EL86 (EL86) im Gegentaktbetrieb - Drossel Röhre II

ID: 121167
Dieser Artikel betrifft das Bauteil: Zur Röhre/Halbleiter

EL86 (EL86) im Gegentaktbetrieb - Drossel Röhre II 
16.Sep.06 17:39
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Stefan Weigelt (D)
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Anzahl Danke: 11
Stefan Weigelt

Liebe Röhrenfreunde,

... im Telefunken-Taschenbuch 1968 auf Seite 62 und auch hier im RM bei der EL86 ist ein Schaltbild für den "eisenlosen" Betrieb im Gegentakt (untere Schaltung mit Eingangsübertrager, nicht die SE-Gegentakt!) abgebildet. Dort befindet sich eine Drossel zwischen Anode und Schirmgitter von Röhre II. Kann jemand was zur genauen Funktion und Dimensionierung dieses Bauteiles sagen (z.B. aus Philips-Unterlagen)? Ich habe im Internet bisher gar nichts darüber finden können, obwohl die Schaltung ein paar mal erwähnt wird.

Danke und Grüße
Stefan Weigelt

 

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16.Sep.06 21:44

Jacob Roschy (D)
Moderator
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Jacob Roschy

Hallo Herr Weigelt,

bei dieser Schaltung liegen die beiden Endröhren in Serie, das gleiche Prinzip wird ja sehr häufig bei Halbleiter- Endstufen angewandt.

Im Ruhezustand liegt in der "Mitte", d. h. an der Katode der Rö II etwa die halbe Betriebsspannung, hier also ca. 150 V. Da das Schirmgitter an + 300 V liegt, beträgt die Schirmgitterspannung auch 150 V.

Bei Aussteuerung ändert sich jedoch ständig die Spannung an der Katode im Takt der NF. Die Schirmgitterspannung darf aber diese Änderung nicht mitmachen, sondern soll konstant bleiben. Daher wird mit der Drossel und dem 50 µF- Elko eine Filterstrecke gebildet, um die NF abzublocken. Nach meiner unverbindlichen "Daumenschätzung" sollte die Induktivität im Bereich 20...50 H liegen.

MfG JR

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'eisenlose' Endstufe 
14.Mar.07 09:18

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
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Konrad Birkner † 12.08.2014

Hier eine andere Interpretation:

Um dem Schirmgitter ausreichenhohe Gleichspannung bei ausreichend Strom zu geben, wäre ein relativ kleiner Widerstand erforderlich (eigentlich gar keiner).
Weil aber wechselspannungsmäßig das Schirmgitter auf Katodenpotential (A-Verstärker) bleiben soll, wird über einen Kondensator abgeblockt.
Nun liegt aber derSchirmgitterwiderstand wechselstrommäßig parallel zum Ausgang, nimmt also als Last Leistung weg. Verringern wir die Belastung, wird die Schirmgitterspannung absinken.
Lösung: die Drossel. Sie erlaubt einerseits einen ausreichenden Gleichstrom bei geringem Spannungsverlust und stellt andererseits für den Signalausgang keine nennenswerte Belastung dar.
Dass nicht alles ganz sauber lief, zeigt die Ankopplung des Ausgangs: Statt an der Katode bzw, der unteren Anode ging man ans Schirmgitter. Schwingneigung, motorboating oder andere unerwünschte Phasendrehungseffekte?

Es gibt eine konsequentere Anwendung dieses Prinzips, wobei wirkliche Symmetrie erzielt werden kann bei ausgezeichneten Ergebnissen: Eine Doppeldrossel mit 2 exakt gleichen Wicklungen, die gegensinnig stromdurchflossen werden. Damit hebt sich die Magnetisierung (weitgehendst) auf, und es lassen sich 2x6000 Wdg auf einem M42 (Hyperm 36) ohne Luftspalt unterbringen. Die Schwierigkeit besteht im wickeln von 0,08 mm Draht.

Bei entsprechender Ansteuerung machten diese Verstärker (ich baute 6 Stück und Kollegen auch etliche) einen Klirr <0,2% (bei 50 Hz, 1 kHz, 5 kHz und 15 kHz). Allerdings verwendeten wir einen aufwendigen Ausgangstrafo mit 9 verschachtelten Wicklungen. Der Frequenzgang ging von 10Hz (-2,3 dB, der Generator SBF konnte nicht tiefer) bis mindestens 70 kHz, sonst meist über 100 kHz!

Der Trick liegt in der Ansteuerung der oberen Stufe. Sie braucht am Gitter die Steuerspannung plus der Wechselspannung an der Katode (auf Masse bezogen). Das wird dadurch erreicht, dass die Anodenspannung ihrer eigenen Vorröhre vom Schirmgitter der oberen Endröhre genommen wird. Die Ansteuerung dieser Vorröhre erfolgt in Gitterbasisschaltung. Eigentlich ist es zusammen mit der Treiberstufe der unteren Endrähre die sogenannte Katodynschaltung.

Die Anwendung des Ausgangstrafos wurde gewählt, weil sich damit alle wirklich guten Lautsprecher verwenden liessen und nicht nur die (nicht schlechten, aber doch nicht überragenden und trotzdem teuren)  Philipstypen. Ein Wigo spezial Kinotieftöner z.B., 40 cm Ø, mit 16 Hz Einspannresonanz...; auch ein Cabasse konnte, oder ein Kelly Hochtonbändchen. Sehr schön auch der Isophon Orchester. Da konnte der Trafo nichts verderben. Er musste nur 10 Watt über einen M102b Kern verkraften...
Und bei den hohen Wirkungsgraden damaliger Lautsprecher konnte man mit 10 W die Fensterscheiben beängstigend zum Klirren bringen !
Leider hat kaum eines dieser Exemplare überlebt. Vor 50 Jahren gebaut, längst ausrangiert. Hätte man damals gewusst !

Aber die Schaltung und die Wickeldaten existieren noch. Teilweise handgezeichnet, teilweise schlechte Kopien, bedürften sie einer liebevollen Hand, um sie für eine Veröffentlichung aufzubereiten.

Wer wäre bereit? Bitte hier im Forum melden, um Mehrfacharbeit zu vermeiden. Hat sich erledigt: Thomas Günzel ist so freundlich, das zu übernehmen.

Auf dem obigen Link steht der neue Artikel mit den von Thomas Günzel bearbeiteten Unterlagen.

Anlagen:

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Aufarbeitung alter Unterlagen 
14.Mar.07 09:38

Thomas Günzel † 1.8.22 (D)
Beiträge: 212
Anzahl Danke: 10
Thomas Günzel † 1.8.22

Hallo Kobi,

gerne bin ich bereit, bei der Aufarbeitung der Unterlagen behilflich zu sein.

Gruß

Thomas

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14.Mar.07 10:07

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
Beiträge: 2333
Anzahl Danke: 6
Konrad Birkner † 12.08.2014

Danke Thomas,

das nehme ich gerne an!

Gruß, KoBi

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EL86 = UL84 mit anderem Heizer 
14.Mar.07 10:43

Wolfgang Eckardt (D)
Ratsmitglied
Beiträge: 1914
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Wolfgang Eckardt

Vielleicht zeigt dieser Vergleich auch bei den Röhrenbestückungen die Besonderheiten der so genannten "eisenlosen Gegentakt-Endstufe" :
Diese Aussage stammt aus den RFT-Datenblättern, veröffentlicht in "Radio und Fernsehen" 5/57.

Geräte mit dieser Technik baute auch Stern-Radio Sonneberg, sowohl für Wechselstrom mit EL86 als auch für Allstrom mit UL84.

Wolfgang Eckardt

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Danke für die Hinweise 
18.Mar.07 13:01

Stefan Weigelt (D)
Beiträge: 165
Anzahl Danke: 21
Stefan Weigelt

... ich sage allen Danke für die Hinweise! Das Schaltbild und die Daten sind wirklich Spitze, danke auch für die "Aufbereitung" (siehe auch thread "eisenloser HIFI-Verstärker")! 

Ich werde das ganze interessenhalber mal nachbauen, die Drosseln könnte mir ein Bekannter wickeln. Mittlerweile habe ich auch einen PHILIPS-AG9015 erworben, an diesem nach ähnlichen Prinzip arbeitenden Exemplar werde ich auch noch so einige Studien treiben, "fürchte" ich ...

Grüße
Stefan Weigelt

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