Lautsprecher-Qualität 1924

ID: 157943
Lautsprecher-Qualität 1924 
03.Feb.08 15:00
0

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
Beiträge: 2333
Anzahl Danke: 34
Konrad Birkner † 12.08.2014

 Zitat aus: "Rundfunk fürs Haus",Illustrierte Taschenbücher für die Jugend, Bd. 52/53, p.142:

   "...wenn jemand gelegentlich auf den Rundfunk schimpft und die Übertragung als schlechte Grammophonmusik  bezeichnet, hat er sie sicher durch einen Lautsprecher gehört.
  Ein Lautsprecher ist zunächst nichts anderes als ein großer Fernhörer mit großem Schalltrichter; er entstellt die Musik in einer ganz abscheulichen Weise - für musikalisch Empfindliche ist er ein Schreckensinstrument, das an Scheußlichkeit ein minderwertiges Grammophon weit übertrifft.
Im Fernhörer dagegen sind die Konzerte jetzt meist so gut, daß auch der Musiker reinen Genuß hat."

              

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 2
Frequenzgänge einiger Lautsprecher 
04.Feb.08 22:18

Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
Beiträge: 2492
Anzahl Danke: 22
Dietmar Rudolph † 6.1.22

Im Funk-Bastler 1931, Heft 16, S. 252 - 256 behandelt A. Forstmann "Akustische und elektroakustische Fragen" und gibt dabei Frequenzgänge verschiedener  früher Lautsprechertypen an. (Nur die Elektrostaten wurden später (1928) entwickelt.)

So zeigen die beiden ersten Bilder die Frequenzgänge von Trichterlautsprechern.
links: ein nicht näher bezeichneter "normaler" (1) ohne und (2) mit aufgesetztem Trichter.
rechts: "einer der besten Trichterlautsprecher"

Betrachtet man im linken Frequenzgang (2) die Resonanz-Spitzen, kann man sich schon vorstellen, daß es sich um ein "Schreckensinstrument" handelte, das "ein minderwertiges Grammophon weit übertrifft".

Die trichterlosen Lautsprecher waren aber auch nicht sehr überzeugend, ihren Frequenzgang betreffend. Hier zunächst zwei magnetische Lautsprecher.
links: Doppelkonus-Lautsprecher der Western Co.
rechts: Protos-Lautsprecher von Siemens & Halske.


Weil die Wiedergabe aufgrund der vielen Eigenresonanzen unbefriedigend war, wurden auch elektrostatische Lautsprecher entwickelt, die zumindest vom Prinzip her einen besseren Frequenzgang erwarten ließen.
links: ein "einseitig wirkender" Elektrostat.
rechts: der "zweiseitig wirkende Vogtlautsprecher".


Für größere Schall-Leistungen wurden bereits 1924 bei Siemens die "Blatthaller" entwickelt, die nach dem elektrodynamischen Prinzip arbeiten, während 1925 von Rice und Kellog der elektrodynamische Lautsprecher mit Papierkonus entwickelt wurde.
links: Frequenzgang des Blatthallers.
rechts: Frequenzgang des Rice-Kellog Lautsprechers.



In dem Aufsatz ist nichts geschrieben zu Lautsprechergehäusen und allem Anschein nach wurden auch der Rice-Kelleog Lautsprecher nur als Chassis gemessen.

Der Lautsprecher war noch lange das eindeutig schwächste Glied in der Rundfunk-Übertragungskette. Und selbst heute gibt es immer noch Verbesserungen. Zur Beurteilung der Qualität eines Lautsprechers genügt es aber nicht, nur einen "guten" Amplitudengang zu haben. Auch der nur schwer meßbare Phasengang spielt eine wichtige Rolle. In der Praxis hilft man sich deshalb mit Qualitätsbewertungen durch Testpersonen.

MfG DR

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 3
Rice-Kellogg-Lautsprecher 
10.Aug.10 15:30
1011 from 12107

Wolfgang Eckardt (D)
Ratsmitglied
Beiträge: 1916
Anzahl Danke: 16
Wolfgang Eckardt

Qualitätsverbesserung durch elektro-dynamische Lautsprecher

Zur Funkausstellung 1927 stellt AEG einen Lautsprecher nach Rice-Kellogg unter dem Markennamen Geaphon vor. [AEG-Mitteilungen 8/1932]

Aufgrund eines Patentaustauschabkommens mit General Electric wird der von Chester W. Rice und Edward W. Kellogg 1923/24 in den USA entwickelte Lautsprecher in Deutschland durch die AEG zum Patent angemeldet und ab 1927 vermarktet. Als sogenanntes Kombinationspatent ist die zur Patenterteilung nötige Innovationshöhe zunächst umstritten [Elektroton 1/1935], da eigentlich nur längst bekannte Elemente zusammengefügt wurden, zum Beispiel der bereits 1877 von Werner Siemens in einem Patent beschriebene elektrodynamische Schwingspulenantrieb [DRP 2355] oder die Schallwand zur Vermeidung des akustischen Kurzschlusses, die als "Tonverstärker" für Musikinstrumente 1915 von Walther Burstyn vorgeschlagen worden war. [DRP 289385]
 
Zwölf Jahre vergingen von der Anmeldung des Patentes [DRP 631724] bis zur Erteilung. Das dürfte ein Zeichen dafür sein, dass um dieses Patent des Rice-Kellogg-Lautsprechers hart gekämpft wurde, was in Anbetracht seiner Bedeutung begreiflich ist. Das Patent enthält die grundlegenden Bedingungen für den Aufbau eines Lautsprechers mit Schallwand, der auch tiefe Frequenzen mit genügender Leistung abstrahlt.
Patentanspruch:
„Trichterloser Lautsprecher mit Schallwand dadurch gekennzeichnet, daß eine nicht ebene, vorzugsweise konische, durch allseitig nachgiebige Halterung auf eine unterhalb der niedrigsten wesentlichen Sprachfrequenzen (etwa 100 Hz) liegende abgestimmte Membran an oder nahe der Schallwand angeordnet und diese so bemessen ist, daß der akustische Kurzschluß der abzustrahlenden tiefen Frequenzen vermieden ist.“
 
Es ist der erste elektrodynamische Lautsprecher nach dem Prinzip von Rice-Kellogg für den Heimgebrauch 1927 in Deutschland. [AEG-Hilfsbuch für den Funkhändler]
 
Über den „Geaphon-Lautsprecher“ wird u.a. anlässlich seiner Vorstellung zur Funkausstellung 1927 berichtet:
„Der Hallen-Lautsprecher 'Geaphon', ein Groß-Lautsprecher von hervorragenden Eigenschaften, wird die Lücke zwischen Riesen-Lautsprechern für öffentliche Plätze und Heim-Lautsprechern ausfüllen. Sein Klangvolumen ist den akustischen Ansprüchen größerer Vortragssäle, Konzerthallen, Kinotheater, Hoteldielen und dergl. angepaßt, so daß er eine Musikkapelle ersetzt und ein großes Auditorium unterhalten kann. Selbst bei größter Lautstärke werden Sprache und Musik in bisher unerreichter Schärfe wiedergegeben.“ [AEG-Mitteilungen 11/1927]
 
Hier der prinzipielle Aufbau des Rice-Kellogg-Lautsprechers im Schnitt:
Der Elektromagnet des Antriebssystems besteht aus dem Kern a, dem Gehäuse g  und der Wicklung b. In den Zwischenräumen zwischen dem Kern a und dem Gehäuse g bewegt sich die Schwingspule f  der Konusmembran e. Die Membran wird an ihrem Rande mittels des Ringes c aus weichem Leder gehaltert, der durch die Halterung d mit dem Gehäuse g  verbunden ist. Zur Verhinderung des Druckausgleichs zu beiden Seiten der Membran bei tiefen Frequenzen wird das Lautsprechersystem in eine starre Schallwand eingebaut.
[Elektrotechnische Zeitschrift, 48.Jg., Nr. 9, 1927].
 
Sein Frequenzgang, aus [AEG-Jahrbuch 1928/29]:
 
Wolfgang Eckardt

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.