Marconiphone T82B – besser drei Viertel als gar nicht

ID: 625370
Marconiphone T82B – besser drei Viertel als gar nicht 
24.May.23 07:29
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Wenn der Sammler mit der Anodenbatterie herbeieilt, erschrickt er. Wie sehen denn die Anschlüsse für die Batterien aus! Was auf den ersten Blick ein Röhrengerät ist, es ist in Wirklichkeit ein Transistor. Es hat eine Stromversorgung von 2 x 6 Volt.

Das Gerät zieht am Labornetzgerät etwas über 10mA, der Stromverbrauch ist also in Ordnung. Was nicht in Ordnung ist, ist der Wellenschalter. Der sitzt fest.  Empfang stellt sich nicht ein. Ausser einem Knacken ist beim Einschalten nichts zu hören. Oszillieren tut nichts.

Also Ausbau. Das Chassis wird vom Deckel der Kassette gehalten. Darauf befindet sich Lautsprecher und Chassis. Um diese Einheit zu entfernen genügt es, den Anschluss für die Aussenantenne abzulöten. Dann kann der Deckel mit dem Chassis leicht entfernt werden. Das Chassis hat unten nämlich zwei Stifte. Auf der linken Seite des Gehäuses gibt es ein einfaches Loch als Halterung für den Stift, auf der rechten Seite gibt es ein Loch mit einer gefrästen Rille, sodass ein ‚Herausfahren‘ möglich wird.

Nach Lösen von vier kleinen Schrauben ist das Chassis getrennt von Platte und Lautsprecher.

Jetzt wird der Wellenschalter ‚entklemmt‘. Er ist so verharzt, dass nur die Kraftzange hilft. Er wird gesprüht und später geölt. Jetzt kann man die Achse wieder sauber bewegen und leicht Umschalten zwischen LW und MW.

Das Chassis ist verbogen, sodass der Wellenschalter schief steht. Auch hier hilft eine Kraftzange – eine recht grosse dieses Mal! – um die Sache zu richten.

Zufrieden stellt der Reparateur fest, dass auf der Platine die Bauteile sauber angeschrieben sind, das hilft immer sehr bei der Orientierung.

Zwei Elektrolyten sind schlecht, die C24 und C26. Ich überbrücke sie mit einem neuen Kondensator auf der Unterseite der Platine.

Die Langwelle will nicht schwingen. Ich verringere den Widerstand R1. Die Oszillation läuft an.

Die Mittelwelle funktioniert jetzt wieder ganz sauber. Die Langwelle will immer noch nicht so recht – ohne Aktiv-Antenne tut sie nichts.

Es sind nicht die Verbindungen, es ist nicht der Bereichsschalter oder seine Anschlüsse, es ist die kleine, etwas abgestossene Stelle an der Antennenspule L3. Man hat auf einen abgerissenen Draht gehofft, aber der Schaden sieht bei näherem Hinsehen fürchterlich aus. Ich kann ihn nicht zu reparieren, es bräuchte eine neue Spule.

Ich fertige eine Batteriewurst. Es sind zwei kleine Würfel mit je 4 AA-Batterien, also 2 x 6 Volt in einem Kunststoffrohr. Die Batteriewurst passt genau in den Raum zwischen Lautsprechermagnet und Gehäuseboden.

Jetzt kann ich das Radio zusammenbauen. Es läuft brav und macht mir viel Freude. In der Antennenbuchse steckt die Aktiv-Antenne! – Viel besser ist ein Radio, das zu drei Vierteln in Ordnung ist, als ein Radio, das völlig stumm ist, nicht wahr?

NACHTRAG: Ein seltsames Knacken unter Lauterwerden des Radios veranlasst mich dazu, alle Elektrolyten auszuwechseln. Die Erscheinung ist aber noch da. Sie verschwindet erst, nachdem ich den Einschalter des Gerätes gespritzt habe. Das sorgt dafür, dass alle Schaltkontakte wirklich sauber sind. Nach dem Ersetzen der Elektrolyten pfeift das Radio plötzlich. Ich entferne den extra Widerstand auf R1 wieder. Jetzt pfeift nichts mehr, und die Wiedergabe ist stabil. 

Im Schälchen liegen die feinen Plessey-Kondensatoren. Sie riechen recht streng und sie schmecken kaum noch besonders gut. - Zuerst wollte ich sie aber unbedingt im Gerät lassen, sie sehen in meinen Augen einfach zu schön aus...

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.