Die Röhren im RADIOMANN, Teil 2

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Die Röhren im RADIOMANN, Teil 2 
10.Jan.04 12:29
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Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

 

Die Niederspannungsröhre EF 98, 1960 bis 1971

Im Jahre 1960 (13. Auflage) brachte Kosmos einen völlig überarbeiteten RADIOMANN heraus. Auffallendes Merkmal: ein gerade neu entwickelter Röhrentyp EF 98 kam zum Einsatz. Dieser (und andere) war gedacht für Autoradios ohne Spannungsumformer, wo Akkuspannung = Betriebsspannung ist.

Leider musste man, wie früher, die Röhre getrennt zum Experimentierkasten bestellen. 

Hier folgt (im Auszug) die techn. Begründung -entnommen aus VALVO BERICHTE, Band V, Heft 2, Mai 1959- warum indirekt geheizte Niedrigspannungsröhren -wie die EF 98- bei den geringen Betriebsspannungen des RADIOMANN noch gut funktionieren:

"Der wichtigste konstruktive Faktor ist die Ausbildung großer Durchgriffe für die Anode und das Schirmgitter. Diese großen Werte erreicht man durch entsprechend geringe Elektrodenabstände, so dass trotz der kleinen Elektrodenspannungen, im Katodenraum Feldstärkeverhältnisse auftreten, die mit denen der üblichen Röhren noch vergleichbar sind und mit denen man, wenn auch niedrige, so doch brauchbare Steilheiten erhält."

 

Unterheizung der EF 98

Obwohl die nominale Heizspannung dieser E-Röhre 6,3 V beträgt, wird in den Versuchen wieder eine 4,5 V Flachbatterie benutzt. Es fließt dann ein Heizstrom von ca. 0,25 A. Man hatte damals halt keine andere Wahl. Allerdings ist die aufzubringende Heizleistung 3½ mal höher gegenüber den alten Doppelgitterröhren.

Im Versuch 114 wird auf den raschen Verbrauch der Heizbatterie hingewiesen und die Netzspeisung mit dem KOSMOS-Transformator empfohlen. In der mir vorliegenden 13. Auflage (1960) ist aber nur 4 Volt Wechselspannung vorgesehen, also noch weniger! In den späteren Jahren ging man auf die eigentliche Heizspannung der EF 98 von 6,3 Volt über.

Meine Experimente haben bestätigt, dass bei einer neuen(!) Röhre kaum ein Rückgang der Empfangseigenschaften bei Unterheizung eintritt. Auf die Dauer kann das jedoch zu einem vorzeitigen Emissionsverlust der Kathode führen.  Ich würde das aber nicht überbewerten, weil die Gesamtbetriebszeit eines Lehrspielzeugs -wie der RADIOMANN- doch relativ gering ist.

 

Umstellungsschwierigkeiten

Bei den RADIOMANN-Kästen bis einschließlich 1962 (15. Auflage) hatte Kosmos das Schirmgitter der EF 98 fest mit der vollen Betriebsspannung (12 bis 13,5 V) verbunden. Das ist aber für diesen Röhrentyp in der angegebenen Schaltung nicht zulässig! Durch die ungewünschte Stromübernahme des G2 kommt es zu Unlinearitäten, wo doch gerade Audionschaltungen mit niedriger Ug2 betrieben werden sollten. Damit wird zwangsläufig eine bessere Linearität im oberen Teil der Ia/Ug1 Kennlinie erreicht. In diesem Bereich wird ja bekanntlich die -durch Gittergleichrichtung- gewonnene NF verstärkt. Am Ende dieses Artikels habe ich einen Vorschlag zur Reduzierung der Schirmgitterspannung gemacht.

 

Empfangsversuch 104 aus der 13. Auflage von 1960

Messwerte zur obigen Schaltung:

Die Messung geschah bei Ub = 12 V, wobei G2 noch auf der vollen Ub liegt! Ich messe einen Iges = 5,5 mA. Um 10 mV NF am Ra von 2,2kOhm zu erhalten, ist 13 mV HF-Spannung (30% mod. mit 400 Hz) erforderlich. Für den Absolutwert der HF-Spannung möchte ich nicht meine Hand ins Feuer halten. Es geht um eine Vergleichsmessung. Um reproduzierbare Resultate zu erhalten, habe ich bewusst diese Schaltung ohne(!) Rückkopplung gewählt.

Einen Schönheitsfehler findet man in der Darstellung des Schirm- und Bremsgitters. Man bekommt den Eindruck, dass man sich gedanklich noch nicht ganz von der vorhergehenden Röhrengeneration trennen konnte.

 

Die durch KOSMOS korrigierte Schaltung

Untenstehendes Schaltbild zeigt die angepasste Schaltung welche ab 1963 (16. Auflage) eingeführt wurde. Nun ist G2 an den 9 Volt-Abgriff der Gesamtbetriebsspannung von 13,5 Volt gelegt. Man vermutet, dass der angesehene Fachmann und Autor vieler Bücher auf dem Gebiet der Radio/FS-Technik, HEINZ RICHTER, hierauf (und auf einige(!) andere Änderungen) Einfluss hatte. 

Messwerte:

Bei Ub = 12 V und Ug2 = 8 V ist Iges = 3,8  mA. Also weniger, was die Lebensdauer der Anodenbatterien verlängert! Dieselbe HF-Eingangsspannung, ergibt nun eine NF-Spannung von 35 mV!

Wenn ich mir diese "Story" nochmals durch den Kopf gehen lasse, muss ich an die vielen Besitzer der ersten Experimentierkästen mit der EF 98 denken. Man darf wohl davon ausgehen, dass diese weder damals, noch heute, von den 'Unstimmigkeiten' gewusst haben bzw. wissen. Ich spreche hier von einer ungenutzten Verbesserungsmöglichkeit von immerhin 250%! Und das auch noch gratis!

 

Die EF 98 in Triodenschaltung

Im Versuch 112 (mit Transistorverstärker!) wird in den späteren Auflagen von der Schirmgitterschaltung abgewichen und zur Triodenschaltung (G2 an Anode) übergegangen.

Die Erklärung liegt in der rel. geringen Eingangsimpendanz des in Emitterbasis geschalteten Kopfhörerverstärkers. Den viel höheren inneren Widerstand der Schirmgitterschaltung kann man aus diesem Grunde nicht voll ausnützen. Es sei denn, ein zusätzlicher NF-Transformator würde für eine Anpassung sorgen. Die Triodenschaltung hat aber von Hause aus einen niedrigen inneren Widerstand und somit ist die Fehlanpassung noch tragbar.

Auch für die nachfolgenden Versuche 115 und 116 mit einer separaten, netzbetriebenen Anodenspannungsquelle, wird von der Triodenschaltung Gebrauch gemacht. Der Experimentiertransformator liefert (außer der Heizspannung) auch 17 Volt Wechselspannung. Diese ergibt, nach Gleichrichtung und Siebung, etwa 24 Volt reine Gleichspannung, laut Anleitungsbuch. Die für die Schirmgitterschaltung erforderliche niedrige G2 Spannung wäre also sowieso nicht vorhanden.

Übrigens: Eine Empfangsverbesserung bringt diese überhöhte Anodenspannung nicht. Der Anodenstrom steigt jedoch auf den doppelten Wert an!

 

Zum Abschluss noch ein Tipp:

Aus praktischen Gründen werden wohl die meisten RADIOMANN-Liebhaber ihren Röhrenempfänger mit Stromquellen aus dem Netz betreiben. Da aber, wie schon beschrieben, das G2 eine Spannung von nur 7...9 Volt braucht, wäre ein weiteres Netzteil nötig. Das kann man umgehen, indem einfach ein 4,7 kOhm Vorwiderstand von der 13,5 Volt Anodenspannungsquelle zum G2 geschaltet wird. Vom G2 nach Kathode muss zur Entkopplung ein 0,5...1 µF Kondensator eingefügt werden.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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