Marcus Pütz (D)
Beiträge: 63
Anzahl Danke: 13
Marcus Pütz

Hallo Herr Münch,

zunächst einmal vielen Dank für die schnelle und kompetente Antwort auf meine Frage.

Natürlich habe ich mich in die Tiefen von RM.org begeben, bevor ich meine Frage an die Mitglieder gestellt habe. Ihren Verweis den von Ihnen verfassten Berricht bezüglich Kauf von Mulitimetern und den Bericht von Jacob Roschy mit Anmerkungen von Andreas Steinmetz zum Thema Erdung hatte ich schon mit Interresse gelesen.

Selbstverständlich habe ich auch die veröffentlichten Texte von Ernst Erb gelesen, die aber einen Neueinsteiger wie mich, ohne entsprechende "Vorbildung" zumindest teilweise vor Probleme stellen, deren Lösung ein etwas größeres Hintergrundwissen vorraussetzt.

Die Seiten über Restauration von Radiogehäusen sind für mich leicht verständlich und, was z.B. das Gießen von Einstellknöpfen anbelangt auch "Neuland", aber ohne Probleme nachvollziehbar.

Den Sinn des auch von Ihnen als lebenserhaltende Maßnahme erwähnten Trenntrafos habe ich begriffen, werde aber mit den Ausführungen in dem Buch von Ernst Erb auch nicht klüger bzw. komme auch nicht weiter mir so eine "Lebensversicherung" zu bauen (ein Schaltplan wäre hier nicht schlecht).

Neu und daher besonders interressant waren für mich die von Ausführungen von Gerhard Heigl zum Thema Kondensatoren und deren Prüfung.

Nochmals ganz herzlichen Dank für Ihre Hinweise

P.S.: Ich hatte eigentlich erwartet, daß sich mehr Mitglieder von RM.org sozusagen "auf ihre Werkbank schauen lassen" und mir verraten, mit welchen Werkzeugen sie alten Radios wieder Leben "einhauchen".

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07.Mar.04 21:29

Olaf Antpöhler (D)
Beiträge: 87
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Olaf Antpöhler

Hallo Herr Pütz,

 

ich kann nachvollziehen mit welchen Problemen Sie sich gerade beschäftigen. Habe auch einige Sammlerfreunde, die von NULL begonnen haben und dann fast durch die Flut der Informationen erschlagen wurden. Das wird auch noch erschwert dadurch, dass wir mit Begriffen umgehen die uns völlig selbstverständlich erscheinen, aber für den Anfänger eher noch zur Verwirrung beitragen. Zumindest interpretiere ich so Ihren Beitrag, idem Sie ja sinngemäß schreiben "ich habe alles gelesen, weiß jetzt aber weniger als vorher" Keine Panik das ist normal und nach kurzer Zeit verwenden Sie die Begriffe auch wie selbstverständlich.

 

Nun vielleicht eine kleine Anleitung für die ersten Anschaffungen:

 

Zunächst möchte ich aber von der Idee abraten selber zu bauen. Da haben teilweise sogar ausgewiesene Fachleute so ihre Sorgen mit. Eine alte Technikerweißheit lautet: Frequenzgeneratoren schwingen nie, dafür Verstärker immer.... Diese Metapher  beschreibt genau das Problem des Selbstbaus. Zumal Ihre Geräte ja eine Art Referenz sein sollen, und Sie nicht, gerade als Anfänger, auch noch immer bewerten müssen ob ein Messergebnis nun stimmt oder nicht. Das ist meine persönliche Meinung und wird verschieden gesehen, aber Sie möchten ja nicht Hobbyelektroniker werden sondern möchten alte Radios sammeln. Dazu braucht man Geräte auf die man sich verlassen kann. Was braucht man zu Beginn?

 

  1. Ein digitales Multimeter, wenn das Budget ausreicht, evtl. ein Fluke wenn nicht haben Versender wie Conrad und Reichelt (stellvertretend genannt für weitere gute Versender) eine gute Auswahl
  2. Ein Kapazitätsmessgerät gibt es für ca. 40 Euro auch bei den Versendern. Ich würde hier vom Kombiinstrument abraten, also integriert im Multimeter.
  3. Gut wäre jetzt noch ein FET Analog Multimeter mit Zeigermittelstellung für alle Abgleicharbeiten (Muss aber nicht von Beginn an)
  4. Eine Lötstation ist sehr angenehm, wobei ein normaler Kolben mit mehr als 30 Watt auch zur Not reicht
  5. Einen Messsender kann man auch später erwerben, hier gibt es oft günstige Angebote bei ebay
  6. Eine ausreichende Anzahl von verschiedenen Werkzeugen, da kann man zu Beginn mit Sortimenten starten, die es im Baumarkt gibt und ergänzt dann nach und nach dem eigenen Wunsch entsprechend.

 

 

Jetzt noch zum Bereich Sicherheit!

Ganz wichtig, wir arbeiten an Geräten mit Spannungen und daraus resultierenden Strömen, die für den menschlichen Organismus tödlich sein können! Bitte zuerst ein wenig mit der Materie Spannung und Strom beschäftigen, damit nichts schief geht.

 

Deshalb ERSTES und wichtigster Ausrüstungsgegenstand ist der TRENNTRAFO und wenn nicht zu teuer, sollte es schon der Regeltrenntrafo sein. Dieser Trenntrafo schafft ein erdfreies Potential und schützt uns bei den Arbeiten am laufenden Gerät. Zusätzlich würde ich den Arbeitsplatz noch über einen Fehlerstromschutzschalter <= 30mA schützen. Erst jetzt sollte man alles Andere in Betracht ziehen.

 

Habe jetzt viele Aussagen von Herrn Münch wiederholt, aber manchmal hilft einfach der andere Betrachtungswinkel. Wenn es noch spezielle Fragen gibt, einfach melden. Natürlich kann man noch eine große Anzahl von verschiedenen Geräten beschaffen aber mit den genannten kann man erst mal sehr gut starten.

 

 

Viel Spaß mit dem neuen Hobby

 

RadioGruß

Olaf

 

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