Frage an einen Röhrenspezialisten

ID: 31631
Frage an einen Röhrenspezialisten  
09.Sep.04 19:12
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Peter Steffen (CH)
Beiträge: 226
Anzahl Danke: 16
Peter Steffen

Ich habe in meiner Bastelkiste von früher eine neue noch in der Originalschachtel zugeklebte Endröhre Typ 47 gefunden. Diese läuft auch super in meinem Echophone 60, jedoch habe ich gesehen dass diese oben drin ganz leicht bläulich leuchtet.
Frage: was könnte mit dieser Röhre passieren, wird sie nach wenigen Stunden den Geist aufgeben oder was ist zu erwarten.

Sammlergrüsse Peter

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Frage an einen Röhrenspezialisten  
09.Sep.04 19:30

Wolfgang Bauer (A)
Beiträge: 2318
Anzahl Danke: 18
Wolfgang Bauer

Hallo Herr Steffen.

bläuliches Leuchten in einer Röhre deutet immer auf ein schlechtes Vakuum hin. Die Luftmoleküle werden durch die aufprallenden Elektronen ionisiert, was das Leuchten hervorruft.
Das heißt, die Röhre wird heisser als normal und wird nicht allzulange leben. Außerdem muß sie von irgendwo Luft ziehen, meistens bei den Anschlußstiften oder Anschlußdrähten.

MfG. Wolfgang Bauer

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09.Sep.04 20:49

Jacob Roschy (D)
Moderator
Beiträge: 1772
Anzahl Danke: 19
Jacob Roschy

Hallo Herr Steffen,

wenn das bläuliche Leuchten nur so ganz leicht ist, wie Sie schreiben, ist das fast schon normal. Bei Röhren, die so lange gelagert waren, haben sich aus den inneren Metallteilen Gasreste herausgelöst, die das Vakuum meistens nur leicht verschlechtern und die Röhren arbeiten normal.

Um sicher zu gehen, sollten Sie den Anodenstrom messen. Dieser wäre 31 mA für diese Röhre. Achten Sie während der Messung darauf, dass der Anodenstromkreis nicht unterbrochen wird, da sonst das Schirmgitter überlastet wird.

Weniger gefährlich ist es, in der gemeinsamen + Leitung für Anode und Schirmgitter zu messen. Dann müssten sie den Gesamtstrom von Anode und Schirmgitter = 31 + 6 = 37 mA messen.

Wenn diese Werte in etwa stimmen, besteht keine Gefahr.

Sollte es deutlich mehr sein, können Sie versuchsweise den Gitterableitwiderstand (vom g1 meist nach Masse) überbrücken und dabei wieder den Strom beobachten. Deutliche Stromänderungen weisen dann auf schlechtes Vakuum hin.

MfG JR

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in den öffentlichen Teil versetzt 
09.Sep.04 21:46

Ernst Erb (CH)
Ratsmitglied
Beiträge: 5740
Anzahl Danke: 15
Ernst Erb

Danke den beiden Antwortern - und so rasch. Frage und Antowrten dazu sind so, dass ich das in den öffentlichen Teil verschoben habe. Bitte: Wenn Sie konkrete Sachfragen haben, auf die Sie eine Fachantwort wünschen, dann bitte die Frage im entsprechenden Fachboard stellen. Wir wollen ja nicht, dass solche Antworten im "Talk" nach unten verschwinden, sondern dass man bei Bedarf im entsprechenden Board oder über den SEARCH dazu kommt.

Und: Ganz allgemein die Frage bitte erst dann formulieren, wenn Sie mit Stichworten über den SEARCH nichts gefunden haben.
In diesem Fall hätte man mit "blaues Leuchten" den folgenden Thread bekommen:
http://www.radiomuseum.org/dsp_forum_post.cfm?thread_id=7627

Es geht aber nur um das Prinzip, denn Herr Steffen hat vielleicht nach anderen Begriffen gesucht - und nun sind diese ebenfalls auffindbar - und nun auch mit dem ersten Thread verlinkt.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie rasch gut formulierte Fragen in unserem Forum zur GUTEN Beantwortung kommen. Danke den Redakteuren.

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Frage an einen Röhrenspezialisten  
09.Sep.04 21:46

Peter Steffen (CH)
Beiträge: 226
Anzahl Danke: 19
Peter Steffen

Vielen Dank Ihnen beiden für die Antworten, den Anodenstrom werde ich übers Wochenende einmal nachmessen.

Grüsse

Peter Steffen

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12.Sep.04 15:38

Peter Steffen (CH)
Beiträge: 226
Anzahl Danke: 26
Peter Steffen

Hallo Herr Roschy,

nun ich habe den Anodenstrom der Röhre nachgemessen, er beträgt zwischen 31,44 und 31,67mA.
Könnte es auch sein, ich habe unter Röhren auch noch gelesen, dass man die Röhren welche lang gelegen haben zuerst Einbrennen soll, also nur die Heizung alleine zuerst laufen lassen.
Denn es ist etwas merkwürdiges passiert, das leuchten hat nämlich nach ca. 2 Std. Betrieb aufgehört und ist nach späterem einschalten auch nicht mehr gekommen. Den Strom hatte ich gemessen als es noch leuchtete.
Zum Glück habe ich es am Anfang noch Fotografiert sonst würde mir das keiner glauben. Man sieht es auf der linken Seite ( es war etwas schwierig zum Aufnehmen, da die Helligkeit des Heizfadens überwog )

Grüsse
Peter Steffen



Anlagen:

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12.Sep.04 17:32

Jacob Roschy (D)
Moderator
Beiträge: 1772
Anzahl Danke: 19
Jacob Roschy

Hallo Herr Steffen,

mit diesen Werten ist ja alles bestens, alles im grünen Bereich.

Über das "Einbrennen" von Röhren gibt es aus der Ecke der High-End- Esoteriker (Audiophools) die abenteuerlichsten Meinungen, von denen ich meistens nichts halte.

Über die Glaubwürdigkeit des blauen Leuchtens brauchen Sie nichts zu befürchten, das ist jedem bestens bekannt, der öfter mit Röhren zu tu hat. Es gibt sogar Leute, die enttäuscht sind, wenn eine Röhre nicht blau leuchtet, bzw. suchen absichtlich leuchtende aus.

MfG JR

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12.Sep.04 18:05

Peter Steffen (CH)
Beiträge: 226
Anzahl Danke: 17
Peter Steffen

Hallo Herr Roschy,

nochmals besten Dank für die Fachmännische Beratung.

Apropos High-End, ich baue mir gerade einen Röhrenverstärker und bin mir über das Design noch nicht im klaren und deshalb noch eine Frage:
spielt die Einbaulage der Röhren, in meinem Fall ECC82 und 6550A eine Rolle?


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Erfahrungen mit leuchten und einbrennen 
12.Sep.04 21:22

Harald Pohlmann (D)
Beiträge: 107
Anzahl Danke: 17
Harald Pohlmann

Dass nach einer Einbrennphase das Leuchten schwächer wird kenne ich aus eigener Erfahrung. Es soll daran liegen dass das Gettermaterial bei höherer Temperatur besser mit den Gasteilchen reagiert und diese dann binden kann. Dem Rat eine Röhre im Backofen zu erhitzen um den Getter zu aktivieren, bin ich leider einmal mit Misserfolg nachgegangen.Nach langsamem erwärmen bis auf etwa 120 Grad hatte sich nach einigen Stunden die Getterschicht deutlich verändert. Sie war blasser und durchscheinend geworden. Die Leistung der Röhre war jedoch so schlecht geworden, dass sie unbrauchbar war. Wahrscheinlich hatte sich bei der höheren Temperatur die Undichtigkeit vergrößert. Nach einigen Tagen war die Röhre dann endgültig taub.

Interessant ist auch eine blaue Floureszenz auf der Anode. Bei vielen Endröhren kann man durch Löcher im Anodenblech ins Innere sehen. Dort sieht man je nach Ansteuerung einen unterschiedlich breiten Schatten der Gitterdrähte. Ein Effekt vergleichbar mit dem magischen Auge.

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Einbrennen, Probleme des Anwenders, Esoterik 
12.Sep.04 21:47

Detlef Boeder (D)
Beiträge: 345
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Detlef Boeder

Hallo Herr Roschy und Steffen,

je nach Hersteller und technische Gegebenheit im einzusetzenden Gerät (z.B. hohe Anodenspannung) ist es durchaus ratsam, "frische" Röhren nicht gleich voll zu belasten.
Erst beginnt man bei einer lange gelagerten Leistungsröhre erstmal mit kleinerer Anodenspannug und hoher neg. Gittervorspannung und nähert sich schrittweise dem vollen Prüfarbeitspunkt an.
Wenn Gasreste zu hoch sind, kann es bei direktem Einschalten im Endgerät mit hoher Anodenspannung vorkommen, daß die Röhre "durchzündet". In dem Bereich wo es in Herrn Steffens Bild blau ist, kann sich ein Lichtbogen ausbilden. Meist passiert das aber eher im Innern und Gitterdrähte schmelzen ab.

Die Röhrenprüfung kann man freilich schön ansehen, wenn man ein großes Rö-Prüfgerät wie ein Neuberger RPM 370 etc., oder sich selber entsprechende Hilfsmittel gebaut hat.
Hat man die nicht und Verdacht, kann man in der Tat die entsprechenden z.B. Leistungsendstufenröhren erstmal eine ganze Weile nur mit eingeschalteter Heizung laufen lassen. Anoden- und Schirmgitterspannung freischalten!
Dies ist aber noch nicht das Einbrennen, das Herr Steffen wahrscheinlich meinst. Dieses ist eigentlich eine Prüfung, die der Hersteller der Röhren schon machen sollte.
Sie dient dazu, die Röhren thermisch zu stabilisieren - sie künstlich zu altern.
Macht er dies gut, kommen ideal nur Röhren mit gleichen Eigenschaften in den Handel.
Die bedeutet für mich ideal, wenn ich eine "Neue" Röhre einsetzte und ich stelle z.B. 90mA Ruhestrom ein, dann soll dieser Strom sich praktisch nicht mehr wesentlich verändern.
Auch nächste Woche und in zwei Monaten nicht.
Dies jetzt bezogen auf einen Endverstärker mit separater Gittervorspannungserzeugung/Einstellung.
Unkritischer ist dies bei unseren normalen Radioendstufen mit autom. Gittervorspannungserzeugung und Eintakt-A.
Bei Gegentaktendstufen mit zwei, vier oder auch acht Endstufenröhren ist es ideal, wenn man davon ausgehen kann, das alle Röhren gleiche elektrische, mechanische und thermische Eigenschaften aufweisen. Die Schaltungszweige für die positive und für die negative Halbwelle sollen möglichst gleich sein. Eine Komponente ist da eben auch die Röhrenauswahl. Wenn ich da schon qualitativ sicher vorab sein kann - umso besser für mich als Selbstbauer.
Deshalb kosten richtig ausgesuchte - neudeutsch "matched pairs"  Paare, Quartette, Sextette etc. auch mehr.
Noch ein Schritt davor ist, wenn man vor diesem matchen nur Röhren aus gleicher Produktionscharge verwendet. Deshalb sind auch z.B. Ebay Angebote "begehrter", wenn ersichtlich ist - z.B. "vier Röhren EL34 mit gleicher Uxxxxxx Nummer", da diese Röhren die gleichen Halbzeugbleche und Gitterdrähte enthalten etc.
Dieses Kaufverhalten  hat durchaus auch seine Begründung.
Ich kenne einen Fall bei EL34, wo Schirmgitterdrähte einfach dünner waren als erlaubt. Diese glühten dann, wo reguläre in den 50ern produzierte Röhren sogenannte NOS = New Old Stock keine Probleme machten.

Ich sage mal, alle Ansichten sind richtig, es kommt wie gesagt stets auf den jeweiligen Verwendungszweck und ob dies für meine Anwendung wichtig ist.

Der Zauber beginnt m. M. da, wo die wahrscheinlich von Ihnen erwähnten Leute auf die "blau leuchtenden Röhren" stehen. Solch Leute verwenden sogar extra Gasgleichricherröhren, da die dann im Takt der Stromentnahme bei Bassimpulsen stärker leuchten.
Ansonsten gibt tatsächlich auch z.B. KT88 (Ruby tubes) mit blauen oder roten gefärbten Glaskolben.

Gruss
DeBo

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12.Sep.04 21:41

Jacob Roschy (D)
Moderator
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Jacob Roschy

Hallo Herr Steffen,

für Vorstufenröhren wie die ECC82 gibt es keine Einbauvorschrift. Bei Hochleistungs- Röhren wie die 6550A ist bei horizontalem (liegendem) Einbau zu achten, dass die Gitterhaltestäbe in der Röhre senkrecht übereinander stehen, so dass die Elektronenaufprallstellen der Anodenbleche seitlich liegen.

Bei direkt geheizten Röhren (Gleichrichter- + Endröhren) gelten besondere Vorschriften bei horizontalem Einbau. Hier muss die Röhre so angeordnet werden, dass die Heizfäden nicht gefährlich zu anderen Elektroden hin durchhängen.

MfG JR

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Erfahrungen mit leuchten und einbrennen 
12.Sep.04 21:48

Peter Steffen (CH)
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Peter Steffen

Danke auch Ihnen Herr Pohlmann, für Ihre Antwort, das verändern des Leuchtens mit der Musik konnte ich tatsächlich ebenfalls feststellen.

Grüsse

Peter Steffen

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Einbrennen, Probleme des Anwenders, Esoterik 
12.Sep.04 21:54

Peter Steffen (CH)
Beiträge: 226
Anzahl Danke: 23
Peter Steffen

Danke auch Ihnen Herr Boeder und Herr Roschy für die ausführlichen Informationen

Grüsse

Peter Steffen

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Einbrennen im Ofen 
13.Sep.04 15:20

Reinhard Bittner (D)
Beiträge: 100
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Lassen Sie mich zum Abschluß noch eine Bemerkung zu Herrn Pohlmanns Erfahrungen zur Ofenregenration machen. Das Getter dient dazu, durch Verdampfen Gasreste einzufangen und dann im Getterspiegel zu binden. Damit letzterer entsteht, muß natürlich ein Niederschlagsbereich vorhanden sein, der kälter als die Verdampfungsstelle ist, wie zB bei einem Kochtopf mit Deckel. Bei vielen Picoröhren kann man sehen, daß der Getterbehälter eine runde geschlossene Rinne ist. Dies diente dazu, den Ring selektiv mittels Induktion zu erhitzen. Früher hat man dazu gerne das ganze Anodenblech benutzt. Das Getter schlägt sich dann am kälteren Glaskolben nieder. Durch Erhitzen einer Röhre im Ofen erreicht man vereinfacht gesagt ergo so ziemlich das Gegenteil. Man dampft den Getterspiegel ab, eventuell gebundenes Gas wird z.T. frei und das abgedampfte Getter vom Spiegel schlägt sich irgendwo im System nieder.

Man kann eine lufthaltige Röhre schon einbrennen, aber dazu sollte man idealerweise jemanden kennen, der einen Induktionsofen in der Küche hat, oder man könnte sich ein entsprechendes Equipement auch selber bauen. So man den Aufwand nicht scheut. Allerdings ist ein Erfolg auch dann nicht sicher, so ein Getterring oder auch ein Anodenblech ist auch schnell überhitzt, was die Röhre auch nicht wirklich zu schätzen weiß...

MfG

Reinhard

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"Entgasen" von Röhren  
13.Sep.04 21:52

Jacob Roschy (D)
Moderator
Beiträge: 1772
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Jacob Roschy

Röhren mit schlechtem Vakuum haben die Eigenschaft, mit zunehmender Erwärmung das Steuergitter positiv aufzuladen.

Über dem Gitterableitwiderstand entsteht dadurch eine Spannung, die der negativen Vorspannung entgegen wirkt. Dieser Vorgang schaukelt sich allmählich hoch, bis die Röhre einen enorm hohen Strom aufnimmt. Röhren in diesem Zustand sind also unbrauchbar.

Ein Hobbykollege von mir hat eine Methode entwickelt, solche Röhren wieder gängig zu machen, also zu "Entgasen". Hierzu betreibt er die Röhren für ca. 5 min. mit extremer Überlast, mit glühender Anode und Schirmgitter und ggf. Überheizung.

Bei dieser Prozedur enstehen außer dem Glühen noch blaue und grüne Leuchterscheinungen, so dass man glaubt, die Röhre würde jeden Moment abheben, was auch passieren könnte, wenn man dabei nicht wachsam ist und sofort die Spannung wegnimmt, sobald es gefährlich wird.

Dieser Vorgang steht im Gegensatz zur Logik, da man denken sollte, bei glühenden Elektroden werden erst recht Gase frei gesetzt.

Der Erfolg gibt der Sache aber recht. Auch für mich hat der Kollege einige Röhren gerettet, die ich als hoffnungslose Fälle abgeschrieben hatte.

MfG JR

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