50 Jahre Farbfernsehen DDR , die ersten 1000 Color20

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50 Jahre Farbfernsehen DDR , die ersten 1000 Color20 
08.Feb.19 15:24
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Am 07.Oktober 1969 startete das Farbfernsehen im II. Programm (DFF 2)  offiziell seine Farbsendungen im SECAM III b System zunächst über 4 UHF- Großsender (Berlin, Dresden, Schwerin und Dequede) und erreichte damit etwa 25 % der Bevölkerung der DDR sowie Zuschauer in Teilen von Niedersachsen, Hamburg und Schleswig Holstein. 

Eine ganz wichtige Aufgabe bestand darin, zum Starttermin des Farbfernsehens mindestens 1000 Farbfernsehgeräte vom Typ COLOR 20 der Bevölkerung zum Kauf anzubieten. 

Der volltransistorisierte Farbfernseher,  mit der zunächst  eingesetzten sowjetischen Bildröhre                59 LK3Z ,  wurde im Zentrallabor für Rundfunk- und Fernsehempfangstechnik in Dresden entwickelt. 

Dazu wird es noch einen ausführlichen Beitrag später direkt aus Stassfurt geben  .

Aber diese interessante Geschichte möchte ich unseren Lesern nicht vorenthalten:

Herr Jürgen Recke war damals dabei und hat für unser Radiomuseum die Geschichte des Jugendkollektives aufgeschrieben:

Ich war dabei!!

Bei der 0-Serie und und dem Serienanlauf des Color 20 war ich dabei.

Wie kam es dazu:

Von 1962 bis Februar 1965 erlernte ich den Beruf des Funkmechanikers in Staßfurt. Danach wurde ich von der NVA eingezogen und diente 18 Monate als Funkorter bei den Fla-Reketen.

Im Herbst 1966 kam ich zum FSGW zurück und wurde als Facharbeiter wieder eingestellt. Ich reparierte etwa für 1,5 Jahre Schwarz/weiß Geräte verschiedener Gerätetypen.

Inzwischen war die Entwicklung des Kofferfernsehers K67 abgeschlossen. Ich wechselte in die Endfertigung dieses Gerätes. Sie bestand als Basis der Prüfung aus 6 parallelen Prüfplätzen als Einzel-oder Nestfertigung.

Das war für uns Reparaturarbeiter eine gewaltige Umstellung. Vorher die Röhrentechnik mit hohen Spannungen und nun die Halbleitertechnik mit niedrigen Spannungen. Das sollte wohl schon eine Erfahrungssammlung für die kommende Farbproduktion sein.

Wir hatten davon keine Ahnung. Es war bezüglich der Fernsehproduktion alles sehr vertraulich und geheim. Das Projekt Farbfernsehen erhielt den Codenamen „Objekt 114“.

                     

Objekt 114 - der "Arbeitsname"

Mit Beginn 1969 begann dann für uns eine umfangreiche Schulung der Facharbeiter für Farbfernsehtechnik durch das ingenieurtechnische Personal des FSGW.

Erste praktische Erfahrungen sammelten wir im Mai mit der 0-Serie. Es waren etwa 50 Geräte vorgesehen.

Nach Auswertung der 0-Serie begannen wir etwa Mitte August mit der Serienproduktion.

Ziel war es, bis zum 20 Jahrestag der DDR (7. Oktober 1969) 1000 Geräte zu produzieren.

Dazu wurden 2 Brigaden gebildet. Sie bestanden aus den geschulten Facharbeitern und dem ingenieurtechnischen Personal des FSGW. Diese beiden Brigaden arbeiteten je 12 Stunden und das in zwei Schichten. Die eine von 6,00 Uhr bis 18,00 Uhr und die zweite dann 18,00 Uhr bis 6,00 Uhr. Die zweite Schicht mit der Nachtarbeit war die härteste. Der Tiefpunkt für die Arbeit war so etwa zwischen 1,00 Uhr und 2,00 Uhr erreicht. Für viele von uns war es eine ungewohnte Zeit.

Es gab auch zwischen beiden Brigaden ein kleinen Wettbewerb, den wir alle waren sehr ehrgeizig,

das Ziel war 1000 Geräte zu erreichen.

Wir wurden auch ständig über den Stand der Gerätestückzahl und über die Qualität informiert.

Für die Produktion standen die Geräte auf einem Wagen und der Wagen wurde für die Einstellarbeiten von Kabine zu Kabine geschoben. Am Ende der Prüfung wurde das Gerät mit der Rückwand und den Papieren wie Bedienungsanleitung und Garantiekarte komplettiert.

Nach einer äußeren Kontrolle und polieren des Gerätes, erfolgte die Endabnahme durch die Fertigung.

Diese Kontrolle beinhaltete die Gesamtheit des Gerätes, mit Sicherheitskontrolle, mit Kontrolle der Empfindlichkeit usw. War bei der Kontrolle alles in Ordnung, folgte am Ende noch eine Kontrolle durch die TKO (TechnischesKontroll Organ). Es war eine zweite unabhängige Kontrolle und oftmals mit anderen Ergebnissen. Alles diente der Qualitätssicherung!!

Als letztes wurden die Geräte der Verpackung und dann dem Versand zugeführt.

Das Ziel wurde am 02. Oktober 1969 erreicht.

Anfang Oktober gelangten nun diese ersten 1000 Geräten in den Handel. Der Verkauf erfolgte  zunächst in den Industriefilialen für Rundfunk und Fernsehen   ( in Dresden Thälmannstraße, in Ost- Berlin am Alex) zum Preis von 3700 Mark der DDR.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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50 Jahre Farbfernsehen DDR , die ersten 1000 Color20 
11.Jul.19 15:00
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Hallo Wolfgang,

zu Deinem Beitrag -50 Jahre Farbfernsehen DDR, die ersten 1000 Color - habe ich noch eine Ergänzung bzw.

Korrektur.

Der Preis für ersten Geräte lag bei 3 750,00 Mark

vermutlich; links Werksabgabepreis, dann der Industriepreis und der Endverbraucherpreis rechts

Später preisgesenkt ( 1971 ) dann bei 

Der Color 20-1 war der mit der 56 cm Rechteckbildröhre Made in Japan, teilweise BRD- Innerdeutscher Handel. 

...und der Color 18, den gab es für 3600 Mark der DDR bereits schon Anfang Oktober 1969. Es waren Geräte, wo die sowjetischen Bildröhren nicht die Toleranzwerte erfüllten. Meine Eltern hatten mich  damals mit 3750 Mark Bargeld versehen zur RFT Industriefiliale nach Dresden auf die Ernst Thälmann Straße geschickt und da die Color 20 bereits ausverkauft waren hatte ich einen solchen Color 18 gekauft. Das Farbbild war wirklich eine Zumutung hinsichtlich Konvergenz und laufende Hochspannungsüberschläge. Wir tauschten nach 1/2 Jahr Kampf das Gerät gegen einen Color 20-1 um und hatten zwar kein Westfernsehen, aber ein ordentliches DDR- Farbbild  im SECAM IIIb- System.

Jürgen Recke aus Staßfurt schreibt mir noch:

Das abgebildete Gerät "Objekt 114" ist ein Mustergerät vom ZRF Dresden mit der Entwicklungsstufe K7.

1972 wurde ich, nach Abschluß meines Abendstudiums ( 5 1/2 Jahre), Ingenieur in einem Fertigungslabor. Da habe ich diese Geräte noch kennen gelernt.

Viele Grüße aus Staßfurt

Jürgen

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