Indoor-Dipole für UKW-Empfang

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ID: 370264
Indoor-Dipole für UKW-Empfang 
06.Feb.15 19:36
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Martin Steyer (D)
Redakteur
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Martin Steyer

Innenraum-Dipole für UKW

Bekannt sein dürften die Dipolantennen aus Bandkabel. Diese gibt es preiswert bei der Fa. Pollin (Bestell-Nr. 570 152), der abgebildete Innendipol mit einem Koaxstecker kostet gerade mal 1,30 €. Nur am Rande erwähnt werden soll, daß sich einige schlaue ebay-Händler dort eingedeckt haben. Am Ende werden zwei Bananenstecker montiert und schon kostet das Ding zwischen 7,95 und 9,95 €, zuzüglich Versand, versteht sich.

Leider ist die Pollin-Version nicht besonders praxisfreundlich, denn die Leiter bestehen nur aus wenigen, dünnen Litzendrähten. Ich habe einen solchen Pollin-Dipol auf dem Dachboden (nur ausgebaut mit Mineralwolle und OSB-Platten, keine Alu-Folie!) montiert. Er befindet sich oberhalb meines Werktisches und bringt an einem gut abgeglichenen Super der 50er-Jahre zwischen 87 und 100 MHz ca. 18 terrestrische Sender bis ca. 150 km Entfernung. Leider brechen die dünnen Drähte am Bananenstecker leicht ab, wenn man das Reparaturobjekt wechselt und öfter die Stecker ein- und aussteckt. Deshalb lohnt sich diese Ausführung nur, wenn die Stecker fest im Gerät bleiben. Das Empfangsdiagramm sieht so aus:

Viel einfacher geht es, wenn man den Dipol aus Netz-Zwillingslitze ausführt. Diese Litze (früher hieß die NYFAZ) hat einen Wellenwiderstand von ca. 70 Ohm, was hervorragend zur Impedanz eines offenen Dipols paßt. Man splittet das Doppelkabel auf 2 x 80 cm auf und befestigt die Enden an der Wand, das restliche Kabel wird als Antennenzuleitung genutzt. Im Vergleich zu dem oben genannten Bandkabeldipol komme ich zu den gleichen Empfangsergebnissen. Die Fehlanpassung der 70 Ohm gegenüber den nominellen 300 Ohm der Radioeingänge spielt offensichtlich kaum eine Rolle.

Leider liegen manche Sender in Verlängerung der Längsachse in den Nullstellen des Dipols und kommen daher wegen Reflexionen und Phasenfehlern nur verzerrt an. Das läßt sich meist dadurch beheben, daß die Hälfte jedes Astes, also nach 40 cm, senkrecht nach unten abgeknickt wird.

Dadurch verschwinden die tiefen Nullstellen und das Diagramm sieht jetzt so aus:

Es empfiehlt sich also immer, diese Montage zu wählen. Der Empfangsverlust in der Hauptebene liegt bei < 0,5 dB (!).

Unsere Konstruktionsingenieure der 50er Jahre haben so ja auch schon die Gehäusedipole aus Alu-Folie eingebaut, wobei in der Mitte noch eine elektrische Verlängerung (für die mechanisch zu kurzen Dipole) durch eine Induktivität vorhanden ist. In den meisten Fällen ist der vorher verzerrte Empfang durch das Abknicken der Enden verschwunden. Ganz ähnlich sieht das Diagramm aus, wenn man in der Horizontalebene bleibt und die Hälfte im 45°-Winkel abknickt („Hirschgeweih“). Solche Dipole gab es ja auch in der glorreichen Anfangszeit des UKW-Rundfunks als Faltdipol-Ausführung zu kaufen. Sie hatten keineswegs den damals angepriesenen Rundumempfang!

 

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Dachboden-Antennen 
08.Feb.15 15:23
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Adalbert Gebhart (CH)
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Hallo Herr Steyer

Ihr Verweis auf eine einfache Lösung hat mich sehr gefreut.

Ich plane auch, mir eine solche UKW-Antenne auf dem Dachboden zu installieren. Ansonsten wird unser Haus nämlich nur über Kabel versorgt.
Ich will auch keine aufwändige Antennenanlage, sondern nur den Empfang im Keller zur Restauration von altem Gerät etwas verbessern.

Allerdings müsste ich dann mit der NYFAZ Leitung durch vorhandene Leerrohre an Stromkabeln vorbei durch OG und EG in den Keller, wo ich meine Werkstatt habe.
Gefühlsmässig würde ich da wegen Störeinflüssen lieber mit Koaxkabel runtergehen.

Spricht etwas dagegen, den Dipol auf dem Dachboden über einen Balun an ein Koaxkabel anzuschliessen? Ausserdem würde ich dann dort gerne auch eine einfache MW und KW Antenne anbringen. Könnte man die über dasselbe Koaxkabel nach unten führen? Und wie müsste dann die Übergangsstelle oben und unten aussehen?

Ich habe leider sehr wenig Erfahrung mit Antennen und wäre für einen Tippdankbar.

Grüsse Adalbert Gebhart

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Koax-Kabel-Anschluß 
08.Feb.15 17:54
281 from 10650

Martin Steyer (D)
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Martin Steyer

Hallo Herr Gebhardt,

die beschriebenen Lösungen sind nur für kurze Wege geignet, bzw. da, wo das Kabel frei verlegt werden kann. Bei Ihrer Situation muß auf jeden Fall mit Koaxkabel gearbeitet werden. Bei einer Selbstbau-Lösung bietet es sich an, einen echten Faltdipol auf einer Holzlatte zu montieren. Dazu werden vier Nägel oder Schrauben im horizontalen Abstand von 160 cm und vertikalen Abstand von 2 cm angebracht. Darum wird ein Draht mit mindestens 2 mm Innenleiter gelegt und in der Mitte des so gebauten Faltdipols eingespeist.

Man benötigt aber jetzt einen Balun, der die 300 Ohm symmetrisch des Faltdipols auf die 75 Ohm unsymmetrisch des Koaxkabels symmetriert. Dasselbe muß unten nochmal umgekehrt angeschlossen werden, um wieder von den 75 auf die 300 Ohm zu kommen.

Diese Übertrager waren früher in jeder Fernseh- und UKW-Antenne enthalten, um die Faltdipole auf das Koaxkabel anzupassen. Heute habe ich keine Quelle in Deutschland gefunden, die diese Übertrager einzeln liefert. Ein Aufbau ist aber im Eigenbau möglich, wenn man Doppellochkerne zur Verfügung hat. Diese müssen allerdings UKW-tauglich sein.

Hier das Anschlußschema:

Dazu wird je eine Windung dünner Zwillingslitze durch die beiden Löcher gezogen und nach dem oben angeführten Schema verdrahtet, Das sieht dann so aus:


Einfacher ist aber ein anderer Vorschlag, der vielleicht einfacher ist und auch bei anderen UKW-Freunden realisiert werden kann.

Wie ich an anderer Stelle      hier       beschrieben habe, ergeben die Messungen mit einem Analyzer und auch die Simulation mit EZNEC für die beliebten Ringdipole keineswegs die anzustrebenden 300 Ohm, sondern gerade die 75 Ohm, die zum Koaxkabel passen.

Nun sind bei den Ringdipolen der Firma KONNI       hier    trotzdem Übertrager eingebaut. Sie sehen so aus:

Wenn man diesen Übertrager herausnimmt, kann man ihn am unteren Ende benutzen, um vom Koaxkabel auf die symmetrischen 300 Ohm kommen. Der Anschluß erfolgt mit einem üblichen F-Stecker. Oben wird an einem Anschluß des Faltdipols der Innenleiter des Koaxkabels angeklemmt, am anderen die Abschirmung.

Es bleibt allerdings folgendes Problem (jetzt wird es etwas kompliziert): Der erwünschte Leitungsvorgang im Koaxkabel erfolgt durch den Innenleiter und die Innenseite des Abschirmgeflechtes. Durch die Unsymmetrie, wenn man vom Faltdipol direkt auf das Koaxkabel geht, kann es zur Aufnahme von Störstrahlungen durch die Außenseite des Geflechts kommen. Dies ganz besonders dann, wenn das Koaxkabel parallel mit anderen Leitungen (Netzwerkkabel, Stromleitung, o,ä.) verläuft. Das wird dann unten mit eingespeist und der eigentliche Vorteil des Koaxkabels geht verloren.

Man muss also Mantelwellensperren vorsehen, die eine oben eine Symmetrierung bewirken und unten die Weiterleitung von HF auf dem Außenmantel verhindern. Dazu benutzt man Klapp-Ferritte, wie sie auch für die Entstörung von Schaltnetzteilen und Computerkabeln eingesetzt werden:

Je drei Stück werden oben am Koaxkabel direkt hinter dem Ringdipol und unten am Übertrager auf das Koaxkabel aufgeclipst. Bezug preiswert bei Pollin-Elektronik.

Ich hoffe, daß der eine andere mit den Tipps etwas anfangen kann. Bezüglich der Nutzung von Koaxkabel für MW/LW-Empfang werde ich einen getrennten Bericht verfassen.

Martin Steyer

 

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Preiswerte Balune für 1.- € 
09.Feb.15 22:20
398 from 10650

Martin Steyer (D)
Redakteur
Beiträge: 684
Anzahl Danke: 9
Martin Steyer

Manchmal ist man betriebsbild....

Eben habe ich per e-mail die Information bekommen, daß es diese Balune 75/300 Ohm zum konkurrenzlosen Preis von 1.- € bei ebay gibt. Das ist genau das, was wir brauchen:

Ebay-Nr. ist   380703233114

Bezeichnung   "Antenne Balun SA I-III Impedanz 300Ohm auf 75Ohm"

Leider bin ich zur Zeit wieder mal im Urlaub, wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich die Dinger bestellen und mal durchmessen.

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