Bakelit, Bakelite, Bakelitgehäuse

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Bakelit, Bakelite, Bakelitgehäuse 
26.Feb.06 15:20
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Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
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Konrad Birkner † 12.08.2014

Bakelit wird überall beschrieben als Phenoplast. Das sind "Kondensationsprodukte aus Phenolen und Formaldehyd. In alkalischer Lösung verläuft die Kondensation zunächst über Resole (Bakelit A) die zunächst flüssig sind und beim Erwärmen fest werden. Sie werden gemahlen und warm durchgeknetet, wobei sich Resitol (Bakelit B)bildet, ein unlösliches Harz. Es ist in der Hitze plastisch und lässt sich unter Druck bei etwa 150°C härten zu Resit (Bakelit C mit dem Markennamen Bakelite).

Das Patent erwarb Leo H.Baekeland, der Erfinder, 1909. Er gründete 1910 die General Bakelite Corp. (USA), die er 1939 an Union Carbide Co. verkaufte. Später änderten sich nochmals Name und Besitzverhältnisse.
Bakelite war somit das eingetragene Warenzeichen der Union Carbide Company (Encyclop. Brit. 1974). Es gab aber auch DureZ, Beetle und viele andere Konkurrenzprodukte.

In Deutschland waren die Rüttgerswerke zunächst Lizenznehmer und gründeten 1910 die deutsche Bakelite GmbH.

Catalin ist der Name der Catalin Corporation. Die Konkurrenz verwendete FADA-lucent, Fiberlon, Marblette, Joanite und andere Namen.

Gießharze basieren auch auf Resol, lassen sich aber ohne Druck verarbeiten. Der poulärste Name ist Catalin. Nur einmal fand ich einen Hinweis: "made of Bakelite Cast Resinoid by Galvin Mfg. Co. for Motorola." Das steht aber erst in einem Buch von 1990 (Sideli), wobei gerade in diesem Buch sehr genau auf das Material eingegangen wird.

Eine andere Stelle (Encyclopedia Britannica) sagt:"...fusing them in powder form at high temperatures he (Baekeland) was able to produce a plastic that was hard, infusible, and chemically resistant"

Nirgends eine offizielle Gleichstellung der Namen, oder "Bakelit" für das Gießharz.

Aber: beide Namen haben sich verselbständigt! Sowohl Bakelit als auch Catalin sind zum Sammelbegriff geworden.  Und weiter: Inzwischen unterscheiden selbst Sammler nicht mehr: sie meinen mit Bakelit alle diese Produkte. Siehe z.B bei "Bakelitschmuck".
Das ist wie beim "Grammophon" oder "Maggi". Auch diese Namen haben sich verselbständigt.

Quellen:
- Encyclopedia Britannica, Ausgabe 1974
- kleine Enzyklopädie technik;VEB Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1965
- Taschenlexikon der Technik; Dieterich, Leipzig 1949
- Erb, Radios von Gestern
 

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26.Feb.06 15:40

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
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Konrad Birkner † 12.08.2014

In "Radios von gestern" findet sich ein kürzerer Text auf Seite 47 über Bakelite in den USA:

"Leo Hendrik Baekeland, Leo Hendrik, 1863-1944» Baekeland (1863-1944), in den USA lebender belgischer Chemiker, erfindet den Kunststoff Bakelit Bakelit, Baekeland, 1909», der u.a. für zahlreiche Rundfunkgehäuse Verwendung findet. Die erste Patentanmeldung erfolgt am 18.2.07. 1909 erhält er dafür das US-Patent 942699."

Auf Seite 305 der unten stehende, lange Text (Rvg behandelt ja eigentlich die deutschsprachigen Länder), der auch die Behandlung mit einbezieht. Ernst Erb gab mir die Erlaubnis, ihn hier vollständig zu veröffentlichen:

Zitat:
Pressmassen (Bakelit)
Bakelit ist der Markenname für das vom 1899 nach den USA ausgewanderten Leo Hendrik Baekeland (Gent, Belgien 1863-1944 Beacon, NY) erfundene Kunstharz. Baekeland versuchte seit 1904, Phenol und Formaldehyd unter Verwendung von Katalysatoren zu hochmolekularen Produkten zu kondensieren, die unter Hitze und Druck verformbar sind. Andere Forscher vor ihm versuchten dasselbe ohne Erfolg, wenn man von Kondensationsprodukten für den Ersatz von Bernstein durch Blumer absieht. Am 18.2.07 meldet Baekeland das erste Patent an; weitere sechs Patente folgen im gleichen Jahr. Mit dem Patent Nr. 233803 lässt er sein Verfahren in Deutschland ab 31.1.08 schützen. Seine Erfindung ist das bis heute gültige, allgemeine Prinzip zur Herstellung hochvernetzter duroplastischer Kunststoffe.

Die Rütgerswerke AG in Erkner bei Berlin - mit ihrer sechzigjährigen Erfahrung in der Destillation von Steinkohleteer - gründen am 25.5.10 mit Baekeland als Minderheitsaktionär die Bakelite Gesellschaft mbH und stellen in Europa als erste Press-Stoff her. Auch wenn der Name Bakelit ein Markenname ist, bezeichnet man später jeden Press-Stoff aus Formaldehyd und Phenolharz gerne als Bakelit - so stark hat das Produkt einmal den Markt beherrscht! Es dauert rund zwanzig Jahre, bis ein weiterer duroplastischer Kunststoff (UF) - Karbamidharze auf Basis von Harnstoff und Formaldehyd - als Werkstoff hinzukommen.

Pressmassen (Phenoplaste) bzw. Phenol-Formaldehydharze (PF) bilden die klassischen Kunststoffe. Es sind Gemische aus harzartigen Stoffen, Kunstharzen (chemisch gleichartig aufgebaute, meist nicht makromolekulare Stoffe von harzartiger Beschaffenheit) und Füllstoffen. Letztere bestimmen wesentlich die Eigenschaften der Pressmasse. Ohne Füllstoffe (Pressharze, Kunstharze) verpresst die Industrie das Material zu durchsichtigen Teilen. Je nach Art des Formverfahrens - meist Pressung oder Spritzung unter Druck und Hitze - entstehen verschiedene Eigenschaften. Es sind drei Verfahren zu unterscheiden: Kaltpressmassen lässt man erst nach der Formung im Härteofen härten. Beim Formpressverfahren füllt man das Rohmaterial in die beheizte Pressform ein und härtet bei 400-600 kp/cm2; beim Press-Spritzverfahren spritzt man die Masse mit beheiztem Kolben unter Druck von 1000-2000 kp/cm2 in den Formraum ein.

Bakelit lässt sich von moderneren Kunststoffen schwer unterscheiden. Das spezifische Gewicht von Bakelit ist jedenfalls grösser und Bruchstellen sind porös. Es hat nur aussen eine glatte Struktur, während die meisten anderen Kunststoffe homogen sind. Durch die Füllstoffe zeigt Bakelit bei näherer Betrachtung kleinste Unebenheiten auf der Oberfläche. Gehäuse aus "synthetischem Kunststoff" verwendet man in Europa erst ab den 50er Jahren, wobei Bakelit viele Jahre gleichzeitig Verwendung findet.

Pressmassen im engeren Sinn sind beim Radio gepresste Formteile, die aus einer Mischung von Holzmehl oder Asbestfaser mit Bakelit unter hohem Druck und Temperatur von 160 Grad entstehen, wobei auch Metallteile eingepresst sein können. Sie sind unter den Firmennamen Tenazit, Thesit, Taumalit, Esconit, Bernit, Turbax, Resinol, Tenatext und Trolitan bekannt. Die Stoffe verwechselt man immer wieder mit dem reinen Bakelit.

Reparieren
Zu Pulver vermahlene Teile aus Bakelit lassen sich bei Bruchreparaturen an Gehäusen mit Zweikomponentenklebstoff (z.B. Araldit) mischen und neu formen. Dabei ist die Wandung auf beiden Seiten mit Karton oder anderen geeigneten Materialien, die sich wieder lösen lassen, aufzubauen. Überstände gehören danach weggeschliffen. Nicht zersplitterte Teile sind zuerst zusammenzukleben. Fehlstellen schleift man nass und poliert sie auf. Alle Bakelitstücke sollten Sie als Reserve ganz oder zermahlen aufheben und den Apparatetyp zur Farbübereinstimmung notieren.

Als Kleber eignen sich Stabilit (Express oder Ultra), Kömmerling DE 872 oder UHU-plus. Es sind beide Klebeflächen zu bestreichen. Um unzersplitterte Bruchstellen passgenau zu kleben, verwenden Sie jedoch vorzugsweise einen "Sekundenkleber" (Cyanolit-Basis). Er nimmt praktisch keinen "Raum" ein. Im Fachhandel ist (wohl nur auf Bestellung) gemäss Auskunft eines Farbenfachmannes spezieller Bakelitkleber erhältlich, der anlöst und verschweisst.

Reinigen, pflegen
Bakelit lässt sich gut mit einem normalen Glasreiniger aus der Sprühflasche säubern. Mit Fingerdruck (statt Aerosol) sprüht man wenig Flüssigkeit auf und verteilt sie mit einem feinen Lappen. Die Basis des Mittels bildet Alkohol. Es ist deshalb darauf zu achten, dass keine Flüssigkeit hinter die Stations-Skala, in das Innere des Apparates oder auf die Lautsprechermembrane gelangt. Statt Glasreiniger kann man Sodalauge oder Seifenwaschmittel ohne Schmirgel- und/oder Säurezusatz anwenden.

Noch verbleibende Flecke lassen sich mit Benzin oder Benzol entfernen. Farbentfernungsbeizen lösen Bakelit an!

Man poliert Bakelit, um eine schöne Oberfläche zu erhalten. Gute Ergebnisse gelingen mit Autopolish, das man nach dem Trocknen gründlich abreibt. Die Beschreibung eines weiteren Verfahrens mit Chrompolitur finden Sie unter dem Kapitel "Reinigen".

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