Wer oder Was war ARES?

ID: 149355
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Wer oder Was war ARES? 
19.Sep.07 18:06
2028

Wolfgang Eckardt (D)
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Wolfgang Eckardt

In den Mitteilungen der IG "Geschichte der Rundfunktechnik am Technischen Museum Dresden" (ehemalige Vereinigung der  Radio-Historiker in der DDR) fand ich im Heft Nr. 26 (2)/1990 einen interessanten Artkel über den Werdegang der Firma ARES. Den möchte ich hier wiedergeben.

 


 

 WER oder WAS war A R E S ?

Mitte der zwanziger Jahre brannte über dem Lebensmittelgeschäft von Christian Rauch im damaligen Grube Ilse (später Großräschen-Süd) oft bis spät in die Nacht noch Licht. Dort bastelte ein gewisser Arno Reimann Lagenspulen, Flachspulen, Honigwabenspulen, Bleikristall-Halterungen und Abtastspitzen und mit selbsterfundenen Platten-Schiebekondensatoren Detektorempfänger zusammen. Stolz berichtete er manchmal von seinen Empfangserfolgen : Langenberg, Mühlacker und Heilsberg konnte er ständig vorführen, aber als besonderen Leckerbissen schilderte er den Empfang eines amerikanischen Senders auf Welle 526 m , der ihm zweimal geglückt war.
Anfang der dreißiger Jahre bezog Arno Reimann, inzwischen verheiratet, in Sedlitz (an der Eisenbahnstrecke Senftenberg - Cottbus) ein Einfamilienhaus, in dem er alsbald ein Rundfunk-Geschäft eröffnete: "Radio-Reimann".
Da er offensichtlich immer etwas mehr Techniker als Geschäftsmann war, fand er nach dem Kriege sehr bald Mittel und Wege, sich trotz großen Materialmangels nützlich zu machen: aus der ganzen Umgebung brachten ihm die Kunden alte Röhren zum Regenerieren. Teils mittels äußerer Erhitzung (Gasflamme), teils durch elektrische Überheizung wurde alles wieder aufgemöbelt - von der RE034 über RES964 und CF7 bis zur ECL11.
Da in den ersten Nachkriegsjahren außer zaghaften Versuchen von Mende - bzw. Funkwerk Dresden, oder Sachsenwerk und einigen anderen nichts an Rundfunkgeräten auf den Markt kam, packte ihn die Idee, eine eigene Radiofertigung zu beginnen. Nach einer Versuchsserie mit Vierkreisern kam die erste größere Sechskreiser-Serie unter der Firmenbezeichnung ARES = Arno REimann Sedlitz in den Handel.
Etwa zur gleichen Zeit wurde auch die erste Musiktruhe (mit 3 Lautsprechern) vorgestellt, die aber wegen des begrenzten Arbeitsraumes - die "Produktion" erfolgte hauptsächlich in zwei größeren Wohnräumen des Hauses - nicht in Serie gehen konnte. Mit seinem größten Wunsch, in dem benachbarten halb leerstehenden ehemaligen Jugendheim eine moderne Produktionsstätte einzurichten, stieß er bei der um 1950 herrschenden Wohnungsknappheit nur auf taube Ohren.
Mit seinem viel zu frühen Tod in den Jahren 1955 oder 1956 fiel hinter einem kleinen, aber erwähnenswerten Kapitel deutscher Rundfunkentwicklung leise die Tür ins Schloß.
   
Erinnerungsbericht von Dieter Reichardt.
Veröffentlicht in „Mitteilungen der Interessengemeinschaft Geschichte der Rundfunktechnik
am Technischen Museum Dresden“, Nr. 26 (2)/1990
    
Wolfgang Eckardt

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Wer oder Was war ARES? 
14.Dec.22 16:01
2028 from 3022

Wolfgang Eckardt (D)
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Wolfgang Eckardt

Inzwischen gibt es einige neuere Erkenntnisse zu dieser Firma. In der "Funkgeschichte" Heft 100 (Jan./Febr. 1995) erschien der etwas überarbeitete "Erinnerungsbericht von Dieter Reichardt" (siehe Post 1). Dort wurde der Todestag des Firmeninhabers Arno Reimann berichtigt auf 1961 (15. März 1961).  

Eine neuere Quelle ist nun bekannt, der Heimatkalender für den Altkreis Senftenberg "Kippensand" 2023. Dort hat Götz Wendt aus dem Verein für Heimatpflege 1909 e.V Senftenberg einen 4-seitigen bebilderten Beitrag mit dem Titel "Arno Reimann und 100 Jahre Rundfunk in Deutschland" veröffentlicht. 

Aufbauend auf den Erfahrungsbericht von Dieter Reichardt in der "Funkgeschichte" Heft 100 wird auch noch einmal darauf hingewiesen, das Arno Reimann bereits Mitte der 1930er Jahre unter der Firmierung Radio-Reimann ein Fachgeschäft mit Reparaturwerkstatt in Sedlitz (NL) gegenüber dem Bahnhof betrieb.

Bild: GFGF-Archiv

Interessant ist auch die Tatsache, dass die Firma 1960 endlich umziehen konnte, denn die Fertigungsräume in Sedlitz waren viel zu klein. Das benachbarte Großräschen-Süd (NL), Ortsteil Anna-Mathilde war der neue Firmensitz. Dadurch lässt sich nun auch erklären, warum auf den letzten Modellen von ARES (z.B. Tosca 2)  auf der Rückwand als Firmierung steht ARES-Gerätebau KG Großräschen-Süd (NL) und nicht mehr Sedlitz.  Leider blieb das wegen des frühen Todes Reimanns im März 1961 nur kurze Zeit so. Die Firma wurde verstaatlicht und die Produktion eingestellt. Der Name ARES erlosch. 

Inzwischen ist das damalige Gelände auch Opfer der Bagger des Braunkohle-Tagebaus geworden. Seit Ende der 1980er Jahre liegt hier nun der Großräschener See. 

W.E. 

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