Farbfernsehentwicklung in der DDR - RAFENA Hauszeitschrift

ID: 530894
Farbfernsehentwicklung in der DDR - RAFENA Hauszeitschrift 
21.Oct.19 00:46
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Franz Harder (D)
Redakteur
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Ergänzung zum Beitrag 'Farbfernsehentwicklung in der DDR'

In den zitierten RAFENA Servicezeitschriften wird die Entwicklung ihrer Farbfernsehgeräte beschrieben. Wenn man die Auszüge aufmerksam liest,  fällt auf, daß sich die Schaltungsdetails mit großer Wahrscheinlichkeit anfangs auf ein Farbfernsehgerät nach PAL Norm beziehen.

Der Verdacht erhärtet sich durch das Fehlen von SECAM spezifischen Details in den Beschreibungen, wie z.B. die Modulation mit FM und die Verwendung unterschiedlicher Trägerfreuenzen für die beiden Farbdifferenzsignale R-Y und B-Y. Lediglich der genannte 'Farbtöter' läßt eine Entwicklung in Richtung SECAM erahnen, denn dort wird auch bei schwarz-weiß Sendungen der Farbhilfsträger mit übertragen, was zu Bildstörungen führen konnte.

Interessant, denn bekanntlich wurde das ostdeutsche Farbfernsehen mit der Einführung im Oktober 1969 im System SECAM ausgestrahlt !

Abweichend zur osteuropäischen Norm (OIRT) mit einem Bild-Ton-Abstand von 6,5 MHz wurde aber hier ein Bild-Ton-Abstand von 5,5 MHz gemäß westeuropäischer Norm (CCIR) eingesetzt.
Damit war eine kleine Kompatibilität zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland erreicht, denn die Fernsehzuschauer konnten die Farbfernseh-Sendungen aus dem jeweils anderen Teil Deutschlands anfangs zumindest mit Ton und als schwarz-weiß-Bild verfolgen.
Mehrnormgeräte oder Nachrüst-Konverter wurden erst später angeboten.

Die RAFENA Informationen für den Fernseh-Kundendienst sind im Literaturfinder gelistet.

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Farbfernsehentwicklung in der DDR - RAFENA Hauszeitschrift 
23.Oct.19 15:18
204 from 1765

Wolfgang Lill (D)
Redakteur
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Wolfgang Lill

Sehr gehrter Herr Harder,

das PAL- System wurde von Walter Bruch im Dezember 1962 zum Patent angemeldet.

Das SECAM ( 1) System wurde ab 1961 entwickelt.

Bei der Farbfernsehentwicklung in der DDR handelt es sich um eine verbessertes NTSC_ System , die Entwicklung begann 1954 in Radeberg und gleichzeitig bei WF die Lochmaskenfarbbildröhren.

Die Umstellung des Tones in der DDR von OIRT auf CCIR erfolgte im Jahre 1956. Damit konnten auch die Zuschauer in Westberlin und im Grenzgebiet der BRD  das DDR- Fernsehen mit Ton empfangen. Andersherum mussten die DDR- Fernsehgerätebesitzer nicht mehr am Tonteil basteln.....

Die Regierung der DDR hatte erkannt, das es keinen Sinn macht mit der osteuropäischen Tonnorm zu arbeiten und zog die Notbremse ( die Kosten für die Umrüstung hielten sich noch in Grenzen) , zumal von DDR- Seiten damals die Wiedervereinigung auf der Tagesordnung stand. 

Mein Vater, der die tschechische Mittelschule besucht hatte,  war jedenfalls über die Umstellung nicht erfreut. Wir wohnten damals in Sebnitz und unser Rubens empfing den Tschechischen Sender Bukova Hora wie den Ortssender, aber nach der Umstellung eben ohne Ton. 

Aber dieses Problem löste der Fernsehmeister Lustig mit einem 1 MHZ Schwingkreis, und so hatten meine Eltern einen Zweinorm- Tonempfänger und konnten damals schon zwei Fernsehprogramme im letzten Winkel der DDR mit Ton empfangen. 

 

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Farbfernsehentwicklung in der DDR - RAFENA Hauszeitschrift 
25.Oct.19 09:47
323 from 1765

Franz Harder (D)
Redakteur
Beiträge: 241
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Ungeachtet historisch-politischer  Entwicklungen geht es hier um die technischen Unterschiede zwischen NTSC/PAL einerseits und SECAM andererseits. Die Formulierung im ersten Absatz '....auf ein Farbfernsehgerät nach PAL Norm ...' ist unvollständig und sollte eigentlich  '....auf ein Farbfernsehgerät nach NTSC/PAL Norm ...' lauten. Auch die zeitliche Abfolge der Entwicklung und Patenterteilung des PAL Systems wird nicht infrage gestellt.

Vielmehr ist, technisch betrachtet, auf den Unterschied von NTSC und dem weiterentwickelten späteren PAL einerseits, und dem konkurrierenden SECAM System andererseits hingewiesen. NTSC und später Pal mit einer Modulation der beiden Farbdifferenzsignale in AM stehen im Gegensatz zur FM Modulation dieser Signale bei SECAM und dienen erstmal als grobes Unterscheidungsmerkmal. Daher ist aus Beschreibung und Blockschaltbildern die NTSC Herkunft abzuleiten.
Die wesentliche Verbesserung von PAL gegenüber NTSC bestand bekanntlich in dem Phasenwechsel +/- 90 Grad aufeinanderfolgender Zeilen zur Korrektur von Farbfehlern (PAL = Phase Alternating Line).

Auf diesen technischen (politischen ?) Gesinnungswandel vor Einführung des ostdeutschen Farbfernsehens hinzuweisen war einzig die Absicht dieser Ergänzung - natürlich gab es 1961 noch kein PAL.

Gruß F.H.

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Ergänzender Hinweis zum 'Farbtöter' 
11.Nov.19 01:07
528 from 1765

Ingo Heidinger (D)
Redakteur
Beiträge: 102
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Damit nicht ein falscher Eindruck hängen bleibt: Herr Harder erwähnte in Post 1, daß der in der RAFENA Hauszeitschrift beschriebene 'Farbtöter' schon auf die Entwicklung in Richtung SECAM hinweist.

Tatsächlich ist der 'Color-Killer' (hat man damals wahrscheinlich platt so aus englischsprachigen Veröffentlichungen in 'Farbtöter' übersetzt) ein zentrales Element für Farbfernsehempfänger aller Farbsysteme. Als Begriff hat sich später auch noch 'Farbabschalter' etabliert.

Zitat aus "B. Morgenstern: Farbfernsehtechnik (B. G. Teubner, Stuttgart 1983)":

Der "Color-Killer" soll den Farbkanal sperren, wenn eine einwandfreie Farbwiedergabe nicht möglich ist. Drei Fälle sind hierfür denkbar:

  1. Es handelt sich um eine Schwarzweißsendung
  2. Es handelt sich um eine stark verrauschte Farbsendung
  3. Im Farbkanal liegt eine Störung vor.

Würde der Farbkanal nicht gesperrt, so gelangten Videoanteile mit Frequenzen oberhalb 3,5 MHz an die Synchrondemodulatoren und würden eine das Auge sehr stark störende Farbinformation bei Schwarzweißsendungen vortäuschen. Bei Farbsendungen mit kleiner Empangsfeldstärke wäre eine einwandfreie Synchronisation des Referenzoszillators (über den Burst) und damit die richtige Wiedergabe der Farbtöne nicht möglich.

An der Stelle im Buch wird nicht zwischen NTSC und PAL unterschieden. An anderer Stelle weist Prof. Morgenstern beim SECAM-System auf den von Herrn Harder schon erwähnten Umstand in etwas verschärfter Weise hin, daß der Farbhilfsträger auch bei unbunten Bildanteilen in einem ansonsten farbigen Bild nicht verschwindet, also im allgemeinen stärker sichtbar ist als bei NTSC (Stichwort: Halbzeilen-Offset) und PAL (Viertelzeilen-Offset).

Beispiel eines ICs aus den späten 70er Jahren mit integriertem Farbabschalter, der noch ein bißchen 'smarter' (siehe Beschreibung) agiert: TDA 2140

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