Scannen mit Oversampling

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Scannen mit Oversampling 
14.Dec.08 18:38
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Alternative Methode zum Einscannen von Strich-Graphik und sw Bildern

Die üblichen Methoden sind verschiedentlich im RM.org beschrieben. Die hier vorgestellte alternative Methode wendet sich an diejenigen, die gewisse Erfahrung im Umgang mit ihrem Scanner haben (und deren Scanner eine USB2 Schnittstelle hat).

Informationstheoretischer Hintergrund

Das Einscannen von Graphiken (bzw. Bildern) kann verglichen werden mit der Digitalisierung bzw. A/D-Wandlung von analogen Zeitverläufen.

Die herkömmliche Art der A/D-Wandlung z.B. einer Spannung geschieht in folgender Weise.

  • gemäß der Nyquistbedingung wird die Zeitfunktion (etwas) schneller als mit der doppelten ihrer Grenzfrequenz abgetastet, wodurch sich zeitdiskrete Stützwerte ergeben, deren Amplituden exakte Abtastwerte der Zeitfunktion sind. (Zeit-Diskretisierung)
  • Die zeitdiskreten Stützwerte werden in der Amplitude diskretisiert, wodurch nur noch feste Amplitudenstufen möglich sind. Diese werden dann mit Hilfe von Bits dargestellt, z.B. 8Bit (1Byte) für 256 Stufen.

Nachteilig bei diesem Verfahren ist, daß der A/D-Wandler diese Stufungen sehr exakt realisieren muß. Hierbei handelt es sich um ein Netzwerk aus Widerständen und Schaltern. Die Toleranzen der Widerstände müssen  kleiner sein als die kleinste Stufe. Das macht einen solchen Wandler teuer.

Seit die "Digitalitis" schnell geworden ist, tastet man lieber sehr viel schneller ab, als es der Mindestbedingung nach Nyquist entspricht: Oversampling.

Seit Shannon ist bekannt, daß Dynamik und Bandbreite gegeneinander getauscht werden können. (Nachrichten-Quader). Oversampling bedeutet große Bandbreite. Dann kann man aber die Dynamik reduzieren. Dynamik bedeutet hier die Größe der Amplitudenstufen und damit die zur Darstellung notwendige Anzahl von Bits, die demzufolge reduziert werden können.

Im Extremfall wird nur noch eine Amplitudenstufe verwendet.

Genau das wird bei jedem moderenen CD-Player bei der D/A-Rückwandlung gemacht, weshalb die auch so billig hergestellt werden können.

Aber auch die A/D-Wandlung geschieht in dieser Weise, hier z.B. mit Hilfe von Delta-Sigma-Wandlern.  Die 16Bit breiten Werte für die CD erhält man erhält man mit Hilfe von Downsampling und digitaler Filterung.

Dieses spannende Thema soll hier jedoch nicht weiter verfolgt werden.

Anwendung auf das Einscannen von Strich-Graphiken

Gewünscht sei eine Graphik mit 3800 Punkten Höhe/Breite und 300 dpi und 4 Grautönen z.B. für einen Schaltplan.

Als Grafikprogramm wird Irfanview angenommen.

Der Scanner wird dann wie folgt eingestellt:

  • Z.B. 600 oder 1200 dpi und "nur" schwarz-weiß. (entsprechend zu Oversampling und binäre Auflösung)
  • Sehr wichtig: Gradationskurve bzw. Schwellwert einstellen, daß in der Vorschau Weißes wirklich weiß ist und Schwarzes auch schwarz. (Im Zweifelsfall lieber etwas zu "weiß" einstellen, womit auch viele "Fliegenschisse" verschwinden.)

Der Scan, der sich hiermit ergibt, hat folgende Eigenschaften:

  • Breite (und Höhe) haben viel mehr als die Soll-Punktezahl.
  • Schwarze Linien erscheinen z.T. etwas "ausgefranst" oder "dünn".

Nun im Graphikprogramm folgende Schritte durchführen:

  • Größe des Bildes (auf Zahl der gewünschten Punkte; für Schaltpläne: "Max. Höhe/Breite" 3800 Punkte) und auf 300 dpi ändern. (Downsampeln)
    Damit erscheint sofort ein ganz sauberes Bild. Allerdings in sehr vielen Farben codiert. (entsprechend der vielen Amplitudenstufen in obigem  Beispiel der A/D-Wandlung).
  • In Graustufen umwandeln. (entfernt alle unnötigen "echten" Farben)
  • Auf 4 vorgegebene Farbstufen reduzieren. (2Bit Auflösung)
  • Farbpalette editieren, wobei die hellste Farbe auf 255 (weiß) und die dunkelste auf 0 (schwarz) eingestellt wird.
  • unter .png (mit 300 dpi) abspeichern.

Anwendung auf sw Bilder aus Büchern

Es ergeben sich genüber obiger Vorgehensweise kleine Änderungen, der gesamte Rest bleibt und ist entsprechend durchzuführen:

  • Scannen mit 200 - 300 dpi in "Graustufen" statt "SW"; Gradationskurve anpassen.
  • Größe auf "Breite" 590 Punkte (für das Forum) und 100 - 150 dpi einstellen.
  • Im Graphikprogramm auf 16 Graustufen reduzieren (für Bilder aus Druckwerken).
  • unter .jpg (mit 50% Qualität) abspeichern.

Durch das Oversampling verschwindet hier auch das Moirée, das sich aufgrund der Punktrasterung der Druckvorlage ergeben kann.

Alternative Maßnahme gegen Moirée: Man lege zusätzlich eine Glasscheibe auf den Scanner. Danke an Georg Richter.
Für Adobe Photoshop gibt es eine weitere Möglichkeit zur Beseitigung des Moirée. Thanks to Joe Sousa.

Mit etwas Übung erhält man auf diese Weise recht schnell und ohne große Mühe saubere Scans.

MfG DR

 

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