aladdin: Super Five

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aladdin: Super Five 
06.Jun.09 21:01
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Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
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Konrad Birkner † 12.08.2014

In der Funkgeschichte 185, Juni/Juli 2009 erschien ein Reparaturbericht betreffend
"Batteriegerät Aladdin."  Dazu ist folgendes zu sagen:
 

   Die meisten Sammler stehen ratlos vor diesen amerikanischen Kisten aus den 1920er Jahren. Es existiert nur relativ wenig Information, vor allem wenn es sich nicht um die grossen bekannten Marken handelt. Ausserdem verfügen nur wenige Sammler über die einschlägige Literatur. Das Interesse an solchen Geräten ist nicht allzu gross. Vorbehalte betreffen vor allem Unterlagen (auch die Fremdsprache) und Ersatzteile.
So erklärt sich manche Fehlinterpretation, wie auch hier passiert.

1)  Es gibt einen Hersteller "Moe Manufacturing", der Aladdin-Modelle baute. Es gab aber auch die Firma "Aladdin Mfg.Co." die mit Moe nichts zu tun hatte.
Aber eine Recherche im RMorg hätte gezeigt, dass es ein Modell "Super Five" gab, offenbar in verschiedenen Gehäusen, aber mit dem gleichen Chassis.

2)  Dieser Aladdin "Super Five" ist natürlich kein Superhet. Das Wort Super wurde seinerzeit einfach als Prädikat angewandt. Das Gerät ist ein Dreikreiser ohne Rückkopplung in Neutrodyneschaltung (behauptet jedenfalls Radio Coll.Guide 1921-1932), seinerzeit in USA die wohl verbreitetste Konfiguration.
Jedenfalls ist das Gerät nicht aus 1922/23 sondern von 1926!

3) Über die als "falsch" empfundene Dimensionierung der Koppelspulen kann ich nichts sagen. Mir ist ein solcher Fall allerdings nicht bekannt. Abgesehen davon handelt es sich um Korbbodenspulen, nicht um Honigwabenspulen. Das wird aber gern verwechselt. Ist auch nicht so schlimm...

4.1)  Die Röhren: Es gab eine 201 von Western Electric, die der CW186 entsprach. Sie wurde um 1916/17 in Stückzahlen fürs Militär gefertigt. Sie hatte einen Sockel mit 3 kurzen Stiften und am Bajonettstift seitlich war ein Fadenende angeschlossen. Ein eigenes Patent ist mit dieser Röhre nicht verbunden.

4.2)  Die davon völlig verschiedene UV201 erschienen um die Wende 1920/21. Sie hatte bei 5 Volt noch einen Heizstom von 1 Ampere! Im Oktober 1922 wurde ihre Produktion zugunsten der UV201A eingestellt. Diese benötigte bei 5 V nur noch 0,25 A, ein Riesenvorteil, weil die Heizakkus nun viermal so lange anhielten.

4.3)  Die UV201A wurde im August 1925 vom Markt genommen und durch die UX201A ersetzt, die einen neuen, steckbaren Sockel bekam, der aber auch in die herkömmlichen UV- Bajonettfassungen passte. Die Steckfassungen setzten sich nur langsam durch, und viele Geräte bekamen UV-Fassungen noch zu einer Zeit als gar keine UV-Röhren mehr produziert wurden.

4.4)  Cunningham verwendete andere Bezeichnungen. Aus UV wurde C und aus UX wurde CX. Die UX201A hiess dann CX301A. Interessanterweise wurden Cunningham-Röhren von RCA hergestellt, durften aber keinen Hinweis auf die Quelle tragen.
Es bürgerte sich ein, salopp einfach von ' 01A zu sprechen, womit beide Typen gemeint waren. Erst 1931 wurde offiziell diese (zweckmässige) Kurzbezeichnung eingeführt. Von da an gibt es auch Röhren mit dem Aufdruck 01A.

5)  Es gab sehr wohl Lautsprecher in 1926! Trichterlautsprecher, deren Treibersysteme prinzipiell den Kopfhörersystemen ähnelten. Im vorliegenden Fall ist es wohl auch keine Hörermuschel. Es gab seit 1920 von Magnavox elektrodynamische (!) Treiber mit Horn.und bereits Anfang 1924 gab es Membranlautsprecher, z.B. von der amerikanischen Pathé Phonograph & Radio Corp. in New York. So in einer Anzeige vom Februar 1924 in "The Wireless Age".
In der zweiten Hälfte der 20er Jahre beherrschten diese "Cone Speaker" das Feld, um bald vom dynamischen (Tauchspul-)System abgelöst zu werden.

6.1)  Was der Hörer seinerzeit mit den 5 Knöpfen machte, ist kein Geheimnis: Mit den beiden kleinen gab er volle Heizung (zumindest so, dass die Fäden glühten), und dann suchte er seine Station, rechts beginnend, etwa dort wo er sie vermuten durfte. Die beiden anderen Handräder wurden auf etwa gleiche Einstellung gebracht. Die linke Skala wich meist von den anderen ab, weil der erste Kreis je nach verwendeter Antenne unterschiedlich verstimmt wurde. Hatte der stolze Radiobesitzer das Gerät gemeistert und den Sender eingefangen, dann wurden die Skaleneinstellungen notiert (logged). Damit liess sich die jeweilige Station leicht wieder auffinden.
War der Sender eingestellt, regelte er die Heizung so weit zurück, dass das Gerät gerade noch gut funktionierte. Auch eine gewisse Lautstärkebeeinflussung liess sich (in bescheidenem Mass) vor allem im HF-Heizkreis vornehmen. Das schonte die Röhren und erlaubte, den 6 V-Akku auf 5 V herunter zu entladen.

6.2)  Um die Bedienung etwas zu verharmlosen, findet sich hier und dort ein Inserat, wo ein kleines Kind, meist ein süsses Mädchen, an den Knöpfen solch eines Three-Dialers spielt: Sooo kinderleicht kann man unser Gerät bedienen.... angewandte Psychologie!
Eine gewisse Übung war vonnöten, aber man musste kein Spezialist sein. Bei den Millionen Radios seinerzeit - allein Atwater Kent verkaufte bis 1926 über 1 Million - müssten die USA eine Nation von Fachleuten gewesen sein ?

    Literatur :
- Tyne: Saga of the Vacuum Tube
- Buford & Jane Chidester: Classical Cones
- Floyd A.Paul: Horn Speaker Encyclopedia
- Morgan E.McMahon: Radio Collector's Guide 1921-1932
- Grinder/Fathauer: The Radio Collector's Directory and Price Guide
- Alan Douglas: Radio Manufacturers of the 1920's
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