Auf Sendung - in meinem kleinen Radio-Museum in Bühler AR

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Auf Sendung - in meinem kleinen Radio-Museum in Bühler AR 
21.Dec.06 05:18
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Josef Ledergerber (CH)
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Josef Ledergerber

Tagblatt Heute
Appenzellerland
 
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Mittwoch, 20. Dezember 2006

Auf Sendung

Josef Ledergerber aus Speicher betreibt im Keller des alten Konsums Bühler ein Radio-Museum

Bühler. Seit über 20 Jahren sammelt Josef Ledergerber aus Speicher alte Röhrenradios. Nun eröffnete er in Bühler ein Radio-Museum. 80 Geräte aus dem frühen 20. Jahrhundert sind ausgestellt und mit Schautafeln zur Radiogeschichte ergänzt.

Benno Gämperle

Alles begann mit dem «Eumig 530 W», Baujahr 1939. «Das war mein erstes Röhrenradio-Gerät, es gehörte meiner Urgrossmutter. Ich bekam es nach ihrem Tod geschenkt und halte es bis heute in Ehren», sagt Josef Ledergerber. Das war zu Beginn der 1980er-Jahre – und damit begann die Faszination des heutigen Vorstand-Stellvertreters des Bahnhofs Speicher für alte Röhrenradios.

«Weltgeschichte geprägt»

Dabei interessiere ihn weniger die Technik als vielmehr die Sozialgeschichte rund ums Radio. Josef Ledergerber: «Wenn die Radioapparate ihre Geschichte erzählen könnten, wäre das sehr spannend.» Er stelle fest, dass in der heutigen Fernseh- und Internet-Zeit das Medium Radio etwas in Vergessenheit geraten sei. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sei das anders gewesen. «Das Radio hat die Weltgeschichte ziemlich geprägt», erklärt der Radio-Sammler. Sagts und verweist auf den «VE 301», jenen legendären «Volksempfänger», der zu Hitlers Zeiten in fast jedem deutschen Haushalt stand und über den die Nazis ihre (Kriegs-)Propaganda verbreiteten (siehe Kasten).

Rund 80 Radioapparate aus den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts versammelt Ledergerber in seinem Radio-Museum in Bühler – zwei Drittel davon funktionieren. Dafür hat er im alten Konsum – das Haus gehört seinem Vater – den ehemaligen Lagerraum im Keller hergerichtet. Mittels Fototafeln erfahren die Besucherinnen und Besucher schon im Treppenhaus viel über die Geschichte des Radios in der Schweiz, die 1911 «mit ersten Versuchen begann», wie Josef Ledergerber erklärt.

Grossvater und der Pirat

Überhaupt merkt der Zuhörer, dass Ledergerber sein Hobby intensiv und mit Herzblut betreibt. Unzählige Anekdoten und Geschichten weiss er über Radios oder deren Umfeld zu erzählen. Zum Beispiel jene seines Grossvaters, der in Zürich-Oerlikon ein Radiogeschäft betrieb. «Er brachte oft alte Radios nach Hause, die mein Zwillingsbruder und ich fein säuberlich bis auf die letzte Schraube auseinander genommen haben.» Auch ein gewisser Erwin Meister habe einst bei seinem Grossvater gearbeitet, erzählt Ledergerber. Und dieser Meister habe in den 1960er-Jahren «Radio Nordsee International» betrieben, einen der ersten deutschen Piratensender, der von einem Schiff in der Nordsee aus gesendet habe.

Wasserflecken auf dem «Möbel»

Erzählt Josef Ledergerber von seiner Leidenschaft, leuchten seine Augen. Am Anfang sei das Radio «nur eine Kiste» gewesen, «nicht sehr zierlich». Radio hören konnte man vor 1930 nur mit Kopfhörern. «Erst ab zirka 1930 wurden Radioapparat und Lautsprecher vereint», so der Museums-Betreiber. Nun wird das Radio zum einzigen fixen Möbelstück in den Stuben – nebst der Glühbirne, wie Ledergerber verschmitzt ergänzt. Dieses «Möbel» sei oft geschmückt worden mit Häkeldeckchen und Blumen, was erkläre, dass auf dem Gehäuse vieler Radios aus den 30er- bis 50er-Jahren Wasserflecken zu sehen seien.

Das Gerät aus Mailand

«Für mich war es ein Traum, in Bühler ein eigenes Radiomuseum zu schaffen», sagt Josef Ledergerber. Zuvor, ab 1998, habe er an den Fenstern des Stickereilokals seines Hauses in Speicher einige seiner Radios ausgestellt. Oftmals seien Leute stehen geblieben und hätten sich über alte Radios unterhalten. Einmal sei mitten im Winter ein Auto mit italienischen Kennzeichen vorgefahren. «Eine Frau in Stöckelschuhen stieg aus. Sie sei aus Mailand, sagte sie, und habe ein Radiogerät für mich», erinnert er sich.

Und wieder gehörte ein Röhrenradio mehr zur Sammlung des Josef Ledergerber. Es wird nicht das Letzte sein, das den Weg zu ihm findet.

Radio-Museum Ledergerber, Dorf 2 (alter Konsum), 9055 Bühler, Telefon 071 344 29 55. Öffnungszeiten nach telefonischer Vereinbarung, Eintritt frei. Weitere Informationen über alte Radios: www.radiomuseum.org

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