feema: Restaurierung FEEMA 568 WLK

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ID: 534639
Dieser Artikel betrifft das Modell: Super 568 WLK (Feema G.m.b.H.; Lollar)

feema: Restaurierung FEEMA 568 WLK 
04.Feb.20 15:40
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Rüdiger Walz (D)
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Rüdiger Walz

Restaurierung Feema Super 568WLK

Die Firma FEEMA hat nur wenige Jahre in Lollar, einem Ort zwischen Gießen und Marburg, existiert. Das hier abgebildete Gerät mit der Seriennummer 0041 trägt auf der Spulenplatte für Vorkreise und Oszillator den Prüfstempel "HEG geprüft 11. Dez. 1948" und wird daher ca. 1948/49 gebaut worden sein.

Das Gerät stammt aus dem Besitz eines Sammlers. Es waren von Vorbesitzern glücklicherweise nur wenige Änderungen vorgenommen worden unter Beibehaltung der alten Bauteile.

Die im Gerät befindliche ECH21 trägt den Stempel „Wehrmacht“ und eine vierstellige BAL Nummer, die leider nicht mehr lesbar ist. Es handelt sich vermutlich um die Erstbestückung. Die Röhrenbestückung zeigt das typische Vorgehen der Zeit: Man baute ein Radio um die verfügbaren Röhren herum. Die Bestückung ECH21, EF9, EBC3, EL3 und AZ1 konnte ich auch bei keinem anderen Gerät im RM.org finden. Die Röhrern stammen von Telefunken, Valvo und Philips. Das Gerät hat zwei Zf Bandfilter, wie man auf den Abbildungen des Chassis sehen kann. Eine Platte mit Vor- und Oszillator-Kreisen befindet sich unter dem Chassis .

Das Gehäuse

Das Gerät war ziemlich verschmutzt, da es wohl aus einem Raucherhaushalt kam und lange in einer Garage gelagert wurde. Der dunkelbraune Lack war gerissen und an etlichen Stellen abgeblättert. Siehe auch Bilder unter dem Gerät. Der Lack wurde in DIN A4 großen Flächen stückweise durch Auflegen von Papiertüchern, die mit Nitroverdünnung getränkt waren aufgeweicht und abgelöst (nach ca. 10 Minuten). Damit die Nitroverdünnung nicht zu schnell verdunstet, werden die Papiertücher mit Alufolie abgedeckt. Auf gute Durchlüftung der Werkstatt achten! Das Holz war ebenfalls rissig geworden und musste mit Schleifpapier 80, 240, 320 geschliffen werden und anschließend mit Schnellschleifgrundierung versiegelt werden.

Der genaue Farbton ist natürlich heutzutage nicht mehr erhältlich. Das Gerät war nicht rein schwarz lackiert und ich wählte daher Glanzlack RAL 8022 „Schwarzbraun“,  den ich mit etwas rotem Lack abtönte, da ich den Eindruck hatte, dass die Originalfarbe leichte Rotanteile hatte. Das ist nach mehr als 70 Jahren schwer zu beurteilen, da Witterung und vor allem Sonnenlicht die Farbtöne verändert. Vor allem klassische rote Pigmente sind empfindlich. Der Lack wurde mit der Rolle aufgetragen, mit 320er Schleifleinen und Schleifklotz nass geschliffen und abermals lackiert. Ich verwendete Lack der Fa. Caparol, der sehr gut verläuft und eine glatte Oberfläche erzeugt. Mit no-name Baumarktprodukten kann man auch gute Ergebnisse erzielen, muss man aber nicht.

Der Lautsprecherstoff war stark verschmutzt, glücklicherweise aber noch sehr stabil, sodass er aus dem Gehäuse entfernt und gewaschen werden konnte. Der Leim wurde dazu mit Nitroverdünnung erweicht. Der Schmutz war sehr hartnäckig, sodass das von mir üblicherweise verwendete Handwaschmittel nicht ausreichte. Da der Stoff sehr stabil wirkte, verwendete ich noch Fettreiniger und zum Schluss Gardinen-Bleichwaschmittel. Möglicherweise ist er nun etwas zu hell geworden, dafür sind aber unschöne Ränder nahezu unsichtbar. In solchen Fällen kann man dem Stoff durch Eintauchen in mehr oder weniger starken Tee wieder eine gelb-braune Farbe geben.

Die Skala ist auf ein Blech aufgedruckt und trägt schon die damals neuen Sendernamen  RIAS, AFN und NWDR. Sie ist zum Glück sehr stabil und ließ sich mit einem leicht feuchten Lappen von Staub und Schmutz befreien. Sie trägt auch des FEEMA Emblem, ein Schriftzug „FEEMA Radio“ in einem Kreis  mit als Antenne überhöhtem mittleren „E“. Siehe auch Bilder unter dem Gerät. Das Schutzglas davor musste intensiv mit Glasreiniger gesäubert werden.

Der elektrische Zustand

Wie bereits erwähnt hatte ein Vorbesitzer einige neue Bauteile eingesetzt, der neueste Kondensator stammt von 1978.

Auch in den 40er und 50er Jahren hat es wohl Reparaturen gegeben. Die Entstörkondensatoren in der Anodenwicklung  waren in den 50er Jahren erneuert worden. Der ursprüngliche Block war noch vorhanden, aber ziemlich ausgelaufen. Ich habe die späteren Kondensatoren einfach ersatzlos entfernt, da ich bisher keinen Effekt dieser Kondensatoren bemerkt habe, außer dass sie im Falle des Versagens den Trafo zerstören.

Zur Schnelldiagnose verwendete ich wieder mein Netzteil von 350 V mit einschaltbaren Widerstandsdekaden. Die Stromaufnahme des Gerätes ohne Röhren lag nach Formierung der Netzteilelkos bei 20 mA bei 300 V und damit in einem gefahrlosen Bereich für eine erste Inbetriebnahme.

Der Netzschalter ist im Lautstärkeregler integriert und leider ist die Schaltfeder so ermüdet, dass der Schalter nicht mehr zuverlässig einschaltet. Ich habe ihn daher einfach überbrückt. Ein neues textilisoliertes Netzkabel war natürlich auch notwendig, da das originale Kabel zerbröselte.

Außer starkem Rauschen und Knacken, das nach Reinigung der Röhrensockel und Fassungen wesentlich geringer wurde,  war zunächst nichts zu hören. Eine Spannungsanalyse zeigte, dass die notwendigen Spannungen an den Röhren anlagen. Da kein Schaltbild vorhanden war, musste ich die Standardspannungen hier aus den Röhrendatenblättern des RM.org nehmen bzw. einschlägigen Röhrendatenbüchern. Der Niederfrequenzteil war intakt, was ich durch Einspeisen einer Niederfrequenz in die TA Buchsen überprüfte. Hinderlich bei den Untersuchungen war leider, dass der Bereichswähler keinen Anschlag hatte und man nie genau wusste, welchen Wellenbereich man eingeschaltet hatte.

Als nächstes wurde eine Zf von 440 bis 500 kHz einfach in den Antenneneingang eingespeist. Es war ein klares Maximum bei 468 kHz zu hören, was mir zeigte, dass der Zf-Verstärker auch intakt war.  Blieb also der Verdacht, dass die ECH 21 nicht ordnungsgemäß schwingt. Da kein Schaltbild vorhanden war, musste ich alle Zuleitungen und Bauteile in der Nähe der ECH21 überprüfen. Vergleiche mit Schaltbildern anderer Geräte aus dieser Zeit, die eine ECH21 verwenden zeigten, dass der 50 pF Kondensator vom Gitter des Triodenteils zum Drehkondensator fehlte. Die Stelle, wo er mal saß war schnell gefunden und nach Einsetzen eines entsprechenden Keramikkondensators spielte das Gerät auf Anhieb klar und sehr empfindlich. Der rote Pfeil auf dem Bild zeigt den ursprünglichen Kondensator direkt nach der Demontage, der aber vormutlich auch nicht original war. Er fiel nach dem Foto auseinander, seine Lötpunkte waren nicht genau zu identifizieren und ich konnte seine Funktion erst nach genauer Untersuchung verstehen und ihn ersetzen.

Außer dem Bereichswahlschalterknopf fehlten leider alle Knöpfe. Ich habe aus meinem Fundus drei Universalknöpfe genommen, die ungefähr dem Baujahr entsprechen müssten. Das Ergebnis sieht man auf dem Bild unten. Die nächsten Bilder zeigen das Chassis und das Gerät nach der Restaurierung.

 

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