Selbstbau 7-Trioden-Super 1927 / 1928

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ID: 412083
Selbstbau 7-Trioden-Super 1927 / 1928 
11.Jan.17 13:28
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Ralf Keil (D)
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2016 war bei mir das Jahr der frühen Superhets. Im Mai kam der Klenk U1  in die Sammlung, dann im September noch der WE 4004 . Beide konnten wieder in Funktion gebracht werden. Über den 4004 kommt noch ein anderer Beitrag.

Es entstand immer mehr der Wunsch mal einen Super im 20er Jahre Stil selbst zu bauen. Leider fehlten bis vor kurzem noch die zeitgenössischen ZF-Filter und ein schönes Gehäuse.

Da hatte ich im November diesen Jahres Glück und konnte einen Teileträger mit sehr schönem Gehäuse erwerben. Auch das ein Selbstbau von etwa 1927 oder 1928

Die ZF-Filter stellten sich als funkionierend heraus und es war auch das 1. ZF-Filter, in dem die Oszillatorfrequenz eingekoppelt wird, dabei. Es hat eine höhere Übersetzung als die drei folgenden.

Das Gerät war sehr schlampig verdrahtet, wohl auch schon einige Male umgebaut , nichts fürs Auge. Ob er je wirklich funktioniert hat ? Ich vermute eher nicht, es waren insgesamt 3 Gitterkombis verbaut, eines sogar nach der 2. ZF-Stufe, also schon vorzeitig demoduliert. Egal, es sollte ohnehin neu aufgebaut werden.

Also alle Teile ausgebaut, geprüft und ergänzt.

Schaltplan entworfen. Hier waren die in Rmorg vorhandenen Schaltpläne zu studieren und anzupassen.

Ich habe mich für einen 7- Röhren- Super mit 4 ZF-Filtern entschieden. Die Oszillatorfrequenz wird am 1. ZF Filter in die Primärwicklung eingespeist. Der Oszillator hat einen Spulenschwenker mit dem die Lautstärke gut eingestellt werden kann. Auch Pfeifen kann ggf. damit eliminiert werden. Die Antenne wird mit einem feststehenden Spulenkoppler in den Abstimmkreis gekoppelt.

Der Oszillator schwingt von etwa 570-1700kHz in der gegenwärtigen Konstellation. Mit den Steckspulen des Oszillators kann der Schwingbereich auch geändert werden.

Die ZF-Filter haben die beste Durchlasskurve bei 49,7kHz. Sie sind also sicherlich für 50kHz ZF verkauft worden. Man muss hier auch nicht bis aufs I-Tüpfelchen einstellen, so eng filtern diese einfachen Filter im Vergleich zu modernen ohnehin nicht, dennoch war ich überrascht wie gut diese Filter mit Luftspulen ohne Ferrit arbeiten. Im Gegensatz zu den Filtern im Klenk U1 sind sie wesentlich kleiner, metallgekapselt und so auch besser  gegen externe Störungen geschützt. Die elektronischen Dimmer meiner Halogenbeleuchtung stören den Klenk mit seinen riesigen, ungeschirmten Filtern massiv, meinen Selbstbausuper weniger.

Ich habe hinter dem Detektor nur eine NF-Stufe eingebaut. Hinter der Detektorröhre einen hochwertigen Körting-Übertrager 1:5, sekundär abgeschlossen mit 500k Ohm, was deutlich Verzerrungen minimiert, danch die NF-Röhre mit Ua=100V und -Ug 4,5V. Das genügt in Verbindung mit einem LS Arcophon 8 für laute und gute Wiedergabe.

Noch eine Anmerkung zum NF-Übertrager. Ich habe einige Exemplare auf ihren Frequenzgang untersucht. Die Übertrager von Körting haben sich als die Besten erwiesen.

Den guten Ruf der Körting-Übertrager kann ich hier nur bestätigen. Da die NF-Frequenzbandbreite eines alten Supers ja schon nicht so groß ist sollte sie wenigstens recht gut linear und nicht noch mit deutlichem Abfall in bestimmten Bereichen sein.

Das riesige Präzisions-Voltmeter bekam  ich von einem Onkel geschenkt, aus dem Nachlass seines Opas. Mit einer 4mm dicken, vernickelten Messingblende , ein Tresor.
Es hatte einen Meßbereich von 0-50V=. Also Umbau auf 0-5V zur Messung der Röhrenheizungen und 0-100V für die Anodenspannungen. Dazu musste zuerst die Skala ausgebaut, gescannt und bearbeitet werden, das geht sehr gut mit S-Plan 7.0 und Irfan-view. Ausgedruckt mit Tintenstrahldrucker und aufgeklebt. Der alte Vorwiderstand im Meßgerät wurde entfernt und passende Widerstände für die beiden neuen Meßbereiche ermittelt. Dazu noch einen zusätzlichen Anschlußbolzen für den 5-Volt Bereich herausgeführt. Nun hatte das schöne Teil auch endlich einen Verwendungszweck. Es ist in der Tat sehr genau. Meßfehler maximal etwa 1%.

Am Gerät können die beiden Anodenspannungen, die Heizbatteriespannung und die eingestellten Heizspannungen der einzelnen Röhren angezeigt werden.

Das Radio wurde mit 1mm dickem, versilbertem Kupferdraht verdrahtet. Sehr viel Ösenbiegerei, das meiste ist geschraubt.

Die Heizwiderstände der Firma Eumig sind für Bodenmontage vorgesehen und können mit einem nachgefertigten Steckschlüssel bequem eingestellt werden.

Da die Frontplatte verbohrt und verbastelt war habe ich mich für eine neue Ebonitplatte enschieden. In Japan konnte ich eine Manufaktur ausfindig machen die noch Platten fertigt. Es gibt daneben noch einige Ebonit-Produzenten aber keinen der noch Platten fertigt,  nur Stäbe und Vierkantprofile sind im Angebot, selbst wenn der Hersteller auf seiner Website noch Platten anbietet. Die Platte ist 6mm dick, also ideal. Sie wird ausdrücklich als nicht poliert angeboten, ist allerdings beihnahe hochglänzend mit nur ganz kleinen Schönheitsfehlern, ein authentisches Material auch als Ersatz für zerbrochenes Ebonit.

Bestückt ist das Gerät mit 7x Radio Micro  umgesockelt von UV4 auf Europasockel. Es sind neue, aber eben leistungsschwache Röhren, besser und lauter wird der Empfang mit RE034-RE084-A409-A409-A409-RE084-B406

Ich kann einen Ungarischen, englischen und andere Sender mit guter Lautstärke empfangen.

Auf Buchsen und Umschaltung für eine Rahmenantenne habe ich deshalb bewußt verzichtet.

Und tagsüber auch mit Heimmodulator (Der DDS als rmorg. Gemeinschaftsprojekt, SS-Tran AMT3000 und 5000)

Danken möchte ich hier noch Herrn Rüdiger Walz für die Schlachtsockel zum Umsockeln der Radio Micro-Röhren !

Hier noch einige Bilder, der Schaltplan ganz unten im Anhang:

 

Das Gerät vorher:

Nach der Fertigstellung:

Ein Teil der Verdrahtung ist, wie damals durchaus üblich, unter dem Montagebrett ausgeführt

 

Die rote Isolierung für die flexiblen Leitungen ist aus zeitgenössischem roten Seidenschlauch

 

Ralf Keil

 

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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13.Jan.17 17:13
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Ralf Keil (D)
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Hier noch einige Bilder im Detail:

Die Skala vor und nach der Bearbeitung, das Logo musste nach links unten ausweichen.

Der Scan wurde mit 48bit Farbtiefe und 2400dpi gemacht. Die Bilder sind durch starke Datenreduktion hier nur grob darstellbar

 

 

ZF-Filter geöffnet, oben der Glimmerquetscher:

Heizwiderstand für Bodenmontage


 

Der Messgeräteumschalter, 2x10 Schaltstellungen auf einer Ebene:

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.