Sendemastsprengung MW Sender Burg (Magdeburg)

ID: 115172
Sendemastsprengung MW Sender Burg (Magdeburg) 
22.Jun.06 19:31
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Gerd Krause (D)
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Gerd Krause

Hallo Radiofreunde !
Hat vielleicht jemand eine Videoaufnahme von der Mastsprengung des MW Senders Burg bei Magdeburg gemacht ?? Bin sehr an einer Kopie interessiert.
Gerd Krause

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Sendemastsprengung MW Sender Burg (Magdeburg) 
24.Jun.06 12:37

Robert Latzel (D)
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Robert Latzel

Hallo,

eine interessante, wenn auch typische Neuigkeit für die Mittelwelle - Mast gesprengt, Sender stillgelegt - Ruhe entsteht und ??? Oder doch nicht? Heißt es damit wirkllich, daß es keinen MW-Sender Burg mehr gibt, oder gibt es einen neuen Masten? Weiß jemand mehr dazu zu sagen?

Sich auf eine Antwort hier im Forum freuend verbleibe ich

MfG 

R. Latzel
 

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24.Jun.06 15:15

Jacob Roschy (D)
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Jacob Roschy

Burger Volksstimme vom 23.06.2006:

Spezialisten sprengten gestern über 200 Meter hohen Funkturm im Brehm /

Erika Feuerherd :
Von Gaby M ü ller Müller


Der " Deutsche Freiheitssender 904 " und der " Deutsche Soldatensender " senden schon lange nicht mehr. Da ungenutzt, wurde gestern kurz vor 14 Uhr einer der beiden rot-weiß gestreiften riesigen Funktürme gesprengt, und Burg ist nun um ein Wahrzeichen ärmer.

Burg / Brehm. Der 54-jährige Sprengmeister Karl-Heinz Bühring aus Magdeburg tutete dreimal kräftig ins Horn. Wenige Sekunden später schoss ein greller Blitz in einer Detonationsgeschwindigkeit von 8500 Metern pro Sekunde die etwa 300 Meter lange und mit Hexogen gefüllte Sprengschnur hinauf. Insgesamt traf sie auf drei Schneidladungen, die in drei Pardunen ( Verankerungen, damit der Mast gerade steht ) tags zuvor von Sohn Maik befestigt worden waren. Eins, zwei, drei und der rotweiße Riesenspargel senkte sich zur Seite, knickte unten ein und fiel schnurgerade in die vorbereitete Waldschneise. Klatschen und Beifallrufe von allen Seiten.

Was so rasch und einwandfrei über die Bühne ging, erforderte jede Menge Vorarbeit. Ehe der Sprengmeister und sein Sohn für den Auftrag von der T-Systems international GmbH ihr grünes Licht gaben, wurde die Lage vor Ort geprüft. " Ja, wir können das ", lautete die Anwort, die der auftraggebenden Firma viel Geld ersparte. Denn es gab nur zwei Möglichkeiten : " Entweder Sprengung oder ein stückchenweises Abtragen per Fahrkorb für etwa 200 000 Euro ", bestätigte Erhard Heinecke, Leiter Operation Service Team 6.

Warum musste der Funkturm gesprengt werden ? " Die statische Sicherheit war nicht mehr gegeben, das Fundament rostete und der Beton bröselte ", erklärte der Telekom-Mann. Etwa 800 000 Euro würde eine Rundumsanierung kosten, allein das Konservieren der Seile 80 000 Euro. Die Entscheidung sei im Jahr 2005 getroffen worden, als alle Möglichkeiten ausgereizt worden waren, ob man den Funkturm noch nutzen könne. Aber es habe sich kein Bedarf ergeben. Da war klar, der Funkturm kommt weg.

Keine Höhenangst

Für die Bührings bedeutete die Sprengung auch eine deutschlandweite Premiere. Eine besondere Schwierigkeit ergab sich nämlich aus den sich querenden Verankerungen des benachbarten Funkturms. Ganz oben bei 180 Metern und in 60 Metern Höhe mussten darum die Schneidladungen angebracht werden. Keine einfache Angelegenheit. " Die Angst um den Sohn spielt immer mit ", gab Karl-Heinz Bühring zu und klopfte Maik beruhigend auf den Rücken. " Du schaffst das schon. "

" Zum Glück habe ich keine Höhenangst ", meinte Maik, der als ehemaliger Tischlerlehrling bereits in einer Höhe von 122 Metern den Magdeburger Dom mit eingerüstet hat. Trotz seines Mutes wurde ihm ein wenig mulmig zumute, als er in den Fahrkorb kletterte, der ihn per Seilwinde langsam und stetig dem Himmel entgegen zog. Zwar mit Sicherheitsgurt, Funk und guten Worten ausgerüstet, ansonsten aber völlig auf sich allein gestellt, musste er die am Boden vorbereiteten Schneidladungen in dem schwankenden Kasten geschickt an die Verankerungen anbringen. " Und vorher unbedingt erden ", erinnerten die Spezialisten der Firma tomcast Antennenanlagen aus Landshut. Die Spezialfirma war mit ihrer Technik angereist, hatte den Seilzug installiert, dafür gesorgt, dass die Schneidladungen angebracht werden konnten und der Funkturm in die geplante Richtung kippt.

Zahlreiche Schaulustige

" Jetzt ist er weg, unser schöner Turm. Wir haben viele Jahre im Brehm gewohnt, die beste Zeit unseres Lebens hier verbracht. Die Funktürme haben unser Leben mit bestimmt ", meinte Erika Feuerherd bewegt. Ihrem Mann Horst ging es nicht anders. Gänsehaut war auf seinen Armen zu sehen. " 30 Jahre habe ich hier gearbeitet, war Gruppenleiter Instandsetzung Sender ", sagt er nicht ohne Stolz in der Stimme.

Irgendwie hatte es sich in der alten Belegschaft herumgesprochen, dass der 230 Meter hohe Funkturm gesprengt wird. Von Busfahrer Hans Zeh, seiner Frau Christa, seinen beiden Söhnen bis hin zu zahlreichen weiteren Mitarbeitern und ehemaligen Bewohnern der Siedlung waren etliche Schaulustige schon lange vor der Sprengung gekommen, um beim Umfallen des Riesen dabei zu sein. Fast jeder war mit Fotoapparat oder Fernglas ausgerüstet. Eilig wurde noch in letzter Minute nach einem guten Platz gesucht, damit alles für die Ewigkeit im Bild festgehalten werden konnte. Das Polizeirevier hatte das Terrain weiträumig abgesperrt, aber Journalisten war es gelungen, hier und da auf ein Dach zu krabbeln, um den etwas besseren Ausblick zu haben als die Hobbyfotografen.

Ein Trost für alle, die in dem Funkturm irgendwie ein Burger Symbol sahen : " Der zweite lange Spargel bleibt stehen ", versicherte Erhard Heinecke. Wer will, kann auf Mittelwelle 531 Kiloherz Trak-Radio hören.

Zur Erinnerung : Für die Propaganda in Richtung Westen waren die Musiksendungen in den 60 er Jahren gedacht, die per Mittelwelle von Burg gen Westen ausgestrahlt wurden. Der Soldatensender wurde zum Kultsender der ostdeutschen Jugend.



[ document info ]
Copyright © Volksstimme.de 2006
Dokument erstellt am 23.06.2006 um 05:55:08 Uhr
Erscheinungsdatum 23.06.2006 | Ausgabe: brg


URL: http://www.volksstimme.de/vsm/nachrichten/lokales/burg/?em_cnt=111321

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Sendemastsprengung MW Sender Burg (Magdeburg) 
24.Jun.06 19:52

Robert Latzel (D)
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Robert Latzel

Hallo,

vielen Dank, Herr Roschy, daß auch Sie sich für diesen Aspekt der Radiosammelleidenschaft begeistern und uns diese Informationen dadurch zur Verfügung stellen konnten.

MfG
R. Latzel

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Mastprengung 
25.Jun.06 12:59

Gerd Krause (D)
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Gerd Krause

Vielen Dank, Herr Roschy, für den umfassenden Bericht. Ich werde versuchen über die Zeitung "Volksstimme" eine Videoaufnahme zu bekommen.
MfG: Gerd Krause

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Welle 935 
25.Jun.06 14:12

Karl-Heinz Bradtmöller (D)
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Hallo,
wer möchte "Welle 935 - Hier ist der deutsche Soldatensender" nochmal hören?
Hier der Link:

http://www.radiomuseum.org/audio/pausenzeichen/R_DSOLDS.mp3

Es grüßt K.-H. B.

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25.Jun.06 18:44

Jacob Roschy (D)
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Jacob Roschy

Danke für das Lob,

ich habe ja den Bericht nicht geschrieben, sondern nur die Quelle gefunden.

Es würde mich ja sonst nicht so sehr interressieren, wenn nur irgend ein alter Sendemast in dem für mich fernen Burg gesprengt wird, aber die beiden Sender, die von hier ausgestrahlt wurden, der "Deutsche Freiheitssender 904" und der "Deutsche Soldatensender" hatte ich früher selbst gehört.

Viel kam davon hier im fernen Südwesten nicht mehr an, trotz der hohen Sendeleistung und den Richtantennen. Der "Soldatensender" auf 935 kHz hatte stets gegen mehrere Gleichkanalsender anzukämpfen, während der "Freiheitssender 904" von schrillen 4- und 5 kHz- Pfeiftönen begleitet war, was von der Überlagerung durch die viel zu knapp benachbarten Sender 899 kHz Milano und 908 kHz BBC London herührte. Nach dem späteren Frequenzwechsel auf 908 kHz ging er unter dem BBC- Signal fast völlig unter.

Im Musikangebot waren diese Sender wohl das Beste, was die DDR zu bieten hatte. Dies aber nur deshalb, weil sie ja an Hörer im Westen gerichtet waren und auch nur West- Musik spielten. Die Programme waren noch deutlich besser, als das damals eher spießige Radio Luxemburg, von den damals dumpfen öffentlich-rechtlichen West- und den tristen SED- Ostsendern schon gar nicht zu reden.

Die politische Propaganda konnte man als Satire ansehen, bei Sprüchen etwa wie: "Achtung, liebe Hörer, ziehen Sie sich hohe Stiefel anbsehen, wir gehen jetzt in den Bonner Sumpf"

Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass diese "Geheimdurchsagen" wie "der Pirol pfeift heute im Ofenrohr" wirklich an Agenten gerichtet waren. Dies war wohl nur gedacht, um dem "Deutsche Freiheitssender 904" eine Untergrund- Aura zu geben.

Hobbygrüße

Jacob Roschÿ

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Sendemast "Burg" 
25.Jun.06 21:02

Gerd Krause (D)
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Gerd Krause

Hallo Herr Roschy !
Ja, der Sender in Burg war schon etwas Besonderes. Die Geschichte des Freiheits- u. Soldatensenders habe ich auf meiner CD-ROM "Rundfunk-Nostalgie" www.rundfunk-nostalgie.de
ausführlich dokumentiert. Gerade deshalb bin ich auf der Suche nach einem Video, um den Bericht, der auch einige Tondokumente enthält, zu vervollständigen. Vom Sender Köpenick habe ich auch einen Film von der Mastsprengung (Dez. 2002) erhalten.
Schade, dass die Geschichte der guten alten Mittelwellensender zu Ende geht...
Für unsere geliebten Röherenradios werden wir uns wohl selbst einen eigenen kleinen Sender bauen müssen.

Gruss an alle Radiofreunde: Gerd Krause

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Hier gibt es noch mehr Informationen: 
27.Jun.06 19:37

Jacob Roschy (D)
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Jacob Roschy