kapsch: Reparaturbericht Kapsch Juwel-UKW

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ID: 569709
kapsch: Reparaturbericht Kapsch Juwel-UKW 
18.Apr.22 16:32
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Heinrich Stummer (A)
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Heinrich Stummer

Eigentlich ist das ja ein einfaches Standard Radio der Technik Ende der 1950er Jahre und kaum einen Bericht hier wert, aber die hier verwendeten original Kapsch Kondensatoren sind der Grund darüber zu schreiben. Dazu kommt, dass manche Kondensatoren nicht Konventionell an Lötstützpunkten sondern fliegend an einem abgeschirmten Kabel angelötet wurde, welches den sonst einfachen Tausch verkompliziert.

Dieser Kapsch war in keinem guten Zustand, aber das Holzgeäuse hat keine Fehler, nur der Stoff an der Schallwand war unrettbar. In dem Zustand leider reif für die Mulde oder Container, da absolut hässlich.

Der Besitzer will das Radio wieder betreiben und einen Bluetooth Empfänger eingebaut haben. Damit ist das eine Instandsetzung und keine Restauration.  Die Röhren wurden im Vorfeld mit einem Emissionstester geprüft, es waren alle Röhren sehr schwach. Nur die EM84 hatte noch gute Leuchtkraft.
Chassis Ausbauen und von den Ablagerungen vieler Jahre befreien. Der Lautsprecherkäfig war ebenso ziemlich mit Staub zugesetzt. Das Radio dürfte lange Zeit in einer Küche gestanden haben und dort jede Menge an Betriebsstunden unbedankt angesammelt haben.

Nach Sichtkontrolle mit der Vorschaltlampe vorsichtig hochfahren. Keine Kurzschlüsse, leiser Brumm und Krachen mehr war nicht zu hören. Anodenspannung am ersten Elko bei 200V. Kontaktfehler an der Lamellensicherung, Klopfempfindlich.

Notwendige Arbeiten:
• Becherelko 100µF+50µF /385V ist schwach, muss erneuert werden
• Ersatz diverser Folien Kondensatoren.
• Skalen Lampen erneuern.
• Anodenspannung ist viel zu gering nur 200V.
• Der Selen Gleichrichter ist defekt und wird durch einen neuen Si Gleichrichter ersetzt. Dazu muss aber ein zusätzlicher Vorwiderstand eingebaut werden, was ja allgemein bekannt ist.
• Bis auf die EM84 sind alle Röhren schwachn oder unbrauchbar und zu erneuern.
• Krachen durch Tastenaggregat, Reiniging notwendig. Sehr viel Schmutz und Staub im Gerät
• Lautsprecherstoff muss erneuert werden, da sehr unansehnlich.
Als Erstes wird die Lamellensicherung mit einem Sicherungshalter für eine Glasrohrsicherung 5x20mm ersetzt. Der neue Si-Halter wird hinten an den alten Lamellensicherungshalter angelötet. 1.5A sind vom Hersteller großzügig für die Sicherung vorgesehen.
Der Becherelko 100+50µF 350V hat lt. Messung verminderte Kapazität, wird durch 3 neue 47µF / 400V Elkos ersetzt. Da es wieder ein Alltagsgerät wird, ist Neuware notwendig.
Neue Elkos auf kleinen Print mit Abstandsbolzen montiert.  Selen Gleichrichter durch SI Brückengleichrichter UR2KB100 (2A/1000V) ersetzt. Bei der Auswahl des GL ist das Montageloch zur Chassismontage wichtig. Trafo wird auf 240V eingestellt. Die Heizspannung bei 230V~ ist nun 6.15V~ mit neuen Skalenlampen, das ist innerhalb einer Toleranz von 5%. Die Anodenspannung am ersten Elko wird mit einem Vorwiderstand von ca. 90 Ohm auf die geforderte Anodenspannung 256-262V lt. Schaltbild gebracht.
Das zweipolige Netzkabel durch Eurokabel tauschen, weil Schukostecker am 2poligen Kabel ist  nicht OK.
Nun ist schon etwas UKW Empfang vorhanden.

Eine Menge von Kondensatoren von Kapsch, welche nicht Standard sind, fallen hier auf. Manche sind fliegend an einem abgeschirmten Kabel angelötet, haben tlw. Schirmung. Manche habe zwei Kondensatoren unterschiedlicher Werte in einem Gehäuse. Kontrollmessungen mit Isotest ergeben das alle Papier Kondensatoren Probleme aufweisen. 10 Meg Ohm oder noch weniger waren zu messen.

Im Schaltbild fallen sofort einge Kondensatoren auf. - hier markiert.

Zitat aus dem Schaltplan

Diese Kondensatoren wurden durch Neuware nachgebildet - tlw. auch abgeschirmmt.

Ersatz Kondensatoren

Die neuen mit selbstklebe Kupferfolie abgeschirmten Kondensatoren werden mit Schrumpfschlauch, vor ungewollten Kontakt mit dem  Chassisblech geschützt. Verhinderung von Brummschleifen, da ja über das Kabel die Masseverbindung schon hergestellt ist.  Wenn der Hersteller ein Bauteil abschirmt, dann wird es schon einen Grund gehabt haben – damit wird das neue Bauteil auch abgeschirmt. Unverständlich warum der Hersteller hier tlw. Doppelkondensatoren mit unterschiedlichen Werten verwendet. Das ist ja von den Kosten für Entwicklung, Lagerhaltung und Produktion extrem ungünstig.

Das Bass Potentiometer, ist festgegangen. Tagelange Behandlung mit WD40 und Bremsenreiniger waren ohne Erfolg. Beim Ausbau ist der Gewindeschaft gebrochen. Ein neues 4M7 Piher Poti wird eingebaut.

Der Kathodenwiderstand hatte über 240 Ohm. Ein neuer 180 Ohm bringt Abhilfe, dazu gleich den Kathodenelko und den Ratioelko auch erneuern.

Bis auf die EM84 werden alle Röhren durch Neuware errsetzt.

Bauteile getauscht

 

Damit funktioniert das Radio wieder sehr gut. Empfang auf UKW sehr gut, der starke MW Sender aus Ungarn konnte empfangen werden.

Chassis Unterseite mit neuen Kondensatoren, Gleichrichter,  Elkos. Das neue Netzkabel wurde absichtlich nicht direkt am Netzschalter angelötet. Das Kabel wurde mit Schrumpfschlauch doppelt isoliert verlängert um den Netzschalter zu schonen. Links oben ist das schwarze Piher Poti für die Bass Einstellung zu sehen. Metall Ausführung war im Moment nicht erhältlich.

Chassis Untenansciht mit neuen Bauteilen

Der Lautsprecherstoff war unrettbar verloren.

Kapsch Juwel alter und neuer LS Stoff

Mit einem Neuen ‚alten‘ Lautsprecherstoff aus dem Auktionshaus sieht das Radio gleich wieder besser aus, abgesehen vom Stoff war das Gehäuse in einem exzellenten Zustand.

Meine Standard Bluetooth Platine wird auf einer kleinen Pertinaxplatte montiert und diese dann an einer vorhandenen Schraube am Pylon der Ferrit-Antenne montiert. Der kleine 230V Trafo wird nach dem Netzschalter in die 230V Versorgung geschaltet. Das NF Signal wird an der Phono Buchse intern eingespeist. Drücken von Phono schaltet die interne 5V Versorgung der Bluetooth Platine mittels Microschalter vom Tastenaggregat her ein. Ich ziehe den kleinen Trafo hier, Schaltungen mit Step-Up Reglern oder DC/DC Wandlern vor, damit hört man sicher keine Störgeräusche verursacht durch diese Komponenten.

Bitte die Beiträge zum Thema Bluetooth vom Kollegen Matthias Zeber hier im Radiomuseum beachten.

Meine Standard Bluetooth Empfangsplatine mit Trafo

Bluetooth Modull für Radios

 

Das Radio belohnt einem nun wieder mit einem sehr guten Klang. Sowohl UKW als auch zugespieltes  Musikmaterial (Klassisk, Pop und Jazz diverse Genres und Epochen) via Bluetooth machen wirklich Freude damit. Die Menge an Arbeit – hier reinzustecken hat sich hier gelohnt. Die Bluetooth Lösung ist ohne großen Eingriff in das Radio zu realisieren. Als Bluetooth Sender ist ein digitales Endgerät zwingend erforderlich, es kann jeder halbwegs moderner PC, ein Tablet oder Smartphone verwendet werden.

Durch die Phono Taste wird nun Bluetooth aktiviert. Diese Sachen habe ich auch auf meiner eigenen Hompage vorgestellt. (Auf meiner Profil Seite auf Radiomuseum.org ist der URL zu meiner Seite eingetragen.)

Es ist wirklich wichtig den alten Schätzchen eine Chance auf eine weitere Verwendung im Haushalt zu geben. Für Geräte im Museum gelten hier natürlich andere Maßstäbe aber hier ist Alltags Tauglichkeit verlangt.

Die alten Bauteile werden dem Radio mitgegeben. Es hat auch keinen Sinn hier Experimente mit Elko formatieren zu machen, wenn das Radio dann nicht in meinem Zugriff ist. Es wurde hier ein Radio Instandgesetzt und nicht Restauriert.

Viele Grüße

H.Stummer

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.