blaupunkt: F535WH (F 535 WH); Pastorale: Suche nach Abgleic

ID: 62638
blaupunkt: F535WH (F 535 WH); Pastorale: Suche nach Abgleic 
24.Aug.05 20:17
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H. P. (D)
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Reparaturbericht:

Ich erhielt das Gerät vor einigen Tagen auf einem Trödelmarkt in der Nähe (Brüggen am Niederrhein) zum Preis von 10 Euro. Es war komplett mit allen Zierteilen, Knöpfen, Tasten und Rückwand, dafür optisch aber in einem jämmerlichen und stark verstaubten Zustand. Eigentlicher Kaufgrund war die gut gemischte Bestückung mit EF80, ECH81, EF93, EM85, EAA11 und EL41. Röhren aus vier Serien in einem Gerät, das bekommt man nicht alle Tage.

 

Nach einer ersten Bestandsaufnahme bei abgenommener Rückwand habe ich mich getraut, das Radio anzuschließen und einzuschalten. Zunächst war ein geringer Netzbrumm zu hören, die eingesetzte Feinsicherung 250mA brannte nicht gleich durch, ein gutes Zeichen also. Es war aber kein Empfang möglich.

 

Als erste Ursache hierfür war eine falsche Röhre auszumachen, die EF80 war durch eine EF89 ersetzt worden. Nachdem ich dies rückgängig gemacht hatte, war immerhin schon ein Rauschen in der NF vernehmbar. Die anderen Röhren wiesen alle noch gute Messwerte auf, waren mit Ausnahme der EF93 und der EAA11 wohl auch bereits früher bereits getauscht worden.

 

Anschließend habe ich dann das Chassis ausgebaut und dabei eine weitere Ursache des Fehlers bemerkt: Staub. Dieses Radio hat ja eine Tastatur. Allerdings waren sich die Konstrukteure bei Blaupunkt damals ihrer Sache wohl nicht ganz sicher, die Stellung der Tasten wird nämlich durch ein ingeniöses, aber schwergängiges Schaltgestänge auf einen runden Wellenschalter in Vorkriegsmanier übertragen, die AM/FM-Umschaltung geschieht zusätzlich mit einem quer über das Chassis laufenden Schaltschieber, der 6 einzelne Schalter bedient und über einen Seilzug von der Tastatur aus betätigt wird. Der Schaltschieber wird an einer Chassisseite mit einer starken Zugfeder gehalten, der ihn immer in Richtung der AM-Kontakte zieht, wenn die UKW-Taste nicht gedrückt ist. Der Seilzug steht also in der beliebtesten Stellung ständig unter Zuglast, unnötig zu sagen, dass dieser Zug gerissen war? Jedenfalls habe ich eine so abenteuerliche Konstruktion noch nie gesehen, es wurde immer interessanter.

 

Die erwähnten 6 Schalter sind offen und ihre Kontaktflächen zeigen nach oben, Berge von Staub hatten sich dort angesammelt und jeden Kontakt unmöglich gemacht. Nachdem der entfernt war, habe ich die Kontakte mit Tunerspray eingesprüht und solange bewegt, bis sie langsam blank wurden.

 

Damit war dann auch der erste Empfang möglich. Der verzerrte Klang hat dann sofort Anlaß gegeben, den Koppelkondensator zum G1 der EL41 zu tauschen, wie sich zeigte, war auch der Kathodenelko der EL41 "reif". Damit war der Klang auf AM schon sehr gut, auf UKW leider noch immer verzerrt, der Ratioelko war der Fehler, beim Ablöten zerlegte er sich dann auch in zwei Teile. Ein "Bosch"-Fabrikat ! Nach dem Einlöten eines neuen Elkos spielte das Gerät auch auf UKW wieder gut.

 

Dann habe ich die notwendigsten Spannungen vermessen und alles Werte gefunden, die im grünen Bereich lagen. Leider wird der becherförmige AEG-Gleichrichter recht warm, ich überlege noch, den zu tauschen. Der Netzbrumm hält sich in engen Grenzen, den großen Becherelko werde ich also im Gerät belassen.

 

Mit der Elektronik konnte ich also schon weitgehend zufrieden sein, die Mechanik habe ich dann noch gründlich geschmiert und in 2-stündiger, fieseliger Kleinarbeit auch den Seilzug für den Schaltschieber erneuert, man will ja nicht nur immer AM oder FM hören….

 

Anschließend erwies sich die Demontage des Skalenglases als ungewohnt problematisch. Der Klangregler, der als Knebelknopf auf der linken Achse sitzt, ist mit einer Blechklammer gesichert, die auf der Achse irgendwie festgerostet war, der Knopf wollte nicht herunter. So einen Knopf abzubekommen, ohne das Skalenglas zu beschädigen, kann sich als massives Reparaturhemmnis erweisen. Ich habe den dann von hinten mit einer Schnabelzange abgedrückt und die Klammer nachher nicht mehr eingebaut, da die nur als Sicherung dient.

 

Nachdem dies alles gemacht war, habe ich mir das Gehäuse vorgenommen, komplett demontiert, den Elektrostaten instandgesetzt, die Schallwandbespannung mit Teppichschaum gereinigt, die Knöpfe in Geschirrspülerbad gesäubert und die lackierten Flächen mit Autopolitur abgerieben. Alles in allem reichte es anschließend für die Zustandsbeschreibung: "Naja…"

 

Abschließend mußten auch die Tasten eine Behandlung mit Autopolitur ertragen, damit war auch für die Optik das in bescheidenem Rahmen mögliche getan.

 

Nach dem Zusammenbau und einem langen Probelauf jetzt das Fazit: ein günstiges erworbenes Gerät mit schweren, aber auch durch den Amateur heilbaren Fehlern. Die kuriose Bestückung sowie die erstaunliche Mechanik machen es interessant. Das Gerät besitzt in Relation zur Gehäusegröße einen wirklich angenehmen Klang, der auch auf Dauer nicht nervt. Die Empfangsleistung auf UKW ist für ein 52er-Gerät wirklich sehr gut, ein Abgleich ist nicht notwendig.

Da es mein bisher erstes Gerät der Fa. Blaupunkt ist, muß ich sagen, daß ich da wohl etwas verpaßt habe. Gibt es hier im rm einen Sammler mit dem Sammlungsschwerpunkt auf Nachkriegsgeräten von Blaupunkt?


Und nebenbei suche ich nach einer Abgleichanleitung für die UKW-HF, da mir die Skalenabweichung zu hoch ist. Hat die jemand ?

Viele Grüße an alle Mitleser
Holger Pflug

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