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UKW die neue Rundfunkwelle

... das müsste jeder Hörer wissen ...
German | Brochures
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Author Editor
Gail, Otto Willi
Publisher ISBN
Hanns-Reich-Verlag, Germany
München
Date of issue / Date of first publication Periodicity
1951
Format Pages
DIN A5 Portrait 32
Print Type Type
Brochures
Short Description

Populärwissenschaftliche Darstellung des neuen UKW-Rundfunks (Wellenausbreitung, Frequenzen, Empfangsmöglichkeiten).

Erschienen im Auftrag des Bayerischen Rundfunks (BR) - incl. Apparate-Werbung mit Bildern und einer Senderkarte zum Stand August 1951

Description
Created by: Franz Harder (10.Apr.19)

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UKW die neue Rundfunkwelle
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  UKW-FM und technische Aufklärung im Wandel der Zeit
Ralph Oppelt † 3.4.24
01.May.19
 
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Das Büchlein von 1951 ist eine Informationsschrift für den Laien an der Schwelle des UKW-Siegeszuges mit leicht verständlichen technischen Erläuterungen bis hin zum Selbstbau von Behelfsantennen. Mittlerweile wissen praktisch alle an der Thematik „Radio“ Interessierte mehr oder weniger genau, was UKW und FM ist und wie das alles funktioniert. Ich will hier deshalb auch nicht weiter in die Tiefe gehen, technische Einzel/Feinheiten usw. kann man an vielen anderen Stellen im www nachlesen. Vielmehr möchte ich auf den diesbezüglichen technischen Wandel eingehen, der sich in den fast 70 Jahren in vielerlei Hinsicht vollzogen hat. Am Ende aber auch auf den Wandel, wie mit dem Radiohörer als Konsument damals bzw. heute umgegangen wird. Zunächst zum Wandel der Technik:

  1. Heutzutage kaum mehr vorstellbar: Die allseits etablierte AM mit ihrer Bandbegrenzung hatte den Hörer so sehr an den etwas dumpfen Klang gewöhnt, dass man ihn auf die viel heller klingende FM erst einmal vorbereiten musste. S. 28 oben: „Aber man sollte es nicht tun.“ Gemeint ist, mit der Tonblende die Höhen absenken, um die als „scharf“ oder „schrill“ empfundene Klangqualität dem „eingelullten Ohr“ anzupassen. Auf S. 27 Mitte wird sogar davor gewarnt, dass man nun „das Nadelrauschen von Schallplatten oder das Zischen anstoßender Konsonanten“ deutlicher als auf anderen Wellenbereichen hört. Und gleich danach wieder die Ermahnung, nicht mit der Tonblende auf „dunkel“ zu stellen. Es heißt weiter im Text: „Eigentlich sollte für den UKW-Hörer die Tonblende tabu sein.“
  2. Es gab offenbar noch UKW-Skalen in Wellenlängenangaben. S. 14 unten: „Die Zahlen beginnen dann mit 3.00 Meter und enden dann mit 3.45 Meter.“
  3. Frequenzstabilität war damals noch ein Problem. S. 16 unten: „...nach dem Einschalten dauert es eine gewisse Zeit..., bis die Eingeweide gleichmäßig durchwärmt sind.“ Nachregulieren war also angesagt. Tja, später kam dann die AFC-Taste dazu und irgendwann der PLL-Synthesizer bzw. der DDS-Chip. So erwarten wir das heute: Einschalten – fertig.
  4. Und schließlich gegen Ende der Broschüre auf S. 28: „Das zweite Programm“ Man arbeitet daran, dass der UKW-Hörer „zwei verschiedene Wellen zugestrahlt“ bekommt, die er „sicher bei Tag und Nacht“ empfangen kann. Können wir uns eigentlich noch daran erinnern, dass es mal nur ein einziges Rundfunkprogramm gab? Oder dass man so manchen Sender eben nur nachts empfangen konnte?
  5. Und ganz zuletzt das Thema „Technik und Geld“ sozusagen als Überleitung zum nächsten Kapitel. „Am besten bindet man die Antenne zunächst an einen Besenstiel...“, so heißt es auf S. 22 unten. Denn wenn man ausreichend Feldstärke auffindet, kann man an den Gerätekosten sparen, s. S. 23 unten: „...ist es mitunter besser, am Gerät zu sparen als an der Antenne.“ Ein Radiogerät war damals ein Wertgegenstand, auf den man lange sparen musste, oftmals ein Möbelstück mit fester Platzzuteilung im Wohnzimmer. Welchen Stellenwert hat ein Radiogerät heute?

Soviel zum technischen Wandel, der sich i.a. langsam sukzessive aber eben stetig vollzieht, so wie das eigene vor-sich-hin-altern. Doch liegen, wie in diesem Fall, plötzlich fast sieben Jahrzehnte dazwischen, hat man Mühe sich die Radiowelt von damals vorzustellen. Es ist so, wie wenn man ein uraltes Fotoalbum aus dem Schrank zieht und bei den Bildern erschrickt.

Komme ich nun zum Wandel der technischen Aufklärung und zum Wandel des Hörers als Konsument. Da dies keine technische Domäne mehr ist, sind meine Beiträge hierzu auch leichter anfechtbar. Um es vorweg zu sagen: Es sind meine ganz persönlichen Eindrücke, jeder kann sich seinen eigenen Reim (oder Forumsbeitrag) darauf machen, ich will das nicht als die alleinige Wahrheit anpreisen.

Nicht nur in der Kultur unterliegt der Mensch dem Zeitgeist, auch in der Technik, ja, er wird sogar etwas dabei erzogen (s.o. Punkt 1) bzw. manipuliert. Erinnern wir uns noch, da war doch mal was mit der Einführung der Stereofonie oder der Einführung des Farbfernsehens? Richtig - man versicherte dem Teilnehmer, er brauche sich keine Sorgen zu machen, er kann auch mit seinem alten Radio bzw. Fernseher die neue Technik empfangen, halt dann eben nur in mono bzw. schwarz/weiß. Rückwärtskompatibilität war das Gebot der Stunde! Um künstlich den Konsum anzuheizen ist es heute gerade umgekehrt. Und weil das nicht reicht, will man auf gar keinen Fall, dass der Hörer selbst was von Technik versteht. Auch wenn er sein defektes Gerät nicht selbst reparieren könnte, so kann man ihm bei absoluter Unwissenheit viel leichter gleich ein Neues aufschwatzen. Das war in der Anfangszeit der Radios eher umgekehrt. Doch schon im späteren Fernsehzeitalter (also noch im prä-Mediamarkt-Zeitalter) kannte doch jeder die meist erstellte Diagnose der Fernsehhändler „Da ist die Bildröhre defekt – das rentiert sich nicht mehr“. Ein neues  Produkt verkaufen war Priorität Nr. 1. Ein technisch versierter Kunde hätte beispielsweise selbstsicher geantwortet: „Das kann nicht sein, das Bild wird Zeile für Zeile geschrieben, nur der Bildinhalt fehlt – es kann auf keinen Fall an der Bildröhre liegen“. So war dieses UKW-Heftchen eine wirklich gute technische Hilfestellung für den Laien, um ihm beim Thema UKW und FM auch eine gewisse Sicherheit zu geben, kurzum: Um ihn technisch auf Vordermann zu bringen (sorry, damit ich heutzutage nicht in Ungnade falle muss ich auch „Vorderfrau“ dazu ergänzen).

Jetzt wird DAB+ eingeführt. Wo bitteschön bleibt so ein Heftchen an alle Haushalte, das uns erklärt, wie DAB+ in groben Zügen funktioniert, auf welchen Frequenzen da überhaupt gesendet wird usw.? Sie werden vielleicht sagen, na im Internet findet man doch alles. Aber es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man aktiv informiert wird oder erst selbst aktiv werden und alles zusammen suchen muss. Ziel ist heute der technisch unmündige Bürger. Er soll nicht nur nicht wissen, auf welchen Frequenzen gesendet wird, er soll erst gar nicht wissen was eine Frequenz überhaupt ist. Statt z.B. SWR1/95,1 MHz einzublenden begnügt man sich mit SWR1. Und später? Wieso muss ich noch lesen können? Da gibt es dann ein Logo für den SWR1 und fertig. Ist von mir natürlich jetzt etwas ketzerisch übertrieben. Aber die Information SWR1/95,1 MHz hätte für den aufgeklärten Nutzer die Möglichkeit, den Senderstandort zu ermitteln um seine Antenne optimal auszurichten (s. im Heftchen S. 23 oben). Nur „SWR1“ alleine in der Anzeige hilft nicht. Will damit sagen: An technischer Aufklärung also z.B. auch an einem solchen Heftchen besteht heute kein Interesse mehr.

Man kann die Verdummung des Hörers noch weiter treiben. Vor einiger Zeit bewarb man DAB+ auf UKW-Sendern mit einer mutwillig verrauschten UKW-Hörprobe („audio-clip“) auf die im Anschluss eine kristallklare DAB+ Hörprobe folgte: „So toll klingt das mit DAB+!“ Ich bezweifle das ja gar nicht. Aber wie bitteschön kann ich auf dem angeblich so rauschbehafteten UKW-Übertragungsweg überhaupt eine so tolle rauschfreie DAB+ Hörprobe zum Besten geben? Wir als brave beitragszahlende Hörer haben es eigentlich nicht verdient, dass man uns für so dumm hält!

Zum Abschluss möchte ich noch auf das Vorwort und S. 6 Mitte verweisen: „Die andere Möglichkeit einer internationalen Vereinbarung und freiwilligen Stillegung einer großen Anzahl von Mittelwellensendern ist Utopie.“ Utopie? Hatten wir das nicht erst vor ein paar Jahren? Allerdings nicht um uns „vor dem völligen Versinken im nächtlichen Wellenchaos“ zu bewahren, wie es auf S. 6 Mitte heißt. Wie sich doch die Zeiten geändert haben!

 
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