AEG: Gestaltung von Rundfunkgeräten 1932

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AEG: Gestaltung von Rundfunkgeräten 1932 
16.Aug.10 20:53
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Wolfgang Eckardt (D)
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Wolfgang Eckardt

In den AEG-Mitteilungen Heft 8/1932 wird die "Gestaltung von Rundfunkgeräten“ der Baujahre 1932/33 ausführlich vorgestellt. Ich möchte den Artikel hier als OCR-Scan im Original-Wortlaut mit eingearbeitetem Bild vorstellen.

Die Modelle des "AEG-Rundfunkprogramm 1932/33" werden hier vorgestellt.

 


 Gestaltung von Rundfunkgeräten.

Von Reg.-Baumeister A. Pfeffer, Berlin.


Form und Ausstattung der neuen Empfänger und Lautsprecher im AEG-Programm 1932/33 weisen einen hohen Grad von Einheitlichkeit auf. Wie die Aufgabe der einheitlichen Durchbildung und Oberflächengestaltung vom formschaffenden Künstler gelöst wurde, wird beschrieben und an Hand von Bildern gezeigt.

 
 Die Aufgabe, den Rundfunkgeräten die äußere Form zu geben, ist schwieriger, als sie zunächst erscheinen mag; denn es muss nicht zu den technisch bedingten Apparaten eine ästhetische „Form an sich" gewissermaßen als Hülle geschaffen werden, sondern es sind sehr bestimmte Forderungen zu erfüllen, die sich bisweilen als schwer zu überwindende Hindernisse für die schöpferische Phantasie erweisen. Die Masse der Empfangsapparatur und die aus klanglichen Gründen nötigen Abmessungen bei Lautsprechern und bei kombinierten Geräten schreiben feststehende Größen nach allen drei Dimensionen vor, die durchaus nicht ohne weiteres ästhetisch günstig sind. Oft wird es für den Formschaffenden nötig sein, mit „Kunst"-Griffen zu einer optisch verkleinernden Formerscheinung des Gerätes zu gelangen. Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, dass der Verkäufer, der sich an das große Publikum wendet, bemüht ist, mit Formen auf dem Markt zu erscheinen, die einem sogenannten Allgemeingeschmack gerecht werden und dabei nach dem bewährten Rezept verfahren, durch die Vielheit jedem etwas bringen zu wollen.



An Hand des diesjährigen Fabrikationsprogramms der AEG soll gezeigt werden, wie diese Aufgabe im einzelnen gelöst worden ist. Das Gehäuse zum Empfangsgerät „Ultra - Geadem" (Bild a) ist aus dem Pressstoff Tenacit hergestellt. Dieses Material fordert geradezu heraus, ein sehr reiches, kleinformiges Detail anzuwenden, wie es in keinem anderen Werkstoff zu erreichen ist; denn glatte Flächen weisen nach dem Pressvorgang Fließlinien auf, die als Mängel erscheinen würden, dagegen zeigt eine im kleinen Maßstab durchgeführte Reliefierung der Fläche überaus interessante Lichtwirkungen und verhindert die Entstehung der Fließlinien.
Bei der Durchbildung wurde davon ausgegangen, das für die Bedienung wichtigste Organ des Gerätes, den vom Techniker festgelegten „Stationsmelder", schon äußerlich in ein beherrschendes Verhältnis zur Gesamterscheinung zu bringen. Daher wurde das Fenster zu einer plastisch-ornamentalen Form entwickelt, bei deren Gestaltung auch noch die Knöpfe in diese Form einbezogen wurden. Damit aber dieses plastische Motiv nicht „einzeln" und „angesetzt" wirkt, wurde eine gleich artige Riffelbehandlung aller Flächen des Gehäuses durchgeführt und damit eine maßstäbliche Bindung der Einzelformen erreicht, die zugleich die technische Forderung des Baustoffes, Vermeidung von glatten Flächen und Fließlinien, erfüllt. Die runden Ecken und die Gliederung der Gehäuseflächen durch flach aufgesetzte Felder sind nicht bloße dekorative Formen, sondern technisch bedingt.
Die Matrize besteht in diesem Fall aus mehreren Teilen, die gegeneinander klappen. Dadurch würden an den Anschlussstellen auf einem glatten Pressstück Nähte entstehen, die in einem weiteren Arbeitsgang beseitigt werden müssen. Diese Nähte treten hier nicht auf, weil der Zusammenschluss der einzelnen Matrizenteile immer an der zu diesem Zweck geschaffenen Gliederung der Gehäuseflächen erfolgt.
Für die Vereinigung des „Ultra - Geadem"-Gerätes mit Lautsprecher (Bild b) wurde ebenfalls ein Gehäuse aus Pressmasse unter gleichen Gesichtspunkten entworfen. Wiederum nimmt der Stationsmelder in unveränderter Form und Größe seine wichtige Stelle ein; das plastische Motiv der Fensterumrahmung ist mit der Umrahmung der Lautsprecheröffnung vereinigt, diese da­mit zur herrschenden Größe gemacht und so dem Lautsprecher volle technische Geltung verschafft. Die Rifflung der Flächen, die Schnittigkeit der Profile ergeben einen großen Reichtum an Form- und Lichtwirkungen.
Der „Super-Geador", das zweite mit Lautsprecher vereinigte Gerät der AEG (Bild c) erscheint in einem aus Holz gefertigten Gehäuse. Der Stationsmelder ist gemeinsam mit der gleichfalls aus Pressmasse gefertigten Umrahmung von Fenster und Lautsprecher auf die Holzwand des Gehäuses aufgesetzt. Durch diese Maßnahme ergibt sich eine Erleichterung und Verbilligung der Fabrikation, da die Umrahmung für beide Typen aus derselben Matrize gepresst werden können. Das Holz als Baustoff für das Gehäuse verlangte für Form- und Flächenbehandlung, im Gegensatz zum Pressmaterial, größte Einfachheit; die natürliche Maserung des Edelholzfurniers gibt den glatten Flächen eine geschlossene Lebendigkeit.
Aus Pressmasse hergestellt ist das Gehäuse für den Lautsprecher „Permadola" (Bild d). Dieser Lautsprecher ist vorzugsweise dazu bestimmt, zusammen mit dem "Ultra-Geadem"-Empfänger verwendet zu werden. Daher zeigt er innerhalb seiner halbrunden Grundform die gleiche Profilierung und Detailbehandlung wie der oben beschriebene Empfänger. Die Lautsprecheröffnung ist durch Rippen in hohe, schmale Felder gegliedert, die dem ganzen einen straffen Aufbau geben.
Einfacher gehalten ist das auch aus Pressmasse gefertigte Gehäuse des billigeren Lautsprechers „Cantrix II". Dieses zeigt im Gegensatz zu den anderen Typen quadratische Grundform. Indessen ist dieser formale Gegensatz nur ein scheinbarer; denn durch die Art seiner Profilierung, seiner Rippenteilung vor der Lautsprecheröffnung und durch die Anwendung von Riffelungen ist er, wenn auch mit einfacheren Mitteln, dem Formcharakter der Fabrikationsserie immer noch angeglichen.
Somit dürfte es gelungen sein, dem Typ des neuen AEG-Programms durch die Formgebung denjenigen Grad von Einheitlichkeit zu verleihen, der aus verkaufstechnischen und propagandistischen Gründen wünschenswert ist, um durch seine Einprägsamkeit die Geräte als Fabrikate einer Weltfirma kenntlich zu machen.



Wolfgang Eckardt
 

 

 

 

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