Das Frenotron (Diode-Triode)

14
ID: 218331
Das Frenotron (Diode-Triode) 
12.Apr.10 21:56
78
14

Thomas Lebeth (A)
Redakteur
Beiträge: 70
Anzahl Danke: 11
Thomas Lebeth

Das in Deutschland viel verwendete Nestel-Audion geht zurück auf eine Erfindung des Österreichers Dr. Ing. Robert Pollak-Rudin. Pollak-Rudin hatte sich schon 1926 Gedanken gemacht, um den Betrieb des rückgekoppelten Audions nahe am Schwingungseinsatz zu stabilisieren. Dabei benutzt er eine Diodenstrecke, deren Zweck es ist, die Wirkung der Rückkopplung nahe am Schwingungseinsatz zu verringern, was über eine Dämpfungserhöhung gelingt. Gleichzeitig wird dadurch noch die Bandbreite des Empfangskreises vergrößert, was der Klangqualität des Empfangssignal zugute kommt.

Seine Erfindung hat Pollak-Rudin am 8. Januar 1926 beim österreichischen Patentamt angemeldet. Das Patent wurde am 15. März 1927 erteilt, und unter der Patentnummer Ö.P. 110.425 veröffentlicht. In dem Patent ist die Verbesserung und Wirkung seiner Erfindung ausführlich beschrieben.

Weiters sind zwei Applikationsschaltungen angegeben. In einer Schaltung ist ein Kristalldetektor als Diode benutzt, in der zweiten Schaltung eine Triode als Diode beschaltet. Im folgenden sind die beiden Prinzipschaltungen aus der Patentschrift wedergegeben:

Im April 1927 wird von Pollak-Rudin die eigens entwickelte Frenotron-Röhre im Österreichischen Radio-Amateur vorgestellt (ÖRA 04/1927, S. 287ff). Diese Röhre wird bei der kleinen Röhrenfabrik "Helikon" in Wien gefertigt, und vereint eine Diode und eine Triode, die über einem gemeinsamen Heizfaden angeordnet sind. Die Röhre ist direkt beheizt, und für Batterieempfänger gedacht. Folgende Abbildung zeigt den Prinzipaufbau des "Frenotron"; links ist die Diode, rechts das Triodensystem zu erkennen:

Als weiteren Verwendungszweck beschreibt Pollak-Rudin in der Juni-Ausgabe des Österreichischen Radio-Amateur (ÖRA 06/1927, S. 420ff) die Verwendung des Frenotrons in der Mischstufe eines Superhets. Darüber hinaus wird die Röhre als linearer Demodulator (Diode) mit nachfolgender NF-Vorverstärkung (Triode) verwendet. Dieses Prinzip hält erst 1933 mit den Binoden allgemeinen Einzug in den Superhet.

Herzliche Sammlergrüße

Thomas Lebeth

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 2
Einige Ergänzungen zu Nestel-Audion und Frenotron 
13.Apr.10 07:50
78 from 9418

Ernst Erb (CH)
Ratsmitglied
Beiträge: 5742
Anzahl Danke: 5
Ernst Erb

Danke, lieber Thomas, für den interessanten Kurz-Beitrag über das Frenotron, der den Ursprung des Nestel-Audion etwas aufklärt.

Sowohl in den USA als auch in Europa gab es in den 20er Jahren zahlreiche Entwicklungen und Erfindungen, die viel versprechend waren - und sich doch nciht oder nur sehr kurz durchsetzen konnten. Es wäre interessant, einmal eine Zusammenstellung dieser Versuche und Realisationen bei kommerziellen Empfängern zu erarbeiten. Wer packt es an? Wichtig dabei sind dann die Links auf die jeweiligen Beiträge bei uns.

Die Ausführungen über das Nestel-Audion (Audion mit Diode) finden sich hier. Mit der Eingabe binode tube rudin findet sich bei Google noch ein Text eines Walter Rudin über das Leben von Robert Pollak-Rudin. Was bei uns noch fehlt, ist die Anlage der Röhre selbst. Vielleicht sollten wir auch diesen Beitrag zu dieser noch anzulegenden Röhre schieben.

Interessant ist, dass wir unter dem Namen Frenotron und FrenotronB zwei Schirmgitter-Tetroden führen. Helikon benutzte den Namen also quasi als Marke.

1933 kommen in Europa Binoden auf den Markt, z.B. die Philips E444S (Diode-Triode), E444 (Diode-Tetrode), Mullard SD4, Valvo AN4126, schliesslich Telefunken RENS1254 etc. - jedoch mit einem anderen Einsatzgebiet, vor allem Demodulation der ZF. In den USA verwendet man da schon die 2B7 und 6B7 als Regel-Pentoden mit zwei Dioden, um auch die verzögerte Regelspannung zu gewinnen. Fälschlicherweise führen wir dazu noch Modelle mit Jahr 1932 ...

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

 3
Zwei verschiedene Paar Schuhe ... 
17.Apr.10 08:18
288 from 9418

Wolfgang Holtmann (NL)
Redakteur
Beiträge: 958
Anzahl Danke: 11
Wolfgang Holtmann

 

Ich habe mir die von Herrn Lebeth angegebene Patentschrift mal durchgelesen und komme zu dem Schluss:
 
Die von Dr. Ing. Pollak-Rudin vorgeschlagene Verbesserung eines rückgekoppelten Audions mit Hilfe einer Diodenstrecke hat wenig mit dem Nestel-Audion zu tun!
 
Wie bereits hier ausführlich beschrieben, hat das Nestel-Audion die Eigenschaft, dass die HF-Gleichrichtung und NF-Verstärkung getrennt vorgenommen wird. Dazu wird eine Diode und eine Triode (oder Pentode) verwendet. Man kann damit den Arbeitspunkt der NF-Stufe optimal wählen, was einen geringeren Klirrfaktor ergibt.
  
 
Beim Pollak-Rudin Patent ist diese Trennung nicht durchgeführt!
 
Zitat:
„Radioempfangseinrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß dem rückgekoppelten Eingangskreis eine Dämpfungseinrichtung zugeschaltet ist, deren Einfluß mit wachsener Spannungsamplitude zunimmt, so daß das Einsetzen der Selbstschwingungen allmählich erfolgt.“
 
 
Die in Fig.1 eingezeichnete Diode hat somit KEINE Gleichrichterfunktion, sondern stellt einen spannungsabhängigen Widerstand (VDR, VARISTOR) dar, welcher dem Schwingkreis L2 – C1 parallel geschaltet ist.
Wird die Rückkopplung angezogen, steigt die HF-Spannung an der Diodenstrecke und die Bedämpfung des Kreises wird dadurch auch stärker. Das resultiert in einer Verflachung des Schwingungseinsatzes, man spricht von einer „weichen Rückkopplungsregelung“.
 
 
 
 
In Fig.2 hat man anstatt eines Halbleiters eine Röhrendiode als VDR an eine Anzapfung des schon erwähnten Schwingkreises gelegt, wie die von mir umgezeichnete Schaltung erkennen lässt.
 
Betrachtet man das Original, wird nicht sofort deutlich, warum für Rö.2 eine Triode abgebildet wird? Der Text in der Patentschrift erklärt den Hintergrund:
Bei den damals verfügbaren Röhren konnte es von Vorteil sein, anstatt einer Diode eine Triode mit positiv vorgespanntem Gitter zu verwenden. Sozusagen eine Diode mit zusätzlichem Gitter zur Reduzierung der Raumladung. Damit wird der Einsatzpunkt der HF-spannungsabhängigen Belastung nach geringeren Werten verschoben.  
 
Quelle: Österreichisches Patent Nr.110425, angemeldet am 8.1.1926

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.