Deutschlandradio forciert DAB+

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ID: 541455
Deutschlandradio forciert DAB+ 
29.Jun.20 11:14
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Die augenblickliche Zeit, in der das Hauptaugenmerk auf der Corona-Epidemie liegt, ist günstig, um unterhalb der Schwelle der öffentlichen Aufmerksamkeit, neue und für viele unangenehme Tatsachen zu etablieren.

Das versucht auch die Intendanz des Deutschlandradio, in dem bereits erste UKW Sender abgeschaltet wurden mit der Begründung, daß Digital "besser" sei und DAB+ mehr Hörer erreichen könne als UKW. Ziel ist, UKW zu Gunsten von DAB+ ganz abzuschalten.

Deutschlandradio hat hierfür "Digitalradio Deutschland e.V." gegründet mit Sitz am Hans-Rosenthal-Platz, 10825 Berlin, also dem Funkhaus des früheren RIAS Berlin. 

  • Den Vorsitz hat: Stefan Raue, Vorsitzender, Intendant Deutschlandradio !?

"Digitalradio Deutschland" mit dem Logo "DAB+ mehr Radio" definiert sich auf seiner Homepage als:

Das Digitalradio Büro Deutschland mit Sitz in Berlin ist eine Gemeinschaftsinitiative des Vereins Digitalradio Deutschland, also ARD, Deutschlandradio, privaten Radioveranstaltern, Geräteherstellern und Netzbetreibern, die sich zum Ziel gesetzt haben, Digitalradio DAB+ in Deutschland zu etablieren. Das Digitalradio Büro informiert die Öffentlichkeit über die Möglichkeiten und die Einführung von DAB+ in Deutschland. Der Zugang zum Digitalradio Deutschland e.V. steht allen Marktteilnehmern offen, die sich für DAB+ engagieren.

Am 11. April 2020 hat "Digitalradio Deutschland" eine Initiative gestartet:

Diese Initative findet sich auch als - aber nicht als solche gekennzeichnete - Reklame im Programmheft "Das Magazin #07" des DLR für Juli 2020 als "Titelthema".

In dieser Ausführung finden sich mehrere "Fake-News", die hier farbig unterlegt sind. Daneben gibt es einige platte Behauptungen.

  1. "Digital ist besser":
    Was ist besser? Worin besteht die "Verbesserung"?
    Für wen ergibt sich eine Verbesserung? Für die Hörer oder für den Sendebetreiber?
  2. "Technisch hat sich bei UKW nichts mehr getan":
    Bei UKW wurde Stereo eingeführt und Radio-Daten (RDS). UKW ist ein hybrides analog/digitales System.
  3. "DAB+ ist besseres Radio":
    Was ist "besseres Radio"?
    Was ist bei AAC codierten Audiosignalen "besser" als bei nicht codierten analogen Audiosignalen? Es gibt durchaus Hörer, die die Artifakte eines codierten Audiosignals wahrnemen.
  4. "DAB+ ermöglicht 16 Programme pro Mast, UKW nur eines"
    Von welchem Masten wird nur ein einziges UKW Programm abgestrahlt?
    Bei DAB+ werden die 16 Programme "geschachtelt" (gemultiplext) und so gemeinsam mit einer Vielträgermodulation als ein "Paket" abgestrahlt. Der DAB+ Empfänger muß zunächst alles decodieren und kann dann das gewünschte Programm daraus "extrahieren".
    UKW verwendet pro Programm je einen "Träger", der sehr einfach demoduliert werden kann.
  5. "DLR erreicht mit DAB+ mehr Menschen... Die Kosten verringern sich"
    Hier wird die "theoretisch mögliche" Erreichbarkeit - für den Fall, daß alle ein DAB+ Radio hätten - als reale Erreichbarkeit hingestellt.
    Die "Kosten verringern sich" nur auf der Seite der Sender, nicht jedoch auf Seiten der Hörer. Die müßten sich in diesem Fall für alle Standorte, wo sie bislang ein UKW Radio haben, nun ein DAB+ Radio anschaffen.
    Dieses "Ansinnen" der Broadcaster, nämlich die Kosten von der Sender-Seite ganz auf die Empfänger-Seite zu verlegen, widerspricht klar dem bisherigen Prinzip des Rundfunks:
    • Sender gibt es wenige - und die können deshalb teurer sein. Empfänger gibt es viele - deshalb müssen die billig sein.
  6. ".. wegen des hohen Stromverbrauchs ..."
    Das ist offensichtlich ein "Universal-Argument", das auch schon bei der Abschaltung der AM-Sender zu Gunsten der UKW-Sender verwendet wurde.
    Die "Androhung", künftig die "analoge Infrastruktur zu Gunsten eines beschleunigten DAB+ Ausbaus weiter zurück zu fahren", läßt die Frage aufkommen, in wie weit Deutschlandradio seinen Programmauftrag noch erfüllen kann und will. Als Sender, der über Gebühren finanziert wird, ist es ja im Prinzip gleichgültig, wie viele der Hörer tatsächlich in der Lage sind, die DAB+ Programme zu hören.
  7. "Neben der Qualität wächst auch die Quantität."
    Was ist "Qualität" in diesem Zusammenhang?
    Was bedeutet "Quantität" hier? Mehr Gleichartiges oder mehr Unterschiedliches?

Insgesamt zeigt es sich, daß der Versuch, DAB+ "mit aller Gewalt" durchsetzen zu wollen, recht viele Fragen aufwirft. Insbesondere diejenigen:

  • Wem nutzt das Ganze, dem Hörer oder dem Broadcaster?
  • Sind die Rundfunkgebühren für Deutschlandradio in der bisherigen Höhe noch gerechtfertigt, wenn infolge von UKW-Abschaltungen sich die Hörerzahl drastisch reduziert?
  • Ist die personelle Verquickung von öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalt mit dem "Verein Digitalradio Deutschland" rechtlich zulässig?

Links zu DAB/DAB+/UKW:

 

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Deutschlandradio forciert DAB+ 
29.Jun.20 14:37
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Mein heutiges Schreiben an den DLF Hörerservice und die Antwort:

Sehr geehrte Damen und Herren, meine Bemühungen Sie telefonisch zu erreichen, waren leider erfolglos , es heißt immer,

….leider wird an allen Plätzen gesprochen… das wars dann wieder.

Deshalb auf diesem Wege eine Anfrage an Sie.

Vorab, ich höre im PKW das Programm des DLF vorrangig und kann Ihnen eine hochwertige Informationspolitik bescheinigen.

Leider werden jedoch die Bundestagssitzungen nur über einen DAB+ Kanal übertragen.
Ich habe DAB + in meinem Fahrzeug, kann diese Übertragungen also hören, wenn ich unterwegs bin. Zu einem Entschluss, ein solches Radio auch für 
den privaten Haushalt zu erwerben, konnten wir uns noch nicht durchringen… da ist ein Sortiment im Markt, was entweder primitiv ist, blechern klingt 
oder auch erst nach Fachstudium ( wenn überhaupt) zu bedienen ist.Das einzigste was auf einem solchen Gerät glänzt ist häufig das gekaufte deutsche Markenzeichen wie TELEFUNKEN.

Nun kommt deshalb meine Frage; warum sendet der DLF eine solche Bundestagssitzung nicht landesweit auf einer UKW Frequenz ? Landesweit ist natürlich jetzt relativ. Es gibt ja Gebiete, wo ich DAB+ im Auto nicht empfangen kann und es gibt Gebiete wo ich UKW nicht empfangen kann.

Die Mittel und vor allem Langwellensender haben alle Hörer in Deutschland erreicht und ich erinnere mich, daß ich die Bundestagssitzungen immer auf Langwelle 177 KHz Oranienburg  bzw 207 KHz gehört habe.

Für Sprachübertragungen reicht derAM Sender voll aus. Nach meiner Meinung erfolgte das Abschalten zu einem Zeitpunkt, wo der DLF als landesweiter Sender ( ich sehe den DLF als staatstragenden Sender) noch garnicht im UKW und DAB- Bereich in ganz Deutschland empfangbar war und leider auch nicht ist.

Wie also sehen Sie die Möglichkeit, bei solchen Sitzungen UKW Sendernetze aufzuschalten, damit mehr deutsche Bürger sich diese Übertragungen anhören können.

Gerne erwarte ich dazu Ihre Vorstellungen.

Es grüßt Wolfgang Lill

Inzwischen hat mich ein Kollege vom DLF angerufen und mir erklärt, das sie nicht einfach ein UKW Programm streichen können. Der weitere Ausbau von UKW ist nicht mehr möglich.360 kleine Sender hat der DLF in Deutschland, so viel wie nie zuvor.... Deshalb setzt man auf den Ausbau des digitalen Rundfunks und jeder der z.B. die Bundestagsübertragungen hören will, kann das mit einem DAB+ Empfänger tun. 

Der Kollege sagte mir weiterhin, daß nach Einschätzungen der Hörerresonanzen in der damaligen Abschaltphase der MW und LW- Sender kaum Proteste von Hörern kamen und damit der Beweis vorliegt, daß die AM- Sender, wo zudem noch Störgeräusche und Rauschen den Hörgenuß erheblich trüben können, kaum noch gehört werden.

Letztlich gab er mir recht, das es bei bestimmten Krisensituationen gut wäre, wenn noch ein AM Sender in Reserve gehalten worden wäre.... wenigstens in diesem Punkt waren wir einer Meinung.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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Deutschlandradio forciert DAB+ 
22.Jul.20 07:46
535 from 1879

Wolfgang Lill (D)
Redakteur
Beiträge: 1178
Anzahl Danke: 5
Wolfgang Lill

Gleich am 29.Juni hatte ich den Artikel auch an die Redaktion z.H. der Autoren Zorger und Kühnrich geschickt.

Vielleicht arbeiten die Herren schon an einer Korrektur oder haben sich in der Volkshochschule für einen Grundkurs über Wellenausbreitung  angemeldet ? 

Ich bin neugierig auf die Antwort.... 

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