Sendeversuche mal anders betrachtet

ID: 20219
Sendeversuche mal anders betrachtet 
23.Jan.04 17:34
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Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

 

Eigenes Rundfunkkonzert

Ehrlich gesagt, mir ist es bis heute nicht gelungen, eine halbwegs vernünftige Musikübertragung mit dem RADIOMANN als Sender (Versuch 80) zu bewerkstelligen.
Ich spreche jetzt von den Ausgaben der 50er Jahre, also mit der DM 300(N).


Anstatt der vorgeschlagenen damals üblichen ('dynamischen') Grammofondose habe ich mal versucht, einen Sinuston als Modulation einzuspeisen. Zur Kontrolle wird die ZF-Hüllkurve -eines auf der Radiomann-Sendefrequenz empfangenden Superhets- auf einen Oszillografen sichtbar gemacht.Die Resultate mit dem Original-Schaltungsvorschlag sind schlichtweg entmutigend! Dabei bin ich mir durchaus bewusst, dass man bei dem geringen Aufwand nicht viel erwarten darf.
Betrachten wir die Originalschaltung, muss die NF über die Eingangsspule und dann via den (für die NF viel zu kleinen) 200 pF Kondensator zum Steuergitter gelangen. Aber von einer G1-Modulation an einem Oszillator kann man sowieso nichts Gutes erwarten. Das räumt Kosmos auch schon selber ein ("...ergibt eine wenig reine Musikwiedergabe...").


Die Sache mit dem Klingeltrafo

Mit ein wenig Einfallsreichtum können wir doch noch ein hörenswertes "eigenes Rundfunkkonzert" in den Äther schicken.

Erläuterung des Verbesserungsvorschlages: Wir wissen, dass ein Rückkopplungs-Empfänger bei enger Kopplung der beiden Spulen zum Sender wird. Die Stärke dieser 'Sendewelle' ist auch von der Höhe der zugeführten Anodenspannung abhängig. Je höher die Spannung, um so stärker wird ausgesendet (und umgekehrt). Mit anderen Worten, man kann die Amplitude (Stärke) im Rhythmus der Musik schwanken lassen, wenn man die Anodenspannung entsprechend 'moduliert'. Das ist mit einem einfachen Klingeltrafo (weil überall erhältlich) machbar. Dieser Trafo wird hier zur 'Aufwärtstransformation' der auf die 8-Volt-Niederspannungsseite eingespeisten NF missbraucht. An der 230-Volt-Wicklung erhalten wir dann eine schwankende Wechselspannung von maximal ein paar Volt, welche mit der Batteriespannung in Reihe geschaltet ist. Somit wird im Rhythmus der Modulation die durch die Batterie gelieferte Anodenspannung verstärkt oder geschwächt. Unser Sender wird "amplitudenmoduliert" (AM).


Anmerkungen:

·        Mit ähnlichen Kleintrafos oder einem kleinen Ausgangsübertrager hatte ich auch gute Ergebnisse.

·        In meinen Änderungsvorschlägen hat sich die Parallelschaltung von Drehko und Spule 40 als viel günstiger erwiesen! Die Sendefrequenz liegt etwa zwischen 600 kHz und 1100 kHz.

·        Man beachte die geänderte Polung der Heizbatterie und die Verdrahtung des Rg. Deren Spannung wird jetzt (zum Teil) der Betriebsspannung hinzugefügt.

·        Etwas mehr 'Output' lässt sich erzielen, wenn man die Antenne direkt mit der Anode verbindet. Wohnt man jedoch in der Nähe eines MW-Senders (wie ich), so ist mit ungewünschten Rückwirkungen zu rechnen.

·        Und, bitte die 'Erdung' nicht vergessen!

Nun stellt sich die Frage: "Womit kann ich modulieren?"

Geeignet sind alle Audioquellen mit einem niederohmigen Ausgang. Der Kopfhörerausgang eines tragbaren CD- oder MD-Players, sowie eines 'Walkman', ist möglich.
Die Ausgänge werden über eine 'Anpassung' mit der 8V-Wicklung des Klingeltrafos (= Modulationtrafo) verbunden. Die 10 Ohm Widerstände dienen zur Entkoppelung der Ausgänge und vereinen ein eventuelles Stereosignal zu Mono. Ich gebe zu, die genannte moderne Unterhaltungselektronik passt eigentlich nicht zum Stil der 50er-60er Jahre. Sie sollte besser weit weg vom RADIOMANN aufgestellt werden!
Origineller ist schon ein Plattenspieler mit eingebautem Verstärker. Sollte es sich noch um einen Röhrenverstärker handeln, muss der fehlende Lautsprecher durch einen 8 Ohm Lastwiderstand nachgebildet werden. Und jetzt noch die alten Platten aus dieser Zeit auflegen!

Das Ergebnis kann sich sehen lassen!     

                        


Obenstehende Abbildung zeigt die (mit einem Sinuston) 60%ig amplitudenmodulierte Trägerwelle, generiert mit einer DM 300(N). Begrenzt man die maximale Modulationstiefe auf diesen Wert, bleiben die Verzerrungen (Klirrgrad) unter 5%. Das ist, in Anbetracht des Schaltungsaufwandes, ein sehr gutes Ergebnis. Selbst die (ungewünschte) Frequenzmodulation ist dann zu vernachlässigen. Also, bitte nicht zu weit aussteuern!

Die vier Schaltungsvarianten

Abhängig vom verwendeten Röhrentyp, habe ich die besten Erfahrungen mit folgenden Einstellungen gemacht:

1. RE 074d

Die Betriebsspannung ist auf 6 Volt reduziert. Das Raumladegitter ist ebenso auf diese Spannung gelegt.

Anmerkung: Frühere Versuche haben gezeigt, dass die Doppelgitter-Röhren sogar ganz ohne Anodenbatterien auch in der Senderschaltung funktionieren. Das Spannungsgefälle entlang des Heizfadens reicht schon aus, um ein schwaches Signal zu erzeugen. Will man aber Mauern durchdringen, sind die vorgeschlagenen Betriebsspannungen einzuhalten.

2. RE 084

Die schwer zu beschaffende Doppelgitter-Röhre DM 300(N) kann durch eine 4-Volt Triode ersetzt werden. Die RE 084 funktioniert hier einwandfrei mit 27 Volt.

 

3. DM 300(N)

Da es sich um eine Schirmgitterschaltung handelt, muss eine kleine Anpassung geschehen. Dieses Schirmgitter (besser gesagt: Schutzgitter) an der Seitenschraube hat ja die Aufgabe, den Gitter-Kathodenraum vor der 'schädlichen' Anodenrückwirkung zu schützen. In der Modulationsschaltung ist jedoch ein 'Durchgreifen' der schwankenden Anoden- und Schutzgitterspannung gewünscht. Daher wird G2 mitmoduliert!

Anmerkung: Die Endpentode RES 164d ist in der gleichen Schaltung zu gebrauchen. Die Betriebsspannung muss jedoch auf 27 Volt angehoben werden !

 

4. EF 98

Obwohl Kosmos in den RADIOMANN-Kästen ab 1960 (13. Auflage) keine Sendeversuche mehr publizierte, will ich zum Schluss noch einen Vorschlag für diese Röhre zeigen. Lag sozusagen 'auf dem Weg'.
Die Schaltung ist eigentlich mit der vorigen zu vergleichen. Auch hier wird zusätzlich das G2 mit der Modulationsspannung beaufschlagt. Bei diesem Röhrentyp ist jedoch ein Vorwiderstand zur Reduzierung der G2-Spannung erforderlich.

Viel Spaß beim Experimentieren

 

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Sendeversuche und Modulation 
06.Jan.05 21:42

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
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Konrad Birkner † 12.08.2014

Diese Einfach(st)-Schaltungen vermitteln sicherlich ein erstes Erfolgserlebnis. Aber als Quelle für unsere alten Radios sind sie absolut ungenügend.60% Modulation reichen eben nicht. in Spitzen lässt sich mal eine Totalaussteuerung bis 100% nicht vermeiden. Und es fehlen sonst ca 12dB an Lautstärke, was den störanteil unangenehm erhöht.
Und unsere Radios sollen doch ihren eigenen typischen Klang produzieren. Das geht aber nur, wenn die HF-Programmquelle einigermaßen linear arbeitet und nichts hinzufügt. Zu bedenken ist auch noch eine Höhenbegrenzung, weil die NF-Quellen (heute)meist höher hinaufreichen als die originale Übertragungsbandbreite zuließ.
Mein Rat:  Das eine probieren, dann das Bessere bauen.
Zum Besseren gibt es erprobte Schaltungen. Aber: Rechtslage beachten! Nicht schwarzsenden! Nur leiten und koppeln (induktiv, kapazitiv, über E-Feld oder H-Feld).Bei den verwendeten Wellenlängen und schwacher Leistung kommt es bei den realisierbaren Antennenmaßen ohnehin kaum zu einer Ablösung zwischen E und H, also einer elektromagnetischen Welle.

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Bitte die Verhältnismäßigkeiten beachten! 
07.Jan.05 01:01

Wolfgang Holtmann (NL)
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Wolfgang Holtmann

 

Ziel war es, den Versuch Nr.80 im RADIOMANN mit minimalen Aufwand zu retten!

Nicht beabsichtigt war ein allgemeiner Bauvorschlag für einen Werkstattradiosender, um als Ersatz für Rundfunksender zu dienen.

Herr Birkner, ich stimme mit Ihnen überein, dass unsere alten Radios wieder so wie Anno-Dazumal erklingen sollen.
Im Gegensatz zu Ihnen habe ich die starke Vermutung, dass früher nicht bis nahezu 100% in den Spitzen moduliert wurde. Heutzutage ist das ganz anders. Stichwort „Kommerzialisierung“. Von OPTIMOD (= Audiobearbeitung) mal ganz zu schweigen. Je lauter, je besser!

Wie komme ich zu dieser Annahme?

Kürzlich habe ich mich verhältnismäßig lange mit der Restauration eines Superhets Marke SABA, Type 520WL von 1933 beschäfigt. Wer viel Geduld hat, kann den recht langen Gesamtbericht hier nachlesen:

Dort (weiter unten) meine ich, meine obige Behauptung plausibel unterbaut zu haben. Ich glaube nicht, und da sind wir wohl einer Meinung, dass SABA in der Vergangenheit Mist produziert hat.

Nochmal zurück zur angepassten Senderschaltung des RADIOMANN. Ich machte bereits deutlich, die Spitzenwerte der Modulation dürfen nur 60% betragen. Bis zu diesem Wert ist eine überraschend gute Linearität erzielbar. Das beweist auch die dargestellte Hüllkurve. Ich habe damit sicherlich eine Woche lang täglich meine Nostalgie-Musik mit Vergnügen belauscht. Natürlich auch mit einem Radio aus jener Zeit!

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Radiomann-Sender 
07.Jan.05 23:48

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
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Konrad Birkner † 12.08.2014

Hallo,Herr Holtmann!

Ich bin davon überzeugt, dass Sie Ihr Ziel mit dem Radiomann erreicht haben. Da besteht kein Zweifel.

Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass das eigene Radioprogramm mit einer solchen Schaltung auf Dauer nicht zufriedenstellen kann.  Ihr Bericht könnte da bei manchen Kollegen falsche Hoffnungen wecken. Diese zu dämpfen war und ist meine Absicht.

Was Ihr Beispiel SABA betrifft: gerade SABA hatte in der Zeit um 1933 wohl mit die beste Tonwiedergabe unter den deutschen Geräten (wobei ich die Zweikreiser in dieser Hinsicht noch etwas besser finde - Geschmackssache). Gerade darum, um im Vergleich vorführen zu können, wieviel besser die Wiedergabe war als bei den meisten Konkurrenten, ist eine einwandfreie Signalquelle erforderlich. Aber eben ohne Optimod, Trägerkompression und andere Manipulationen. Nein, so wie der brave Toningenieur in der Master Control seinen Regler bediente. Es war ja fast alles Live!

Den Radiomann und seine Versuche möchte ich keinesfalls abwerten. Im Gegenteil: Es gebührt ihm der Verdienst, unzähligen Menschen interessanten und lehrreichen Zeitvertreib und nicht unbeträchtliche Erfolgserlebnisse verschafft zu haben.

Mit freundlichen Grüssen

KoBi

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