Auch HR schaltet Mittelwelle ab

ID: 203487
Auch HR schaltet Mittelwelle ab 
27.Oct.09 13:56
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Martin Steyer (D)
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Martin Steyer

Mit der Suchfunktion habe ich im Forum über dieses Thema nicht gefunden, es scheint hier noch nicht aufgetaucht zu sein.

Leider wieder eine Hiobsbotschaft für Mittelwellenfans:

Mit Beginn des Jahres 2010 wird auch der Hessische Rundfunk seine beiden Mittelwellensender auf dem Hohen Meißner (70 KW) und in Rodgau-Weiskirchen (Nähe Frankfurt, 250 KW) abschalten. Beide arbeiten (noch) im Gleichwellenbetrieb auf 594 KHz.

Zuletzt liefen dort das Programm HR-Info und abends Sendungen in ausländischer Sprache für "Zugereiste".

Der Sender Meißner, nur 10 km Luftlinie von mir entfernt, wurde aus EMVU-Gründen schon vor Jahren in der Sendeleistung reduziert. Er war der ideale Sender für mich zum Basteln seit meiner frühen Jugend, vom Detektor über Audion zum Radiosammler.

Noch liefert er an meiner 36 m langen Drahtantenne eine Spannung von 800mV am Schottky-Dioden-Detektor an den 4-KOhm-Kopfhörer und ermöglicht mit einem VE-Freischwinger sogar bescheidenen Lautsprecherempfang.

Bei vielen Radios, deren Empfangsleistung stark gesunken war, kamen die ersten Lebenszeichen bei der stufenweisen Restauration vom Sender Meißner, ideal um schnell die Regelspannung und das magische Auge zu testen!

Damit verschwindet wieder für mich ein Teil meiner HF-Umgebung. Tempus fugit!

Martin Steyer

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Hessischer Rundfunk 
27.Oct.09 15:32

Bernhard Nagel (D)
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Bernhard Nagel

Hier ein Link zum Thema "hr muss 64 Millionen Euro bis 2012 einsparen". Im 5. Absatz findet sich der Hinweis auf die Einstellung des Mittelwellen-Angebots.

"Die sechs hr-Hörfunkwellen werden insgesamt 4,1 Millionen Euro einsparen müssen. Ab 2010 wird der Betrieb der Mittelwelle komplett eingestellt. Damit entfallen dann auch die bisher auf der Mittelwelle gesendeten muttersprachlichen Sendungen in Spanisch und Griechisch. Kürzungen wird es auch im Programm von hr3 und YOU FM sowie im Kinderprogramm von hr2-kultur geben."

Damit geht nicht nur für funkhistorisch Interessierte eine lange Zeit der MW-Ausstrahlungen in Hessen (Frankfurt) zu Ende. Für die entfallenden Ausstrahlungen in Spanisch und Griechisch wird es nach derzeitigen Stand keinen Ersatz auf UKW geben. Das ist völlig falsch verstandenes Sparen "um jeden Preis".

Die Geschichte des Frankfurter Senders geht auf das Jahr 1924 zurück, am 1. April beginnt der Sendebetrieb mit 700 Watt Leistung. Standort des Studios und der Verwaltung war das damalige Postscheckamt in der Frankfurter Elbestraße. Bereits Ende 1925 wurde die Leistung auf 1,5 kW erhöht, die Welle war 470 m [Radio-Katalog Ehrenfeld Frankfurt 1925 S. 6]. Das war dann schon am neuen Sender-Standort Heiligenstock. 1925 wurde Radio Frankfurt Mitglied der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG). 1930 wurde ein eigenes Funkhaus in der Eschersheimer Landstraße bezogen. Um diese Zeit muß auch eine Umstellung der Sendefrequenz stattgefunden haben, denn Radios des Jahrgangs 1932 zeigen eine Wellenlänge um 250 m. Radio-Skalen von 1937 und 1939 zeigen ebenfalls noch diese Welle.

Nach dem 2. Weltkrieg wird zunächst wieder auf der alten Welle gesendet. Schaub 2K-47-U71 zeigt eine Welle von ca. 250 m. Der Kopenhagener Wellenplan bescherte dem Frankfurter Sender ab 1948 für 3 Jahre die kürzere Welle um 208 m (1439 kHz).

Der Frankfurter Sender (hr) sendet seit ca. 1951 auf der noch heute aktuellen niedrigen Frequenz 594 (früher 593) kHz. Ein Jahr vorher wurde auf dieser Welle noch das Programm von AFN Frankfurt ausgestrahlt. Die Frequenz des "zivilen" Frankfurt lag da noch bei 1439 kHz, sie wurde ein Jahr später vom Luxemburger Sender übernommen. Die Skala z.B. des Schaub Smaragd zeigt diese Übergangsphase.

85 Jahre Mittelwellen-Sendebetrieb am Standort Frankfurt am Main gehen damit wohl Ende 2009 in die Geschichte ein.

Bernhard Nagel

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Letzter Sendetag der HR-Mittelwelle 594 kHz 
31.Dec.09 13:09
273 from 5577

Bernhard Nagel (D)
Ratsmitglied
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Bernhard Nagel

Unwiderruflich geht die Mittelwellen-Ära des Hessischen Rundfunks heute am 31.12.2009 zu Ende. Aktuell wurde mir vom hr auf meine telefonische Anfrage hin die entgültige Abschaltung der beiden im Gleichwellenbetrieb auf der Frequenz 594 kHz arbeitenden Sender (Hoher Meißner in Nordhessen und Rodgau-Weisskirchen bei Frankfurt) zum heutigen Programmschluß von hr-Info bestätigt.

Auf der hr-Seite findet sich folgende knappe Meldung:

 

Kein geschichtlicher Rückblick auf die letzten Jahrzehnte der Mittelwellen-Ausstrahlung ist im Online-Angebot des Hessischen Rundfunks zu finden.

An eine spätere Wiederaufnahme des MW-Sendebetriebes durch den hr ist nicht gedacht, zur weiteren Nutzung der Frequenz 594 kHz bzw. der Sendeeinrichtungen gibt es derzeit keine Informationen.

Also - wer zum Jahresausklang 2009 noch einmal sein Radio auf den Sender Frankfurt einstellt (alle Skalen ab 1951/52 stimmen noch heute!), kann die letzten Stunden der hr-Mittelwelle miterleben.

Telefunken Orchestra Bj. 1953 auf Sender Frankfurt eingestellt.

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Sender wird abgebaut 
08.Nov.11 22:08
1440 from 5577

Martin Steyer (D)
Redakteur
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Martin Steyer

Heute hat der endgültige Abbau des Mittelwellensenders auf dem Hohen Meißner begonnen. Der Sender hatte eine trägersteuernde Amplitudenmodulation und war für 200 KW ausgelegt. Er wurde 1982 von Telefunken gebaut. Im Zuge der EMV-Bestimmungen und Einhaltung der HSM-Werte (für Herzschrittmacher) speziell für die magnetische Feldkomponente wurde die Leistung zuletzt auf 70 KW herabgesetzt. Der Sender lieferte in 10 km Entfernung an meinen zahlreichen Detektor-Versuchsschaltungen mit 36-m-Drahtantenne ein Maximum von fast 1 V Gleichspannung.  In meinen Physik-Arbeitsgemeinschaften konnten die Schüler am Oszilloskop sehen, wie ein unmoduliertes, ein moduliertes und demoduliertes AM-Signal aussieht und wie man ohne fremde Spannungsquelle -wenn auch leisen- Lautsprecher-Detektorempfang erzielen kann.

Die Antenne auf dem Meißner war eine 125 m hohe Spezialkonstruktion mit Außenreusen, um den Stromknoten nach oben zu verlegen und die kritischen Feldstärken am Boden in der Umgebung niedrig zu halten. Übrigens sind keine gesundheitlichen Schäden aus der 200-KW-Zeit und der alten, kritischeren Antenne bei dort Arbeitenden oder Spaziergängern bekannt geworden....

Da an dem Mast keine weiteren Antennen angebracht sind, die eine weitere Nutzung zulassen, wird die Antenne im nächsten Jahr "umgelegt".

Es war einmal.....

 

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