saba: SABA Freiburg 125 Motorreparatur und UKW

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ID: 397450
Dieser Artikel betrifft das Modell: Freiburg Vollautomatic 125-Stereo (SABA; Villingen)

saba: SABA Freiburg 125 Motorreparatur und UKW 
14.Apr.16 22:57
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Rüdiger Walz (D)
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Rüdiger Walz

„Gute Kontakte muss man haben“

Die Restauration speziell der Sendersuchautomatik der Freiburg, Bodensee und Meersburg Automatic Geräteserien ist an mehreren Stellen hier im RM.org beschreiben worden.

Ich möchte hier unter dem Freiburg 125 Automatic, der übrigens wegen des 125 jährigen Jubiläums 1960 der Firma SABA so benannt, einige Fehlerbilder und die Behebung hinzufügen. (Fragen Sie mich nicht, warum der Vorgänger aus dem Jahr 1959 „Freiburg 100“ genannt wurde) Die Hinweise gelten sicher auch für die anderen Geräte der Freiburg-Serie.

Ich hatte das Gerät 1994 geschenkt bekommen, es hatte sehr trocken gestanden und hatte „Wohnzimmerqualität“. Wie auch von anderen Geräten berichtet, waren die Isolationswiderstände vieler ERO Kondensatoren kritisch. Wie man meinen anderen Restaurationsbeschreibungen entnehmen kann, vertrete ich die Meinung, dass nur Kondensatoren, die an denen hohe Spannungen liegen in erster Linie gewechselt werden sollten. Wenn dann noch Klangprobleme bestehen, unter Umständen weitere. Grundsätzlich aber lasse ich die alten Kondensatoren im Chassis und verstecke die neuen dahinter oder bei aufgequollenen Typen darin und denke vorher nach, welcher Kondensator wohl überprüft und ggf. gewechselt werden müsste. Im Rahmen der Überprüfung wechselte ich zuerst die Entstörkondensatoren C127 / 128 und klemmte den „Trafotöter“ C128 ab. In der Endstufe wurden die Kondensatoren C92/122 an den Anoden der EF86, C97 am Gitter der EL84 und schließlich C64 parallel zu den Motorspulen ersetzt. Diese Kondensatoren hatten bereits Leckströme und können im Falle eines Durchschlags unangenehme Schäden in den Motorspulen, Ausgangsübertrager oder Endröhre verursachen.

Erster Teil: Menschliche Kontakte

Das Gerät spielte so über Jahre einwandfrei und wurde fast täglich genutzt. Nach einigen Jahren machte ich nochmal eine Überprüfung und ersetzte bei der Gelegenheit parallel den Netzgleichrichter durch einen kleinen modernen Gleichrichter.  Dieser hat ein zentrales Befestigungsloch, so dass ich ihn elegant am originalen Siemens B250C250 befestigen konnte. Die Anodenspannung ist nun durch den geringeren Innenwiderstand des Siliziumgleichrichters ca. 20 V höher, aber das halte ich für tolerabel.

 

2008 hatte ich den Motor zerlegt, gereinigt und die Lager entharzt und mit Uhrenöl leicht gefettet und wieder zusammengebaut.

Im Dezember 2015 roch das Radio plötzlich nach verschmorendem Kunststoff, spielte aber weiterhin einwandfrei. Ich schaltete es natürlich sofort ab und brachte es in meine Werkstatt.

Eine Sichtkontrolle zeigte erst einmal keinen verdächtigen verschmorten Widerstand o.ä. . Also das Gerät mit Regeltrafo in Betrieb nehmen. Es war keine ungewöhnlich Stromaufnahme bemerkbar, aber nach kurzer Zeit wurde der Lautstärkemotor heiß.  Schaut man sich das Schaltbild an sieht man, dass zwei Motorspulen des Lautstärkemotors und des Abstimmmotors mit einem Kondensator von 0,3 µF in Reihe am Trafo an 250V Wechselstrom geschaltet sind. Das auf dem Bild sichtbare graue Kabel kommt vom Gleichrichter und das Violette führt zum Abstimmmotor (bezeichnet mit „Steuermotor“ auf dem Schaltbild). Erst wenn die anderen beiden Spulen der Motoren Strom erhalten, setzt sich der jeweilige Motor in Bewegung.

Die übermäßige Erwärmung des Lautstärkemotors zeigt also, dass zu viel Strom in diesem Kreis fließt. Allerdings sollte der Motor nicht heiß werden, wenn durch den Automatic-Schalter H1 der Anschluss am Trafo abgeschaltet ist. Der Motor wurde aber trotzdem heiß! Was war das? Kalte Fusion? Drahtlose Energieübertragung? Wie sagte Sherlock Holmes so schön: „Wenn Du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das, was übrig bleibt, die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch ist“.

Also systematisch vorgehen. Da der Schalter H1 funktionierte, musste also vom Anschluss c am Trafo Strom durch die Spulen fließen. Ein Bauteil musste einen Schluss zum Chassis haben. Die Motoren wurden abgelötet und mit dem Ohmmeter der Widerstand zum Chassis gemessen. Im Abstimmmotor wurde ich fündig. Ich habe hier die Spulen mit Sicht auf die Lötleiste gezeichnet und habe sie daher gegen den Uhrzeigersinn nummeriert, da ich erst später entdeckte, das die Spulen in meinem Freiburg 125 zwar keine Nummern auf der Spulenisolation sondern winzig klein auf dem Spulenkörper tragen. Das mag sich von Berichten zu anderen Freiburg-Geräten unterscheiden.

 

Die Spule 1 zeigte einen verringerten Widerstand von 913 Ohm statt 970 Ohm und einen Widerstand von 280 Ohm zum Chassis an einer Seite. Das Bild zeigt den dadurch entstandenen Stromkreis, in dem unabhängig vom Schalter H1 und Kondensator C67 Strom fließt. Eine Halbwelle des Wechselstroms reicht aus die Spulen und damit Motoren zu erwärmen. Besonders deutlich war das am Lautstärkemotor zu bemerken, da er einen kleineren Eisenkern hat. Der Abstimmmotor wurde natürlich auch warm, jedoch langsamer, da an ihm weniger Leistung umgesetzt wurde.

Es wird im RM.org auch an anderer Stelle berichtet, dass die Motorspulen Windungsschlüsse haben können und Durchschläge zum Eisenkern. Siehe z.B. hier.

Eine neue Spule musste her. Die Suchanzeige im RM.org brachte gleich zweifachen Erfolg (Kontakte muss man haben...) Gleich zwei nette Sammlerkollegen boten Ersatz an. Vielen Dank dafür !

Es war eine Spule aus einem anderen SABA Gerät, aber sie hatte die geforderten 970 – 1000 Ohm und um es vorweg zu nehmen, sie funktionierte gut! Es ist mir auch nicht klar, warum die Spulen nummeriert sind, sie scheinen alle gleich zu sein, zumindest ist kein Unterschied im Widerstand und der Funktion zu erkennen.

Die Zerlegung und Reparatur des Abstimmmotors für andere Geräte wurde zwar im RM.org schon mehrfach beschrieben, z.B. hier  und hier, aber ich wiederhole sie hier unter dem Freiburg 125 zur Vollständigkeit halber noch einmal.

Das Bild zeigt den Motor von der Kupplung her. Hier muß die Litze zwischen Motor und Kupplungsachse gelöst werden. Das nächste Bild zeigt den Motor von der Lötleiste her. Hier müssen die drei Schrauben durch die Gummipuffer gelöst werden und natürlich die angelöteten Drahtverbindungen. Zusätzlich ist der Motor über ein kurzes Drahtstück mit dem Chassis verbunden.

Um an die Spulen oder für Reinigungsarbeiten an den Anker heranzukommen muss man das Getriebe abmontieren. Das geht nur indem man es vollständig zerlegt. Später bei der Montage auf die Vorspannung der Zahnräder achten. Bei meinem Gerät waren die Federn in etwa bis zur Mitte der Aussparungen in den Zahnrädern vorgespannt. Ich habe sie trotzdem mit einem Filzstift markiert.

Das Bild zeigt den ausgebauten Motor. Man muss sich von oben zu den Spulen durcharbeiten. Dazu muß das Getriebe zerlegt werden, da die Zahnräder die Schrauben verdecken. Als erstes den Mitnehmer abmontieren, dann obere Getriebeplatte lösen und die Zahnräder herausnehmen.

Man kann nun die untere Getriebeplatte lösen. Achtung, eine der Schrauben ist eine Senkkopfschraube. Zusätzlich wird die Platte von zwei Schrauben unten am Haltewinkel gehalten. Man blickt nun auf den Anker und sieht, dass die Getriebeplatte auf vier Sechskant-Abstandsbolzen lagert.

Der Abstandsbolzen für die Senkkopfschraube hat einen kürzeren Kragen. Beim Einbau darauf achten. Ich habe es leider zu spät bemerkt und durfte nochmal aufschrauben und umsetzen.

Es handelt sich um einen Kurzschlussläufer aus Aluminium. Vorsichtig behandeln, ein Fall auf den Boden kann das Teil beschädigen.

Wenn man die Sechskantbolzen abgeschraubt hat, kann man die Motorbleche mit den Spulen nach Abschrauben der Lötleiste endlich von der Trägerplatte lösen.

 

Gelöste Halteschrauben und Abstandsbolzen der Lötleiste.

 

Man erkennt nun zwischen den Spulen die schon in anderen Beschreibungen erwähnten Klammern. Sie sehen bei jedem Gerät etwas unterschiedlich aus. Hier sammelt sich oft Schmutz an den Blechen an. Wenn man den Motor schon reinigt lohnt es sich also ihn bis zu diesem Punkt zu zerlegen.

 

Endlich konnte ich die defekte Sule von den Lamellenblechen abziehen. Man sieht, dass die Spulen zusätzlich mit Kunststofffolie gegen die Bleche isoliert sind. Es liegen halt 220 V an den Spulen.

 

Die Untersuchung der Spule zeigte, dass sich innen eine Kriechstrombrücke zu den Blechen gebildet hatte, da hilft die Isolierfolie leider nicht. Der Spulenkörper war durch Überhitzung verkohlt, die Drähte innen vermutlich auch, und es hatte sich daher eine Kohle-Brücke von 280 Ohm gegen Chassis gebildet. (siehe Schema oben).

Die neue Spule wurde aufgesetzt, und der Zusammenbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge. Die Lager wurden mit Wattestäbchen und Zahnstochern gereinigt (keine Metallwerkzeuge!) und mit Uhrenöl leicht gefettet. Vorspannung der Zahnräder nicht vergessen. Das macht den Zusammenbau zu einer Zwölf-Finger-Angelegenheit, aber sowohl meine Vorgänger als auch ich haben es geschafft. Nach dem Zusammenbau funktionierte der Sendersuchlauf und die Motoren wurden nicht mehr heiß.

 

Zweiter Teil: Metallische Kontakte

Bei der Überprüfung des Sendersuchlaufs fiel mir auf, das oft Sender, die eigentlich stark einfallen sollten (HR1, 2, 3, ich wohne in Sichtweite des Feldberges im Taunus) „überfahren“ wurden. Erst einmal wurden die Steuerröhren für den Sendersuchlauf überprüft, die ECL 80 war schwach, aber der Fehler blieb bei einer neuen Röhre. Das Magische Auge schlug auch nur bei HR3 voll aus. Also Abgleich für UKW überprüfen. Die Anleitung zum Freiburg 125 beschreibt genau das Vorgehen. Man kann zwar im Gehäuse abgleichen, aber bequemer ist es das Chassis außerhalb zu betreiben. Aber wie betreibt man das Chassis außerhalb des Gehäuses?

Die Lautsprecherkabel mit den vierpoligen Spezialsteckern sind leider knapp bemessen. Ich habe mich mit zwei Kurzschlusssteckern aus Installationsdraht beholfen. Einfach ein kleines Drahtstück parallel löten und im Schraubstock etwas plattdrücken, sodass eine passende Kontaktzunge entsteht. Die Kurzschlussbügel setzt man in die braune Buchse und kann dann hinten am Chassis zwei Lausprecher mit DIN-Steckern anschließen.

Der Abgleich brachte keine wesentliche Verbesserung. Übrigens kann man die erste Forderung für den UKW Abgleich: „Meßsender über 1 nF an das kalte Ende von C 205 und Masse legen“ leicht erfüllen. Der im Loch für den Abgleich L203 sichtbare rote 27 k Widerstand führt zu diesem Punkt. Man kann durch das Abgleichloch eine Klemmspitze leicht anschließen. Als ich bei abgestimmten Sender den Neutralisationstrimmer C 204 noch einmal richtig gängig machen wollte, Jochen Amend hatte hier beschrieben, dass er Kontaktschwierigkeiten haben kann, spielte das Gerät plötzlich wesentlich lauter und das Magische Auge schlug voll aus.

Da war also noch was drin! Offensichtlich hatte die Ankopplung des Empfangssignal selbst durch einen Schraubenzieher als „Behelfsantenne“ direkt an die Mischröhre einen starken Effekt. Ich vermutete, dass die erste Stufe nicht arbeitete. War die erste EC92 vielleicht schwach?

Als erstes wurde sie auf dem Röhrentester geprüft und zeigte aber volle Emission. Routinemäßig reinigte ich die angelaufenen Kontaktstifte der Röhre mit einem Glasfaserpinsel vor dem Einsetzen und siehe da, der Fehler war behoben. Alle lokalen HR Sender waren mit Vollausschlag am Magischen Auge zu empfangen und zusätzlich sind einige Sender aus den Nachbarbundesländern zu hören. Es ist immer wieder erstaunlich wie schlechte Verbindungen im Hf-Teil Auswirkungen haben können, wie auch schon in anderen Artikeln beschrieben. Siehe hier.

Gute Kontakte muss man haben….

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.