aeg: Optischer Stationsmelder 1932

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ID: 226145
Dieser Artikel betrifft das Modell: Ultra-Geadem G (AEG (Radios) Allg.Elektricitäts-Ges.)

aeg: Optischer Stationsmelder 1932 
14.Aug.10 19:42
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Wolfgang Eckardt (D)
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Wolfgang Eckardt

AEG setzte in seine Spitzengeräte des Jahrganges 1932 den neuen "Optischen Stationsmelder" ein. Das betrifft alle Modelle der Reihe Ultra-Geadem und Super-Geador.
 

In den AEG-Mitteilungen Heft 8 / 1932 wird darüber berichtet und ich stelle hier eine Kopie dieses Artikels vor. (OCR-Scan des Textes - also wortwörtliche Wiedergabe des Originaltextes!)
In diesem Restaurierungsbericht zu einem "Ultra-Geadem G" werden ebenfalls Einzelheiten dieser Technik sichtbar.


Optischer Stationsmelder der neuen AEG-Rundfunkempfänger.

Von M. Zeh, Apparatefabriken Treptow.
Eine neuartige Einrichtung zur bequemen Sendereinstellung, die als„optischer Stationsmelder" erstmalig bei den neuen AEG-Spitzengeräten „Ultra-Geadem" und “Super-Geador" zur Anwendung kommt, wird beschrieben; die konstruktiven Einzelheiten werden erläutert, Wirkungsweise und praktische Ausführungsform werden bildlich dargestellt.
 
Der erste Aufsatz *) dieses vorliegenden Heftes ruft die Erinnerung an die primitiven Mittel wach, mit denen die ersten, noch mit Akkumulator und Anoden-Batterie betriebenen Rundfunkgeräte auf den gewünschten Sender eingestellt wurden.
*) [Dort werden die AEG-Modelle der Jahre 1924-1929 vorgestellt. W.E.]
 
Eine Unzahl von Bedienungsknöpfen, mit Gradeinteilung auf dem Rand des Knopfes (Bild 1, links) oder auf der Frontplatte des Gerätes mit übereinstimmender Einstellmarke (Bild 1, rechts) erforderten ganz besondere Geschicklichkeit für die Auffindung der Sender.
Seitdem haben sich die Hörer längst an den Komfort der Netzempfänger gewöhnt, deren vereinfachter Betrieb auch die Forderung nach vereinfachter Bedienung nach sich gezogen und zu Skalen geführt hat, die das Einstellen auf die gewünschte Station erleichtern. Gleichzeitig gelang es, die gleichmäßige Herstellung von Empfängern so zu steigern, dass einem Skalenteil jeweils eine bestimmte Wellenlänge entspricht. So entstanden Skalen, die neben einer gleichmäßigen Gradeinteilung noch eine zweite in kHz oder Wellenlängen geeichte Einteilung aufweisen (Bild 2).   Aber auch diese Ausführungen stellen noch keine Endlösung dar, weil die Sendestation erst aus der abgelesenen Wellenlänge durch Nachschlagen in einer Sendertafel ermittelt werden kann; das Ideal ist natürlich die unmittelbare Ablesung der Stationsnamen aus der Skala. Werden statt der Wellenlängen oder neben ihnen die Stationsnamen unmittelbar auf der Skala aufgedruckt, so ist die Skala, falls man den verfügbaren Flächenraum gut ausnutzen will, senkrecht und auf ihr die Stationsnamen waagerecht übereinander anzuordnen, so dass sie bequem abzulesen sind. Natürlich soll stets die ganze Skala und nicht etwa nur ein in einem Fenster sichtbarer Teilausschnitt ablesbar sein, damit zu erkennen ist, in welcher Richtung die Einstell-Vorrichtung betätigt werden muss, um die gewünschte Station zu finden.
 
Eine solche Skala bewegt sich entweder gegen eine feste Einstellmarke oder ein Zeiger über die feststehende Skala. Bei der großen Zahl der Stationen ergibt sich jedoch eine sehr große Länge bzw. Höhe der Skala, die allenfalls bei Geräten, die mit Lautsprecher verbunden sind, derart unterzubringen ist, dass die Skala in die Lautsprecher-Öffnung hineinragt (Bild 3). Dieser Bauart ist also eine gewisse Grenze gesetzt.
Es mussten deshalb neue Wege gesucht werden, um für die Unterbringung der Stationsnamen größeren Raum zu gewinnen. Man erreichte dies durch zwei nebeneinander liegende Ablesungsfelder, von denen das zweite die unmittelbare Fortsetzung des ersten bildet. Die eine Schwierigkeit ist somit zwar überwunden, es entsteht jedoch die neue Aufgabe, die jeweils eingestellte Sendestation so anzu­zeigen, dass beide Felder in stetiger Folge aneinander stießen. Hierzu mussten die herkömmlichen Ablesemittel, wie Skala und Zeiger, ganz aufgegeben werden, und es entstand aus einer sinnreichen Bewegungsform in Verbindung mit einem geeigneten Lichtspaltsystem als neuartige Lösung der optische Stationsmelder der AEG, der bei den diesjährigen Spitzengeräten der AEG - „Super-Geador" und „Ultra-Geadem" - zum ersten Male Anwendung findet.
 
 Bild 4
Das Frontstück des optischen Stationsmelders bildet der Rahmen (Bilder 4 und 5), der vier senkrechte, mit Mattglas abgedeckte Fenster zeigt. Die auf den Hintergrund geätzte kHz-Einteilung ist unwesentlich und soll nur noch der ungefähren Orientierung über den Drehsinn zu- oder abnehmender Frequenzwerte dienen, nicht mehr jedoch zur Einstellung.
Bild 5
 
 
Auf das scheinbar einfachste Verfahren, die Stationsnamen in die Felder fest einzutragen, wurde verzichtet, da die Auswahl der Stationen, die wirklich gut empfangen werden können, je nach der Gegend und den örtlichen Verhältnissen eine andere ist. Der Hörer hat also kein Interesse an einem mit Stationsnamen dicht bedruckten Ablesefeld, sondern er will nur die Namen der Stationen, auf deren Empfang er besonderen Wert legt, deutlich und übersichtlich vor sich sehen. Deshalb ist es richtiger und erhöht auch den Reiz am Rundfunkempfang, wenn jeder Hörer die von ihm gewünschten Stationen selbst auswählt und nur diese auf dem Gerät abzulesen braucht. Es kommt nur darauf an, dass der verfügbare Raum auch groß genug ist, um alle gewünschten Stationsnamen unterbringen zu können.
Der Stationsmelder der AEG wird dieser Forderung gerecht, denn 104 Stationsnamen sind auf Schildchen aus durchsichtigem Zellon gedruckt, die kurzwelligen in grüner, die langwelligen in roter Schrift. Der Hörer kann aus dieser Reihe die Stationen auswählen, die für ihn von Interesse sind und von ihm gut empfangen werden können. Die Schildchen sind an den Enden abgeschrägt und können so ganz leicht unter die federnden Klemmleisten, die im Rahmen verdeckt angeordnet sind, eingesetzt und zurechtgeschoben werden. Durch Betätigung des Abstimmorganes wird nun ein die Fenster 1 und 2  bzw. 3 und 4 übergreifender Lichtstreifen, der genau die Höhe eines Stationsschildchens einnimmt, so bewegt, dass er bei Drehung des Abstimmknopfes von 0° bis 90° die Fenster 1/2, von 90° bis 180° die Fenster 3/4 durchläuft und, wenn er dabei mit einem Stationsschild zur Deckung kommt, dieses Schild voll ausleuchtet. [s. auch Bilder beim Modell. W.E.]
 
 
 
Bild 6
 
Optik und Kinematik sind folgendermaßen ausgeführt (Bild 6):
Der Lichtstreifen wird durch eine kleine Lampe hervorgerufen, die ihr Licht durch einen Spalt auf die Rückseite der Fenster wirft. Diese Anordnung ist an dem Antrieb zweimal vorgesehen. Die Grundlage dieses sich senkrecht bewegenden Lichtstreifen-Systems ist eine zweifache Parallelogramm-Anordnung, bestehend aus zwei gleichen Winkelhebeln
W1und W2 (Bild 7),
 
 
Bild 7
 
die in der Mittellinie der Skala bei L1und L2drehbar gelagert sind.  L1 ist zugleich die Achse des Abstimmkondensators. Die Enden der einander entsprechenden Schenkel der Winkel W1 und W2 sind durch Gelenkstangen M1 und M2 miteinander verbunden. Auf den Gelenkstangen sind in der Mitte die Lichtstreifen-Systeme Z1 und Z2 befestigt. Die Schenkel der Winkel  W1 und W2 schließen einen Winkel von etwa 96° ein; diese Größe ist nicht willkürlich gewählt, sondern ergibt sich aus der Forderung, dass der Lichtstreifen vom Fenster 1/2 auf 3/4 in stetigem Verlauf übergeht, da nämlich bevor der Lichtstreifen Z1 oberhalb der Öffnung des Fensters 1/2  verschwindet, im Fenster 3/4 der Lichtstreifen Z 2 erscheint (Bild 8).
 Bild 8
 
Wie aus den Bildern 7 bis 9 ersichtlich, wandern bei Betätigung der Parallelogramm-Führung durch das Abstimmorgan die Lichtstreifen Z1 und Z2 auf einem Kreisbogen, wodurch zwar eine waagerechte Komponente in die Bewegung des Lichtstreifens hineinkommt, aber durch genügende Verlängerung des Lichtstreifens über die Abdeckung hinaus dem Auge entzogen wird. Bei einmaliger voller Drehung des Abstimmkondensators werden alle Felder in voller Ausdehnung vom Lichtstreifen durchlaufen.
 Bild 9
 
Wie die Parallelogramm-Anordnung in Wirklichkeit aussieht, zeigt Bild 6. Der Winkelhebel, auf der Achse des Drehkondensators befestigt, ist zu einer Scheibe erweitert, um gleichzeitig die Feineinstellung mittels des bekannten Friktionsantriebes zu erzielen.
Um eine trotz seitlicher Bewegung gleichmäßige Ausleuchtung des Spaltes zu erreichen, musste eine Speziallampe entwickelt werden, deren Leuchtdraht geradlinig gespannt ist. Diese Lampe darf in ihre Fassung immer nur so eingesetzt werden, dass der Faden stets genau parallel zum Spalt und der Fadenhalter nie vor dem Faden liegt. Deswegen hat sie einen Swan-Sockel erhalten, der sie in der bestimmten Stellung festhält.
Bei einem AEG-Gerät, das mit dem optischen Stationsmelder ausgerüstet ist, spielt sich - wenn der Käufer das Gerät .ohne eingesetzte Stationsschilder erhalten hat - die Einstellung in folgender Weise ab: Wird der Einstellknopf gedreht, so wird der Lichtstreifen in den Fenstern wandern und gleichzeitig eine Station nach der anderen hörbar werden, deren Feststellung nach der Sprache des Ansagers, dem Pausenzeichen usw. oder auch unter Zuhilfenahme der durchscheinenden kHz-Einteilung unschwer gelingt und nur einmal erforderlich ist. Nachdem der Sender, den man festhalten will, nach dem Gehör auf das schärfste eingestellt ist, kann jetzt das Schildchen, das seinen Namen trägt, eingesetzt und leicht so zurechtgerückt werden, dass sein Umriss sich mit dem des Lichtstreifens ganz genau deckt. Hierbei ist es gleichgültig, in welches der beiden vom Lichtstreifen durchlaufenen Fenster das Schild eingesetzt wird, denn die beiden Fenster dienen ja nur dazu, den verfügbaren Platz zu verdoppeln und können beide mit Stationsschildern völlig bedeckt werden; ihre Gesamtlänge reicht aus, um alle Stationsnamen unterzubringen, die in einem Sendebezirk praktisch in Frage kommen.
Nachdem die Stationsnamen eingesetzt sind, wird von nun ab beim Rundfunkempfang umgekehrt verfahren, d. h. der Lichtstreifen wird durch Drehen des Abstimmknopfes mit dem Schild der gewünschten Station genau zur Deckung gebracht. Jede akustische Einstellung ist nunmehr überflüssig geworden, denn die volle Ausleuchtung des Stationsnamens durch den Lichtstreifen bewirkt ganz von selbst, dass die Station sich mit voller Lautstärke meldet.

 
Wolfgang Eckardt
 

 

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