Fernsehen in der Tschechoslowakei

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Fernsehen in der Tschechoslowakei 
21.Jul.19 15:13
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Am 1.Mai 1953 beginnt in Prag das tschechoslowakische Fernsehen zu senden. Anfangs ist es nur im Großraum Prag zu empfangen. Der Bau weiterer Fernsehsender zieht sich lange hin. Das Netz an Fernseh-Grundnetzsendern – in jedem Bezirk (kraj) ein Sender hoher Leistung – ist am 26.November 1961 abgeschlossen. Denn an diesem Tag geht der definitive mittelböhmische Grundnetzsender auf dem Cukrák (Zuckerhut) südlich von Prag in Betrieb, der den ursprünglichen Sender auf dem Petřín (Laurenziberg) im Stadtgebiet voll und ganz ablösen soll.

Die tschechischen und slowakischen Fernseh-Grundnetzsender und das Datum ihrer Inbetriebnahme:

Mittelböhmen:

Praha-Petřín                                                     Kanal 1                                                 1.Mai 1953

Nordmähren:

Ostrava-Hošťálkovice                                    Kanal 1                                                 31.Dezember 1955

Westslowakei:

Bratislava-Kamzík                                          Kanal 2                                                3.November 1956

Südmähren:

Brno-Kojál                                                          Kanal 9                                                1.Januar 1959

Ostböhmen:

Hradec Králové-Krásné                                Kanal 6                                                1.Mai 1959

Südböhmen:

České Budějovice-Kleť                                   Kanal 2                                                1.Mai 1959

Westböhmen:

Plzeň-Krašov                                                    Kanal 10                                              9.Mai 1960

Nordböhmen:

Ústí nad Labem-Buková hora                     Kanal 12                                               11.Juni 1960

Mittelslowakei:

Banská Bystrica-Suchá hora                      Kanal 7                                                28.Oktober 1960

Ostslowakei:

Košice-Dubník                                                  Kanal 6                                                24.Februar 1961

Mittelböhmen:

Praha-Cukrák                                                    Kanal 1                                                 26.November 1961

                                                    

foto: Autor unbekannt , mit den damals typischen Schmetterlingsantennen

Die Schmetterlingsantenne des ersten Prager Fernsehsenders auf dem Aussichtsturm am Petřín. Zwischen den beiden Aussichtsplattformen sind mehrere Antennen für Richtfunkverbindungen befestigt – 

u.a. für die Programmzuführung aus dem Fernsehstudio in der Měšťanská beseda. Die Prager nennen ihren historischen Aussichtsturm „Eiffelovka“ (‚Eiffelturm‘). Der Turm ist beim Fernsehstart im Mai 1953 vorübergehend als Träger für die Antennen des Fernsehsenders gedacht, bleibt es aber tatsächlich beinahe 40 Jahre lang. Aufgrund von Baufälligkeit muss der Turm im Jahr 1980 für die Öffentlichkeit zwar gesperrt werden, er dient aber noch über weitere zehn Jahre als Annenträger des Fernsehsenders „Praha-město“ (‚Prag-Stadt‘). Im Jahr 1991 – zum 100.Jubiläum der „Jubilejní zemědělská výstava“ (‚Landesjubiläumsausstellung‘) – dürfen nach notdürftigen Instandsetzungsarbeiten erstmals wieder Besucher in den altehrwürdigen Aussichtsturm. Im Jahr 1999 wird er erneut gesperrt, zwei Jahre lang generalsaniert und schließlich am 24.März 2002 rundumerneuert wiedereröffnet.

Die Sendeantennen fürs Fernsehen werden nach der endgültigen Inbetriebnahme des neuen und 216 Meter hohen Fernsehturmes im Mahlerpark (Mahlerovy sady) in Praha-Žižkov

(Prag-Veitsberg), der am 3.Mai 1991 die Fernsehversorgung des Prager Stadtgebietes übernimmt, abmontiert. Aber es werden bald schon am Aussichtsturm am Petřín Sendeantennen für den UKW-Hörfunk angebracht.  Foto: Wolfgang Lill

In den 40 Jahren des Fernsehsender-„Provisoriums“ von 1953 bis 1991 werden immer wieder Vorschläge gemacht und Vorstöße unternommen für einen besseren und höher gelegenen Standort, um den gesamten Prager Kessel („pražská kotlina“) mit einem einwandfreien Fernsehsignal zu versorgen. Das Fernmeldeministerium („Ministerstvo spojů“) will jedoch beim Petřín bleiben und hier im Jahr 1975 einen 160 Meter hohen Stahlgittermasten aufstellen, um dort die Antennen für den städtischen Fernsehsender anzubringen. Das Fernmeldeministerium beharrt auf dem Standort Petřín, weil es den Pragern – vor allem wohl den Antennenbauern von „Kovopodnik Praha“ – eine Neuausrichtung der Fernsehantennen ersparen will. Gegen diesen Plan eines 160 Meter hohen Stahlgittermasten laufen jedoch die Denkmalschützer Sturm, die eine Verunstaltung des historischen Stadtbildes befürchten, und so wird für den definitiven Fernsehturm im Prager Stadtgebiet ein anderer Standort gesucht. Als neuer Standort kommen im Prager Stadtgebiet unter anderem der Park „Parukářka“ (‚Perückenmacherin‘ – heißt so, weil der frühere Eigentümer des Grundstücks Jan Hrabánek von Beruf Perückenmacher war), der Hügel „Bohdalec“, der „Šibeniční vrch“ (‚Galgenberg‘), die „Židovské pece“ (‚Judenöfen‘ – heißen so, weil dort Höhlen waren, in denen sich Juden vor gewaltsamen Ausschreitungen versteckt haben), der Tafelberg „Vidoule“, die „Dívčí hrady“ bzw. „Děvín“ (‚Mädchenburg‘ bzw. ‚Magdeburg‘) oder die „Pankrácká pláň“ (‚Pankratzer Hochebene‘) in Betracht. 

Mitte der 1980er Jahre kann man sich dann darauf einigen, den neuen Fernsehturm auf einem verwahrlosten alten jüdischen Friedhof zu bauen – an der Stadtteilgrenze von Vinohrady (Weinberge), aber schon in Žižkov (Veitsberg). Dieser historisch bedeutsame Friedhof wird Anfang der 1950er Jahren zum Teil aufgelassen und in „Mahlerovy sady“ (‚Mahlerpark‘) umbenannt – nach dem böhmischen und jüdischen Komponisten Gustav Mahler. Die Bauarbeiten für den neuen Fernsehturm beginnen dort am 24.November 1985.

               

Programmherstellung, Programmverteilung und Ausstrahlung an einem Ort: Modell des geplanten Fernsehzentrums mit Studios und Sendeturm in Prager Stadtteil Pankrác (Pankratz).

Aus: „Z antény rozhlasu a televize“ (‚Aus der Antenne des Hörfunks und Fernsehens‘, 1958).

                                

foto; unbekannt

24.November 1985: Grundsteinlegung für den neuen Prager Fernsehturm im Mahlerpark (Mahlerovy sady) im Stadtteil Žižkov. Der traditionelle deutsche Name dieses typischen Arbeiterviertels lautet „Veitsberg“ bzw. „Zischkaberg“ – nach dem hussitischen Heeresführer Jan Žižka von Trocnov. Selbst manche Prager sprechen bis heute von „Vítkov“, was auf den Svatý Vít, den Heligen Veit zurückgeht.

Ein derart auffälliges Bauwerk wie einen Fernsehturm in eine Stadt mit derart wertvoller historischer Bausubstanz und weltbekanntem Weichbild zu stellen, ist in jeder Hinsicht ein äußerst gewagtes Unterfangen. So werden im Vorfeld zwanzig verschiedene Bauformen diskutiert, u.a. die klassische ‚Nadel mit Apfel‘ („jehla s jablkem“) oder ein schlanker Hyperboloid. Trotz des Drucks der Radiokommunikationsverwaltung Prag („Správa radiokomunikací Praha“), die sich kostensparend mit dem üblichen Stahlbetonturm samt Kabine zufriedengegeben hätte, setzt sich ein weltweites und futuristisches Unikat durch: eine eher filigran anmutende und dabei stabile Konstruktion aus drei schlanken Säulen, die an eine startende Rakete erinnern. Um den vertikalen Eindruck nicht zu sehr dominieren zu lassen, werden neben dem antennentragenden Hauptturm zwei weitere Türme gebaut und zwischen ihnen Kabinen für Fernmeldetechnik und Besucher „gehängt“. Somit entsteht eine zweite, eine horizontale, Achse. 

                                               

Foto: Wolfgang Lill

                                               

foto unbekannt

Im Mahlerpark (Mahlerovy sady) entsteht der neue Prager Fernsehturm. Unter allen Fernsehtürmen der Welt ist er – aufgrund der politischen Umstände seiner Entstehung –

wohl bis heute der unbeliebteste. Die um hämische Bemerkungen selten verlegenen Prager schimpfen ihn „Husakův prst“ (‚Husaks Stinkefinger‘ – nach Staats- und Parteichef Gustáv Husák), „Jakešovy vidle“ (‚Jakeschs Heugabel“ – nach Parteichef Milouš Jakeš), „Žižkovský bajkonur“ (‚Veitsberger Bajkonur‘ – nach der sowjetischen Raketenabschussrampe in Kasachstan)…

Der erste Prager Fernsehsender auf dem Petřín (Laurenziberg) mitten im Stadtgebiet wird am 26.November 1961 von einer stärkeren und bedeutend höher gelegenen Anlage („TESLA TV I. 30/6“, Kanal 1 der OIRT-Norm) auf dem Cukrák (Zuckerhut) abgelöst. Der Cukrák (Zuckerhut) liegt südlich von Prag bei Zbraslav (Königsaal) zwischen der Mies bzw. Beraun (Berounka) im Westen und der Moldau (Vltava) im Osten. Der Cukrák und ist auch bekannt unter seinem älteren Namen „Kopanina“. Als am 26.November 1961 der neue Fernsehsender auf dem Cukrák eingeschaltet wird, zeigt sich, dass sich die für die Planung des Projekts Zuständigen gründlich verrechnet haben.

Denn in vielen Stadtteilen des von mehreren Höhenzügen durchzogenen Stadtgebietes von Prag ist der Empfang der neuen UKW- und Fernsehsender auf dem Cukrák – trotz seines fast 190 Meter hohen Antennenturms – stellenweise höchst mangelhaft! Die Feldstärke wäre für einen einwandfreien Empfang zwar ausreichend, aber wegen der Laufzeitunterschiede durch Spiegelungen des Signals an den vielen Erhebungen liefern viele Fernsehgeräte ein nur verzerrtes Bild, voll von sogenannten „Geisterbildern“. Kurzum: Der alte Aussichtsturm auf dem Petřín muss weiterhin als Antennenträger für einen Fernsehsender herhalten – „přechodně“ (‚vorübergehend‘), wie verlautbart wird.

Der alte Standort Praha-Petřín wird also zum neuen Standort „Praha-město“ (‚Prag-Stadt‘). Und weil ja nichts länger währt wie ein Provisorium, dauert dieser Zustand beinahe drei Jahrzehnte lang! Im Jahre 1992 endlich (die Grundsteinlegung war 1985!) kann als Nachfolger des alten Turms auf dem Petřín der neue, 216 Meter hohe und futuristisch anmutende Prager UKW- und Fernsehturm in den Mahlerovy sady (Mahlerpark) im Stadtteil Žižkov (Veitsberg) eröffnet werden. Bis heute können sich viele Prager mit diesem Fernsehturm nicht so recht anfreunden.

Man belegt ihn mit Schimpfnamen wie „Husákova raketa“ (‚Husáks Rakete – nach dem kommunistischen Parteichef Gustáv Husák), „Žižkovský kosmodrom“ (‚Veitsberger Raketenabschussrampe‘), „Biľakova jehla“ (‚Biľaks Nadel‘ – nach dem kommunistischen Chefideologen Vasiľ Biľak) und und und. Der Fantasie und Häme sind keine Grenzen gesetzt. Heikel ist auch, dass dieser neue Prager Fernsehturm auf dem Gelände eines jüdischen Friedhofs gebaut wird.

Das zieht wütende Proteste selbst aus dem Ausland nach sich. Nach Inbetriebnahme des neuen Fernsehturms sollte der historische Aussichtsturm auf dem Petřín als Senderstandort endgültig aufgegeben werden. Er sollte generalsaniert werden und den Pragern und Touristen endlich wieder als Aussichtsturm dienen. Nur ändern sich Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse grundlegend.

Und so konkurrieren im Raum Prag heute gut 40 öffentlich-rechtliche und private Radioprogramme um die Gunst des Publikums. Geeignete Standorte für UKW-Sender sind knapp, so muss der – mittlerweile sanierte – Aussichtsturm auf dem Petřín wieder als Träger für UKW-Sendeantennen herhalten. Allerdings kann jetzt jedermann auf den Turm steigen, vorausgesetzt man packt die enge Wendeltreppe mit ihren 299 Stufen.

foto; spravá radiokomunikací Praha

fotoDer mittelböhmische Standort Cukrák (Zuckerhut) südlich von Prag bei seiner Fertigstellung im Herbst 1961. Der Antennenträgerturm (Vollmetallturm) ist knapp 190 Meter hoch. Bei der Suche nach einem Standort für den mittelböhmischen Grundnetzsender für Fernsehen und UKW-Hörfunk Ende der 1950er Jahre sind zwei Gesichtspunkte ausschlaggebend: Der Hochleistungssender darf nicht im Stadtgebiet stehen und es muss eine direkte Sichtverbindung bestehen zum Prager Fernsehzentrum auf den Dohlenbergen (Kavčí hory) sowie zur Richtfunk-Kopfstation in Strahov (Strohhof).

Eigentlich heißt die 411 Meter hohe Erhöhung – der letzte Ausläufer der Brdská vrchovina (Brdy-Bergland) zwischen der Moldau (Vltava) im Osten und der Mies (Berounka) im Westen, bevor er in den Prager Kessel abfällt – „Oseka“ bzw. Kopanina“, sie ist aber unter dem Namen „Cukrák“ (Zuckerhut) bekannter. Wie der Berg zu diesem Namen kommt, darum ranken sich mehrere Anekdoten.

Die eine erzählt davon, dass sich einst die schneidigen Burschen aus den umliegenden Dörfern in die Wälder an der Kopanina verzogen haben, um dort ihre Liebste zu „zuckern“ – auf Tschechisch: „cukrovat“. 

Nach einer anderen Anekdote geht der Name „Cukrák“ auf einen wackeren Feldwebel der kaiserlich-königlichen österreichisch-ungarischen Armee zurück. Beim Blick auf die Landkarte und den Berg soll er seinen Adjutanten gefragt haben, wie diese Erhebung denn hieße. Und auf die Antwort „Kopanina“ soll der k & k Feldwebel verwundert, entrüstet und zackig entgegnet haben: „Aber das ist doch ein Zuckerhut!“ – auf Tschechisch: „cukrák.

Der Fernsehsender auf dem Cukrák („TESLA I. TV30/6“, Kanal 1) sorgt im Mai 1963 bei den Fernsehzuschauern in Prag und Mittelböhmen für eine heftige Welle der Entrüstung. Ausgerechnet als der Westernklassiker „12 Uhr mittags – High Noon“ mit Gary Cooper als Marshall Will Kane und Grace Kelly als seine junge Ehefrau Amy Kane gesendet wird, gerade als die Handlung ihrem Höhepunkt zusteuert, brennt im Modulator des Fernsehsenders das dünne Drähtchen eines Widerstandes durch. „Zack, peng!“ – Der Sender fällt aus. Die enttäuschten Fernsehzuschauer machen ihrer Wut in unzähligen Anrufen beim Fernsehen und in Briefen Luft. So wird der Film wiederholt.

Und die Radiokommunikationsverwaltung zieht ihrerseits Konsequenzen: An allen Grundnetzsendern wird ein baugleicher zweiter Fernsehsender aufgebaut. Sollte der eine ausfallen, kann der andere sofort einspringen und die Programmausstrahlung übernehmen. Am Cukrák ist ein zweiter „TESLA I. TV30/6“ am 1.März 1964 betriebsbereit.

In den Jahren 1974 und 1975 wird der Standort generalsaniert.

                                   

Eine historische Aufnahme: der Vollmetallturm mit seinen „Windbrechern“ auf dem Cukrák aus der Nähe.​ radiokomunikace Praha

              

Artikel in Amaterske Radio 1/ 1962

Über das Bild vom Cukrák. Oder: Nichts wird so heißt gegessen, wie es gekocht wird (auch in Prag).‘

Die Zeitschrift „Amatérské radio“ schreibt (Nr. 1/1962) über die Inbetriebnahme des Fernsehsenders am mittelböhmischen Standort Cukrák bei Prag. Unter anderem erwähnt der Artikel die Verärgerung

vieler Prager, da der Kanal 1 vom bisherigen Fernsehsender auf dem Petřín an den neuen Hochleistungssender auf dem Cukrák gegangen ist. Der Petřín sendet als zusätzlicher Versorgungssender jetzt im Kanal 7. Aufgrund der Änderungen von Standorten und Kanälen müssen viele Prager ihre Antennenanlage neu einrichten, was für Kosten und Verärgerung sorgt. Die hohen Feldstärken des neuen Senders auf dem Cukrák erzeugen im zerklüfteten Prager Stadtkessel an vielen Stellen durch Reflexionen Verzerrungen und Geisterbilder.

Allgemein aber ermöglichen die günstigen Ausbreitungseigenschaften der ultrakurzen Wellen im Fernsehkanal 1 der OIRT-Norm und die hohe Strahlungsleistung von etwa 200 kW ERP den Fernsehempfang vom Cukrák noch in Liberec (Reichenberg), Varnsdorf (Warnsdorf), Špindlerův Mlýn (Spindlermühle), Klatovy (Klattau) und weiter bis nach Ostbayern in den Bayerischen Wald.

Eigentlich – so der Artikel weiter – sollte der Fernsehsender am Cukrák („TESLA I. TV30/6“) – am 1.November 1962 in Betrieb gehen. Da aber zu diesem Zeitpunkt nicht genügend Empfangsantennen zu haben waren, musste der Termin auf den 25.November 1962 verschoben werden. Damit wollte man den Fernsehzuschauern Zeit zu geben, umzurüsten.

Die Zeitschrift „Amatérské radio“ (Nr. 1/1962) erwähnt im Artikel über die Inbetriebnahme des Fernsehsenders am Cukrák die beiden dort aufgeschalteten neuen UKW-Sender („TESLA FM4“). Das Bild oben rechts zeigt das Bedien- und Kontrollpult für die UKW-Sender, das Bild unten in der Mitte zeigt einen „TESLA FM4“.

          Station                                     Endstufe           Frequenz                Programm           Inbetriebnahme

Die tschechischen UKW-Sender Ende 1963. Aus: „Od historie k současnosti“. 25 let Správy rádiokomunikací. 35 let Československé televize.

65 let Československého rozhlasu” (‚Von der Historie zur Gegenwart. 25 Jahre Radiokommunikationsverwaltung Prag.

35 Jahre Tschechoslowakisches Fernsehen. 65 Jahre Tschechoslowakischer Rundfunk.‘) von Ing. Jiří Seger (1988). 

Am 6.März 1972 beginnt vom Sender Cukrák offiziell die Ära des Stereorundfunks in der ČSSR. Denn am 6.März 1972 wird der polnische UKW-Stereosender vom Typ „ZARAT NRU6 B“ auf 68,96 MHz in Dienst gestellt. Er verbreitet den „Třetí program“ (‚Drittes Programm‘), der am 4.September 1972 in „Vltava“ (‚Moldau‘) umbenannt wird. Erst ab dem 1.Juli 1982 sendet der Cukrák alle drei Hörfunkprogramme. Denn dann sind dort drei UKW-Sender vom Typ („ZARAT NRU10“, 60 kW ERP) in Betrieb, die auf 66,83 MHz in Stereo das föderale Programm „Hvězda“ (unterbrochen vom Autofahrerprogramm „Zelená vlna“ – ‚Grüne Welle‘ am Freitag – und Sonntagnachmittag), auf 68,96 MHz in Stereo das tschechische Kulturprogramm „Vltava“ (‚Moldau‘) und auf 70,85 MHz in mono das tschechische Nationalprogramm „Praha“ (unterbrochen von den Regionalsendungen für Mittelböhmen und den Regionalsendungen für die Hauptstadt Prag) verbreiten.

                                                   

Grüne Welle des Sterns. Ein Dienst der VB und des Tschechosl. Rundfunks für Motoristen. Freitag 15.00-19.00 Uhr. Sonntag 16.00-20.00. MW – 1070 kHz   UKW – 66,83 MHz‘

                        

Einblicke in den UKW- und Fernsehsender „Střední Čechy“ (‚Mittelböhmen‘) auf dem Cukrák.​

               

Der Vollmetallturm auf dem Cukrák nach seinem Umbau in den Jahren 1974 und 1975. Für die Antennenfelder des Senders des zweiten Fernsehprogramms war kein Platz mehr. 

Also muss der Mast aufgestockt werden, jetzt ist er 193,5 Meter hoch.

                                    

Er wiegt 2 000 000 Kilogramm. Sein Durchmesser ist ganz unten 16 Meter, nach oben verjüngt sich der Turm.  

Der Sender für das zweite Fernsehprogramm wird am 6.November 1975 aufgeschaltet, er arbeitet im Kanal 26 mit annähernd 1 000 kW ERP.

                     

Praha-Strahov: Kopfstation der Richtfunkverbindungen für Hörfunk und Fernsehen. Rechts der Leitungssternpunkt der OIRT. Die Kopfstation hat freie Sicht zum Cukrák.​

Ein neues Kapitel in der Geschichte des tschechoslowakischen UKW-Hörfunks wird am 1.Dezember 1984 aufgeschlagen – am Cukrák. Denn der vollständige Übergang von der OIRT- auf die CCIR-Norm beginnt – zögerlich, aber immerhin. An jenem 1.Dezember 1984 schaltet die Radiokommunikationsverwaltung Prag („Správa radiokomunikací Praha/SRP“) in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Fernmeldetechnik („Výzkumný ústav pro sdělovací techniku A. S. Popova/VÚST“) auf dem Cukrák südlich von Prag einen CCIR-UKW-Sender ein. Dieser Sender geht am 1.März 1985 in Dauerbetrieb und überträgt das populäre föderale Radioprogramm „Hvězda“ (slowakisch: „Hviezda“). Zuvor war auf dem Cukrák eine auf Eis liegende polnische Sendeanlage vom Typ „ZARAT NRU6 B“ mit einem ARI-Koder ergänzt und auf die Frequenz 102,5 MHz abgestimmt worden. Man wollte in Feldversuchen die Funktionsweise des „ARI“-Systems testen. Am 15.Januar 1987 wird in der ČSSR dann „ARI“ offiziell eingeführt, allerdings über die OIRT-UKW-Sender von „Hvězda“. Der „ZARAT NRU6 B“ auf dem Cukrák arbeitet auf 102,5 MHz zunächst mit einer Leistung von nur 2 kW, ab März 1985 mit seiner vollen Ausgangsleistung von 6 kW. Die CCIR-UKW-Sendeantennen befindet sich anfangs nicht am rund 190 Meter hohen Hauptturm, sondern sie sind an einem etwa 60 Meter hohen Behelfsmasten montiert. Die Aufschaltung dieses CCIR-UKW-Senders führt bei vielen Radiohörern in Prag und Umgebung zu massiver Verärgerung: Zahlreiche für den Fernempfang schwach einfallender CCIR-UKW-Signale ausgelegte Antennenanlagen übersteuern aufgrund der hohen Feldstärke des neuen Senders in unmittelbarer Nähe und beeinträchtigen den Empfang der deutschen bzw. österreichischen Sender – oder machen ihn ganz unmöglich. Für den (Fern-) Empfang dieser Sender – vor allem wollte man „B3“ aus München und „Ö3“ aus Wien hören – haben nicht wenige Prager erhebliche Mittel in hochwirksame Richtantennen und Antennenverstärker investiert. In der Zeitschrift „Amatérské Radio“ (Nummer 6/1985) wird festgestellt, dass das Signal vom Cukrák in den Prager Stadtteilen Prosek (Prossek) und Žižkov (Veitsberg) um 60 dB stärker, im Stadtteil Modřany (Modran) sogar bis zu 80 dB stärker ist als das Signal der einfallenden ausländischen Sender. Auf der anderen Seite: Auf den Höhenzügen des Bayerischen Waldes ist auf 102,5 MHz auf einmal „Hvězda“ zu hören.

Vielen Dank an Herrn Strassmann, ehem. Radio Prag, deutsche Redaktion für den Artikel. Leider sind die alten Fotos nicht besser zu machen. 

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.