Lorenz 1SP9; UKW-Empfänger der ersten Stunde

ID: 146816
Lorenz 1SP9; UKW-Empfänger der ersten Stunde 
10.Aug.07 18:31
1837

Bernhard Nagel (D)
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Bernhard Nagel


Erst kürzlich habe ich von der Existenz dieses Modells LORENZ 1SP9 erfahren, ein Empfänger aus der Frühzeit des (deutschen) UKW-Rundfunks. Die Konstruktion genügte durchaus professionellen Ansprüchen, es wurde mit den damaligen Mitteln und verfügbaren Bauteilen in Kleinserie ein UKW-Spezialempfänger realisiert. In dieser Ausführung mag der Empfänger anfangs konkurrenzlos gewesen sein, der Telefunken UKW-Spezialsuper 9H99WU wurde November 1949 vorgestellt.
 Meinem Wunsch nach einer Dokumentation des Gerätes für das RM wurde seitens des Eigentümers gern zugestimmt.

Eine kurze Analyse der Funktion und des Aufbaus:
Die HF-Vorstufe arbeitet in Kathodenbasisschaltung unter Verwendung einer EF12spez., bei dieser Röhre ist der Stahlkolben (Abschirmung) aus HF-technischen Gründen an einen getrennten Sockelstift gelegt. Der Eingangskreis wird wie der Anodenkreis und der Oszillator unter Verwendung eines 3-fach-Lecherleitungskreises abgestimmt. Der getrennte Oszillator arbeitet ebenfalls mit einer EF12spez., er schwingt 10,7MHz unterhalb des Empfangsbereiches. Die Mischstufe enthält die Röhre EF14, die vom Zwischenkreis kommende Empfangsfrequenz wird an das Steuergitter geführt. Die Oszillatorschwingung wird an der Kathode eingekoppelt.

Es folgt ein 3-stufiger Bandfilter-gekoppelter ZF-Verstärker mit 3x EF14, über einem Einzelkreis angekoppelt folgt eine Begrenzerstufe (Röhre EF12) und der Phasendiskriminator (FM-Demodulator, Modulationswandler) mit der Röhre EB11. Die (besser) geeignete EAA11 stand zur Konstuktionszeit des Apparates noch nicht zur Verfügung. Der Demodulator lässt sich an der Rückseite auf die Betriebsart FM oder AM schalten. Zur genauen Abstimmung auf Sendermitte ist ein Drehspulinstrument mit Mittenanzeige in der Schallwand eingebaut.

Der NF-Verstärker ist 2-stufig mit einer EF12 und einer EL12 aufgebaut, die Endstufe arbeitet auf eine Isophon Hoch-Tieftonkombination. Die Frequenzaufteilung zwischen den Lautsprechern wird durch getrennte Ausgangsübertrager realisiert, wobei der HT-Übertrager über einen Kondensator an die Anode der EL12 geschaltet ist (Frequenzweiche). Zur akustischen Anpassung an die Gegebenheiten des Abhörraumes können die tiefen wie hohen Tonfrequenzanteile jeweils 5dB gegenüber den Mittellagen angehoben werden.

Einsatz eines solch technisch anspruchsvollen Gerätes aus der UKW-Gründungszeit dürften die Rundfunkanstalten (Funkhaus) oder auch Senderstandorte gewesen sein, leider ergaben meine Recherchen hierzu keine konkreten Hinweise. Selbst im 1955 veröffentlichten Buch "75 Jahre Lorenz" ist der Empfänger nicht erwähnt... Die Zeitschriften Funktechnik sowie Funkschau der Jahrgänge 1949 und 1950 waren ebenfalls unergiebig.

Das Chassis des UKW-Kontrollempfängers wurde auch im Lorenz Überwachungsempfänger (Ballempfänger) eingesetzt.

Wer kann weitere Einzelheiten zu diesem Empfänger nennen, hat evtl. Schaltung oder Beschreibung in seinem Archiv?
Was verbirgt sich hinter der Bezeichnung "1SP9"? In meiner Sammlung befindet sich ein Lorenz Fernsehgerät mit der Bezeichnung 1SP83LSt , das lässt einen gemeinsamen Bezeichnungsschlüssel vermuten.

Grüße,
Bernhard Nagel

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